Aktenzeichen RO 5 K 15.2196
BBiG BBiG § 37 Abs. 4 S. 2, § 40 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 S. 2 § 48 Abs. 1 S. 2, § 53, § 54
VwGO VwGO § 78 Abs. 1 Nr. 1
Leitsatz
Die nach § 40 Abs. 4 S. 2 BBiG gewährte Aufwandsentschädigung ist nachrrangig und kommt deshalb nicht in Betracht, wenn die Tätigkeit im Rahmen der Arbeit oder einer bezahlten Freistellung von der Arbeit erbracht wird. Gehört für einen Referenten die Mitwirkung im Prüfungswesen nach der Festlegung des Dienstherren zu seinem Hauptamt und erhält er hierfür eine Lehrzulage, ist die Gewährung einer Aufwandsentschädigung ausgeschlossen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO ist gegeben. Bei der Entschädigungsregelung des § 40 Abs. 4 BBiG handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage (so BVerwG v. 4.4.1979 Az: 7 B 83/78 Rn. 4 zu § 37 Abs. 4 Satz 2 BBiG, der Vorgängerregelung zu § 40 Abs. 4 BBiG).
Die Klage ist unbegründet.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 40 Abs. 4 Satz 2 BBiG für seine Tätigkeit im Prüfungsausschuss im Rahmen der Prüfungen für die Ausbildung zum/zur Sozialversicherungsfachangestellten der Fachrichtung Krankenversicherung sowie für die Fortbildung zum A.-Betriebswirt/A.-Betriebswirtin. Nach § 40 Abs. 4 Satz 2 BBiG ist für bare Auslagen und für Zeitversäumnis eine angemessene Entschädigung zu zahlen, soweit eine Entschädigung nicht von anderer Seite gewährt wird. § 40 Abs. 4 Satz 2 BBiG geht damit von einem Nachrang der nach diesem Gesetz zu leistenden Entschädigungszahlungen aus (so BVerwG v. 25.6.1992 Az: 2 C 14/90 Rn. 19 zu § 37 Abs. 4 BBiG a. F.). Das heißt, bei einer bezahlten Freistellung oder Beurlaubung von der Arbeit ist keine Entschädigung nach § 40 Abs. 4 Satz 2 BBiG zu leisten, so auch Benecke/Hergenröder BBiG, § 40 Rn. 39 und auch Wohlgemuth, Hans H. BBiG, 2. Auflage zu § 37 BBiG a. F. Rn. 34; ebenso: Leinemann/Taubert BBiG § 40 Rn. 83 und auch ErfK/Schlachter BBiG § 40 Rn. 4. Der Kläger übt im Bildungszentrum der A. Bayern die Funktion eines hauptamtlichen „Referenten-Schulung“ aus und bezieht eine Lehrzulage. Nach der organisatorischen Ausgestaltung und Zuordnung seines Arbeitgebers gehört die Mitwirkung im Prüfungswesen zu seinem Hauptamt. Damit erhält der Kläger für seine Tätigkeit im Prüfungsausschuss bereits Lohnfortzahlung und sogar eine Lehrzulage durch seinen Arbeitgeber. Deshalb ist ein Entschädigungsanspruch für die Tätigkeit im Prüfungsausschuss nach § 40 Satz 2 wegen des Nachrangs der nach diesem Gesetz zu leistenden Entschädigungszahlungen bereits ausgeschlossen. Es bestehen auch keine anderen Rechtsgrundlagen. Sowohl die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 10. Mai 2012 für die Entschädigung für die Durchführung der Fortbildungsprüfung und die Bekanntmachung vom 11. Mai 2012 für die Entschädigung für die Abnahme der Zwischen- und Abschlussprüfungen im Ausbildungsberuf Sozialversicherungsfachangestellte sehen für Mitglieder des Prüfungsausschusses nur eine Entschädigung vor, soweit eine Entschädigung nicht von anderer Seite gezahlt wird. Die Bekanntmachungen enthalten also die Nachrangklausel des § 40 Abs. 4 Satz 2 BBiG. Im Übrigen übt der Kläger kein Ehrenamt aus, weil diese Prüfertätigkeit zu seinem Hauptamt gehört. Auch wenn der Kläger bei der Berufung zum Prüfer nach § 40 Abs. 3 BBiG sein Einverständnis erklärt hat, so ist er doch zu dieser Tätigkeit durch die organisatorische Zuordnung durch seinen Arbeitgeber zum Hauptamt rechtlich verpflichtet (vgl. Benecke/Hergenröder BBiG § 40 Rn. 33 m. w. N.).
