Arbeitsrecht

Keine Eignung eines unter Betreuung stehenden Bewerbers für den mittleren nichttechnischen Zolldienst

Aktenzeichen  M 21 K 16.1849

Datum:
6.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23424
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33
BBG § 78
BGB § 1902, § 1903
VwVfG § 46

 

Leitsatz

1 Der Klage auf Neuverbescheidung einer Bewerbung um Einstellung in die Laufbahn des mittleren Dienstes fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Ablehnung in Form eines Verwaltungsaktes ergangen und bestandskräftig geworden ist. (Rn. 36 und 37) (redaktioneller Leitsatz)
2 Fehler bei der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung können unbeachtlich (§ 46 VwVfG) sein, wenn sich aus der nachträglichen Äußerung der Schwerbehindertenvertretung ergibt, dass sie die Maßnahme des Dienstherrn auch bei ordnungsgemäßer Beteiligung gebilligt hätte. (Rn. 43 und 44) (redaktioneller Leitsatz)
3 Einem Bewerber fehlt die Eignung für das Beamtenverhältnis, wenn er unter Betreuung steht (ebenso BayVGH BeckRS 2018, 23423). (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Der Verwaltungsrechtsweg ist für beide Klageanträge gemäß § 40 VwGO eröffnet.
Auch hinsichtlich des klägerischen Begehrens auf Schadensersatz ist eine öffentlichrechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, für sie nach § 40 Abs. 2 Satz 2 VwGO, § 126 Abs. 1 BBG der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Zwar ist zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Beamtenverhältnis zustande gekommen, jedoch kommen eng auf den Zusammenhang mit der Bewerbung begrenzte Sorgfalts- und Rücksichtspflichten des Dienstherrn in sinngemäßer Übertragung der privatrechtlichen Rechtsfigur der culpa in contrahendo in Betracht (Plog/Wiedow, BBG, April 2007, § 79 BBG Rn. 2, m.w.N.). Solche Sorgfalts- und Rücksichtspflichten sind hier anzunehmen, da es bei dem Schadensersatzbegehren um eine Streitigkeit „vorbeamtenrechtlicher Art“ geht, die sich gerade auf den Bewerbungsprozess des Klägers bezieht.
Soweit der Kläger Schadensersatz in Höhe von 5.981,04 € begehrt, ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Soweit der Kläger die Neuverbescheidung hinsichtlich seiner Einstellung in die Laufbahn des mittleren nichttechnischen Zolldienstes zum 1. August 2018 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 31. Juli 2015 begehrt, ist die Klage bereits unzulässig.
Der Klage fehlt bezüglich des Antrags auf Neuverbescheidung das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger sein Klageziel nicht mit der vorliegenden Klage erreichen kann. Der Berücksichtigung des Klägers in dem Auswahl- und Einstellungsverfahren zu dem Termin 1. August 2018 steht der bestandskräftige Bescheid der Bundesfinanzdirektion Südost vom 30. Juli 2015 entgegen.
