Arbeitsrecht

Kein Anspruch auf Fortzahlung eines Aufbauzuschusses und einer Bestandspflegepauschale bei gekündigtem Handelsvertretervertrag

Aktenzeichen  15 HK O 7444/18

Datum:
10.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZVertriebsR – 2019, 190
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HGB § 87 Abs. 2, § 89, § 92 Abs. 3 S. 2
BGB § 134, § 138, § 307

 

Leitsatz

1. Sieht ein Handelsvertretervertrag vor, dass eine vereinbarte monatliche Bestandspflegeprovisionspauschale und ein monatlicher Zuschuss „Aufbaufinanzierung Bestand“ mit Erklärung der Vertragskündigung in Wegfall geraten, ist hiermit im Falle einer dreimonatigen Kündigungsfrist keine – nach §§ 89 HBG iVm 134 BGB zur Unwirksamkeit dieser Regelungen führende – mittelbar wirkende, einseitige Beschränkung der Entschließungsfreiheit des Handelsvertreters verbunden. (redaktioneller Leitsatz)
2. Der an die Vertragskündigung gekoppelte Wegfall der vereinbarten Pauschalen und Zuschüsse ist jedenfalls dann nicht sittenwidrig, wenn dem Handelsvertreter gestattet ist, seine Arbeitskraft auch anderweitig einzusetzen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Dem Kläger stehen weder die geltend gemachten vertraglichen Ansprüche auf Zahlungen der „Bestandspflegeprovisionspauschale“ und des „Aufbauzuschusses Bestand“ für den Zeitraum nach der Kündigung bis zum Ende des Agenturvertrages (Zeitraum Dezember 2017 bis Februar 2018) zu noch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Freistellungsentschädigung.
1. Voraussetzung der auf den Agenturvertrag gestützten Zahlungsansprüche wäre, dass sich aus dem Vertrag die entsprechende Zahlungspflicht ergibt.
1.1 Der Anspruch auf Fortzahlung der Zahlungen Aufbaufinanzierung Bestand war zwischen den Parteien auf die Zeit bis zum Ausspruch der Kündigung begrenzt worden.
1.1.1 Diese Regelung bei dem Zuschuss „Aufbaufinanzierung Bestand“, dass die Zahlungspflicht bei Ausspruch der Kündigung mithin ab dem 30.11.2017 entfällt, war nicht unwirksam nach §§ 89 HBG i.V. mit 134 BGB.
§ 89 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 HGB bestimmt, dass die für die Kündigung des Handelsvertretervertrags einzuhaltende Frist für den Unternehmer nicht kürzer sein darf als für den Handelsvertreter. Diese zwingende gesetzliche Regelung stellt eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Handelsvertreters dar, die verhindern soll, dass dieser einseitig in seiner Entschließungsfreiheit beschnitten wird. Eine solche einseitige Beschränkung der Entschließungsfreiheit kann sich nicht nur unmittelbar durch die Vereinbarung ungleicher Kündigungsfristen, sondern auch mittelbar dadurch ergeben, dass an die Kündigung des Handelsvertreters wesentliche, eine Vertragsbeendigung erschwerende Nachteile geknüpft werden. Ob die an eine Vertragsbeendigung geknüpften finanziellen Nachteile von solchem Gewicht sind, dass sie zu einer gemäß § 89 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 HGB unwirksamen Kündigungserschwernis führen, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (BGH, Urteil vom 05. November 2015 – VII ZR 59/14 -, Rn. 27, juris).
Abzuwägen ist hierbei, inwiefern die mit der Vertragsbeerndigung einhergeher den finanziellen Nachteile die Entschließungsfreiheit des Handelsvertreters einseitig einschränken.
Finanzielle Nachteile in Gestalt von Rückzahlungsverpflichtungen – wie sie den meisten der von Klageseite angeführten Entscheidungen zu Grunde lag – sind im streitgegenstä idlichen Vertrag nicht vorgesehen.
Eine unzulässige Beschränkung der Entschließungsfreiheit kann sich jedoch auch daraus ergeben, dass der Handelsvertreter durch den Wegfall von Zahlungen bei Ausspruch der Kündigung so wesentliche finanzielle Nachteile erleidet, dass ihn dadurch die Vertragsbeendigung einseitig erschwert wird.
