Aktenzeichen B 4 K 15.580
GG GG Art. 2 Abs. 1
IHKG IHKG § 3 Abs. 2 S 1
Leitsatz
1 Der Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG, der mit einer Pflichtmitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer verbunden ist, ist verfassungskonform, weil die Errichtung der Industrie- und Handelskammer und die Inanspruchnahme der Pflichtmitglieder zur Erfüllung legitimer Aufgaben erfolgt, dazu geeignet und erforderlich ist und die Zumutbarkeit wahrt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Pflichtmitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer beeinträchtigt die unternehmerische Handlungsfreiheit der Kammerzugehörigen nicht in unzumutbarer Weise, sondern bietet den Mitgliedern die Chance, in der Kammer mitzuwirken und die Kammerleistungen zu nutzen, sie lässt ihnen aber auch die Möglichkeit offen, davon abzusehen. (redaktioneller Leitsatz)
3 Die gesetzlichen Regelungen über die Pflichtmitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer und die daraus resultierende Beitragspflicht verstoßen nicht gegen Art. 11 Abs. 1 EMRK, der jeder Person das Recht garantiert, sich frei mit anderen zusammenzuschließen. Denn der Schutzbereich der Norm umfasst keinen Abwehranspruch gegenüber der Pflichtmitgliedschaft bei Körperschaften des öffentlichen Rechts. (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Kammer besitzt bei der Aufstellung ihres Haushaltsplans (Wirtschaftsplans) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser ist aber der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Vielmehr gebietet das Gebot effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) im Beitragsrechtsstreit eine inzidente Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer. (redaktioneller Leitsatz)
5 Während den Industrie- und Handelskammern die Bildung von Vermögen nicht gestattet ist, können angemessene Rücklagen gebildet werden, die als Kosten iSv § 3 Abs. 2 IHKG durch Beiträge zu decken sind, sofern keine anderen Finanzmittel vorhanden sind. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe sowie über das Beibehalten der bisherigen Rücklagen muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) – und damit jährlich – erneut treffen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2015 ist sowohl hinsichtlich der vorläufigen Beitragsveranlagung für 2015 (1.) als auch der (endgültigen) Beitragsveranlagung für 2013 (2.) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Beklagte hat den Kläger zu Recht für das Beitragsjahr 2015 vorläufig zu einem Beitrag in Höhe von 116,79 EUR veranlagt.
a) Der Kläger war als Kammerzugehöriger beitragspflichtig.
aa) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der IHK, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Zur IHK gehören, soweit sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, welche im Bezirk der IHK eine Betriebsstätte unterhalten (§ 2 Abs. 1 IHKG). Liegt der Gewerbeertrag für das Bemessungsjahr noch nicht vor, kann der IHK-Zugehörige aufgrund des letzten vorliegenden Gewerbeertrages vorläufig veranschlagt werden (§ 15 Abs. 3 Beitragsordnung).
Der Kläger unterhält seine einzige Betriebsstätte in … (Landkreis B.) und damit im Bezirk der Beklagten. Bei Erlass des Bescheides am 31.07.2015 lag der Gewerbeertrag für das Bemessungsjahr 2015 noch nicht vor. Deshalb konnte sie den ihr zu diesem Zeitpunkt letzten vorliegenden Gewerbeertrag aus dem Jahr 2013 heranziehen und durfte für die vorläufige Veranlagung davon ausgehen, dass der Kläger auch 2015 der Gewerbesteuerpflicht unterliegt und damit beitragspflichtig ist.
bb) Die sich aus der Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten kraft Gesetzes ergebende Beitragspflicht steht im Einklang mit übergeordnetem Recht.
