Arbeitsrecht

Keine Weitergewährung einer stundenweise abgerechneten Zulage bei dienstunfallabhängiger Erkrankung

Aktenzeichen  3 ZB 15.1681

Datum:
20.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2403
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayZulV § 11
EZulV § 3, § 19 Abs. 1, § 20
BayBesG Art. 51 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, Art. 53 Abs. 3 S. 1, Art 55 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 1, S. 3
BayBeamtVG Art. 54

 

Leitsatz

Art. 55 Abs. 3 BayBesG ist auf Erschwerniszulagen, die in festen Monatsbeträgen gewährt werden, beschränkt. Allein die Tatsache der monatlichen Zahlung führt nicht dazu, dass die stundenweise abzurechnende Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten nach § 11 BayZulV einer monatlichen Erschwerniszulage iSd Art. 55 Abs. 3 BayBesG gleich zu achten wäre, da sie gerade nicht unabhängig vom Umfang der Dienstleistung pauschaliert in festen Monatsbeträgen gewährt wird. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 15.99 2015-06-25 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- €
festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Weitergewährung der Erschwerniszulage nach § 11 BayZulV für die Zeit der (dienstunfallbedingten) Erkrankung des Klägers, der als Brandinspektor (BesGr A 9) bei der Berufsfeuerwehr der Beklagten tätig ist, abgewiesen. Der Anspruch ergebe sich nicht aus Art. 55 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 51 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BayBesG, da es sich bei der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten nicht um eine pauschalierte monatliche Erschwerniszulage handle, die im Fall einer Erkrankung nach Art. 55 Abs. 3 Satz 3 BayBesG bis zu sechs Monate lang weitergewährt werde. Zwar komme die in § 11 BayZulV geregelte Zulage monatlich (nachträglich) zur Auszahlung, doch werde sie nach Art. 55 Abs. 2 Satz 1 BayBesG, § 11 Abs. 3 BayZulV (ggf. anteilig) stundenweise abgerechnet. Folgerichtig werde sie auch nicht bei den „in festen Monatsbeiträgen zustehenden Zulagen (§§ 12 bis 16 BayZulV)“ in Nr. 55.3.1 Satz 1 BayVwVBes aufgeführt. Auch eine versehentliche Regelungslücke sei insoweit nicht ersichtlich. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Das Verwaltungsgericht hat insoweit die Voraussetzungen für eine Weitergewährung der Zulage an den Kläger für die Zeit seiner Erkrankung rechtsfehlerfrei verneint.
Nach Art. 55 Abs. 1 BayBesG können zur Abgeltung besonderer Erschwernisse, die nicht schon bei der Ämterbewertung berücksichtigt, anderweitig abgegolten oder ausgeglichen sind, Erschwerniszulagen gewährt werden. Das Nähere regelt nach Maßgabe von Art. 55 Abs. 2 bis 4 BayBesG die Verordnung über die Gewährung von Zulagen (Bayerische Zulagenverordnung – BayZulV) vom 16. November 2010 (GVBl S. 747), die in ihrem Teil 2 (§§ 11 bis 20) Vorschriften über Zulagen für besondere Erschwernisse enthält. § 11 Abs. 1 Satz 1 BayZulV sieht vor, dass u.a. Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Grundgehaltssätzen eine Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten erhalten, wenn sie mit mehr als fünf Stunden im Kalendermonat zum Dienst zu ungünstigen Zeiten (vgl. § 11 Abs. 2 BayZulV) herangezogen werden. Der Anspruch auf eine Erschwerniszulage besteht nur für tatsächlich geleistete Dienste und nur für die Dauer der bestehenden Erschwernis (Art. 55 Abs. 2 Satz 1 BayBesG). Bei einer Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit wird in den Fällen des Art. 51 Abs. 3 Satz 2 BayBesG, der u.a. den Fall der Erkrankung (Nr. 2) erfasst, unabhängig von anderen gesetzlich bestimmten Fortzahlungstatbeständen eine monatliche Erschwerniszulage weitergewährt (Art. 55 Abs. 3 Satz 1 BayBesG).
