Aktenzeichen M 21 K 15.5707
Leitsatz
1 Wegen des besoldungsrechtlichen Vorbehalts des Gesetzes kann das Gericht keine Besoldung zusprechen, die gesetzlich nicht vorgesehen ist. Statthafte Klageart ist deshalb die Feststellungsklage, wenn der Beamte die Verfassungswidrigkeit der Alimentation geltend macht. Teilt das Gericht diese Einschätzung, muss es das Besoldungsgesetz dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG vorlegen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Wegfall der Mehrarbeitsvergütung nach Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit der Beamten der Bundeswehrfeuerwehr von 41 auf 48 Stunden ab Juli 2013 verstößt weder gegen die Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation noch gegen Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes. § 79 Abs. 1 BBesG gewährt einen degressiv gestaffelten Ausgleich für den Wegfall der Mehrarbeitsvergütung. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Über die Klage wird mit Einverständnis der Beteiligten und auf der Grundlage der Erkenntnisse im Parallelverfahren M 21 K 15.5706 ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage umfasst neben der beantragten Feststellung nach Maßgabe der gemäß § 88 VwGO gebotenen Auslegung und im Hinblick auf die Bezugnahme auf den Sach- und Rechtsvortrag im Parallelverfahren M 21 K 15.5706 wie dort auch die Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 3. November 2014 und zudem des Widerspruchsbescheids vom 13. März 2015.
Die Klage ist mit diesem Inhalt zulässig und als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Der Vorrang einer Leistungsklage gemäß § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht. Auf Grund des besoldungsrechtlichen Vorbehalts des Gesetzes können Beamten selbst dann, wenn die Verfassungsmäßigkeit ihrer Alimentation in Frage steht, keine Besoldungsleistungen zugesprochen werden, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. Sie müssen ihren Alimentationsanspruch mit einer Klage auf Feststellung geltend machen, ihr Nettoeinkommen sei verfassungswidrig zu niedrig bemessen. Teilt das Verwaltungsgericht diese Beurteilung, so muss es nach Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Besoldungsgesetzes einholen, das die Dienstbezüge festlegt (BVerwG, U.v. 20.3.2008 – 2 C 49/07 – juris Rn. 29).
Die Klage ist unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 3. November 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 13. März 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da ihm ein finanzieller Ausgleich der Erhöhung seiner Arbeitszeit von wöchentlich 41 Stunden auf 48 Stunden über die Regelung des § 79 BBesG hinaus nicht zusteht.
Nach § 2 Abs. 1 BBesG wird die Besoldung der Beamten, Richter und Soldaten durch Gesetz geregelt.
Auf Grund der Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 48 Stunden zum 1. August 2013 durch den Erlass vom 15. Juli 2013 steht dem Kläger die bis dahin gewährte Mehrarbeitsvergütung für wöchentliche Arbeitszeiten über 41 Stunden hinaus bis 48 Stunden nicht zu, was auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt wird.
Auf die bisherige Praxis, die im Bereich der Bundesfeuerwehren regelmäßige Überschreitung der wöchentlichen Regelarbeitszeit im Wege einer Mehrarbeitsvergütung abzugelten, und ein darauf gründendes Vertrauen kann sich der Kläger bereits im Hinblick auf den besoldungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt nicht berufen, ohne dass es auf die Frage der Rechtswidrigkeit der bis Juli 2013 praktizierten Anordnung von Mehrarbeit und deren Vergütung als solche ankommt.
Die Alimentation des Klägers ist auch nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessen.
Der Alimentationsgrundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Dienstherrn, Beamten und ihren Familien die Mittel für einen Lebensunterhalt zur Verfügung zu stellen, der nach dem Dienstrang, der mit dem Amt verbundenen Verantwortung und der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit angemessen ist. Die Beamten müssen über ein Nettoeinkommen verfügen, das ihre rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit gewährleistet und über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus einen dem Amt angemessenen Lebenszuschnitt ermöglicht (st. Rspr., z.B. BVerfG, U.v. 27.9.2005 – 2 BvR 1387/02 – juris Rn. 112; U.v. 6.3.2007 – 2 BvR 556/04 – juris Rn. 64). Die Angemessenheit der Alimentation bestimmt sich maßgeblich nach innerdienstlichen, unmittelbar auf das Amt bezogenen Kriterien wie dem Dienstrang und der mit dem Amt verbundenen Verantwortung. Die Besoldung stellt insofern nicht ein Entgelt für konkret erbrachte Dienste dar, sondern vielmehr die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte mit voller Hingabe der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (st. Rspr., z.B. BVerfG, U.v. 27.9.2005 a.a.O. – juris Rn. 113; BVerwG, U.v. 26.7.2012 – 2 C 29/11 – juris Rn. 39 m.w.N.). Die Regelungen zur Vergütung von Mehrarbeit sind daher von der Alimentationspflicht nicht gefordert (BVerwG, 21.2.1991 – 2 C 48/88 – juris Rn. 24), knüpfen an das Leistungsprinzip an und beinhalten keine allgemeine Überstundenvergütung (BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 2 C 9/03 – juris Rn. 10).
Entsprechend diesen Maßstäben lässt sich zugunsten des Klägers aus der von ihm im Hinblick auf die Amtsangemessenheit seiner Alimentation ausschließlich geltend gemachten Erhöhung der Dienstzeit bei gleichbleibenden Bezügen und dem Wegfall der Mehrarbeitsvergütung nichts herleiten.
Dem Wegfall der Mehrarbeitsvergütung stehen auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen, ohne dass es darauf ankommt, ob durch die langjährige Verwaltungspraxis im Schichtdienstbetrieb der Bundesfeuerwehr, entgegen § 88 Satz 1 BBG regelmäßig Mehrarbeit anzuordnen und diese auf Grund bestehender Personalprobleme nicht in der nach § 88 Satz 2 BBG vorrangig vorgesehenen Form von Dienstbefreiung, sondern nach § 88 Satz 4 BBG in Form einer Mehrarbeitsvergütung auszugleichen, ein vom Gesetzgeber zu berücksichtigendes schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten der betroffenen Beamten entstehen konnte. Denn der Gesetzgeber hat dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes mit der Übergangsregelung in § 79 Rechnung getragen, und dies mit der Regelung in § 79 Abs. 1 BBesG auch für diejenigen Beamten, die nicht im Rahmen der Opt-Out-Regelung in eine wöchentliche Arbeitszeit über 48 Stunden hinaus bis zu 54 Stunden eingewilligt haben.
Aus dem Gleichheitssatz lässt sich im Zusammenhang mit der Arbeitszeit von Feuerwehrbeamten im Tagesdienst zugunsten des Klägers schon deswegen nichts ableiten, weil Gegenstand der Klage nicht die Arbeitszeit, sondern ausschließlich die Besoldung des Klägers ist.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.