Arbeitsrecht

Kostenerinnerung wegen der Versagung der Erstattung von Kopierkosten

Aktenzeichen  W 3 M 17.1203

Datum:
13.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 18893
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91 Abs. 1 S.2
JVEG § 7 Abs. 2 S. 1
VwGO § 81 Abs. 2, § 151, § 165

 

Leitsatz

1. Der Anwendungsbereich von § 7 JVEG ist eindeutig auf entstandene Zeitversäumnisse, wie etwa notwendige Reisen oder die notwendige Wahrnehmung von Terminen, beschränkt. Eine entsprechende Anwendung auch auf die Entschädigung hinsichtlich entstandener Kopierkosten kommt nicht in Betracht. Deshalb zählen diese auch nicht auf der Grundlage von § 167 VwGO i.V.m. § 91 ZPO zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen. (Rn. 9 – 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nicht ausscheidbare Kopierkosten von Behörden sind von der Generalklausel des § 162 Abs. 1 VwGO nicht umfasst. (Rn. 14 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Erstattung von Aufwendungen setzt regelmäßig voraus, dass die hierfür entstandenen Kosten konkret-individuell aufgeschlüsselt werden können. (Rn. 17 – 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Erinnerungsverfahren auf 67,25 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Im Verfahren W 3 K 15.468 wandte sich die Klägerin – die Erinnerungsführerin im vorliegenden Verfahren – gegen einen Ausbaubeitragsbescheid des Beklagten hinsichtlich Grundstück Fl.Nr. …7 der Gemarkung Randersacker. Aufgrund übereinstimmender Erledigterklärungen der Parteien stellte das Gericht mit Beschluss vom 29. Mai 2017 das Verfahren ein, legte dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auf und setzte den Streitwert auf 6.709,26 EUR fest.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2017 beantragte die Klägerin beim Gericht, ihre außergerichtlichen Kosten auf 241,50 EUR festzusetzen. In diesem Zusammenhang machte sie Aufwendungen gemäß § 7 JVEG in Höhe von 86,50 EUR für Mehrfertigungen von Schriftsätzen geltend.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Juli 2017 setzte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg die außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin auf 155,00 EUR fest und berücksichtigte in diesem Zusammenhang die geltend gemachten Kosten für die Mehrfertigung von Schriftsätzen nicht. Dies begründete sie damit, § 7 JVEG sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Nicht vom Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz erfasste Parteiaufgaben seien gemäß § 162 Abs. 1 VwGO in tatsächlicher Höhe erstattungsfähig, sofern sie notwendig gewesen seien. Nicht erstattungsfähig seien dabei die allgemeine Mühewaltung und allgemeine Geschäftsunkosten wie Generalunkosten einer Behörde. Bei den gemäß § 81 Abs. 2 VwGO geforderten Mehrfertigungen von Schriftsätzen für die übrigen Beteiligten handle es sich um allgemeine Geschäftsunkosten bzw. um einen Teil der Generalunkosten der Partei, die sie allgemein für ihre Teilnahme am Rechtsverkehr erbringe, selbst wenn sie durch den konkreten Rechtsstreit veranlasst seien. Diese in der Regel unbedeutenden Kosten höben sich aus dem allgemeinen Sachaufwand der Partei nicht heraus.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Hinweis, es handle sich lediglich um einen Betrag in Höhe von 67,25 EUR, die nunmehr für die Mehrfertigungen der Schriftsätze geltend gemacht würden. Die Aufwendungen für Mehrfertigungen der Schriftsätze seien wegen § 81 Abs. 2 VwGO erforderlich gewesen. Es handle sich hierbei nicht um Generalunkosten, sondern um Extra-Aufwendungen, die speziell für die Abwehr der Forderung des Beklagten erforderlich gewesen seien. Hätte die Klägerin die Mehrfertigungen nicht selbst gefertigt und an das Gericht geschickt, hätte das Gericht die Schriftsätze kopiert; der im Rechtsstreit unterlegene Beklagte als Kostenschuldner der gerichtlichen Aufwendungen hätte in diesem Fall dem Gericht die Kosten für die Mehrfertigungen der Schriftsätze erstatten müssen. Die Klägerin dürfe daher nicht schlechter gestellt werden, als wenn sie die vorgeschriebenen Mehrfertigungen nicht angefertigt hätte.