Die Zulage nach § 11 BayZulV stellt keine monatliche Erschwerniszulage i.S.d. Art. 55 Abs. 3 Satz 1 BayBesG dar. Dieser erfasst nur Zulagen nach §§ 12-16 BayZulV, die pauschaliert in festen Monatsbeträgen gewährt werden, während die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten nach § 11 BayZulV konkret jeweils für den geleisteten Dienst gezahlt wird. Das wird bereits daran deutlich, dass nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BayZulV keine Zulage gewährt wird, sofern der Dienst zu ungünstigen Zeiten weniger als fünf Stunden im Monat beträgt. Oberhalb dieser Schwelle erfolgt eine konkrete Abrechnung anhand des Umfangs des geleisteten Dienstes nach Stunden, ggf. anteilig (§ 11 Abs. 3 BayZulV i.V.m. Anlage 4). Die Abgeltung erfolgt nicht unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Dienstleistung in pauschalierten Monatsbeträgen. Das ist auch sachgerecht, da es sich beim Dienst zu ungünstigen Zeiten – anders als etwa bei Schichtdienst, der bis Ende 2016 durch eine monatliche Schichtzulage gemäß § 12 BayZulV (aufgehoben durch Haushaltsgesetz 2017/2018, GVBl 2016, 399/410) pauschal abgegolten worden ist – nicht um eine regelmäßige Belastung handelt (vgl. VG München, U.v. 21.6.2016 – M 5 K 15.3103 – juris Rn. 23).
Art. 55 Abs. 3 Satz 1 BayBesG bezieht sich nach seinem Wortlaut und Sinn nur auf Zulagen i.S.d. §§ 12-16 BayZulV, die pauschaliert in festen Monatsbeträgen gewährt werden. Nach Art. 55 Abs. 2 Satz 3 BayBesG ist sowohl eine Einzel- als auch eine Pauschalabgeltung in festen Monatsbeträgen möglich. Während jedoch Art. 55 Abs. 4 BayBesG, der die Weitergewährung von Zulagen für den Fall regelt, dass eine Unterbrechung der zulageberechtigenden Verwendung durch einen Dienstunfall i.S.d. Art. 54 BayBeamtVG eingetreten ist, ausdrücklich auf alle Zulagen unabhängig von der Art der Abgeltung (Einzel- oder Pauschalabgeltung) anwendbar ist und auch eine Regelung dafür trifft, wie bei der Berechnung der Weitergewährung von einzeln abgegoltenen Zulagen zu verfahren ist, ist in Art. 53 Abs. 3 Satz 1 BayBesG nur von „monatlichen Erschwerniszulagen“ die Rede. Dies spricht dafür, dass damit nur die in festen monatlichen Beträgen zu zahlenden Zulagen i.S.d. §§ 12-16 BayZulV gemeint sind, die durch eine pauschalierte Zahlung abgegolten werden.
Diese Auslegung wird durch die Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 400) gestützt, wonach Art. 53 Abs. 3 Satz 1 BayBesG unter Verweis auf die Fortzahlungstatbestände bei Stellenzulagen (Art. 51 Abs. 3 Satz 2 BayBesG) im Wesentlichen die abschließende Aufzählung des § 19 Abs. 1 der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen (Erschwerniszulagenverordnung – EZulV) vom 3. Dezember 1998 (BGBl I S. 3497) beinhaltet. § 19 Abs. 1 EZulV findet aber nur auf Zulagen in festen Monatsbeträgen wie etwa die Wechselschichtbzw. Schichtzulage nach § 20 EZulV (vgl. dazu BVerwG, U.v. 27.10.2011 – 2 C 73.10 – juris Rn. 18; U.v. 26.4.2012 – 2 C 15.10 – juris Rn. 12; B.v. 29.6.2017 – 2 B 77.16 – juris Rn. 10) und nicht auf einzeln abzugeltende Erschwernisse wie für den Dienst zu ungünstigen Zeiten i.S.d. § 3 EZulV Anwendung, bei dem die Zahlung der Zulage davon abhängt, dass der Beamte auch tatsächlich Dienst zu ungünstigen Zeiten geleistet hat (vgl. BayVGH, U.v. 9.3.1994 – 3 B 93.1405 – juris Rn. 13). Demzufolge beschränkt sich auch der Anwendungsbereich von Art. 53 Abs. 3 Satz 1 BayBesG auf in festen monatlichen Beträgen zu zahlende Erschwerniszulagen i.S.d. §§ 12-16 BayZulV, bei denen es sich um die pauschalierte Abgeltung von fortdauernden Erschwernissen handelt (vgl. Leihkauff in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht, Art. 55 BayBesG Rn. 18). Deshalb ist es auch nicht zu beanstanden, wenn in Nr. 55.3.1 BayVwVBes festgelegt ist, dass nur die in festen Monatsbeträgen zustehenden Zulagen (§§ 12-16 BayZulV) im Fall einer Unterbrechung der zulageberechtigenden Verwendung weitergewährt werden, weil es sich um eine pauschalierte Abgeltung von Erschwernissen handelt.