Der Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG, der mit einer Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten verbunden ist, ist verfassungskonform, weil die Errichtung der Beklagten und die Inanspruchnahme der Pflichtmitglieder zur Erfüllung legitimer Aufgaben erfolgt, dazu geeignet und erforderlich ist und die Zumutbarkeit wahrt. Die Mitgliedschaft aller im Kammerbezirk selbständig gewerblich Tätigen ist erforderlich, weil die Beklagte die Belange der gesamten gewerblichen Wirtschaft zu wahren und fördern hat und dazu die maßgeblichen Interessen umfassend zu ermitteln, abzuwägen und zu bündeln hat. Die Pflichtmitgliedschaft beeinträchtigt auch die unternehmerische Handlungsfreiheit der Kammerzugehörigen nicht in unzumutbarer Weise, sondern bietet den Mitgliedern die Chance in der Kammer mitzuwirken und die Kammerleistungen zu nutzen, sie lässt ihnen aber auch die Möglichkeit offen, davon abzusehen. Deshalb muss sich der Nutzen der Tätigkeit der Beklagten auch nicht bei dem einzelnen Mitglied in einem unmittelbaren wirtschaftlichen (finanziellen) Vorteil messbar niederschlagen (BVerwG, U. v. 21.07.1998 – 1 C 32.97 – BVerwGE 107,169/173 -177 = NJW 1998, 3510/3511; grundlegend BVerfG, B. v. 19.12.1962 – 1 BvR 541/57 – BVerfGE 15, 235/239 -244 = NJW 1963, 195/195f.).
Da die Regelungen zur Pflichtmitgliedschaft und der sich daraus ergebenden Beitragspflicht in § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, verfassungsgemäß sind und keine Anzeichen dafür bestehen, dass das Bundesverfassungsgericht, bei dem zwei Verfassungsbeschwerden im Zusammenhang mit der Pflichtmitgliedschaft anhängig sind, seine Rechtsprechung ändern wird, verzichtet das Gericht darauf, das Verfahren gemäß § 94 VwGO analog bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen (vgl. dazu BayVGH, B. v. 20.09.2016 – 22 ZB 16.288 – juris Rn. 12-14).
Die gesetzlichen Regelungen über die Pflichtmitgliedschaft und die daraus resultierende Beitragspflicht verstoßen auch nicht gegen Art. 11 Abs. 1 EMRK, der jeder Person das Recht garantiert, sich frei mit anderen zusammenzuschließen. Denn der Schutzbereich der Norm umfasst keinen Abwehranspruch gegenüber der Pflichtmitgliedschaft bei Körperschaften des öffentlichen Rechts (BayVGH, B. v. 22.07.2010 – 22 ZB 10.1518 – juris – Rn. 3).
b) Die vorläufige Veranlagung für das Jahr 2015 ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der IHK, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG).
Die Beklagte hat damit ein zweistufiges Verfahren einzuhalten: Auf der ersten Stufe ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) aufzustellen. Er gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist – als Plan – im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf der zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf dann gemäß der zu erlassenden Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.
Die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Beitragsbescheids erfordert folglich nicht nur die Prüfung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer durch die Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und im Einzelfall fehlerfrei festgesetzt wurde. Geboten ist vielmehr in einem ersten Schritt die Prüfung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den rechtlichen Anforderungen genügt.
Die Kammer besitzt bei der Aufstellung ihres Haushaltsplans (Wirtschaftsplans) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser ist aber der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Vielmehr gebietet das Gebot effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) im Beitragsrechtsstreit eine inzidente Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer.
Der den Kammern bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans zustehende weite Gestaltungsspielraum besteht nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (BVerwG, Urt. v. 05.08.2015 – 6 C 10.14 – juris Rn. 42). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung sowie die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts zu beachten. Der im staatlichen Haushaltsrecht entwickelte Grundsatz der Haushaltswahrheit beinhaltet das Gebot der Schätzgenauigkeit von Prognosen, die deshalb aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar sein müssen (BVerfG, U. v. 09.07.2007 – 2 BvF 1/4 – BVerfGE 119, 96/130 = NVwZ 2007, 1405/1408).
Während die Bildung von Vermögen nicht zulässig ist, können angemessene Rücklagen gebildet werden, die als Kosten der Industrie- und Handelskammer i. S. v. § 3 Abs. 2 IHKG durch Beiträge zu decken sind, sofern keine anderen Finanzmittel vorhanden sind (BVerwG, U. v. 26.06.1990 – 1 C 45/87 – NVwZ 1990, 1167/1168). Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe sowie über das Beibehalten der bisherigen Rücklagen muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) – und damit jährlich – erneut treffen (zu alledem grundlegend BVerwG, U. v. 09.12.2015 – 10 C 6/15 – NVwZ 2016, 613/614f. Rn. 13 – 18).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist der gegenüber dem Kläger für das Jahr 2015 vorläufig festgesetzte Beitrag in Höhe von 116,79 EUR weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.
