Arbeitsrecht

Keine Ansprüche aus einer Berufshaftspflichtversicherung für Rechtsanwälte aus abgetretenem Recht

Aktenzeichen  243 C 4824/17

Datum:
17.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53941
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 3, § 128 Abs. 2, § 130a Abs. 4,
BGB § 398
AVB-A § 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 2.399,94 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Den Klägern steht kein Anspruch aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. § 398 BGB zu.
Eine unter den Versicherungsschutz fallende berufliche Tätigkeit nach § 1 AVB-A liegt dann vor, wie sich aus der gleichfalls Vertragsbestandteil gewordenen Risikobeschreibung ergibt, dass es sich um eine freiberuflich ausgeübte Tätigkeit als Rechtsanwalt handelt.
Bei der gegenständlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts … ist dies nicht der Fall. Nach der Systematik der vorliegend vereinbarten Bedingungen ist zur Feststellung, ob eine anwaltliche Tätigkeit vorliegt, am Schwerpunkt des Auftrags anzusetzen. Für diese Abgrenzung spricht zum einen, dass die Berufshaftpflichtversicherung des Anwalts keineswegs nur bei spezifisch berufsrechtlichen Risiken greift. In der Praxis entfällt ein großer (wenn nicht der größte) Teil der anwaltlichen Haftungsfälle auf schlichte Büro- und Organisationsfehler, die genauso im Betrieb eines Wirtschaftsprüfers, Unternehmensberaters oder Ingenieurs entstehen könnten (falsch notierte Frist, falsch eingegebene Faxnummer, falsch herum eingelegtes Fax, liegengelassene Aktentasche, Verspätung zu einem Termin etc.). Die spezifische Tätigkeit eines Anwalts ist auch nicht deutlich schadensgeneigter als die anderer vergleichbarer Berufe. Deshalb ist der Grund dafür, dass Anwälte kraft Gesetzes eine Berufshaftpflichtversicherung haben müssen, auch nicht eine höhere Schadenshäufigkeit, sondern dass Rechtsanwälte häufig mit sehr hohen Werten und Risiken umgehen, die für die Betroffenen existentiell wichtig sind. Dies spricht dafür, auf den jeweiligen Auftrag abzustellen und nicht darauf, welches Risiko sich im jeweiligen Schadensfall verwirklicht hat (OLG München, Urteil vom 25.01.2019 – 25 U 623/19). Hat der erteilte Auftrag demnach schwerpunktmäßig einen anderen Inhalt als Rechtsberatung, besteht für den gesamten Auftrag kein Versicherungsschutz, auch wenn innerhalb des Auftrags untergeordnete rechtsberatende Tätigkeiten entfaltet werden.
Schwerpunkt des Vertrages zwischen Rechtsanwalt … und den Klägern war es, die wirtschaftliche Durchführung der Kapitalanlage im Rahmen des bereits vorgegebenen Systems zu ermöglichen, die zu diesem Zweck notwendigen Handlungen vorzunehmen und als Treuhänder zu fungieren. Eine Rechtsberatung war nach dem Wortlaut des Vertrages nicht vereinbart. Der die Kündigung des Bausparvertrages als solche – und eine damit etwa im Raum stehende Beratung oder Inkassodienstleistung – betreffende Teil der Tätigkeit geben dem abgeschlossenen Treuhand- bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag unter Berücksichtigung seiner Ausgestaltung, seines Inhalts und Gegenstandes, insbesondere auch der Treuhandtätigkeit, nicht überwiegend das Gepräge eines Anwaltsvertrages. In diesem Teil ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände gerade nicht der Schwerpunkt der versprochenen Dienstleistung und übernommenen Geschäftsbesorgung zu sehen. Vielmehr liegt der Schwerpunkt in der Abwicklung des Altvertrages, der treuhänderischen Entgegennahme des Geldes und der Wiederanlage bei der … (vgl. …, Urteil vom 25.01.2019 – …).
Insoweit stand keine Rechtsberatung inmitten; denn der von Rechtsanwalt … namens und für Rechnung der Kläger abzuschließende „Kaufvertrag“ war bereits als Muster vorgegeben und die „Prüfung, Vermittlung und Beratung hinsichtlich der Neuordnung der bezeichneten Vermögensanlagen“ gemäß § 1 Präambel des Geschäftsbesorgungsvertrages war sogar ausdrücklich ausgeschlossen – insoweit hätte also ebenso ein Dritter tätig werden können, der nicht als Rechtsanwalt zugelassen war. Der Umstand, dass die Kläger Rechtsanwalt … aufgrund seiner beruflichen Stellung als Rechtsanwalt möglicherweise besonderes Vertrauen entgegengebracht hatten und ggfs. von dessen besonderer Seriosität als Treuhänder ausgegangen sind – und sich die … dies bei der Auswahl von Rechtsanwalt … als Treuhänder eventuell gezielt zunutze machen wollte – genügt für sich nicht, die betroffene Tätigkeit zu einer „Tätigkeit als Rechtsanwalt“ zu machen (vgl. … vom 25.01.2019 – 25 U 623/19).
Da damit schon eine Ersatzpflicht der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag nicht gegeben ist, kann es dahinstehen, ob eine Pflichtverletzung durch Rechtsanwalt … vorlag.
2. Mangels Hauptforderung sind auch die Nebenforderungen nicht begründet.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht § 3 ZPO.

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