Eine Weitergewährung der Zulage nach § 11 BayZulV kommt insoweit auch nicht nach Art. 55 Abs. 3 Satz 3 BayBesG in Betracht. Danach wird bei Unterbrechung der zulageberechtigenden Verwendung durch Erkrankung die Zulage bis zum Ende des sechsten Monats, der auf den Eintritt der Unterbrechung folgt, weitergewährt. Hierbei handelt es sich aber nicht um einen selbständigen Tatbestand, der auch Zulagen, die – wie die Zulage nach § 11 BayZulV – einzeln abgegolten werden, erfasst, sondern lediglich um eine Erweiterung der zeitlichen Grenze, innerhalb derer eine monatliche Erschwerniszulage i.S.d. Art. 55 Abs. 3 Satz 1 BayBesG im Fall einer Erkrankung weitergewährt wird. Während eine solche im Fall der Erkrankung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EZulV) bislang grundsätzlich nur bis zum Ende des Monats, der auf den Eintritt der Unterbrechung folgt, weitergewährt wurde (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EZulV), erstreckt Art. 55 Abs. 3 Satz 3 BayBesG die bisher lediglich für den Fall, dass die Erkrankung auf einem Dienstunfall beruht, bestehende zeitliche Grenze von sechs Monaten nach Eintritt der Unterbrechung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 EZulV) auf jede Erkrankung. Dies stellt zwar eine deutliche Ausweitung gegenüber der für Bundesbeamte geltenden Rechtslage dar (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 401). Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass auch die Zulage nach § 11 BayZulV von Art. 55 Abs. 3 Satz 3 BayBesG erfasst wird, da die Weitergewährung bei Erkrankung – ebenso wie der Anspruch nach § 19 Abs. 1 EZulV – zur Voraussetzung hat, dass es sich um eine Erschwerniszulage in festen Monatsbeträgen handelt (vgl. Leihkauff a.a.O. Rn. 20).
Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Kläger wiederholt insoweit nur sein erstinstanzliches Vorbringen, ohne sich mit der Begründung des Urteils auseinanderzusetzen. Allein die Tatsache der monatlichen Zahlung führt nicht dazu, dass die Zulage nach § 11 BayZulV einer monatlichen Erschwerniszulage i.S.d. Art. 55 Abs. 3 BayBesG gleich zu achten wäre, da sie gerade nicht unabhängig vom Umfang der Dienstleistung pauschaliert in festen Monatsbeträgen gewährt wird. Nach den Gesetzesmaterialien ist Art. 55 Abs. 3 BayBesG auf Erschwerniszulagen, die in festen Monatsbeträgen gewährt werden, beschränkt. Das Bestehen einer diesbezüglichen Regelungslücke legt der Kläger nicht substantiiert dar. Soweit er sich hierzu auf die im Verfahren M 5 K 13.4820 zu Protokoll geäußerte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts München beruft, hält dieses inzwischen ausdrücklich nicht mehr an dieser Auffassung fest (vgl. VG München, U.v. 21.6.2016 – M 5 K 15.3103 – juris Rn. 26).
2. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache behauptet, hat er diese nicht in einer den Anforderungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO genügenden Weise dargelegt. Im Übrigen ist die von ihm aufgeworfene Frage,
ob die Zulage nach § 11 BayZulV auch von der Weitergewährungsregelung des Art. 55 Abs. 3 Satz 3 BayBesG erfasst ist,
nicht klärungsbedürftig, weil sie sich unter Heranziehung der allgemein anerkannten Auslegungsmethoden und unter Einbeziehung der ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung – verneinend – bereits aus dem Gesetz beantworten lässt. Hierzu bedarf es nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Da das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 21. Juni 2016 (M 5 K 15.3103) an der von ihm im Verfahren M 5 K 13.4820 geäußerten abweichenden Rechtsauffassung nicht weiter festhält, ist mangels divergierender Entscheidungen von Verwaltungsgerichten auch keine Klärung durch den Senat in einem Berufungsverfahren veranlasst.
3. Der Zulassungsantrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 2 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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