Arbeitsrecht

Höhe einer Sozialplanabfindung – Einzelfallentscheidung

Aktenzeichen  1 AZR 134/14

Datum:
13.10.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2015:131015.U.1AZR134.14.0
Normen:
§ 77 Abs 4 S 1 BetrVG
§ 112 Abs 1 S 3 BetrVG
Spruchkörper:
1. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Düsseldorf, 21. März 2013, Az: 5 Ca 218/13, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 13. November 2013, Az: 7 Sa 500/13, Urteil

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. November 2013 – 7 Sa 500/13 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass ein Zinsanspruch des Klägers in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.822,93 Euro brutto erst seit dem 1. März 2013 besteht.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Berechnung einer Sozialplanleistung.
2
Der am 25. Februar 1956 geborene Kläger war seit dem 1. September 1971 bei der Beklagten in deren Betriebsstätte in Düsseldorf beschäftigt. Bei der Beklagten ist der für diese Betriebsstätte zuständige Betriebsrat Region West gebildet. Mit diesem vereinbarte die Beklagte, welche bis zum 11. September 2013 unter Nokia Siemens Networks GmbH & Co. KG (NSN) firmierte, am 13. August 2012 anlässlich einer Restrukturierungsmaßnahme einen Sozialplan (SP 2012). Dieser sieht den Übergang der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer in die NSN Transfergesellschaft mbH (NSN TG) vor und lautet im Übrigen:
        
„…    
        
§ 7     
        
ABFINDUNG
        
(1)     
Alle vom Geltungsbereich dieses Sozialplanes erfassten Beschäftigten haben mit Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrages (Zustimmung zum Eintritt in die beE) einen Anspruch auf eine aus dem individuellen Bruttomonatsentgelt errechnete Abfindung.
        
(2)     
Abfindung = Abfindungsbetrag X 0,7
           
        
        
Der errechnete Abfindungsbetrag wird mit dem Faktor 0,7 multipliziert. Der Faktor von 0,7 ergibt sich aus dem Angebot einer Transfergesellschaft mit den in § 5 des Sozialplans geregelten Konditionen.
        
        
Abfindungsbetrag =
        
        
        
Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor
        
        
(2.1) Der Faktor ergibt sich aus Lebensalter und Dienstalter:
        
        
(dargestellt als Matrix)
        
        
Stichtag für die Ermittlung des Lebensalters und der Betriebszugehörigkeit ist das Austrittsdatum aus NSN. Es gelten die bis zu diesem Zeitpunkt vollendeten Jahre.
        
        
Unter Bruttomonatseinkommen sind feste regelmäßige monatliche Einkommensbestandteile auf Basis der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit zu verstehen. Ausgenommen sind Teile, die Aufwandsersatz darstellen, Einmalzahlungen sowie Mehrarbeitsvergütungen.
        
        
Bei Mitarbeitern, die Anspruch auf ein Incentive gem. der NSN GBV 2011/18 haben, wird der Bruttomonatsverdienst zusätzlich um 1/12 der zu beanspruchenden Incentives (BRM=1,0, Zielerreichung 100%) erhöht.
        
        
(2.2) Zuschlag pro Kind: Mitarbeiter mit unterhaltsberechtigten Kindern erhalten zusätzlich zu der Abfindung für jedes unterhaltsberechtigte Kind einen Betrag von 2.500,00 € brutto. Maßgeblich sind die bei NSN zum 31.08.2012 aufgrund der Angaben auf der Lohnsteuerkarte bekannten oder bis dahin vom Mitarbeiter mitgeteilten und nachgewiesenen Unterhaltsberechtigungen. Alleinerziehende erhalten einen zusätzlichen Betrag von einmalig 5.000,00 € brutto.
        
        
Sofern beide Ehepartner betroffen sind, wird der Zuschlag nur einmal fällig.
        
        
(2.3) Zuschlag für Schwerbehinderte: Zum Zeitpunkt der Kündigung oder des Abschlusses eines dreiseitigen Vertrages schwerbehinderte Menschen sowie schwerbehinderten Menschen Gleichgestellte (gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX), erhalten bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises einen Zuschlag von 750,00 Euro brutto je 10 Grad der Behinderung.
        
        
(2.4) Mitarbeiter ab dem 35. bis zum 46. Lebensjahr erhalten zusätzlich einen Zuschlag in Höhe von 3.000,00 €; ab dem 47. Lebensjahr einen Zuschlag von 6.000,00 € brutto.
        
(3)     
Die Abfindung ist mit dem Ausscheiden aus der beE zur Zahlung fällig. Die Auszahlung erfolgt mit der Entgeltabrechnung im Monat nach dem Ausscheiden aus der beE.
        
(4)     
Beschäftigte können abweichend davon die Zahlung der Abfindung bereits mit Ausscheiden aus der NSN verlangen.
        
(5)     
Abfindungsansprüche sind nach dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen und vor Fälligkeit vererbbar, jedoch nicht abtretbar.
        
(6)     
Der Anspruch auf Abfindung und deren Fälligkeit ist in den dreiseitigen Vertrag aufzunehmen.
        
(7)     
Ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht, wenn …“
3
Unter den Daten 20./24. August 2012 vereinbarten die Parteien und die NSN TG einen „dreiseitigen Vertrag“, nach dem das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Ablauf des 30. September 2012 endete und er zum 1. Oktober 2012 in die NSN TG eintrat. Daraufhin ermittelte die Beklagte die Sozialplanleistung nach der Rechenoperation:
        
Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x individueller (Matrix-)Faktor nach § 7 (2.1) SP = Abfindungsbetrag;
        
(Abfindungsbetrag + Zuschläge nach § 7 [2.2] bis [2.4] SP 2012) x 0,7 = Zahlbetrag.
4
Der Kläger hat mit seiner der Beklagten am 14. Januar 2013 zugestellten Klage die Differenz geltend gemacht, die sich ergibt, wenn bei der Bemessung der Abfindung zum einen – nach der Berechnung der Beklagten – die Zuschläge des § 7 (2.2) bis (2.4) SP 2012 mit dem Faktor 0,7 multipliziert werden und das zum anderen – nach der Berechnung des Klägers – nicht der Fall ist.
5
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
        
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.822,93 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2013 zu zahlen.
6
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, ihre Berechnung der Sozialplanleistung folge zwingend aus der Regelungssystematik des Sozialplans.
7
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.

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