Ein wesentlicher Nachteil kann darin liegen, dass dem Kläger im Rahmen seiner Rechte und Pflichten einseitig die Vergütung entzogen wird, er aber zu seiner Tätigkeit weiterhin in vollem Umfang verpflichtet ist.
Die Vertragsbestimmung, wonach die Zahlung eines zweckgebundenen Bürokostenzuschusses an den Handelsvertreter davon abhängig ist, dass das Vertragsverhältnis ungskündigt besteht, stellt jedenfalls dann eine erhebliche Erschwerung der Kündigungsmöglichkeit zu Lasten des Handelsvertreters dar, die gegen die zwingende Regelung in § 89 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 HGB verstößt, wenn der Handelsvertreter für die ordentliche Kündigung des Vertrags eine mehrjährige Kündigungsfrist einzuhalten hat. (BGH, Urteil vom 05. November 2015 – VII ZR 59/14 -, Rn. 28, juris). Ob dies auch für andere Zahlungen und ohne eine mehrjährige Kündigungsfrist gilt, ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu beurteilen.
Zwar kann auch der Wegfall einer Sonderleistung bei Ausspruch der Kündigung eine einseitige Beschränkung der Entschließungsfreiheit des Handelsvertreters begründen.
Ähnlich wie bei sogenannten „Starthilfen“ bestehen bei „nicht ins Verdienen gebrachten Zahlungen“ keine generellen Bedenken gegen deren Wegfall bei vorzeitiger Beendigung der Vertragsverhältnisse (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 30.03.2015, Az: 13 U 71/14, Rn. 18, 19).
Für die vorliegende Konstellation stellt sich der Wegfall des „Aufbauzuschusses Bestand“ ab dem Ausspruch der Kündigung, d.h. für drei Monate und in Höhe von insgesamt 3.660,- € nicht als so wesentlicher finanzieller Nachteil dar, dass er die Entschließungsfreiheit des Handelsvertreters einseitig beschneidet.
Insoweit waren Sinn und Zweck sowie Ausgestaltung des Aufbauzuschusses als einseitige und jährlich sinkende Sonderzahlung der Beklagten, die bis April 2020 auslaufen sollte, zu berücksichtigen. Der Aufbauzuschuss Bestand war nicht unmittelbar an die konkrete Vermittlungstätigkeit des Klägers geknüpft, sondern wie die Abschmelzung zeigte, als Start- und Motivationshilfe angelegt. Sinn und Zweck dieser Sonderzahlung war es, dem Kläger eine Vorauszahlung zu leisten, bis er einen eigenen entsprechenden Bestand aufgebaut hatte. Die Zahlung wurde damit als einseitiger Zuschuss von der Beklagten in der Aufbau phase geleistet. Einer entsprechenden Motivationszahlung für die Zukunft fehlte es jedoch an der Grundlage, wenn der Handelsvertretervertrag nach der dreimonatigen Kündigungsfrist sein Ende findet. Der mit der Sonderzahlung verbundenen Erwartungshaltung der Beklagten bzw. Anreizschaffung für den Kläger war mit dem nahestehenden Ende Vertragsverhältnis der Boden entzogen worden.
Diese Eigenheiten der Sonderzahlung lassen ihr im Vergleich zu entsprechenden Bürokostenzuschüssen oder den Provisionen der Grundvergütung einen anderen Stellenwert zukommen.
Allein der Umstand, dass mit dem Ausspruch der Kündigung der Handelsvertreter einen finanziellen Nachteil erleidet, reicht nicht aus, dass die entsprechende Regelung gegen § 89 HGB verstößt.
Zwar hat ein Handelsvertreter ein Interesse daran, dass mit seiner Kündigung seine Vergütungen bis zum Vertragsende weiterlaufen. Der Schutz dieser Interessen wiegt umso höher, als der Handelsvertreter diese Vergütung zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten benötigt. Demgegenüber besteht kein erhöhter Schutz für solche Sonderzahlungen, die der Handelsvertreter nicht zur Erfüllung der ihm nach dem Vertrag obliegenden Pflichten benötigt (wie z.B. die Aufrechterhaltung eines Büros) und die ihm auch nicht in Anknüpfung an die noch auszuübende Tätigkeit gezahlt wird (wie konkrete Provisionen). Zwar stellten bei den vom Kläger bis zur Kündigung im November erhaltenen Zahlungen im Jahr 2017 diese Zuschusszahlungen 29 %-44 % seiner Vergütungen dar, wobei diese Verteilung nicht das Leitbild des §§ 87 Abs. 1, 92 HGB wiederspiegelt, wonach die Vergütung in Form von Provisionen bezahlt wird. Dieser prozentuale Anteil war aber bedingt durch die tatsächlich vom Kläger vermittelten Verträge, die angesichts der unbestrittenen. Darlegungen des Beklagtenseite unterdurchschnittlich waren. Ein besonderer Schutz für die Sonderzahlung Aufbauzuschuss Bestand aufgrund dieser konkreten prozentualen Verteilung kommt dem Kläger daher nicht zu.
Vor dem Hintergrund der zeitlichen Überschaubarkeit des betroffenen Zeitraums von drei Monaten, dem Zweck des jährlich sinkenden Zuschusses und der Interessenlage der Parteien an dieser Sonderzahlung stellt die Einstellung dieses Vergütungsbestandteils mit dem Ausspruch der Kündigung keinen so wesentlichen finanziellen Nachtei dar, der die Entschließungsfreiheit des Klägers zur Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig beschneidet.
1.1.2 Die Regelung zum Entfall des Aufbauzuschusses bei Ausspruch der Kündigung war auch nicht unangemessen im Sinne des § 307 BGB.
Die vom Kläger hierzu zitierte Entscheidung des LG Düsseldorf vom 14. Juli 2017 (Az: 39 O 47/16) betraf eine andere Konstellation als die vorliegende. Die dort für unwirksam erachtete Klausel sah eine vom Hauptvertrag isolierte Kündigungsmbglichkeit vor. Eine solche unabhängig vom Handelsvertretervertrag mögliche Kündigung liegt bei der Regelung „ab Ausspruch der Kündigung“ – womit eben die Kündigung des Handelsvertretervertrages gemeint ist – gerade nicht vor.
Ist die Klausel, wonach die Zahlung des Aufbauzuschusses mit dem Ausspruch der Kündigung entfällt, wirksam, so steht dem Kläger der – auf die Unwirksamkeit der Klausel gestützte – Anspruch nicht zu.
1.2 Auch besteht kein vertraglicher Anspruch des Klägers auf die geltend gemachte Bestandsprovisionspauschale
1.2.1 Hinsichtlich der für Januar und Februar 2018 geltend gemachten Bestandspflegeprovisionspauschale (im folgenden BP-Pauschale) ergibt sich der geltend gemachte Anspruch schon nicht aus dem Vertrag. In dem Vertretervertrag vom 19.02.2015 ist eine entsprechende Pauschale für die übertragenen Gebiete nur für das Jahr 2015 vereinbart und dass während der Zahlung der Pauschalen die Vergütung der Bestandspflegeprovisionen entfällt. Die streitgegenständliche BP-Pauschale wurde zwar wiederholt durch Schreiben der Beklagtenseite verlängert, jedoch nur bis zum 31.12.2017. Eine entsprechende vertragliche Vereinbarung für die geltend gemachten Pauschalen betreffend die Monate Jaruar und Februar 2018 fehlt damit.
1.2.2 Der Kläger kann jedoch auch seinen Anspruch auf die für Dezember 2017 geltend gemachte BP-Pauschale nicht auf den Vertrag bzw. vertragliche Vereinbarungen stützen.
Die vereinbarte Verlängerung für die BP-Pauschale bis 31.12.2017 war dahingehend eingeschränkt, dass der Anspruch auf die Zahlung mit dem Tag des Ausspruchs der Kündigung erlischt (Anlage K 5).
Diese Einschränkung für die Variante der Pauschalvergütung war zulässig, so dass aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien der geltend gemachte Anspruch nicht besteht.
Die Klausel zum Wegfall der Pauschalzahlung bei Ausspruch der Kündigung verstößt nicht gegen § 89 HGB und ist auch nicht sittenwidrig nach § 138 BGB.
Der Kläger wußte, dass die Pauschalzahlung ein Zugeständnis der Beklagten an ihn war, losgelöst von der tatsächlichen Bestandspflege bzw. Provisionsvergütung (vgl. handschriftliche Anmerkung bei Anlage K 3).
Ein wesentlicher, die Vertragsbeendigung erschwerender Umstand liegt in dem Wegfall der Pauschalzahlung nicht.
Wie hoch der finanzielle Nachteil der Klägers durch den Wegfall der BP-Pauschale ist, ist nicht näher dargelegt, da ausweislich der vertraglichen Vereinbarungen und der Verlängerungsschreiben die Vergütung sich bei Wegfall der BP-Pauschale nach den tatsächlichen Bestandspflegeprovisionen beurteilen würde. Die Umstellung einer Vergütung als Fixum in eine an der tatsächlichen Bestandspflege orientierten Vergütung ist nicht ohne weiteres als so wesentlicher finanzieller Nachteil zu qualifizieren, als dass er die Entschließungsfreiheit des Handelsvertreters einseitig beschneidet.
Auch unter Berücksichtigung des Widerrufs der Bestandspflege für die übertragenen Gebiete steht dem Kläger kein Anspruch auf die BP-Pauschale zu. Bei dem Wegfall der Bestandspflege ist zu berücksichtigen, dass ihm keine entsprechende Pflegetätigkeit mehr obliegt. Der gesamte übrige Bereich seiner Handelsvertretertätigkeit bleibt hiervon unberührt und kann von ihm bis zum Ende des Vertragsverhältnisses fortgeführt werden. Hinzu kommt, dass er nach dem Vertrag mit vorheriger Zustimmung der Beklagten weitere Handelsvertretungen übernehmen könnte, so dass auch insoweit eine einseitige Beschneidung seiner Entschließungfreiheit durch die Kündigungsklausel nicht begründet wird.
Die Koppelung der ohnehin bestehenden zeitlichen Begrenzung dieser Pauschalzahlungsansprüche an den Kündigungsausspruch stellt keine unzulässige mittelbare Beschränkung des Kündigungsrechts dar.
1.3. Die streitgegenständlichen vertraglichen Regelungen sind auch nicht sittenwidrig, wie der Kläger meint (Bl. 30 d.A.).
Die Klauseln betreffen nicht bzw. nicht direkt die Zahlungsverpflichtungen, die dem Kläger als Vergütung nach dem Leitbild der §§ 87 Abs. 1, 92 HGB zustehen.
Die zeitliche Begrenzung des Aufbauzuschusses auf die ersten fünf Jahre zeigt, dass auch ohne Kündigung diese Komponente mit der Zeit entfällt. Der finanzielle Nachteil, dass dieser Zuschuss mit der Zeit schwindet, stellt sich damit auch kündigungsunabhängig ein.
Auch das mit der Bestandspflegeprovisionspauschale vereinfachte Vergütungssystem, welches bei Beibehaltung der Pauschale (anstelle der Umstellung auf Provisionen) die erfolgreiche Bestandspflege unberücksichtigt lässt, vermag eine Sittenwidrigkeit durch die endliche Ausgestaltung nicht zu begründen. Die streitgegenständliche Pauschale stellt nur eine Alternative zur Vergütung der Bestandspflegeprovision dar (vgl. Ziffer 10.2 der Provisions-/Zahlungsvereinbarung).
Die Kündigung des Vertrages hat zwar durch den Wegfall der Bestandspflegepauschale und der Vorauszahlung Aufbaufinanzierung Bestand zur Folge, dass dem Kläger ein nicht unerheblicher Teil seiner bisherigen Vergütung entgeht, da der Anteil seiner Provisionsvergütungen ausweislich seiner Darlegungen gering war. Ausweislich des Vertrages war es jedoch dem Kläger unbenommen, nach Rücksprache mit der Beklagten diesen – durch den Wegfall der Bestandspflege „ersparten“ Arbeitskraftanteil anderweitig einzusetzen. Zwar war vereinbart, dass er ausschließlich für die Bayerische und deren Kooperationspartner vermittelt. Es war jedoch im Vertrag auch die Möglichkeit vorgesehen, dass bei vorheriger Zustimmung der Bayerischen andere Handelsvertretungen übernommen werden konnten (so die Ausschließlichkeitsklausel unter Ziffer 4.1 des Vertretungsvertrages). Dass angesichts dieser – wenn auch zustimmungsbedürftigen – Öffnung der Ausschließlichkeitsklausel der Handelsvertreter seine Arbeitskraft nach Ausspruch der Kündigung in vollem Umfang in den Dienst der Beklagten stellten musste und unter diesem Gesichtspunkt wegen des Wegfalls des Zuschusses in seiner Entschließungsfreiheit beschränkt war, war aufgrund dieser Konstellation zu verneinen.
2. Dem Kläger steht auch nicht der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf eine Freistellungsentschädigung für den Entzug des übertragenen Bestandes zu.
Voraussetzung für eine Freistellungsentschädigung wäre, dass die Freistellung für den Kläger wie ein vorgezogenes Wettbewerbsverbot wirkt und damit eines Ausgleichs bedürfte oder vertragswidrig ist und damit zum Schadensersatz verpflichtet.
2.1 Die Entbindung des Klägers von der Betreuung der ihm übertragenen Bestände war nicht vertragswidrig.
Die Entbindungsmöglichkeit des Klägers von der Betreuung der Gebiete war von vornherein bei der Übernahme der Agentur im Vertrag (vgl. die Anlage zum Vertretungsvertrag zur Übernahme der Agentur) vereinbart. Dem Kläger als Versicherungsvertreter kommt gem. § 92 Abs. 3 S. 2 HGB – entgegen § 87 Abs. 2 HGB – kein Kundenschutz zu (so Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl., § 92 Rn. 6), so dass dieser Entzug nicht in seine originären gesetzlichen Provisionsansprüche eingreift.
Die Entbindung stellt auch nicht unter einem anderen Gesichtspunkt eine Vertragsverletzung dar, die zu einem Schadensersatz verpflichten könnte.
2.2 Auch liegt keine entschädigungspflichtige Freistellung vor dem Hintergrund eines vorgezogenen Wettbewerbsverbotes vor. Zwar ist eine Ausgleichsforderung möglich, wenn die Freistellung entschädigungspflichtig ist. Die Verpflichtung zur Entschädigung wird damit begründet, dass das Versicherungsunternehmen dann, wenn es zum Instrument der Freistellung greift, dem Kläger die Möglichkeit zum Provisionserwerb nimmt (vgl. OLG Mürchen, Urteil vom 18. Mai 2011 – 7 U 4585/10 -, Rn. 24, juris). Die Freistellung dient dem Interesse der Beklagten, zu verhindern, daß der gekündigte Vertreter bei Vertragsende den von ihm geworbenen und betreuten Kundenstamm „mitnimmt“ und einem Konkurrenzunternehmen zuführt. (BGH, Urteil vom 29.03.1995, NJW 1995, 1552.). Eine solche Freistellung ist im Zusammenwirken mit einem bis zum Vertragsende fortgeltenden Konkurrenzverbot letztlich nichts anderes als ein vorgezogenes Wettbewerbsverbot (BGH, ebda).
Ein solches vorgezogenes Wettbewerbsverbot, dass dem Kläger den Provisionserwerb nimmt und die Beklagte zur Entschädigung verpflichten würde, liegt jedoch nicht vor.
Der Kläger darf für die Beklagten weiterhin Verträge neu vermitteln und erhält die Provisionen für die von ihm aufgebauten Bestände. Die Freistellung betraf nicht die originäre Vermittlungstätigkeit des Versicherungsagenten, sondern die Betreuung cer von Dritten vermittelten Bestände. Der entzogene Tätigkeitsbereich ist eng begrenzt und schränkt die Tätigkeitsmöglichkeiten des Klägers nicht unbillig ein. Zwar mag der Wegfall dieses Tätigkeitsbereiches bei dem Kläger zu Einkommenseinbußen geführt haben. Es war ihm jedoch unbenommen, ausweislich seines Vertrages, mit vorheriger Zustimmung der Beklagten andere Handelsvertretungen zu übernehmen.
3. Auf die Passivlegitimation der Beklagten zu 2) (vgl. Ziffer 3.1, zweiter Absatz des Vertretungsvertrages) kommt es insoweit nicht mehr an.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO, da die Kosten bei einem Streitwert von 7.380,- € die Vollstreckungsgrenze von 1.500,- € nicht übersteigen.
Verkündet am 10.12.2018

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