Aktenzeichen B 5 K 15.872
GG GG Art. 6 Abs. 1
Leitsatz
1 Die Versetzung steht im Ermessen des Dienstherrn. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Zu- oder Wegversetzung. Die Versetzung setzt zudem zwingend eine freie und besetzbare Planstelle voraus, an der es fehlt, wenn der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens freiwerdende Dienstposten nicht wieder besetzt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Bundesbeamter ist bundesweit versetzbar. Auch aus der Fürsorgepflicht ergibt sich kein Anspruch auf wohnortnahe dienstliche Verwendung. Vielmehr hat der Beamte seinen Wohnsitz so zu wählen, dass seine Dienstausübung nicht beeinträchtigt wird und seine familiäre Verantwortung in diesem Rahmen zu organisieren. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1. Über die Streitsache konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
2. Die Verpflichtungsklage des Klägers ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Die Ablehnung der vom Kläger begehrten Versetzung an die Bundespolizeidirektion …, Inspektion …, durch die Beklagte ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts rechtmäßig und verletzt daher den Kläger nicht in seinen Rechten, der Kläger hat keinen Anspruch auf Versetzung bzw. auf erneute Verbescheidung über seinen Antrag (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Das Begehren des Klägers ist ausschließlich auf eine Versetzung i. S. d. § 28 Bundesbeamtengesetz (BBG) und nicht auf eine Abordnung i. S. d. § 27 BBG gerichtet. Eine Abordnung ist nach § 27 Abs. 1 BBG die vorübergehende Übertragung einer dem Amt des Beamten entsprechenden Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Dienstherrn unter Beibehaltung der Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle. Das Begehren des Klägers ist unzweifelhaft darauf gerichtet, auf Dauer ein anderes Amt bei einer anderen Dienststelle übertragen zu bekommen, so dass eine Abordnung nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens ist. Es ist daher lediglich zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine Versetzung vorliegen. Dies entspricht auch dem Klageantrag.
Der Kläger hat gemäß § 28 Abs. 2 Alt. 1 BBG keinen Anspruch auf Versetzung.
Gemäß § 28 Abs. 1 BBG ist eine Versetzung die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amtes bei einer anderen Dienststelle bei demselben oder einem anderen Dienst-herrn. § 28 Abs. 2 Alt. 1 BBG regelt anknüpfend an die Legaldefinition des Abs. 1 die Ver-setzung des Beamten auf Antrag. Die durch den Antrag des Beamten ausgelöste Entschei-dung über die Versetzung liegt im Ermessen des Dienstherrn. Mangels eines allgemeinen Rechts am abstraktfunktionalen Amt hat der Beamte grundsätzlich weder einen Anspruch auf Zu- oder Wegversetzung. Nur im Einzelfall, wenn jede andere Ermessensentscheidung des Dienstherrn fehlerhaft wäre, kann sich der Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung zu einem Versetzungsanspruch verdichten. Eine solche Ermessenreduzierung auf Null ist aber nur dann anzunehmen, wenn „schwerwiegende persönliche Gründe“ oder eine „außergewöhnliche Härte“ die Versetzung – bei Anlegung eines strengen Maßstabes – unabweisbar erscheinen lassen. Eine Versetzung nach § 28 Abs. 2 Alt. 1 BBG setzt jedoch zwingend voraus, dass innerhalb des Dienstbereichs des Dienstherrn eine freie und besetzbare Planstelle verfügbar ist (VG Bayreuth, U.v. 25.02.2014 – B 5 K 11.938 – juris; BayVGH, B.v. 12.6.2012 – 6 CE 12.474 – juris Rn. 7).
Eine solche freie Planstelle ist hier schon nicht gegeben. Gemäß dem Schreiben des Bundespolizeipräsidiums vom 5. März 2015, das durch das Schreiben vom 29. September 2015 bestätigt wurde, soll von der Besetzung freiwerdender Dienstposten für „Kontroll-/ Streifenbeamte und Ermittlungsbeamte“ abgesehen werden. Ein Dispens wurde vom Bundespolizeipräsidium mit E-Mail vom 26. Oktober 2015 abgelehnt. Es fällt in das Organisationsermessen des Dienstherrn, ob und wie schnell er freigewordene Dienstposten nachbesetzt, soweit dies nicht willkürlich geschieht. Im einem solchen Fall ist der Beamte gehalten, eine künftige Ausschreibung abzuwarten und sich im Anschluss daran auf den bekannt gegebenen Dienstposten zu bewerben, wobei er dann in Konkurrenz zu anderen Versetzungsbewerbern stehen wird (BayVGH, B.v. 12.6.2012 – 6 CE 12.474 – juris Rn. 8).
Selbst wenn eine freie Planstelle verfügbar wäre, so hätte der Kläger aber dennoch keinen Anspruch auf Versetzung an die Inspektion … bzw. auf erneute Verbescheidung durch den Dienstherren, da weder eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen ist, noch Ermessensfehler bei der Entscheidung ersichtlich sind. Der Kläger ist als Bundesbeamter grundsätzlich bundesweit versetzbar und hat mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis zum Bund als Dienstherrn damit verbundene Belastungen für die private Lebensführung grundsätzlich in Kauf genommen (BayVGH, B.v. 20.11.2014 – 6 ZB 14.1550 – juris Rn. 6). Dass die Einsatzorte somit auch im Bereich Frankfurt oder im Ruhrgebiet liegen, entspricht dieser bei Berufseintritt getroffenen Entscheidung des Beamten. Die Fürsorgepflicht (§ 78 BBG) gibt dem Kläger keinen Anspruch auf eine wohnortnahe dienstliche Verwendung. Nach § 72 Abs. 1 BBG hat ein Beamter seine Wohnung so zu wählen, dass er in seiner Dienstausübung nicht beeinträchtigt wird. Daraus folgt, dass sich der private Wohnsitz nach dem Dienstort richtet, und nicht der Dienstort sich nach dem Wohnort zu richten hat. Das gilt auch im Hinblick auf die familiäre Verantwortung des Klägers, da sich aus Art. 6 Abs. 1 GG kein Anspruch auf einen bestimmten dienstlichen Einsatzort ergibt. Die familiäre Verantwortung ist vielmehr so zu organisieren, dass sie an einem dem Dienstort entsprechenden Wohnort wahrgenommen werden kann (VG Frankfurt, B.v. 14.08.2013 – 9 L 3043/13.F – juris Rn. 9). Insoweit sind keine Ermessensfehler im Bescheid ersichtlich, als der Abstand zum Wohnort als für Tagespendler zumutbar angesehen wurde. Schwerwiegende Gründe oder eine außergewöhnliche Härte, die zu einem Anspruch auf Versetzung führen würden, sind nicht gegeben. Auch aus der ärztlich-psychologischen Stellungnahme des Sozialpädiatrischen Zentrums ist dies nicht zu entnehmen, da andere Bundespolizeibeamte mit vergleichbarer Familiensituation diesem Problem ebenso ausgesetzt sind. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug genommen, die zum Gegenstand der Entscheidung gemacht werden (§ 117 Abs. 5 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.