Arbeitsrecht

(Keine) Anerkennung der Ruhegehaltsfähigkeit von Zeiten als Angestellter der Deutschen Bundespost

Aktenzeichen  AN 16 K 18.02215

Datum:
11.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2379
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtVG § 4 Abs. 3, § 5, § 10, § 14 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

1. Für die Anerkennung als ruhegehaltsfähige Vordienstzeit muss die Tätigkeit im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis für die Übernahme in das Beamtenverhältnis in dem Sinne kausal gewesen sein, dass zwischen der Tätigkeit im Arbeitsverhältnis und der Ernennung ein funktioneller Zusammenhang derart besteht, dass die in der vordienstlichen Tätigkeit gesammelten Fähigkeiten und Erfahrungen maßgeblich für die Ernennung waren (ebenso BVerwG BeckRS 2012, 45697). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Tätigkeit bei der Deutschen Bundespost steht in keinerlei funktionellem Zusammenhang zur Ernennung zum Fernmeldeassistenten, wenn erstere Aufgaben im Bereich des Annahmedienstes sowie der Briefabgangsstelle erfolgten und damit die analoge Nachrichtenübermittlung betrafen, wohingegen die Tätigkeit als Fernmeldeassistent die technische Nachrichtenübermittlung beinhaltet. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 17. Oktober 2018 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger schon deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines höheren Ruhegehalts unter Berücksichtigung privatrechtlicher Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst im Zeitraum vom 2. Februar 1981 bis 22. August 1985 als ruhegehaltsfähig.
1. Die Beklagte legte der Festsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers durch Bescheid vom 14. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2018 zutreffend 32,61 ruhegehaltsfähige Dienstjahre und mithin einen Ruhegehaltsatz von 58,49 v.H. zugrunde.
a) Gemäß § 4 Abs. 3 BeamtVG wird das Ruhegehalt auf der Grundlage der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit berechnet. Es beträgt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG für jedes Jahr ruhegehaltsfähiger Dienstzeit 1,79375 vom Hundert der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (§ 5 BeamtVG), insgesamt jedoch höchstens 71,75 vom Hundert.
b) Vorliegend steht die ruhegehaltsfähige Dienstzeit des Klägers im Streit, die die Beklagte ausweislich Anlage A, die Bestandteil des angefochtenen Bescheides vom 14. Juni 2018 ist, auf insgesamt 32 Jahre und 221,05 Tage, mithin 32,61 ruhegehaltsfähige Dienstjahre festsetzte und demnach einen Ruhegehaltssatz gemäß § 14 Abs. 1 BeamtVG von 58,49 v.H. berechnete. Der von der Beklagten zugrunde gelegten Höhe der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (§ 5 BeamtVG) hingegen ist der Kläger im vorliegenden Klageverfahren nicht entgegengetreten.
aa) Als ruhegehaltsfähig sollen neben der regelmäßigen ruhegehaltsfähigen Dienstzeit (§ 6 BeamtVG) gemäß § 10 Satz 1 BeamtVG auch Zeiten berücksichtigt werden, in denen ein Beamter vor der Berufung in das Beamtenverhältnis im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn ohne von dem Beamten zu vertretende Unterbrechung tätig war, sofern diese Tätigkeit zu seiner Ernennung geführt hat, und es sich um Zeiten handelt, die einer hauptberuflichen in der Regel einem Beamten obliegenden oder später einem Beamten übertragenen entgeltlichen Beschäftigung entsprechen (Nr. 1) oder um Zeiten einer für die Laufbahn des Beamten förderlichen Tätigkeit (Nr. 2). Hiernach muss eine Tätigkeit im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis für die Übernahme in das Beamtenverhältnis kausal gewesen sein. Zwischen der Tätigkeit im Arbeitsverhältnis und der Ernennung