Bei dem Schreiben vom 30. Juli 2015 handelt es sich um einen eigenständigen Verwaltungsakt gemäß § 35 S. 1 VwVfG, der bestandskräftig geworden ist, weil er nicht rechtzeitig mittels Widerspruchs angegriffen wurde. Die Qualifizierung als eigenständiger Verwaltungsakt folgt daraus, dass das Schreiben vom 30. Juli 2015 gegenüber dem Schreiben vom 31. Juli 2015 einen eigenständigen Regelungsgehalt aufweist. Mit dem Schreiben vom 30. Juli 2015 wurde dem Kläger über seinen gesetzlichen Vertreter mitgeteilt, dass er auch nach aktueller Aktenlage weiterhin nicht für eine Einstellung in den mittleren Zolldienst berücksichtigt werden kann. Die beiden Schreiben vom 30. Juli 2015 und vom 31. Juli 2015 können auch nicht als einheitlicher Verwaltungsakt betrachtet werden, da sie nebeneinander erlassen wurden. Zwar wird in dem Schreiben vom 31. Juli 2015 formell auf das Schreiben vom 30. Juli 2015 Bezug genommen, jedoch weisen beide Schreiben einen eigenständigen und unterschiedlichen Regelungsgehalt auf und nehmen inhaltlich nicht aufeinander Bezug. Durch die formelle Bezugnahme auf das Schreiben vom 30. Juli 2015 wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass beide Bescheide nebeneinander bestehen sollen und dass der Bescheid vom 30. Juli 2015 nicht durch den Bescheid vom 31. Juli 2015 gemäß §§ 48, 49 VwVfG aufgehoben wird. Dies ergibt sich aus der Entscheidung der Bundesfinanzdirektion Südost, dass der Kläger unabhängig von dem derzeit noch bestehenden Betreuungsverhältnis aufgrund der im dem amtsärztlichen Gutachten vom 14. Juli 2015 getroffenen Feststellungen nicht in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Zolldienstes eingestellt werden kann. In dem Schreiben vom 30. Juli 2015 wurde die Ablehnungsentscheidung hingegen darauf gestützt, dass das für den Kläger bestehende Betreuungsverhältnis einer Einstellung entgegenstehe. Ausweislich der Widerspruchsbegründung der Bevollmächtigten des Klägers ist ihm der Bescheid über seinen gesetzlichen Vertreter gemäß § 41 Abs. 1 VwVfG spätestens im Zeitpunkt der Widerspruchsbegründung vom …. Januar 2016 auch bekanntgegeben worden.
Da der Bescheid vom 30. Juli 2015 keine Rechtsbehelfsbelehrung:enthielt, betrug die Frist für die Einlegung des Widerspruchs gemäß §§ 70 Abs. 2 i.V.m. 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO ein Jahr. Widerspruch wurde aber gegen den Bescheid vom 30. Juli 2015 nicht erhoben. Es kann auch nicht angenommen werden, dass mit der Einlegung des Widerspruchs am 20. August 2015 gegen den Bescheid vom 31. Juli 2015 auch gleichzeitig der Bescheid vom 30. Juli 2015 angegriffen werden sollte. Dies folgt daraus, dass in dem Schreiben vom … August 2015 ausdrücklich seitens der Bevollmächtigten des Klägers nur der Bescheid vom 31. Juli 2015 genannt wurde und sich die Begründung des Widerspruchs vom …. Januar 2016 nur auf den Bescheid des 31. Juli 2015 bezieht.
Im Übrigen hätte die Klage selbst bei unterstellter Zulässigkeit in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuverbescheidung, da über seinen Bewerbungsverfahrensanspruch bereits mit den Bescheiden der Bundesfinanzdirektion Südost vom 30. Juli 2015 sowie vom 31. Juli 2015 ordnungsgemäß entschieden wurde. Die Bescheide vom 30. Juli 2015 und vom 31. Juli 2015 sowie der Widerspruchsbescheid vom 18. März 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Ablehnungsbescheide vom 30. Juli 2015 und vom 31. Juli 2015 sind formell rechtmäßig.
Insbesondere sind sie nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil die Schwerbehindertenvertretung gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde. Danach hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Nach der Rahmenintegrationsvereinbarung besteht ferner eine Erörterungspflicht.
