Arbeitsrecht

Keine Erteilung der Approbation bei endgültigem Nichtbestehen der ärztlichen Prüfung

Aktenzeichen  RN 5 K 16.530

Datum:
19.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 12781
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BÄO § 3 Abs. 1 S. 7, S. 8, Abs. 3, § 10 Abs. 1
ÄApprO § 20 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1 Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist durch die Versagung der Approbation aufgrund des entgültigen Nichtbestehens der Ärztliche Prüfung oder eines Abschnitts der Ärztlichen Prüfung nach der Rechtsverordnung gem. § 4 Abs. 1 ÄApprO ist gem. § 3 Abs. 1 S. 7 BÄO verhältnismäßig. Die Gesundheit der Bevölkerung ist ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut, so dass es gerechtfertigt ist, Studierende, die durch das endgültige Nichtbestehen einer Prüfung ihre Ungeeignetheit für den ärztlichen Beruf erwiesen haben, von der Berufszulassung endgültig auszuschließen (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu der 2004 eingeführten Neuregelung des § 3 Abs. 1 S. 7 BÄO, BT-Drs. 15/2350, S. 26 f.). (Rn. 18 und 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Sonderregelung gem. § 3 Abs. 1 S. 8 BÄO findet ausschließlich auf in der Europäischen Union erworbene Berufsqualifikationen Anwendung. Die Anerkennung einer in China erworbenen Qualifikation als gleichwertig nach § 3 Abs. 3 BÄO ist nicht möglich, weil dies durch § 3 Abs. 1 S. 7 BÄO ausgeschlossen ist. § 3 Abs. 1 S. 7 BÄO steht auch der Ablegung einer Kenntnisprüfung gem. § 3 Abs. 3 S. 3 BÄO entgegen.  (Rn. 19 und 22) (redaktioneller Leitsatz)
3 Auch die Wiederholung des gesamten Studiums im Inland oder Ausland kann gemäß § 3 Abs. 1 S. 7 BÄO den Mangel des endgültigen Nichtbestehens nicht beheben. Dies gilt auch, wenn das Auslandsstudium schon vor der Aufnahme des erfolglosen Studiums in Deutschland abgeschlossen ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Approbation als Ärztin im angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 23.3.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO wird eine Approbation nicht erteilt, wenn eine ärztliche Prüfung oder ein Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach der Rechtsverordnung gemäß § 4 Abs. 1 (Approbationsordnung für Ärzte – ÄApprO) endgültig nicht bestanden wurde. So liegen die Dinge hier. In dem Bescheid der Landesdirektion … vom 26.5.2012 ist festgestellt, dass die Klägerin den Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung gemäß § 20 Abs. 1 ÄApprO endgültig nicht bestanden hat. Nach dieser Bestimmung kann der Zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung zweimal wiederholt werden. Wie sich aus den Ergebnismitteilungen der Landesdirektion … vom 4.5.2011, vom 28.10.2011 und vom 15.5.2012 ergibt, hat die Klägerin tatsächlich dreimal erfolglos an der Prüfung teilgenommen und damit zwei Wiederholungsversuche bereits ausgeschöpft. Es gibt daher keinen Anhalt dafür, dass die Feststellungen in dem – im Übrigen bestandskräftig gewordenen – Bescheid vom 26.5.2012 auf unzutreffenden Erwägungen beruhen würden. Der Klägerin kann keine Approbation mehr erteilt werden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs. 1 Satz 8 BÄO, wonach Satz 7 keine Anwendung findet, wenn der Antragsteller einen nach der Richtlinie 2005/36/EG anzuerkennenden Ausbildungsnachweis besitzt, denn einen solchen Ausbildungsnachweis hat die Klägerin nicht. Die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen führt lediglich dazu, dass innerhalb der Europäischen Union erworbene Berufsqualifikationen von den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden müssen. Somit kann nach endgültigem Nichtbestehen in Deutschland auch dann eine Approbation erreicht werden, wenn etwa nach einem kompletten Medizinstudium im EU-Ausland dort eine entsprechende Qualifikation erworben wurde (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 27.10.2016 Az. 5 B 141/16). Die Klägerin hat ihre Qualifikation jedoch in China erworben. § 3 Abs. 1 Satz 8 BÄO ist im Jahr 2007 aus zwingenden europarechtlichen Gründen eingeführt worden (vgl. hierzu Haage, § 3 BÄO, Rn. 14) und stellt die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO bei Drittstaatsabschlüssen nicht in Frage. Die Anerkennung der in China erworbenen Qualifikation als gleichwertig nach § 3 Abs. 3 BÄO ist nicht möglich, weil dies durch § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO ausgeschlossen ist.
