Arbeitsrecht

Korrektur einer Krankenhausabrechnug

Aktenzeichen  S 8 KR 699/17

Datum:
25.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 44120
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
PrüfvV § 7 Abs. 5 S. 2
SGB V § 39 Abs. 1 S. 2, § 109 Abs. 4 S. 3, § 275 Abs. 1c S. 2
KHG § 17c Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die einmalige Korrektur einer Krankenhausabrechnung durch Kodieränderung ist nach der Prüfverfahrensvereinbarung bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich. (Rn. 15 – 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.732,86 Euro zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 18.07.2017 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zum sachlich (§ 51 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) und örtlich (§ 57 SGG) zuständigen Sozialgericht Regensburg erhobene Klage ist als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 2.732,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2017.
Die Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Vergütungsanspruch ergibt sich aus § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der maßgeblichen Pflegesatzvereinbarung. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Behandlung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wurde und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R). Die Notwendigkeit der stationären Behandlung ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht strittig.
Die Höhe des Vergütungsanspruchs ergibt sich gemäß § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG in Verbindung mit §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntGG aus einem diagnosebezogenen, pauschalierenden Vergütungssystem, bestehend aus einer Fallpauschalenvereinbarung (FPV) und einem Fallpauschalenkatalog (G-DRG), hier in der im Jahr 2017 geltenden Fassung. Dem liegt ein System zugrunde, bei dem in einem als „Groupierung“ bezeichneten Prozess aus den ermittelten Diagnosen, Operationen und Prozeduren mithilfe eines zertifizierten Software-Programms unter Einbeziehung von weiteren Variablen (Alter des Patienten, Verweildauer usw.) eine DRG-Pauschale und die dafür zu zahlende Vergütung ermittelt werden (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R). Die maßgeblichen Vergütungsregelungen, insbesondere die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR), sind eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen haben außer Betracht zu bleiben. Denn eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Da das DRGbasierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs. 2 Satz 1 KHG) und damit lernendes System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, a. a. O., m. w. N.).
Vorliegend hat der Kläger von diesen Grundsätzen ausgehend seine auf die DRG B39C gestützte Rechnung vom 07.03.2017 nachträglich korrigiert und nunmehr mit Rechnung vom 26.06.2017 unter Ansatz der DRG B39B die Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung der Versicherten von der Beklagten begehrt.
Diese nachträgliche Rechnungskorrektur war entgegen der Ansicht der Beklagten auch zulässig. Der Anspruch ist unstreitig weder verwirkt noch verjährt. Streitig ist allein die Frage, ob die Korrektur durch das Krankenhaus gemäß § 7 Abs. 5 PrüfvV ausgeschlossen ist.
Nach § 275 Abs. 1c SGB V ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 eine Prüfung nach Abs. 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Nach § 17c Abs. 2 KHG in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vom 21.07.2012 (BGBl., S. 1613) regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die DKG das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V; in der Vereinbarung sind abweichende Regelung zu § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V möglich. Dabei haben sie insbesondere Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauftragung des MDK, über den Zeitpunkt der Beauftragung des MDK, über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen zu treffen. Dadurch sollte die Zusammenarbeit der Krankenhäuser und Krankenkassen effektiver und konsensorientierter gestaltet werden. Unter anderem sollte durch eine Verständigung zur Dauer der Prüfung eine Beschleunigung des Prüfverfahrens erreicht werden.
Auf der Grundlage dieser Vorschrift vereinbarten der GKV-Spitzenverband und die DKG am 03.02.2016 das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V in der aktualisierten PrüfvV. Gemäß § 7 Abs. 5 PrüfvV neuer Fassung (n. F.) sind Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen nur einmalig möglich. Diese hat der MDK nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von 5 Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach § 6 Abs. 2 an die Krankenkasse erfolgen. Sollte eine Begutachtung durch den MDK vor Ablauf der Frist des Satzes 2 beendet sein, ist eine Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich. In Fällen der Prüfung vor Ort finden die Sätze 2 und 3 mit der Maßgabe Anwendung, dass eine Korrektur oder Ergänzung nur bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort möglich ist.
Vorliegend hat die Klägerin ausweislich des MDK-Gutachtens am Tag der Vor-Ort-Prüfung im Krankenhaus, am 31.05.2017, eine Änderung des OPS vorgenommen, konkret von der zunächst gemäß § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V gemeldeten Prozedur 8-981.0 zur Prozedur 8-981.1. Eine solche Korrektur ist gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 PrüfvV n.F. – wie geschehen – einmalig möglich. Die Korrektur erfolgte auch fristgerecht gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV innerhalb von fünf Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort gegenüber dem Sachverständigen des MDK gemäß § 7 Abs. 5 Sätze 3 und 4 PrüfvV. Eine Verzögerung des Prüfverfahrens wurde dadurch gerade ausgeschlossen, da der ärztliche Sachverständige die durch die Klinik geänderte Prozedur noch in seine Bewertung mit einfließen lassen konnte. Insofern wurde laut Gutachten vom 14.06.2017 ein Konsens zwischen Gutachter und Klinik im Rahmen der Fallbesprechung erzielt.
Insofern ist es auch unschädlich, dass die korrigierte Rechnung der Klägerin erst am 26.06.2017 der Beklagten übermittelt wurde. Denn bei der Übersendung einer Rechnung handelt es sich nicht um eine von § 7 Abs. 5 PrüfvV erfasste Korrektur oder Ergänzung eines Datensatzes. § 7 Abs. 5 Satz 4 PrüfvV erklärt Satz 2 mit der Maßgabe für anwendbar, dass Korrekturen nur bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort möglich sind. Insofern kann Adressat der Korrektur nicht wie in Satz 2 erwähnt die Krankenkasse, sondern nur der Prüfer vor Ort sein.
Aufgrund des in Übereinstimmung mit § 7 Abs. 5 PrüfvV erfolgten Verfahrensablaufs kann offenbleiben, ob vorliegend eine Korrektur außerhalb des Prüfanlasses erfolgte und insoweit schon aus diesem Grund in Übereinstimmung mit dem Urteil des SG Reutlingen vom 11.01.2017 (Az. S 1 KR 3109/15) eine Korrektur durch den Kläger möglich war. Dafür spricht vorliegend viel, weil der Prüfauftrag lediglich die Fragen primäre Fehlbelegung und Überschreitung der oberen Grenzverweildauer umfasste. Darüber hinaus kann auch offenbleiben, ob nicht ohnehin eine zulässige Erweiterung des Prüfauftrages gemäß § 7 Abs. 5 Satz 5 erfolgte. Darüber hinaus teilt das Gericht auch die Zweifel des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (siehe Beschluss vom 13.08.2018, Az. L 5 KR 155/18, Rn. 15) bezüglich der Frage, ob eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist zur nachträglichen Rechnungskorrektur innerhalb der (noch) vierjährigen Verjährungsfrist durch die PrüfvV überhaupt von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG gedeckt wäre. Dies war jedoch nicht mehr zu entscheiden.
Damit besteht der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch in streitgegenständlicher Höhe.
Zinsen schuldet die Beklagte gemäß den Regelungen der Pflegesatzvereinbarung. Nach diesem Vertrag sind Krankenhausrechnungen drei Wochen nach Zugang der Rechnung bei der Krankenkasse zur Zahlung fällig. Ab dem Fälligkeitstag sind die Rechnungsbeträge ohne weitere Mahnung zu verzinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, § 21 Pflegesatzvereinbarung.
Mit einer Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 SGG waren die Beteiligten einverstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

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