Zwar wurde hier die Schwerbehindertenvertretung nicht umfassend über die Ablehnungsgründe für die Ablehnung des Klägers unterrichtet, da ihr das amtsärztliche Gutachten vom 14. Juli 2015 nicht zur Verfügung gestellt wurde. Jedoch steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Entscheidung durch eine rechtzeitige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nicht hätte beeinflusst werden können (vgl. BVerwG, B. v. 15.2.1990 – 1 WB 36/88 – NVwZT-RR 1990, 489).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Unterlassung der Einbeziehung der Überlegungen der Schwerbehindertenvertretung in die Ermessenserwägung die Entscheidung über die Versetzung eines schwerbehinderten Soldaten dann nicht rechtsfehlerhaft machen, wenn ausgeschlossen werden kann, dass sie diese zugunsten des Betroffenen hätte beeinflussen können (Rechtsgedanke zu § 46 VwVfG) oder dass die Entscheidung als solche gar nicht in die Rechtsverhältnisse und die Sphäre des Betroffenen „einschneidend“ eingreift. Die Entscheidung darüber, ob ein an sich gegebener Ermessensfehler ausnahmsweise als rechtlich unerheblich angesehen werden kann, haben die mit der Überprüfung der Ermessensentscheidung befassten Gerichte zu treffen. Handelt es sich um die Nichtberücksichtigung von Überlegungen der Schwerbehindertenvertretung, dann kann keineswegs präjudiziell die Aussage des entscheidenden Vorgesetzten sein, die Überlegungen der Schwerbehindertenvertretung hätten unter keinen Umständen seine Entscheidung zu beeinflussen vermocht. Entscheidungserheblich kann demgegenüber sein, wie sich die Schwerbehindertenvertretung dem Vorgesetzten gegenüber -nachträglich – geäußert hat. Erklärt sie ausdrücklich, dass die Entscheidung des Vorgesetzten bei vorheriger Anhörung gebilligt worden wäre, kann eine positive Beeinflussung der Personalentscheidung zugunsten des Klägers durch die Schwerbehindertenvertretung ausgeschlossen werden (vgl. zu alldem BVerwG, B. v. 15.2.1990 -a.a.O.).
Für den vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Hier hat die Hauptbehindertenvertretung in ihrer Stellungnahme vom 16. März 2016 ausgeführt, dass die Entscheidungsgründe für die Absage aus rechtlichen Gründen aus Sicht der Schwerbehindertenvertretung nachvollziehbar sind. Auch eine ordnungsgemäße Einbindung der Schwerbehindertenvertretung bei der abschließenden Ablehnung hätte zu keiner anderen Sichtweise geführt. Insofern war die fehlerhafte Einbeziehung der Schwerbehindertenvertretung nicht kausal für die Ablehnungsentscheidungen. Der formelle Fehler hat sich nicht ausgewirkt und kann deshalb die Ablehnungsentscheidungen nicht rechtswidrig machen.
Die Bescheide vom 30. Juli 2015 und vom 31. Juli 2015 sind auch materiell rechtmäßig.
Nach Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist. Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht. Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden. Er kann nicht in den Leistungsvergleich der Bewerber um die zur Vergabe stehenden Ämter einbezogen werden (vgl. BVerwG, U. v. 25.7.2013 – 2 C 12/11 – NVwZ 2014, 300).
Die Ablehnung des Klägers wegen des bestehenden Betreuungsverhältnisses ist nicht zu beanstanden. Die von dem Betreuungsverhältnis erfassten Aufgabenkreise, insbesondere die Betreuung hinsichtlich der Entgegennahme, des Öffnens und Anhaltens der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise, die Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern und die Vertretung in Schul-, Ausbildungs- und Arbeitsangelegenheiten stehen einer Einstellung in das Ausbildungsverhältnis entgegen. Durch das Betreuungsverhältnis ohne Einwilligungsvorbehalt bleibt der Kläger zwar geschäftsfähig und kann Rechtshandlungen wirksam vornehmen, allerdings können der Kläger und sein Betreuer in den betreffenden Aufgabenkreisen nebeneinander rechtswirksam für den Kläger tätig werden (§§ 1902, 1903 BGB). Da die Beamtinnen und Beamten des mittleren nichttechnischen Zolldienstes hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, muss der Dienstherr gewährleisten, dass die betreffenden Beamten auch die Fähigkeit dazu besitzen. Da der Kläger in den betreffenden Aufgabenkreisen auf einen Betreuer angewiesen ist, ist davon auszugehen, dass er nicht nur in eigenen Angelegenheiten, sondern vielmehr auch in fremden Angelegenheiten nicht die Fähigkeit besitzt, diese zu besorgen.