Die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg half der Erinnerung nicht ab und begründete dies damit, die Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes seien mangels Verweisung in § 173 VwGO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht anwendbar. Auch nach § 162 Abs. 1 VwGO seien die Kosten für die Mehrfertigungen der Kopien nicht erstattungsfähig, da sie als nichterstattungsfähige Generalunkosten der Behörde einzustufen seien.
Dem hielt die Klägerin entgegen, es habe sich um eine komplizierte Rechtsangelegenheit gehandelt. Zur Darstellung habe es mehrerer Schriftsätze bedurft. Deshalb seien die Kopien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen.
Der Bevollmächtigte des Beklagten vertrat die Meinung, die geltend gemachten Kopierkosten seien nicht erstattungsfähig.
Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte W 3 K 15.468, welche Gegenstand des Verfahrens war, Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 165 und § 151 VwGO zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Juli 2017 ist, soweit er hinsichtlich der Festsetzung von Kosten für Auslagen für die Mehrfertigung von Schriftsätzen in Höhe von 67,25 EUR angegriffen ist, nicht zu beanstanden.
Der Klägerin steht ein diesbezüglicher Anspruch nicht zu.
Grundlage der Kostenfestsetzung ist § 162 Abs. 1 VwGO. Hiernach zählen neben den Gerichtskosten als erstattungsfähige Kosten auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
Die Klägerin ist der Meinung, die geltend gemachten Kopierkosten unterfielen dieser Vorschrift und seien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen. Sie begründet dies mit der Vorschrift des § 81 Abs. 2 VwGO, wonach der Klage und allen Schriftsätzen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden sollen.
Die Klägerin stützt ihre Ansicht, die Kopierkosten seien erstattungsfähig, zu Unrecht auf § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz – JVEG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I, S. 718, 776), zuletzt geändert durch Art. 5 Gesetz vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I, S. 2222). Nach dieser Vorschrift werden für die Anfertigung von Kopien und Ausdrucken u.a. ersetzt: Bis zu einer Größe von DIN A3 0,50 EUR je Seite für die ersten 50 Seiten und 0,15 EUR für jede weitere Seite. Allerdings ist § 7 JVEG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO umfasst die Kostenerstattung auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden. Damit ist der Anwendungsbereich von § 7 JVEG im vorliegenden Fall eindeutig auf entstandene Zeitversäumnisse eingeschränkt; eine entsprechende Anwendung auch auf die Entschädigung hinsichtlich entstandener Kopierkosten kommt damit nicht in Betracht. Sie zählen nicht auf der Grundlage von § 167 VwGO i.V.m. § 91 ZPO zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen.
Die geltend gemachten Kopierkosten sind auch nicht von der Generalklausel des § 162 Abs. 1 VwGO umfasst. Zwar weist die Klägerin zu Recht auf ihre Pflicht aus § 81 Abs. 2 VwGO hin, zusammen mit ihren Schriftsätzen an das Gericht entsprechende Mehrfertigungen für die übrigen Beteiligten beizufügen; hierbei handelt es sich aber – zumindest hinsichtlich Behörden – nicht um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen, sondern um nichterstattungsfähige Generalunkosten.
Wie derartige Aufwendungen für die Herstellung von Mehrfertigungen von Schriftsätzen an das Gericht durch nicht anwaltlich vertretene Parteien zu bewerten sind, ist umstritten. Teilweise wird vertreten, dass Schreibauslagen von Parteien, die nicht anwaltlich vertreten sind, durchaus zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehören (vgl. z.B. Olbertz in Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Kommentar, Stand: September 2018, § 162 Rn. 25; Baumbach/ Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, 77. Aufl. 2019, § 91 Rn. 190; Kunze in Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, 2. Aufl. 2014, § 162 Rn. 63; Wysk in Wysk, VwGO, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 162 Rn. 55). Demgegenüber wird auch die Meinung vertreten, die notwendigen Kosten für Schreibmaterial rechneten zu den allgemeinen Geschäftsunkosten und seien nicht erstattungsfähig (vgl. z.B. Neumann/Schacks in Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 162 Rn. 23; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 14 bis 15).
