Arbeitsrecht

Keine Anpassung der Versorgung wegen des Todes der ausgleichsberechtigten Person

Aktenzeichen  Au 2 K 17.323

Datum:
9.11.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VersAusglG VersAusglG § 27, § 37
VAHRG VAHRG § 4

 

Leitsatz

1 Beim Versterben der aus einem Versorgungsausgleich ausgleichsberechtigten Person werden die Versorgungsbezüge des Beamten nur dann auf Antrag nach § 37 VersAusglG nicht länger gekürzt, wenn  die Verstorbene die Versorgung aus dem Versorgungsausgleich nicht länger als 36 Monate bezogen hat. Diese Regelung ist verfassungsgemäß (BVerfG BeckRS 1989, 110348). (Rn. 21 und 22) (redaktioneller Leitsatz)
2 Aus systematischen Gründen ist eine Härtefallregelung im Einzelfall neben § 37 VersAusglG nicht möglich, da der Gesetzgeber in dieser Bestimmung die Auswirkungen des Todes des Ausgleichsberechtigten für den Versorgungsausgleich abschließend geregelt hat (OVG NRW BeckRS 2016, 42636). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die begehrte Aussetzung der Kürzung der Versorgungsbezüge rückwirkend zum 22. September 2015 (Hauptantrag), noch ab dem Tag der Antragstellung am 23. Juli 2016 (Hilfsantrag). Der Ablehnungsbescheid des Landesamts für Finanzen vom 29. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 26. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß § 49 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) ist für Verfahren nach den §§ 4 ff. des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG), in denen der Antrag beim Versorgungsträger vor dem 1. September 2009 eingegangen ist, das bis dahin geltende Recht weiterhin anzuwenden. Dazu gehört auch das in § 4 VAHRG geregelte Verfahren der Aufhebung der Kürzung im Fall des Vorversterbens des Ausgleichsberechtigten, das hier den Streitgegenstand bildet. Da (nur) Verfahren, in denen der maßgebliche Antrag vor dem 1. September 2009 gestellt wurde, nach altem Recht fortgeführt werden sollen, findet für Verfahren, in denen der Antrag nach dem 1. September 2009 gestellt wurde, das VersAusglG Anwendung. Insoweit gilt die allgemeine Inkrafttretensregelung des Art. 23 Satz 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) zum 1. September 2009. Da der Kläger seinen Anpassungsantrag am 23. Juli 2016, bei der Behörde eingegangen am 27. Juli 2016, also nach dem 1. September 2009 gestellt hat, findet hier das VersAusglG Anwendung.
Die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Kürzung der Versorgungsbezüge gemäß § 37 VersAusglG liegen nicht vor. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG wird ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person gestorben ist. § 37 Abs. 2 VersAusglG enthält jedoch die Einschränkung, dass die Anpassung nach Absatz 1 nur stattfindet, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat. Im vorliegenden Fall hat die am 22. September 2015 verstorbene frühere Ehefrau des Klägers nach Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 15. Dezember 2016 von Oktober 1996 bis September 2015, also 19 Jahre lang, eine Rente aus dem im seit 3. Mai 1988 rechtskräftigen Scheidungsurteil des Amtsgerichts * vom 4. März 1988 (Az. *) geregelten Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen. Damit scheidet die vom Kläger mit Schreiben vom 23. Juli 2016 beantragte Anpassung der Kürzung des Versorgungsausgleichs wegen des über den Zeitraum von 36 Monate hinaus erfolgten Rentenbezugs der ausgleichsberechtigten früheren Ehefrau grundsätzlich aus.