Vorliegend durfte die Bundesfinanzdirektion Südost auch von der fehlenden gesundheitlichen Eignung des Klägers für die Einstellung in die Laufbahn für den mittleren nichttechnischen Zolldienst ausgehen. Nach den amtsärztlichen Feststellungen des Referates für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München vom 14. Juli 2015 konnte nicht bestätigt werden, dass die gesundheitliche Eignung für die Verbeamtung auf Lebenszeit vorliegt, dies auch nicht unter Berücksichtigung der 5-Jahres Regel für Schwerbehinderte. Zwar bezieht sich die 5-Jahres-Regel nach der Rahmenintegrationsvereinbarung nur auf die beamtenrechtliche Versorgung, die eine abgeleistete Dienstzeit von mindestens 5 Jahren (Wartezeit) voraussetzt. Aus dem Gutachten vom 14. Juli 2015 ergibt sich aber, dass unabhängig von jeglicher Prognose die Dienstfähigkeit des Klägers zum Untersuchungszeitpunkt nicht bestand. So führte Dr. A. in ihrem Gutachten aus, dass die gesundheitliche Eignung des Klägers für die Verbeamtung auf Lebenszeit a u c h unter Berücksichtigung der 5-Jahres-Regel für Schwerbehinderte nicht vorliegt. Das Ergebnis wird auch durch die Stellungnahme vom Dr. H. gestützt, in der sie ausführt, dass die im Gutachten vom 14. Juli 2015 beschriebenen Leistungseinschränkungen aufgrund chronischer schwerwiegender Gesundheitsstörungen unabhängig von jeglicher Prognose vorliegen.
Die Kammer hat ferner keine Zweifel daran, dass das amtsärztliche Gutachten ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Insbesondere lag die Rahmenintegrationsvereinbarung nach der Stellungnahme von Dr. H. vom 28. August 2015 dem Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München zum Zeitpunkt der Untersuchung des Klägers vor.
Das amtsärztliche Gutachten erfüllt auch die erforderlichen Anforderungen. Dabei sind die für das Zwangspensionierungsverfahren aufgestellten Anforderungen an ärztliche Gutachten heranzuziehen, da für die Einstellung eines Beamtenbewerbers keine anderen Maßstäbe gelten können. Danach muss das verwendete amtsärztliches Gutachten nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, allerdings nur soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist (BVerwG, B. v. 20.1.2011 -2 B 2.10 – juris). Das Gutachten muss sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstraktfunktionelles Amt weiter auszuüben. Wie detailliert die Ausführungen sein müssen, ist im Hinblick auf die Funktion des Gutachtens zu beantworten. Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ggf. welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind (etwa: Reduzierung der Arbeitszeit, Übertragung eines anderen Amtes derselben, einer entsprechenden gleichwertigen oder einer anderen Laufbahn oder Versetzung in den Ruhestand). Zugleich muss das Gutachten es dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Amtsarztes bzw. mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie ggf. substantiiert anzugreifen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Dabei sind Verweise auf an anderer Stelle erhobene Befunde bzw. formulierte Bewertungen zulässig, wenn deutlich wird, in welchem Umfang sich der Amtsarzt ihnen anschließt (zu allem: BVerwG, B. v. 20.1.2011 – a.a.O.).
