Arbeitsrecht

Kein Mehrwert für in Abfindungsvergleich übernommene Verpflichtung zur Beendigung eines die Kündigung betreffenden Verwaltungsverfahrens

Aktenzeichen  4 Ta 16/16

Datum:
24.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NZA-RR – 2016, 274
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG GKG § 63 Abs. 2
RVG RVG § 32 Abs. 1, § 33
BGB BGB § 779

 

Leitsatz

1. Vereinbaren die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits im Wege des Vergleiches die wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die im Vergleich mit geregelte Beendigung eines die Kündigung betreffenden Verwaltungsverfahrens nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen. (amtlicher Leitsatz)
2. Durch die in einem Prozessvergleich vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfällt das Rechtsschutzinteresse des Arbeitnehmers an der Weiterführung eines Verwaltungsverfahrens betreffend eine behördliche Zustimmung zur Kündigung. Da diese Wirkung ohne weiteres Zutun der Parteien automatisch eintritt, hat die im Vergleich übernommene Verpflichtung, das Verwaltungsverfahren für erledigt zu erklären, keine Erhöhung des Streitwerts für den Vergleich zur Folge (Anschluss an LAG Rheinland-Pfalz BeckRS 2012, 65347; LAG Bremen BeckRS 2007, 47100). (red. LS Alke Kayser)
3. Die Streitwertfestsetzung erfolgt auch dann nach § 63 Abs. 2 GKG, § 32 Abs. 1 RVG und nicht nach § 33 RVG, wenn infolge eines Prozessvergleichs Gerichtsgebühren nicht erhoben werden und im Hinblick auf den Inhalt des Prozessvergleichs für ihn ein Mehrwert festzusetzen ist (Anschluss an LAG Hamm BeckRS 2006, 30806326; LAG Düsseldorf BeckRS 2011, 70951). (red. LS Alke Kayser)

Verfahrensgang

4 Ca 685/15 2015-12-15 Bes ARBGBAMBERG ArbG Bamberg

Gründe

LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG
4 Ta 16/16
Beschluss
Datum: 24.02.2016
4 Ca 685/15, Arbeitsgericht Bamberg – Kammer Coburg
Titel:
Rechtsvorschriften:
Leitsatz:
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg – Kammer Coburg – vom 15.12.2015, Az.: 4 Ca 685/15, wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Der bei der Beklagten seit dem 28.11.2011 beschäftigte Kläger, der ein Bruttomonatsgehalt von EUR 5.834,- bezogen hat, wandte sich mit seiner Kündigungsschutzklage gegen eine ordentliche Arbeitgeberkündigung vom 17.08.2015 zum 30.09.2015.
Zur Beilegung des Rechtsstreits haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, in dem u. a. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2015, die Einbringung von Urlaub, die Zahlung einer Abfindung, die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses und die Verpflichtung des Klägers geregelt wurde, das Widerspruchsverfahren gegen den Zustimmungsbescheid des ZBFS für erledigt zu erklären.
Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 15.12.2015 den Streitwert für das Verfahren und den Vergleich auf EUR 29.170,- festgesetzt.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben gegen den ihnen am 15.12.2015 formlos zugeleiteten Beschluss mit Telefax vom 18.12.2015 Beschwerde eingelegt. Sie begehren die Festsetzung eines überschießenden Vergleichswertes von EUR 5.000,- für die geregelte Beendigung des Verwaltungsverfahrens.
Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 22.01.2016 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
Bezüglich der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II. 1. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren und damit auch für die Gebühren des Rechtsanwalts gemäß der §§ 63 Abs. 2 GKG, 32 Abs. 1 RVG festgesetzt worden ist.
Die Streitwertfestsetzung hat auch dann nach den vorstehenden Vorschriften und nicht nach § 33 RVG zu erfolgen, wenn infolge eines Prozessvergleichs Gerichtsgebühren nicht erhoben werden und im Hinblick auf den Inhalt des Prozessvergleichs für ihn ein Mehrwert festzusetzen ist (vgl. hierzu LAG Nürnberg vom 08.12.2008 – 4 Ta 148/08 – n. v.; LAG Hamm vom 30.06.2006 – 6 Ta 136/06 – RVG Report 2006 400; LAG Düsseldorf vom 05.12.2006 – 6 Ta 583/06 – zitiert in Juris; jeweils m. w. N.).
Die Gebührendifferenz für den begehrten Vergleichsmehrwert übersteigt den erforderlichen Beschwerdewert von EUR 200,-, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Die Beschwerde ist von dem beschwerdeberechtigten Prozessbevollmächtigten, § 32 Abs. 2 RVG, innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG.
2. Die Beschwerde ist sachlich nicht begründet.
Die in dem Vergleich getroffene Vereinbarung über die Beendigung des Widerspruchverfahrens gegen den Zustimmungsbescheid des ZBFS ist nicht zusätzlich zu bewerten.
Ein Vergleichsmehrwert fällt grundsätzlich nur dann an, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit der Parteien oder ein außergerichtlicher Streit beigelegt oder eine Ungewissheit über ihr Rechtsverhältnis beseitigt wird.
Bei dem vom Kläger betriebenen Widerspruchsverfahren handelt es sich um keinen weiteren Rechtsstreit und keinen außergerichtlichen Streit der Parteien und auch um keine das Vertragsverhältnis der Parteien betreffende Ungewissheit. Von den Parteien des Vergleichs wird im Rahmen ihrer Dispositionsbefugnis diesbezüglich keine vertragliche Vereinbarung i. S.v. § 779 BGB getroffen.
Dass durch die im Vergleich vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Weiterführung des Verwaltungsverfahrens entfallen ist, ist die juristische Folge des Vergleichsschlusses im Kündigungsrechtsstreit. Diese tritt ohne weiteres Zutun der Parteien automatisch ein. In keiner Weise haben die Parteien des Kündigungsrechtsstreits diesbezüglich einen weiteren Streitgegenstand im Wege gegenseitigen Nachgebens geregelt.
Der im Vergleich übernommenen Verpflichtung zur Erledigterklärung des Widerspruchsverfahrens kommt deshalb kein eigenständiger Mehrwert zu (vgl. LAG Nürnberg v. 08.04.2014 – 4 Ta 141/08; LAG Rheinland-Pfalz v. 02.11.2011 – 1 Ta 198/11; LAG Bremen v. 28.08.2007 – 3 Sa 315/06; Tschöpe/Ziemann/Altenburg, Streitwert und Kosten im Arbeitsrecht, Teil 1, A Rdz 557).
III. 1. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.
2. Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 68 Abs. 3 GKG.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

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