aa) Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Mittelbedarf, der der am 08.12.2014 von der Vollversammlung beschlossenen Wirtschaftssatzung 2015 zugrunde gelegt wurde, durch eine Veräußerung ihres Immobilienvermögens zu reduzieren. Sie hat nachvollziehbar begründet, dass sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben als „Flächenkammer“ außer ihren Verwaltungsgebäuden in Bayreuth ihre drei Bildungszentren in Bayreuth, Bamberg und Hof benötigt und dass es wirtschaftlicher ist, das Eigentum daran zu behalten, statt die Bildungszentren zu veräußern und anschließend rückanzumieten.
bb) Auch für die Rücklagenbildung im Wirtschaftsjahr 2015 wurden von Seiten der Beklagten nachvollziehbare Zweckbestimmungen vorgetragen. Die Rücklagen betrugen 12,6 Mio. EUR (6,1 Mio. EUR Ausgleichsrücklage; 5 Mio. EUR für Gebäude und 1,5 Mio. EUR für Instandhaltungen).
Rechtsgrundlage für die Ausgleichsrücklage ist das Finanzstatut 2015 der Beklagten, das gemäß § 3 Abs. 7 a Satz 2 IHKG u.a. zur Regelung der Aufstellung des Wirtschaftsplans erlassen wurde. In § 15 a Abs. 2 Finanzstatut ist vorgeschrieben, dass die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich der ergebniswirksamen Schwankungen dient und bis zu 50 v. H. der Summe der geplanten Aufwendungen betragen kann, wobei 30 v. H. nicht unterschritten werden sollen.
Mit der Dotierung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 5.650.000 EUR, mit Beschluss der Vollversammlung vom 07.12.2015 erhöht auf 6.100.000 EUR, hat die Beklagte den ihr von § 15 a Abs. 1 Satz 2 Finanzstatut 2015 eingeräumten Rahmen von 30 bis 50 v. H. nicht überschritten. Die Ausgleichsrücklage betrug zu Beginn des Geschäftsjahres 41,3% der geplanten Aufwendungen und nach der Zuführung von weiteren 450.000 EUR aus dem Bilanzergebnis 2014 (Beschluss der Vollversammlung vom 07.12.2015) 44,6% der laut der Wirtschaftssatzung 2015 geplanten Aufwendungen von 13.688.000 EUR.
Mit Beschluss vom 05.12.2016 hat die Vollversammlung der Beklagten die Ausgleichsrücklage als ordnungsgemäß bestätigt. Dieser Beschlussfassung lag eine an die Mitglieder des Gremiums zuvor verteilte Vorlage zugrunde, in der die bei der Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzung am 08.12.2014 und bei der Erhöhung der Ausgleichsrücklage am 07.12.2015 bekannten und bei der Bemessung der Ausgleichsrücklage berücksichtigten Risikofelder „Konjunkturrisiken bei den Beitragserträgen, Ausfall großer Beitragszahler, Ertragsausfälle bei Gebührenerträgen und Entgelten, Steuerrisiko für den Verlagsvertrag hinsichtlich der Kammerzeitschrift „Oberfränkische Wirtschaft“ und IT-Risiken“ (im Einzelnen S. 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 05.12.2016; Bl. 117 Gerichtsakte) aufgeführt und erläutert wurden.
Dem hat die Klägerseite weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung etwas Substantiiertes entgegengehalten. Nach Ansicht des Gerichts orientiert sich die Risikobewertung damit an Tatsachen und wirtschaftsplanrelevanten Entwicklungen der Beklagten und erscheint auch aus ex-post-Sicht plausibel und vertretbar (vgl. dazu Jahn, GewArch 2016, 263/271). Eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums der IHK ist damit nicht ersichtlich.