Übertragen auf den vorliegenden Fall soll die amtsärztliche Stellungnahme im Einstellungsverfahren dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Kläger gemessen an den an einen schwerbehinderten Menschen angelegten Maßstab nach der Rahmenintegrationsvereinbarung gesundheitlich für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst geeignet ist. Diese Anforderung erfüllt das amtsärztliche Gutachten von Dr. A. 14. Juli 2015. Dr. A. bezieht sich darin ausdrücklich auf die Untersuchung vom …. Juli 2015 und damit auch auf das gesamte Zusatzgutachten von Dr. K. Aus dem Zusatzgutachten ergeben sich für den Kläger die Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Kläger erhobenen psychologischen Befunde und die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Klägers, in die Laufbahn für den mittleren nichttechnischen Zolldienst eingestellt zu werden. Dr. K. führte in ihrem Gutachten detailliert aus, welche Leistungseinschränkungen für den Kläger vorliegen und schlussfolgerte aus den Befunden, dass die gesundheitliche Eignung für die Verbeamtung auf Lebenszeit nicht vorliegt. Dass den ärztlichen Gutachterinnen vorab kein konkreter Dienstposten für den Kläger mitgeteilt wurde, ist dabei unschädlich. Nach der Rahmenintegrationsvereinbarung ist die körperliche Eignung anzunehmen, wenn dem schwerbehinderten Mensch zum Zeitpunkt der ärztlichen Untersuchung die Arbeits- und Dienstfähigkeit bescheinigt wird und er nur für die Wahrnehmung bestimmter Dienstposten der betreffenden Laufbahn geeignet ist. Vorliegend wurde dem Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München im Untersuchungsauftrag die Anforderungen an die körperliche Eignung für schwerbehinderte Menschen mitgeteilt. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger überwiegend Verwaltungs- und Bürotätigkeiten absolvieren soll und dass die Zollverwaltung einem schwerbehinderten Menschen einen speziell auf ihn zugeschnittenen Dienstposten bei fast allen Dienststellen einrichten kann. Insoweit wurde der Untersuchungsauftrag hinreichend konkretisiert, da die begutachtende Ärztin darüber informiert war, dass der Kläger überwiegend im Verwaltungs- und Bürobereich eingesetzt werden soll. Einer ganz konkreten Dienstpostenbeschreibung bedurfte es allerdings nicht, da das Hauptzollamt … angab, bei fast allen Dienststellen einen speziell auf den Kläger zugeschnittenen Dienstposten einrichten zu können. Es sollte gerade das Gutachten dazu dienen, einen konkreten Dienstposten für den Kläger entsprechend seiner Eignung auszuwählen und einzurichten. Da der Kläger jedoch wegen seiner allgemein fehlenden Eignung für den mittleren nichttechnischen Zolldienst für keinen Dienstposten in Betracht kommt, kam es nicht mehr dazu, für ihn einen konkreten Dienstposten entsprechend den Anforderungen in dem amtsärztlichen Gutachten einzurichten.
Auch das Zusatzgutachten vom 3. Juli 2015 ist nicht zu beanstanden. Dass die Amtsärztin darin ausführte, eine Nachuntersuchung zur Frage der Verbeamtung auf Lebenszeit ist nicht vor Abschluss der Ausbildung sinnvoll, führt nicht zur Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des Dienstherrn, von der Dienstunfähigkeit des Klägers auszugehen. Das Gutachten vom 3. Juli 2015 diente lediglich dazu, dem Dienstherrn eine Entscheidungsgrundlage für die Frage der Dienstfähigkeit des Klägers zu geben, da er selbst nicht über die erforderliche medizinische Expertise verfügt. Der Hinweis kann demnach vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung nur so verstanden werden, dass sie eine Empfehlung für den Fall abgegeben hat, dass ihrem Gutachtensergebnis nicht gefolgt wird.
Diesem Gutachten ist durch den Kläger nichts Wesentliches entgegengesetzt worden. Ihm lediglich ein psychologisches Zusatzgutachten über die Fahreignung des Klägers entgegenzuhalten, kann wegen der Verschiedenartigkeit der Begutachtungsgrundlagen nicht zur Unrichtigkeit oder Unverwertbarkeit des Gutachtens vom 14. Juli 2015 führen. Weitere Einwendungen von medizinischem Gewicht wurden nicht erhoben. Auch die Praktikumszeugnisse von der …bibliothek sowie vom … können die Richtigkeit der Gutachtensergebnisse nicht ernsthaft in Frage stellen. Zum einen handelt es sich dabei um Zeugnisse, die von medizinischen Laien ausgestellt wurden, und zum anderen war die Beurteilungsgrundlage eine andere. Bei den jeweiligen Praktika ging es nicht um die Frage, ob der Kläger dienstfähig ist und für Dienstposten der Zollverwaltung im mittleren nichttechnischen Dienst geeignet ist, sondern er wurde vielmehr gemessen an seinen Praktikantentätigkeiten bewertet.