Die Begrenzung des Wegfalls der Versorgungskürzung auf Fälle des Rentenbezugs von bis zu 36 Monaten ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Regelung verstößt insbesondere nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Art. 6 Abs. 1, oder Art. 3 Abs. 2 GG (BVerfG, U.v. 5.7.1989 – 1 BvL 11/87 u.a. – DVBl 1989, 871; OVG NW, B.v. 16.2.2016 – 1 A 304/15 – juris Rn. 7 f.; VG Saarlouis, U.v. 16.7.2015 – 2 K 17/14 – juris Rn. 30 ff.; VG Köln, U.v. 10.12.2014 – 23 K 3548/13 – juris Rn. 21 ff.; VG Ansbach, U.v. 1.2.2011 – AN 1 K 10.02237 – juris Rn. 37 ff.).
Die Anpassung würde nicht daran scheitern, dass das zu Gunsten der früheren Ehefrau des Klägers begründete Anwartschaftsrecht nicht zu den anpassungsfähigen Anrechten zählt. Das bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründete Anrecht, aus dem nach der mit Schreiben vom 15. Dezember 2016 erteilten Auskunft (Bl. 56 der Behördenakte) 19 Jahre (Erwerbsminderungs-)Rentenleistungen von der früheren Ehefrau des Klägers bezogen wurden, zählt jedenfalls zu den Regelungssicherungssystemen und fällt damit unter § 32 Nr. 1 VersAusglG (s. hierzu BVerfG, B.v. 6.5.2014 – 1 BvL 9/12 u.a. – NJW 2014 – 2093; BVerwG, B.v. 31.5.2012 – 8 B 6.12 – FamRZ 2012, 1565; Norpoth/Sasse, in Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 27 VersAusglG Rn. 2).
Ein Anspruch auf Anpassung der Kürzung der Versorgungsbezüge wegen grober Unbilligkeit (§ 27 VersAusglG) oder aus Gründen einer in der Person des Klägers liegenden besonderen Härte, besteht nicht. Die weiterhin erfolgende Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers trotz des Versterbens seiner früheren Ehefrau und des damit verbundenen Wegfalls der Leistungspflicht der Deutschen Rentenversicherung Bund aus dem aufgrund des Versorgungsausgleichs zugunsten der früheren Ehefrau dort begründeten Anwartschaftsrecht ist weder verfassungswidrig, noch stellt sie sich als unzulässige Rechtsausübung durch den Beklagten dar.
Aus systematischen Gründen ist eine Härtefallregelung im Einzelfall neben § 37 VersAusglG nicht möglich, da der Gesetzgeber in dieser Bestimmung die Auswirkungen des Todes des Ausgleichsberechtigten für den Versorgungsausgleich ausdrücklich (abschließend) geregelt hat. Liegen die in § 37 Abs. 2 VersAusglG normierten zeitlichen Voraussetzungen für eine Anpassung nicht vor, kann ein Anspruch auf Anpassung auch nicht auf § 27 VersAusglG gestützt werden (vgl. z.B. OVG NW, B.v. 16.2.2016 – 1 A 304/15 – juris Rn. 6; VG Köln, U.v. 10.12.2014 – 23 K 3548/13 – juris Rn. 19; VG Neustadt (Weinstraße), U.v. 12.3.2014 – 1 K 600/13.NW – juris Rn. 20; VG Düsseldorf, G.B.v. 28.12.2012 – 23 K 6741/11 – juris; Breuers in jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 37 VersAusglG Rn. 19). Im Übrigen wäre § 27 VersAusglG auf den nachträglichen Eintritt von Härtegründen nicht anwendbar (vgl. z.B. BGH, B.v. 11.10.2006 – XII ZB 39/03 – NJW 2007, 433 m.w.N.; Norpoth/Sasse, a.a.O., Rn. 3). Damit scheidet in diesen Fällen auch die Anwendung von Generalklauseln, wie § 242 BGB, aus. Der Einwand des Klägers, die Ablehnung der Anpassung des Versorgungsausgleichs stelle eine unzuverlässige Rechtsausübung des Beklagten dar, kann folglich nicht durchgreifen (vgl. BGH, B.v. 16.10.2013 – XII ZB 176/12 – FamRZ 2014, 105; Norpoth/Sasse, a.a.O., Rn. 4). Ausgeschlossen ist auch die Berücksichtigung der nach Auffassung des Klägers (zu Unrecht) geleisteten Unterhaltszahlungen an seine frühere Ehefrau, die diese nach Bekunden des Klägers durch falsche Angaben, mithin Prozessbetrug, erlangt habe, als besondere persönliche Härte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 4 VwGO).

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