Aktenzeichen 5 AZR 135/09
§ 157 BGB
§ 242 BGB
§ 2 Abs 1 TVÜ-VKA
§ 4 Abs 1 TVÜ-VKA
§ 19 Abs 2 TVÜ-VKA
§ 1 Abs 2 TV-Ärzte/VKA
§ 16 TV-Ärzte/VKA
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Oldenburg (Oldenburg), 6. Mai 2008, Az: 5 Ca 30/08 E, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 12. Dezember 2008, Az: 16 Sa 901/08 E, Urteil
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 12. Dezember 2008 – 16 Sa 901/08 E – aufgehoben.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 6. Mai 2008 – 5 Ca 30/08 E – abgeändert.
3. Die Klage wird abgewiesen.
4. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung Vergütung nach dem zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (im Folgenden: TV-Ärzte/VKA) beanspruchen kann.
2
Die Beklagte ist Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband und betreibt ein Krankenhaus. Der 1943 geborene Kläger war vom 1. August 1990 bis 30. Mai 2008 als leitender Abteilungsarzt (Chefarzt) der Medizinischen Klinik beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 16./22. Juni 1990 vereinbarten die Parteien ua.:
„§ 1
Dienstverhältnis
…
(2)
Das Dienstverhältnis ist bürgerlich-rechtlicher Natur. Neben den Regelungen dieses Vertrages finden auf das Dienstverhältnis die §§ 6 – 10, 13, 14, 18 Abs. 3, 36, 37 Abs. 1, 38, 48, 52, 66 und 70 des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961, die vom Krankenhausträger erlassenen Satzungen, Dienstanweisungen und die Hausordnung Anwendung; es gilt die jeweils gültige Fassung.
…
§ 8
Vergütung im dienstlichen Aufgabenbereich und Einräumung des Liquidationsrechts
(1)
Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich folgende Vergütung:
a)
Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe I BAT der Anlage 1 a zum BAT (VKA), d.h. Grundvergütung nach § 27 BAT, Ortszuschlag nach Maßgabe des § 29 BAT sowie eine Zuwendung und ein Urlaubsgeld entsprechend der tariflichen Regelung in der jeweils gültigen Fassung.
Wird der BAT oder der maßgebende Vergütungstarif im Bereich der VKA durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt, so tritt an die Stelle der vereinbarten BAT-Vergütungsgruppe die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen;
…
(2)
Der Chefarzt erhält
a)
das Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen bei denjenigen Kranken, die diese Leistungen gewählt, mit dem Krankenhaus vereinbart und in Anspruch genommen haben;
b)
das Liquidationsrecht für das Gutachterhonorar bei Aufnahmen zur Begutachtung, soweit die gesonderte Berechnung eines Gutachterhonorars neben dem Pflegesatz nach dem Pflegekostentarif des Krankenhauses in der jeweils gültigen Fassung zulässig ist;
…“
3
Nach der Ersetzung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (im Folgenden: BAT) durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (im Folgenden: TVöD) zum 1. Oktober 2005 vergütete die Beklagte den Kläger nach Maßgabe dieses Tarifvertrags. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 15Ü der Anlage 1 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden: TVÜ-VKA) vom 13. September 2005.
4
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seit dem 1. August 2006 stehe ihm eine Vergütung nach Entgeltgruppe IV des TV-Ärzte/VKA zu. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe die Anwendung der Vergütungsregelungen des TV-Ärzte/VKA. Bei letzterem handele es sich um einen seit dem 1. August 2006 geltenden speziellen und sachnäheren Ärztetarifvertrag für die an kommunalen Krankenhäusern beschäftigten Ärztinnen und Ärzte. Der TVöD sei dagegen ein allgemeiner, berufsgruppenübergreifender Tarifvertrag für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Hinzu komme, dass alle bei der Beklagten beschäftigten Ärzte mit Ausnahme der Chefärzte nach dem TV-Ärzte/VKA bezahlt würden.
5
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 1. August 2006 eine Dienstvergütung entsprechend der Entgeltgruppe IV des TV-Ärzte/VKA zu zahlen.
6
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Kläger sei aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung zum 1. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe 15Ü TVöD übergeleitet worden. Mit dem rückwirkenden Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA sei der TVöD nicht ersetzt worden. Ein Wille der Arbeitsvertragsparteien, von zwei Tarifwerken dasjenige zu wählen, welches die höchste Vergütungsgruppe enthalte, lasse sich weder dem Vertrag noch den sonstigen Umständen als hypothetischer Parteiwille entnehmen. Zudem gelte der TV-Ärzte/VKA nicht für Chefärzte.
7
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.