Dies gilt in gleicher Weise für die Gebäuderücklage in Höhe von 5 Mio. EUR (§ 15 a Abs. 1 Satz 4 und 6 Finanzstatut 2015), deren Zweckbestimmung die Vollversammlung der Beklagten mit Beschluss vom 05.12.2016 näher konkretisiert hat (im Einzelnen S. 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 05.12.2016; Bl. 120 Gerichtsakte) und für die Instandhaltungsrücklage (§ 15 a Satz 4 und 6 Finanzstatut 2015) in Höhe von 1.500.000 EUR (im Einzelnen S. 5 des Schriftsatzes der Beklagten vom 05.12.2016; Bl. 121 Gerichtsakte).
cc) Die Beklagte hat den vorläufigen Beitrag des Klägers gemäß § 3 Abs. 3 Satz 7 IHKG i. V. m. Ziffer II 2.1. b und 3 der Wirtschaftssatzung 2015 korrekt errechnet.
2. Auch der gegenüber dem Kläger für das Beitragsjahr 2013 (endgültig) festgesetzte Beitrag in Höhe von 121,52 EUR ist nicht zu beanstanden.
a) Der Kläger war laut Mitteilung des Finanzamtes Bamberg in diesem Jahr zur Gewerbesteuer veranlagt und damit gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 IHKG als Kammerzugehöriger beitragspflichtig.
b) Der von der Beklagten festgesetzte Beitrag diente der Deckung zulässiger Kosten ihrer Tätigkeit (§ 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG).
aa) Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung anhand der Bilanz vom 31.12.2013 die Höhe der Finanzanlagen der Beklagten in Form von Wertpapieren, Sparanlagen und FG des Anlagevermögens, die zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Wirtschaftssatzung 2013 8.250.000 EUR betrugen, in Frage gestellt hat, hat die Beklagte nachvollziehbar vorgetragen, dass sie insbesondere für die Gewährleistung der Alterssicherung ehemaliger Mitarbeiter ausreichend Finanzmittel benötigt, die, wie in § 23 Finanzstatut 2006 vorgeschrieben, sicher angelegt und hinreichend diversifiziert sind, so dass sie bei Bedarf jederzeit im benötigten Umfang darauf zurückgreifen kann. Dem hat die Klägerseite nichts Weiteres entgegengehalten.
bb) Auch die Rücklagenbildung für das Geschäftsjahr 2013, die zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Wirtschaftssatzung 2013 am 10.12.2012 11.250.000 EUR umfasste, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
Rechtsgrundlage für die Ausgleichsrücklage ist § 15 Abs. 3 Satz 1 Finanzstatut 2006 der Beklagten. Danach ist zum Ausgleich von Schwankungen des Beitragsaufkommens eine Ausgleichsrücklage von 30 v. H bis 50 v. H. der Betriebsaufwendungen anzusammeln.
Mit der Dotierung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 4.750.000 EUR, die im Laufe des Geschäftsjahres um 900.000 EUR auf 5.650.000 EUR erhöht wurde, hat die Beklagte den ihr von § 15 Abs. 3 Finanzstatut eingeräumten Rahmen nicht überschritten.
Die Ausgleichsrücklage belief sich zu Beginn des Geschäftsjahres auf 43,9% der zunächst geplanten Aufwendungen von 10.820.000 EUR und nach einer weiteren Zuführung von 900.000 EUR am 01.07.2013 auf 49,1% der laut Nachtragshaushalt 2013 geplanten Betriebsaufwendungen von 11.508.000 EUR.
Wie die Beklagte im Klageverfahren ausgeführt hat (Schriftsatz vom 03.11.2016, S.6; Bl. 58 Gerichtsakte), wurde die Ausgleichsrücklage bei Beschluss der Wirtschaftssatzung 2013 insbesondere deshalb in dieser Höhe festgelegt, um das Risiko von Beitragsausfällen abzudecken, weil aufgrund der Finanzkrise die Mitteilung des Gewerbeertrages durch das Finanzamt erst verspätet eingehen würde. Zu einer vorsichtigen Kalkulation der Beitragserträge und damit auch zu einer höheren Dotierung der Rücklage für ihren Ausfall sah sich die Vollversammlung nach der Beschlussvorlage für die Vollversammlung vom 10.12.2012 (Bl. 127 Gerichtsakte) auch aufgrund des für 2013 prognostizierten geringeren Wirtschaftswachstums und der erwarteten hohen Quote an beitragsfrei gestellten Mitglieder veranlasst.