Das Gericht sieht in der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO und in der mit dieser Regelung verbundenen Nichterteilung der ärztlichen Approbation keine Verletzung der Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Zwar ist der Schutzbereich dieser Norm nicht nur in sachlicher, sondern auch in personeller Hinsicht eröffnet, da die Klägerin deutsche Staatsangehörige ist. Die Ärztliche Prüfung, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 BÄO eine Voraussetzung für die Approbation als Arzt bildet, ist eine subjektive Zulassungsvoraussetzung, durch die in das Grundrecht der Berufsfreiheit eingegriffen wird. Das gleiche gilt für den Ausschluss der Approbation für den Fall, dass die Ärztliche Prüfung in Deutschland endgültig nicht bestanden worden ist. Das Erfordernis selbst strenger Qualifikationsnachweise ist jedoch durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckt. Die Gesundheit der Bevölkerung ist ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut. Dessen Schutz rechtfertigt bei Ärzten strenge fachliche Maßstäbe und sogar einen gewissen „Überschuss“ an Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen. Dementsprechend ist es gerechtfertigt, Studierende, die durch das endgültige Nichtbestehen einer Prüfung ihre Ungeeignetheit für den ärztlichen Beruf erwiesen haben, von der Berufszulassung endgültig auszuschließen (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu der 2004 eingeführten Neuregelung des § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO, BT-Drs. 15/2350, S. 26f.). Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt, da die Nichterteilung der Approbation für diesen Personenkreis aus Gründen des Patientenschutzes geboten und erforderlich ist. Somit ist es nicht zu beanstanden, dass andere Qualifizierungen, wie vorliegend der Abschluss des Studiums in China, zu keiner anderen Bewertung führen. Aufgrund des Schutzes des Gemeinschaftsguts der Gesundheit ist es auch angemessen, dass die Approbation verweigert wird, wenn die Ärztliche Prüfung in Deutschland endgültig nicht bestanden wurde. § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO stellt klar, dass die Ungeeignetheit für den ärztlichen Beruf, die sich im endgültigen Nichtbestehen ärztlicher Prüfungen ausdrückt, dazu führt, dass solche Studierende insgesamt als ungeeignet für die Berufsausübung anzusehen sind. Die Abwägung zwischen den Interessen desjenigen, der trotz endgültigem Nichtbestehen der Ärztlichen Prüfung in Deutschland im Ausland ein Medizinstudium erfolgreich absolviert, und den Interessen der Patienten, nicht durch Ärzte behandelt zu werden, die sich in Deutschland als ungeeignet erwiesen haben, ist zugunsten des Patientenschutzes zu gewichten (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 26.10.2016 a.a.O. m.w.N.).
Weder eine Wiederholung des gesamten Studiums im Inland noch eine Wiederholung des gesamten Studiums im Ausland können gemäß § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO den Mangel des endgültigen Nichtbestehens beheben (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/2350, S. 27). Nichts anderes kann gelten, wenn, wie vorliegend, nicht nach dem endgültigen Scheitern in Deutschland ein Medizinstudium im Ausland absolviert wird, sondern das Auslandstudium schon vor der Aufnahme des erfolglosen Studiums in Deutschland abgeschlossen ist.
Auch der auf Verpflichtung des Beklagten zur Approbationserteilung nach erfolgreichem Ablegen der Prüfung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 BÄO gerichtete Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg. Zwar besteht für den Fall, dass ein Arzt über einen Ausbildungsnachweis aus einem Drittstaat verfügt, jedoch gegenüber dem deutschen Medizinstudium kein gleichwertiger Ausbildungsstand vorliegt, die Möglichkeit, gemäß § 3 Abs. 3 BÄO in einer Prüfung, die sich auf den Inhalt der staatlichen Abschlussprüfung bezieht, den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erbringen. Bei erfolgreichem Bestehen kann dann grundsätzlich die Approbation erteilt werden. Im Falle der Klägerin steht jedoch der Erteilung einer Approbation § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO entgegen. Die Teilnahme an einer solchen Kenntnisprüfung kann der Klägerin daher keine rechtserheblichen Vorteile vermitteln. Ihr könnte auch bei erfolgreichem Abschluss einer solchen Prüfung keine Approbation erteilt werden. Soweit die Klägerseite vorträgt, dass der Beklagte selbst mit Schreiben vom 24.2.2015 eine solche Kenntnisprüfung angeregt habe und nun nicht ersichtlich sei, warum dies nicht mehr als ausreichend erachtet werde, kann dies kein schutzwürdiges Vertrauen gerichtet auf eine Teilnahme an einer solchen Prüfung vermitteln. Offenbar hatte der Beklagte zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis vom endgültigen Nichtbestehen der ärztlichen Prüfung und damit der Einschlägigkeit des § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO. Jedenfalls wurden nach Aktenlage die Unterlagen bei der Landesdirektion … erst am 19.3.2015 angefordert, sodass es durchaus nachvollziehbar ist, weshalb der Beklagte am 24.2.2015 noch nicht auf § 3 Abs. 1 Satz 7 BÄO hingewiesen hat. Selbst wenn aber der Beklagte damals schon vom endgültigen Nichtbestehen Kenntnis gehabt hätte, kann die Klägerin daraus keinen Anspruch auf Zulassung zur Kenntnisprüfung mit anschließender Approbationserteilung herleiten.
Auch der auf Erlass eines Bescheidungsurteils gerichtete weitere Hilfsantrag muss nach alledem erfolglos bleiben.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf
§ 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

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