Zumindest hinsichtlich nicht ausscheidbarer Kopierkosten von Behörden ist das Gericht davon überzeugt, dass diese nicht von § 162 Abs. 1 VwGO erfasst sind.
Die Erstattung von Aufwendungen setzt regelmäßig voraus, dass diese tatsächlich auch seitens der Partei, die sie geltend macht, bezahlt worden sind. Sie müssen also in bar angefallen sein. Dies ist vorliegend für das Gericht nicht erkennbar. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ein eigenes Kopiergerät besitzt, an welchem ein Bediensteter der Klägerin die Kopien gefertigt hat. Damit können die hierfür entstandenen Kosten nicht konkret-individuell aufgeschlüsselt werden. Weder diejenigen Personalkosten, die dadurch entstehen, dass der Bedienstete eine bestimmte (genau anzugebende) Zeitspanne benötigt, um die Kopien herzustellen, noch diejenigen Kosten, die durch die konkrete Benutzung des Kopiergeräts, für welches regelmäßig ein allgemeiner Nutzungsvertrag mit dessen Hersteller/Lieferant/Leasinggeber besteht, noch diejenigen Kosten, die für die Verwendung einer bestimmten geringen Anzahl von Papierbögen aus einem größeren Papiereinkauf der Behörde entstehen, sind konkret-individuell ausscheidbar und bestimmbar. Eine hiervon losgelöste abstrakt-generelle gesetzlich festgelegte Pauschale für derartige Kosten ist nicht vorhanden. Insbesondere hat der Gesetzgeber über § 167 VwGO und § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO gerade nicht auf die Vorschriften in § 7 Abs. 2 JVEG zur Anfertigung von Kopien abgehoben und damit zum Ausdruck gebracht, dass derartige nicht konkret-individuell bestimmbare Kosten nicht in den Blick zu nehmen sind.
Damit zählen diese Aufwendungen zu den Generalunkosten, also zu den persönlichen und sachlichen Aufwendungen, die eine Partei allgemein für ihre Teilnahme am Rechtsverkehr erbringt (vgl. BFH, B.v. 25.3.2015 – X K 8/13 – juris Rn. 21 und 22; BayVGH, B.v. 2.11.1979, BayVBl. 1980, 157, 158; VGH BW, B.v. 11.3.1994 – 4 S 317/94 – juris LS 2 und Rn. 9 bis 10; VGH BW, B.v. 24.6.1993 – 1 S 2550/91 – juris Rn. 3; VG Augsburg, B.v. 28.4.2014 – Au 1 M 14.605 – juris Rn. 12).
Demgegenüber kann das Argument der Klägerin keine Wirkung entfalten, hätte sie selbst nicht die Mehrfertigungen kopiert und dem Gericht vorgelegt, hätte das Gericht dies getan und der unterlegenen Partei, also dem Beklagten, aufgrund dessen Kostentragungspflicht diese Kosten auferlegt. In diesem Zusammenhang übersieht die Klägerin, dass nach § 28 Abs. 1 Satz 2 GVG nur diejenige Partei die Dokumentenpauschale schuldet, die es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen, weshalb das Gericht die Kopien angefertigt hat. Kostenschuldner wäre hiernach also allein die Klägerin und nicht die unterlegene Partei gewesen. Eine Geltendmachung dieser der Klägerin seitens des Gerichts gemäß § 28 Nr. 1 Satz 2 GVG in Rechnung gestellten Kosten im Rahmen eines Kostenfestsetzungsantrags wäre schon deshalb nicht möglich, weil es sich nicht um „notwendige Aufwendungen“ im Sinn von § 162 Nr. 1 VwGO handelt; sie wären vermeidbar, weil gemäß § 81 Nr. 2 VwGO die Pflicht besteht, dass jede Partei selbst die erforderlichen Abschriften beifügt (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2019, § 81 Rn. 17).
Auf der Grundlage dieser Erwägungen war die Kostenerinnerung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.
Der Streitwert für das Erinnerungsverfahren ergibt sich aus dem geltend gemachten Betrag von 67,25 EUR.

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