muss ein funktioneller Zusammenhang bestehen, der gegeben ist, wenn die Ernennung wesentlich auf die Fähigkeiten und Erfahrungen zurückzuführen ist, die der Beamte durch die vordienstliche Tätigkeit erworben hat (Plog/Wiedow, BBG, Stand: März 2019, § 10 BeamtVG Rn. 72). Diese Tätigkeit stellt einen wesentlichen Grund für die Ernennung dar, wenn sie die spätere Dienstausübung als Beamter entweder ermöglicht oder doch erleichtert und verbessert hat. Das Erfordernis des funktionellen Zusammenhangs zwischen vordienstlicher Tätigkeit und Ernennung umfasst die weitere gesetzliche Voraussetzung, dass es sich dabei um eine für die Laufbahn des Beamten förderliche Tätigkeit gehandelt haben muss (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 19.2.1998 – 2 C 12.97; U.v. 14.3.2002 – 2 C 4.01; B.v. 5.12.2011 – 2 B 103/11 – juris Rn. 6).
bb) Nach dieser Maßgabe hat die Beklagte neben der regelmäßigen ruhegehaltsfähigen Dienstzeit des Klägers vom 1. November 1986 bis 30. Juni 2018 zu Recht lediglich die Zeit vom 23. August 1985 bis zum 31. Oktober 1986, in welcher der Kläger in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst der Deutschen Bundespost stand und beim Fernmeldeamt in … beschäftigt war, gemäß § 10 BeamtVG als ruhegehaltsfähig anerkannt. Dem Kläger steht hingegen kein Anspruch auf eine darüber hinausgehende Berücksichtigung auch des Zeitraums vom 2. Februar 1981 bis einschließlich 22. August 1985 als ruhegehaltsfähige Zeiten im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gemäß § 10 BeamtVG durch die Beklagte zur Seite. Denn die in diesem Zeitraum ausgeübten Tätigkeiten erfolgten zwar ebenfalls im Dienst der Deutschen Bundespost, führten allerdings ersichtlich eindeutig nicht zu seiner Ernennung zum Fernmeldeassistenten am … 1986. Der Kläger war im Zeitraum vom 2. Februar 1981 bis einschließlich 22. August 1985 beim Postamt … beschäftigt und nahm dort Aufgaben im Bereich des Annahmedienstes sowie der Briefabgangsstelle war. Diese vordienstlichen Tätigkeiten betrafen die analoge Nachrichtenübermittlung und stehen evident in keinerlei funktionellem Zusammenhang zu seiner Ernennung zum Fernmeldeassistenten. Als solcher war der Kläger fortan mit Fragen der technischen Nachrichtenübermittlung befasst. Tatsachen, welche eine hiervon abweichende Qualifizierung der Tätigkeiten des Klägers begründen könnten, hat auch der Kläger nicht vorgebracht. Auch das vom Kläger angeführte Schreiben der Deutschen Bundespost vom 2. September 1986, wonach dem Kläger nach seiner Auffassung bereits zum 1. März 1986 eine Dienstzeit von zwei Jahren anerkannt worden sein soll, begründet den gemäß § 10 BeamtVG erforderlichen funktionellen Zusammenhang nicht. Inhalt dieses Schreibens bildet die Frage der Höhergruppierung des ab dem 23. August 1985 mit Beamtentätigkeiten im Angestelltenverhältnis beschäftigten Klägers zum 1. März 1986, welche wohl neben einer sechsmonatigen Beschäftigung mit Beamtentätigkeiten der Besoldungsgruppe A 5/6 eine Postdienstzeit von zwei Jahren voraussetzt. Der ihm zugrunde liegende Sachverhalt betrifft zum einen lediglich den Zeitraum ab 23. August 1985, welchen die Beklagte rechtsfehlerfrei als ruhegehaltsfähig gemäß § 10 BeamtVG berücksichtigt hat, und steht zum anderen auch inhaltlich in keinerlei Bezug zu der hier streitgegenständlichen Frage ruhegehaltsfähiger Vordienstzeiten.
c) Demnach bleibt auch das Leistungsbegehren des Klägers aus Ziffer 2. der Klageanträge ohne Erfolg.
2. Die Klage ist mit der Kostenfolge aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten trifft das Gericht keine Entscheidung, weil es davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft nicht vollstreckt.

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