Es kann von der Beklagten auch nicht verlangt werden, den Kläger trotz seiner Dienstunfähigkeit in den Vorbereitungsdienst für den mittleren nichttechnischen Zolldienst einzustellen, da die Ausbildung wie vom Kläger vorgetragen unabhängig von seiner späteren Verbeamtung auf Lebenszeit ist.
Ziele der Ausbildung gemäß § 2 der Vorbereitungsdienstverordnung mittlerer nichttechnischer Zolldienst (MntZollDVDV) sind Folgende: Die Ausbildung vermittelt das fachtheoretische Wissen und die berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnisse, die für die Erfüllung der Aufgaben im mittleren nichttechnischen Zolldienst des Bundes erforderlich sind. Sie soll die Auszubildenden zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigen. Hierzu gehört auch die Fähigkeit zur Zusammenarbeit im föderalen Raum und im internationalen, insbesondere europäischen Raum. Die Auszubildenden sollen Kompetenzen entwickeln, um den sich ständig wandelnden Herausforderungen an die Zollverwaltung gerecht zu werden. Die Auszubildenden sollen befähigt werden, sich eigenverantwortlich weiterzubilden.
Danach dient der Vorbereitungsdienst gerade dazu, die Auszubildenden für die späteren Tätigkeiten in der Zollverwaltung vorzubereiten. Dieses Ziel würde leerlaufen, wenn auch Auszubildende eingestellt werden könnten, die für diese Ziele von vornherein ungeeignet sind. Gemäß § 17 MntZollDVDV kann in den Vorbereitungsdienst für den mittleren nichttechnischen Zolldienst des Bundes nämlich nur eingestellt werden, wer erfolgreich am Auswahlverfahren teilgenommen hat und nach ärztlichen Gutachten die gesundheitlichen Anforderungen an den Zolldienst erfüllt. Der Dienstherr kann im Übrigen auch nicht verpflichtet werden, auf Kosten der Allgemeinheit Bewerber auszubilden, die später mangels gesundheitlicher Eignung nicht in die angestrebte Laufbahn in das Beamtenverhältnis auf Probe oder Lebenszeit übernommen werden können.
Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.981,04 € wegen Rechtswidrigkeit der Ablehnungsentscheidung. Ein solcher ergibt sich nicht wegen einer Fürsorgepflichtverletzung der Beklagten aus einem zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Rechtsverhältnis „vorbeamtenrechtlicher Art“ (Plog/Wiedow, BBG, a.a.O.).
Voraussetzung für einen solchen Schadensersatzanspruch ist die Feststellung der schuldhaften Verletzung einer dem Geschädigten gegenüber zu erfüllenden Pflicht, die zu einem Vermögensschaden geführt hat, der nach den im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen der Kausalität der Beklagten zuzurechnen ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kann der Geschädigte grundsätzlich als Schadensersatz die Differenz zwischen der Vermögenslage verlangen, die sich aus der schuldhaften Pflichtverletzung ergibt, und der Vermögenslage, wie sie ohne die Pflichtverletzung bestünde (zu alldem BVerwG, U. v. 7.4.2005 – 2 C 5.04 – NVwZ 2005, 1188).
Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer dem Kläger gegenüber zu erfüllenden Fürsorgepflicht. Da die Ablehnungsbescheide vom 30. Juli 2015 und 31. Juli 2015 rechtmäßig sind, kann schon keine Pflichtverletzung der Beklagten angenommen werden. Der Kläger wurde hier rechtmäßig nicht in den Vorbereitungsdienst für den mittleren nichttechnischen Zolldienst eingestellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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