3. Die in einem Aktenvermerk festgehaltene Vollzugsregelung vom 22. Juli 2013 ist rechtmäßig. Danach ist für hauptamtliche Lehrer/Trainer und Personalentwickler eine Entschädigung ausgeschlossen. Lediglich für die Bewertung der schriftlichen Prüfungsaufgaben in der Freizeit ist nach Bestätigung der Arbeitsleistungen außerhalb der Dienstzeit ein Honorar nach Entschädigungsregelungen zu gewähren. Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungssatz, wenn nach Vortrag des Klägers Beschäftigte der A., die die Prüfertätigkeit im Nebenamt ausüben, eine Entschädigung weiterhin erhalten. Ein Dienstherr kann bei sachlichen Gründen eine bestehende Verwaltungsübung ändern. Er kann deshalb zwischen hauptamtlich tätigen Lehrern und Prüfern im Nebenamt unterscheiden. Nachdem der Kläger eine Lehrzulage erhält und er auch nach der organisatorischen Ausgestaltung und Zuordnung seines Arbeitgebers die Prüfertätigkeit im Hauptamt ausüben muss, ist auch bei Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 2 BayZulV eine Entschädigung für die im Hauptamt vorzunehmende Prüfertätigkeit ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BayZulV werden durch die Lehrzulage alle mit der zulageberechtigenden Tätigkeiten verbundenen Erschwernisse und Aufwendungen abgegolten. Der Dienstherr kann für Prüfer, die dies im Nebenamt ausüben, weiterhin Entschädigungen für diese Tätigkeit gewähren. Diese erhalten auch dafür keine Lehrzulage. Bei der Entscheidung, ob eine Entschädigung für die Tätigkeit als Prüfer zu gewähren ist, ist von der Einordnung des Arbeitgebers, ob er von einem Hauptamt oder Nebenamt ausgeht, auszugehen. Dies ist für die Frage einer Entschädigungszahlung für die hier strittige Prüfertätigkeit bindend. Weder die zuständige Anordnungsbehörde noch das Gericht hat bei dem hier vorliegenden Streitgegenstand zu überprüfen, ob die organisatorische Zuordnung durch den Arbeitgeber zum Hauptamt des Klägers rechtmäßig ist.
Demnach war die Klage abzuweisen.
4. Deshalb kann letztendlich dahingestellt bleiben, wer für Entschädigungszahlungen der richtige Beklagte ist. Die bei der A. eingerichtete Geschäftsstelle für das Prüfungswesen kann nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht Beklagter sein, sondern nur der Rechtsträger dieser Geschäftsstelle, dessen Aufgaben sie wahrnimmt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 78 Rn. 3 und 6). Für Prüferentschädigungen im Ausbildungsberuf Sozialversicherungsfachangestellte ist richtiger Beklagter der Freistaat Bayern. Da für die Berufsbildung und Ausbildung des Berufs Sozialversicherungsfachangestellter bzw. Sozialversicherungsfachangestellte im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung die Aufgaben nach § 5 mit Ausnahme der Zuständigkeiten nach § 5 Nr. 1 Buchst. g vom zuständigen Staatsministerium auf das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit übertragen worden sind (§ 14 a i. d. F. der 2. Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung vom 15. April 2010) handelt es sich bei diesem Bereich um eine Aufgabe des Freistaats Bayern. Durch die vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit erlassene Prüfungsordnung im Ausbildungsberuf Sozialversicherungsfachangestellter/in (POZASozifaKV) wurde durch § 1 Abs. 3 bei der A. Bayern eine Geschäftsstelle für das Prüfungswesen eingerichtet. Die Geschäftsstelle führt im Benehmen mit den Prüfungsausschüssen die Geschäfte und nimmt die ihr in dieser Prüfungsordnung zugewiesenen sonstigen Aufgaben wahr. Die Geschäftsstelle unterrichtet das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit über alle wichtigen Vorgänge. Zu den Aufgaben der zuständigen Stelle gehören u. a. auch die Errichtung von Prüfungsausschüssen für die Zwischen- und Abschlussprüfungen und die Berufung der Mitglieder (§§ 39 und 40 Abs. 3 § 48 Abs. 1 Satz 2 BBiG, vgl. § 5 Nr. 1 e BBiGHwOV). Die Geschäftsstelle ist damit in einem Aufgabenbereich tätig, der sonst zum Aufgabenbereich des Landesamts für Lebensmittelsicherheit und Gesundheit gehören würde. Ferner erteilt sie sogar Prüfungsbescheinigungen nach § 18 Abs. 1 der genannten Prüfungsordnung „im Auftrag des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit“. Die Zahlung einer Entschädigung für die Tätigkeit im Prüfungsausschuss ist zwar nicht ausdrücklich in § 5 BBiGHwOV geregelt; sie ist jedoch als Annex zu der Aufgabe der Errichtung von Prüfungsausschüssen zu sehen und konnte der Geschäftsstelle deshalb in der Bekanntmachung des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit für die Durchführung der Prüfungen im Ausbildungsberuf auf die Geschäftsstelle übertragen werden (siehe Bekanntmachung vom 11.5.2012, AllMbl Nr. 7/2012 S. 469).
Die Frage, ob der Freistaat Bayern auch für die Entschädigungen bei den Fortbildungsprüfungen der richtige Beklagte ist oder die A., kann offenbleiben, da die Klage ohnehin abzuweisen war, weil für den Kläger kein Anspruch auf Entschädigung besteht.
Der Kläger hat deshalb die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf entsprechende Anwendung des § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zu stellen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg).
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 340148, 80098 München).
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Beschluss:
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,- € festgesetzt.
Gründe:
Es war der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,- € festzu-setzen, da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte für einen anderen Streitwert bot.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.