Die nochmalige Erhöhung der Ausgleichsrücklage mit Beschluss der Vollversammlung vom 01.07.2013 erfolgte laut der Beschlussvorlage in Kenntnis, dass die Ausgleichsrücklage nahezu in vollem Umfang dotiert war. Damit sollte gewährleistet werden, dass Ergebnisbelastungen aus niedrigeren Beitragsergebnissen und anderen ungeplanten Sachverhalten ausgeglichen werden könnten, ohne unmittelbar die Beiträge erhöhen zu müssen (vgl. TOP 7.3 Wirtschaftsführung, Planänderung Beitrag und Rücklagenbildung; Bl. 134 Gerichtsakte).
Dem Klägervertreter wurden die Beschlussvorlagen in der mündlichen Verhandlung ausgehändigt und ihm durch Unterbrechung der Verhandlung Gelegenheit zur Kenntnis- und Stellungnahme gegeben. Er hat gegen die sich aus den Beschlussvorlagen ergebenden Risikobewertungen keine Einwendungen erhoben. Eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums der IHK ist auch hier nicht ersichtlich.
Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzung am 10.12.2012 hatte die Beklagte zudem eine Gebäuderücklage in Höhe von 5.000.000 EUR und eine Instandhaltungsrücklage in Höhe von 1.500.000 EUR angesammelt, deren Höhe sich im Geschäftsjahr 2013 nicht änderte. Rechtsgrundlage dafür ist § 15 Abs. 3 Satz 3 Finanzstatut 2006, der die Bildung auch anderer Rücklagen als der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage zulässt. Zweck der Rücklagen waren eine Bauinvestition bzw. Aufwendungen für anstehende Sanierungen (Schriftsatz vom 03.11.2016, S. 6; Bl. 58 Gerichtsakte).
Mit Beschluss vom 01.07.2013 bildete die Beklagte auf der Grundlage von § 15 Abs. 3 Satz 3 Finanzstatut 2006 weiter eine Projektrücklage für den von der Beklagten aufzubringenden Eigenanteil an den Kosten der Fördermaßnahme „Know-how-Schutz und IT-Sicherheit im Mittelstand“. Wie sich aus der Beschlussvorlage vom 01.07.2013 (Gerichtsakte Bl. 133) ergibt, wurde die Rücklage gebildet, um künftige Geschäftsjahre damit nicht zu belasten. Von vornherein war vorgesehen, dass mit Abschluss des Projekts ein gegebenenfalls vorhandener Restbetrag aufzulösen war. Da der Vollversammlung damit bei der Beschlussfassung der Zweck der Rücklage, die Bemessung ihrer Höhe und die Verpflichtung zur Auflösung nach Zweckwegfall bewusst waren, ist gegen die Bildung dieser weiteren Rücklage rechtlich nichts einzuwenden. Im Übrigen wurde sie den Vorgaben entsprechend am 30.06.2014 aufgelöst.
Die Bildung der Rücklagen in der Wirtschaftssatzung 2013 und der Nachtragswirtschaftssatzung 2013, die zu einem Zeitpunkt beschlossen wurden, als das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgericht vom 09.12.2015 (a.a.O.) noch nicht ergangen war, wird damit bei der ex-post Betrachtung den Anforderungen an die Risikoprognose und die Schätzgenauigkeit gerecht.
cc) Soweit der Kläger darüber hinaus anhand der Bilanz zum 31.12.2013 weiterhin pauschal rügt, das Eigenkapital der Beklagten, das zum 31.12.2012 16.885.000 EUR und zum 31.12.2013 17.657.000 EUR betrug, sei zu hoch, ist zu berücksichtigen, dass zum Eigenkapital nicht nur die Rücklagen, sondern auch die Nettoposition in Höhe von (gleichbleibend) 5.000.000 EUR rechnet. Wie die Beklagte zu Recht geltend macht, ist eine Nettoposition, die dem um Sonderposten verminderten unbeweglichen Sachanlagenvermögen entspricht, in dieser Höhe angesichts einer Bilanzsumme von 29.292.000 EUR (2012) bzw. 30.300.00 EUR (2013) nicht überdimensioniert.
c) Die Beklagte hat den Beitrag des Klägers gemäß § 3 Abs. 3 Satz 7 IHKG i. V. m. Ziffer II 2.1. b und 3 der Wirtschaftssatzung 2013 korrekt errechnet.
II.
Als unterliegender Teil trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der, wenn überhaupt anfallenden, dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht.