Aktenzeichen M 12 K 16.3202
BayBeamtVG BayBeamtVG Art. 26 Abs. 4
BayHSchPG BayHSchPG Art. 3 Abs. 3 S. 1
GG GG Art. 3
Leitsatz
1 Wird der Eintritt des Ruhestands auf Antrag des Beamten gemäß § 63 Abs. 2 S. 1 BayBG hinausgeschoben, hat er keinen Anspruch auf einen Versorgungsaufschlag. (redaktioneller Leitsatz)
2 Nur Beamte, für die eine nach der gesetzlichen Regelaltersgrenze liegende Altersgrenze gilt, erhalten einen Versorgungsaufschlag. (redaktioneller Leitsatz)
3 Es stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 GG dar, dass der Kläger trotz des Hinausschiebens des Ruhestandseintritts keinen Versorgungsaufschlag erhält. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Versorgungsaufschlag (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Bescheid des Beklagten vom 26. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Auf die vorliegende Verpflichtungsklage ist das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 528, berichtigt S. 764), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (GVBl. S. 399) anzuwenden.
Gemäß Art. 26 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG erhöht sich das Ruhegehalt um 3,6 von Hundert für jedes volle Jahr, um das die Altersgrenze nach Art. 62 Satz 1, Art. 143 BayBG überschritten wird, wenn der Beamte oder die Beamtin mit Erreichen einer Altersgrenze nach Art. 62 Satz 2 BayBG oder Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayHSchPG in den Ruhestand tritt (Versorgungsaufschlag).
Gemäß Art. 62 Satz 2 BayBG ist die Altersgrenze für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen abweichend von der gesetzlichen Altersgrenze gemäß Art. 62 Satz 1 BayBG (Vollendung des 67. Lebensjahres) das Ende des Schulhalbjahres, in dem sie das 67. Lebensjahr vollenden.
Gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayHSchPG wird der Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze zum Ende des Semesters wirksam, in dem der Beamte oder die Beamtin des wissenschaftlichen und künstlerischen Personal die Altersgrenze erreichen.
Der Kläger wird nicht vom persönlichen Anwendungsbereich von Art. 26 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG erfasst. Im Falle des Klägers wurde die Altersgrenze bzw. der Ruhestandseintritt nicht aufgrund von Art. 62 Satz 2 BayBG oder Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayHSchPG hinausgeschoben. Der Kläger war weder Lehrkraft an einer öffentlichen Schule noch gehörte er zum beamteten wissenschaftlichen und künstlerischen Personal im Sinne des Art. 3 BayHSchPG. Vielmehr wurde der Eintritt des Ruhestands gemäß Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG auf seinen Antrag hinausgeschoben. Dies zeigt auch Satz 2 von 26.4 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht, nach dem beim Versorgungsaufschlag von Lehrern und wissenschaftlichem und künstlerischen Personal Zeiten aufgrund von Art. 63 BayBG unberücksichtigt bleiben. Der Versorgungsaufschlag bemisst sich also in diesen Fällen nur nach der besonderen gesetzlichen Altersgrenze, ein weiteres Hinausschieben des Ruhestandseintritts bleibt unberücksichtigt.
Entgegen dem klägerischen Vortrag ist Art. 26 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG auch nicht ergänzend dahingehend auszulegen, dass auch Beamte, bei denen der Ruhestandseintritt gemäß Art. 63 BayBG hinausgeschoben wurde, einen Versorgungsaufschlag erhalten. Einer derartigen Auslegung steht schon der klare Wortlaut der Norm entgegen. Der Gesetzgeber hat es auch nicht, wie vom Kläger behauptet, versäumt, den Fall des Hinausschiebens des Ruhestandseintritts gemäß Art. 63 BayBG mitzuregeln. So wird in der Gesetzesbegründung zu Art. 26 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG ausgeführt, dass die Beamten und Beamtinnen einen Versorgungsaufschlag erhalten, für die eine nach der gesetzlichen Regelaltersgrenze liegende Altersgrenze gilt (vgl. BT-Drs. 16/3200, S. 470). Betroffen seien Lehrer und Lehrerinnen, bei denen die gesetzliche Altersgrenze das Ende des Schuljahres sei, in dem die Regelaltersgrenze erreicht werde, sowie Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen, bei denen die gesetzliche Altersgrenze auf das Ende des Semesters falle, in dem die Regelaltersgrenze erreicht werde. Dass der Gesetzgeber mit dem Versorgungsaufschlag nur diese Fälle regeln wollte, zeigt sich auch in der Gesetzesbegründung zu Art. 62 Satz 2 BayBG (vgl. BT-Drs. 16/3200, S. 571). Dort heißt es, dass dem Umstand, dass durch die Regelung des Art. 62 Satz 2 BayBG eine gewisse Zeit über die Erreichung der allgemeinen Regelaltersgrenze hinaus Dienst zu leisten sei, durch Zuschläge beim Ruhegehalt Rechnung getragen werde. Ein weiteres Argument dafür, dass der Gesetzgeber mit dem Versorgungsaufschlag nur die Belange der Lehrer regeln wollte, ist die Gesetzeshistorie des Art. 62 Satz 2 BayBG. So war gemäß Art. 62 Satz 2 BayBG a. F. die Altersgrenze für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen das Ende des Schuljahres, das dem Schuljahr vorangeht, in dem sie das 65. Lebensjahr vollendeten. Diese Privilegierung wurde durch den Gesetzgeber mit der Neufassung der Art. 62 Satz 2 BayBG aufgehoben und dahingehend geregelt, dass Lehrer nunmehr eine gewisse Zeit über die Erreichung der Regelaltersgrenze Dienst leisten müssen. Dem wird durch den Versorgungsaufschlag Rechnung getragen (vgl. VG Ansbach, U. v. 27.9.2011- juris Rn. 43)
Auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG mit der Folge eines Anspruchs des Klägers auf einen Versorgungsaufschlag ist nicht gegeben. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn Personen im Vergleich zu anderen anders behandelt werden, obwohl zwischen beiden keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen (BVerfG v. 17.12.2012, 1 BvR 488/10 u.a., NVwZ 2013, 575) oder Personen gleich behandelt werden, obwohl derartige Unterschiede bestehen. Ungleichbehandlungen durch Typisierungen und Generalisierungen sind in Kauf zu nehmen, wenn sie nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sind, eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist.
Der Gesetzgeber hat bei der Regelung des Versorgungsrechts – einschließlich der Festlegung der Altersgrenzen für den Ruhestandsbeginn – einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum, der nicht daraufhin überprüft werden kann, ob der Gesetzgeber die gerechteste, vernünftigste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B. v. 23.5.2008 – 2 BvR 1081/07 – juris Rn. 15 m. w. N.) ist der Gesetzgeber insbesondere frei, „darüber zu befinden, was als im Wesentlichen gleich und was als so verschieden anzusehen ist, dass die Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt. Er ist befugt, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen.
Gemessen an diesen Vorgaben ist die angegriffene Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar. Es stellt daher keinen Verstoß gegen Art. 3 GG dar, dass der Kläger trotz des Hinausschiebens des Ruhestandseintritts keinen Versorgungsaufschlag erhält. Entgegen dem klägerischen Vortrag unterscheiden sich der Beamte, bei dem der Ruhestand gemäß Art. 63 Abs. 2 BayBG hinausgeschoben wird, und der Lehrer bzw. Beamte des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals, bei dem eine besondere Altersgrenze gilt, hinsichtlich der Voraussetzungen für den späteren Ruhestandseintritt und den Folgen voneinander.
Während Art. 63 Abs. 2 BayBG Ausfluss der Treuepflicht des Beamten ist, ist der besondere Bezugszeitpunkt der Altersgrenze für Lehrer in Art. 62 Satz 2 BayBG dadurch gerechtfertigt, dass sowohl aus schulorganisatorischen (Stundenplan) als auch aus pädagogischen Gründen (Lehrer als Bezugsperson, Kontinuität des Unterrichts) innerhalb des Schuljahres eine möglichst geringe Personalfluktuation wünschenswert ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2012 – 3 CE 12.1267 – juris). Somit bestehen bereits Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist.
Darüber hinaus unterscheiden sich Art. 62 Satz 2 BayBG bzw. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayHSchPG und Art. 63 Abs. 2 BayBG auch hinsichtlich der Voraussetzungen, die zu einem späteren Eintritt in den Ruhestand führen. Während im Rahmen von Art. 62 Satz 2 BayBG bzw. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayHSchPG von Gesetzes wegen die Altersgrenze nach hinten verlegt wurde, wird der Eintritt des Ruhestands gemäß Art. 63 Abs. 2 BayBeamtG auf Antrag hinausgeschoben, wenn die Fortführung der Dienstgeschäfte im dienstlichen Interesse liegt. Lehrer bzw. Beamte des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals müssen gesetzlich angeordnet länger arbeiten und es erfolgt keine gesonderte Prüfung, ob diese längere Arbeit für den Dienstherrn erforderlich ist. Beamte im Allgemeinen veranlassen das Hinausschieben des Ruhestands im Rahmen von Art. 63 Abs. 2 BayBeamtVG per Antrag selbst, wobei nochmals durch den Dienstherren gesondert geprüft wird, ob es erforderlich ist, dass der Beamte länger arbeitet, und die Rechtsfolge durch Verwaltungsakt festgesetzt wird. Somit werden Lehrer bzw. Beamte des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals aufgrund ihrer gesetzlich angeordneten längeren Arbeitszeit ungleich gegenüber den übrigen Beamten behandelt. Dies soll mit dem Versorgungsaufschlag kompensiert werden. Daher bestehen auch dahingehend Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass eine unterschiedliche Behandlung im Rahmen des Versorgungsaufschlags gerechtfertigt ist.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.