Aktenzeichen VI R 20/16
Leitsatz
NV: Die einem Polizeibeamten gezahlte Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten nach § 17a EZulV ist nicht nach § 3b EStG steuerfrei .
Verfahrensgang
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 25. Mai 2016, Az: 2 K 11208/15, Urteil
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 25. Mai 2016 2 K 11208/15 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
1
I. Streitig ist die Steuerfreiheit von Lohnzuschlägen für Dienst zu wechselnden Zeiten.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Beamter der Bundespolizei und wurde für das Streitjahr 2013 mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
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In den Monaten Oktober bis Dezember 2013 wurde ihm eine monatliche Zulage in Höhe von 76,70 € gezahlt. Grundlage hierfür war die Erschwerniszulagenverordnung (EZulV). Durch eine zum 1. Oktober 2013 in Kraft getretene Änderung der EZulV wurden die bisherigen nach § 20 EZulV als monatliche Pauschalen gezahlten „Zulagen für Wechselschichtdienst und für Schichtdienst“ in Höhe von 76,70 € durch die „Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten“ (§§ 17a ff. EZulV i.d.F. vom 20. August 2013, BGBl I 2013, 3286) ersetzt.
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Nach § 17a Satz 1 EZulV (Allgemeine Voraussetzungen) erhalten Beamte und Soldaten eine monatliche Zulage, wenn sie
1.
zu wechselnden Zeiten zum Dienst herangezogen werden und
2.
im Kalendermonat mindestens fünf Stunden Dienst in der Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr (Nachtdienststunden) leisten.
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Dienst zu wechselnden Zeiten wird gemäß § 17a Satz 2 EZulV geleistet, wenn mindestens viermal im Monat die Differenz zwischen den Anfangsuhrzeiten zweier Dienste mindestens 7 und höchstens 17 Stunden beträgt. Bereitschaftsdienst gilt nicht als Dienst im Sinne dieser Vorschrift.
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§ 17b EZulV regelt die Höhe der Zulage. Sie setzt sich nach § 17b Abs. 1 EZulV zusammen aus
1.
einem Grundbetrag von 2,40 € je geleisteter Nachtdienststunde, höchstens jedoch 108 € monatlich,
2.
einem Erhöhungsbetrag von 1 € für jede zwischen 0 Uhr und 6 Uhr geleistete Stunde sowie
3.
einem monatlichen Zusatzbetrag von 20 € für Beamte und Soldaten, die im Kalendermonat mindestens dreimal überwiegend an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag zu Diensten herangezogen werden.
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Gemäß § 17b Abs. 2 EZulV werden geleistete Nachtdienststunden, die wegen der Höchstgrenze nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nicht mit dem Grundbetrag abgegolten werden, jeweils in den folgenden Kalendermonat übertragen; angefangene Nachtdienststunden werden anteilig übertragen. Der Übertrag ist auf 135 Nachtdienststunden begrenzt. Die übertragenen Nachtdienststunden werden nach Maßgabe des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 auch dann vergütet, wenn in dem entsprechenden Kalendermonat die Voraussetzungen des § 17a EZulV nicht vorliegen.
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Nach § 17d EZulV wird die Zulage unter bestimmten Voraussetzungen bei vorübergehender Dienstunfähigkeit weitergewährt.
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Darüber hinaus ist in §§ 3 ff. EZulV eine Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten geregelt. Diese ist neben der Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten zu gewähren (§ 5 EZulV), wenn der Beamte mit mehr als fünf Stunden im Kalendermonat zu einem solchen Dienst herangezogen wird. Nach § 3 Abs. 2 EZulV ist Dienst zu ungünstigen Zeiten der Dienst an Sonntagen und gesetzlichen Wochenfeiertagen, an Samstagen nach 13 Uhr, an den Samstagen vor Ostern und Pfingsten nach 12 Uhr; dies gilt auch für den 24. und 31. Dezember jeden Jahres, wenn diese Tage nicht auf einen Sonntag fallen, an den übrigen Tagen in der Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr.
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Der Arbeitgeber behandelte die dem Kläger gemäß §§ 17a ff. EZulV gezahlte Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten als steuerpflichtig, so dass dieser Betrag im den Finanzbehörden übermittelten Bruttoarbeitslohn enthalten war.
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In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Kläger, die gezahlten Zulagen für Dienst zu wechselnden Zeiten im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als sonstige Werbungskosten in Höhe von 231 € steuermindernd zu berücksichtigen.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) sah diese Zulagen hingegen als steuerpflichtigen Arbeitslohn an und ließ im Rahmen der streitigen Einkommensteuerfestsetzung weder den beantragten Werbungskostenabzug zu noch behandelte er die streitige Zulage als steuerfrei. Den dagegen erhobenen Einspruch wies er zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1069 veröffentlichten Gründen statt. Eine einem Polizeibeamten gezahlte Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten sei nach § 3b des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei, wenn sie nach den tatsächlich geleisteten Nachtdienststunden bemessen werde, auch wenn als weitere Voraussetzung für die Zulagengewährung Dienst zu wechselnden Zeiten hinzutreten müsse.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 3b EStG.
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Es beantragt,das Urteil des Niedersächsischen FG vom 25. Mai 2016 2 K 11208/15 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Nach Abschluss des Verfahrens erging eine Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 26.02.2018 (BStBl I 2018, 263), aufgrund § 367 Abs. 2b, § 172 Abs. 3 AO sowie der BFH-Urteile vom 15.02.2017 VI R 20/16 und VI R 30/16.