Arbeitsrecht

Kostenerstattung nach Abänderung einer Anordnung gem. § 80 Abs. 5, Abs. 7

Aktenzeichen  M 25 M 18.52802

Datum:
1.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 49790
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, Abs. 7, § 151, § 162 Abs. 2 S. 1, § 165
RVG § 15 Abs. 2, § 16 Nr. 5

 

Leitsatz

1. Ist derselbe Rechtsanwalt für das Ausgangsverfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO und das Abänderungsverfahren gem. § 80 Abs. 7 VwGO bestellt, handelt es sich kostenrechtlich um dieselbe Angelegenheit, für die er nur einmal Vergütung fordern kann (ebenso BayVGH BeckRS 2012, 52607 Rn. 13). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Kostengrundentscheidung im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO legitimiert allein die Geltendmachung solcher Kosten, die erstmals und nur im Abänderungsverfahren entstanden sind (ebenso OVG Münster BeckRS 2018, 16049 Rn. 7). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Mit seiner am 9. Juli 2018 bei Gericht eingegangenen Erinnerung wendet sich der Bevollmächtigte des Antragstellers dagegen, dass die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Juni 2018, dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 26. Juni 2018, den Antrag auf Kostenfestsetzung im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (M 25 S7 15.50473) abgelehnt hat.
Die zuständige Einzelrichterin hatte zuvor im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO mit unanfechtbarem Beschluss vom 29. Juli 2015 den ablehnenden Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 30. September 2014 (M 25 S 14.50523) in Nummer I. geändert und die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. August 2014 angeordnet. Im Beschluss vom 30. September 2014 war der Antrag des Antragstellers abgelehnt worden und es wurden ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt. Nach der Kostenentscheidung im Abänderungsverfahren trägt dagegen die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens.
Da die Kostenbeamtin der Erinnerung des Antragstellers nicht abhalf, legte sie sie dem Gericht zur Entscheidung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie in den vorstehend genannten Verfahren verwiesen.
II.
Die Erinnerung, über die nach §§ 165 S. 2, 151 Satz 1 VwGO der funktionell zuständige Einzelrichter entscheidet, ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben, aber nicht begründet.
Die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die von dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit bei Gericht am 4. Mai 2018 eingegangenen Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachte Kostenfestsetzung für das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO zu Recht abgelehnt.
Die einem Rechtsanwalt gemäß § 162 Abs. 2 VwGO für seine Tätigkeit zustehende Vergütung (Gebühren und Auslagen) bemisst sich nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Soweit dort nichts anderes bestimmt ist, entgelten nach § 15 Abs. 1 RVG die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. In derselben Angelegenheit kann er die Gebühren gem. § 15 Abs. 2 RVG dabei nur einmal fordern. Der Begriff derselben Angelegenheit wird in § 16 RVG näher konkretisiert. Nach § 16 Nr. 5 RVG handelt es sich bei einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Ausgangs- und dem folgenden Abänderungsverfahren kostenrechtlich um eine Tätigkeit des Rechtsanwalts in derselben Angelegenheit. Dies gilt gem. § 16 Nr. 5 RVG kraft Gesetzes; eine Ausnahme hiervon ist nicht vorgesehen. Dementsprechend ist es auch unbeachtlich, dass Ausgangs- und Abänderungsverfahren etwa unter unterschiedlichen Aktenzeichen geführt und jeweils durch einen gesonderten Beschluss entschieden werden.
Ist demnach ein- und derselbe Rechtsanwalt für das Ausgangs- und das Abänderungsverfahren bestellt worden, schließen es die §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG aus, dessen bereits im Ausgangsverfahren entstandene Gebühren (z. B. Verfahrensgebühr; Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikation) im Abänderungsverfahren nochmals zu erstatten, denn es handelt sich kostenrechtlich bei beiden Verfahren um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG, für die Vergütung nur einmal gefordert werden kann ( vgl. ebenso BayVGH, B. v. 26.01.2012 – 9 C 11.3040 – juris Rn. 13; VGH BW, B.v. 8.11.2011 – 8 S 1247/11 – juris Rn. 16; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 16 RVG Rn. 82f., 90, 92, m.w.N.; Enders, in: Hartung/Schons/Enders, 3. Aufl. 2017, § 16 Rn. 64).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass im Ausgangs- und Abänderungsverfahren unterschiedliche Kostengrundentscheidungen ergangen sind (vgl. OVG NW, B.v. 13.7.2018 – 13 B 275/18.A – juris Rn. 7ff.). Der vom Bevollmächtigten des Antragstellers im Aufsatz von Enders, JurBüro 2016, 393 ff. zitierten Ansicht, hiervon ausgehend könnten zwar die Gebühren in derselben Angelegenheit insgesamt nur einmal vom Rechtsanwalt verlangt werden, aber die Gebühren, deren Tatbestand im Abänderungsverfahren erneut erfüllt worden sind, seien zu erstatten (vgl. auch OVG NW, B.v. 13.2.2017 – 11 B 769/15.A – juris, Enders, in: Hartung/Schons/Enders, 3. Aufl. 2017, § 16 Rn. 70; Rohn, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, § 16 Rn. 28a m.w.N.), kann nicht gefolgt werden, denn sie vermischt in unzulässiger Weise durch eine Art Verrechnung von Kostenpositionen gerade die völlige prozessuale Unabhängigkeit der beiden Kostengrundentscheidungen (wie auch die der Sachentscheidungen selbst). Die Kostengrundentscheidung im Abänderungsverfahren lässt die entsprechende Entscheidung im Ausgangsverfahren unberührt, da Gegenstand des Abänderungsverfahrens nicht die Überprüfung der Ausgangsentscheidung, sondern eine Neuregelung der Vollziehung für die Zukunft in einem von dem ergangenen Beschluss abweichenden Sinn ist. Dies bedingt, dass jeder Beteiligte aus der ihm günstigen Kostenentscheidung vom Gegner die Erstattung der ihm für das jeweilige Verfahren entstandenen Kosten verlangen kann, besagt aber für sich genommen nichts darüber, welche Kosten ihm für das jeweilige Verfahren entstanden sind und erst infolgedessen auch Gegenstand eines prozessrechtlichen Erstattungsanspruchs sein können (OVG NW, B.v. 13.7.2018 – 13 B 275/18.A – juris Rn. 9). Im Beschluss vom 29. Juli 2015 wurde gerade nur eine Kostenregelung für das Abänderungsverfahren getroffen; eine Aufhebung der Kostenentscheidung in Nummer II. des Beschlusses vom 30. September 2014 im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO war aufgrund des Eintritts der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ex-nunc nicht erforderlich. Die Kostenentscheidung im Ausgangsverfahren ist gerade vor dem Hintergrund einer anderen Sach- und Rechtslage ergangen und erweist sich demgemäß von dem im Ausgangsverfahren gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seinerzeit entscheidungserheblichen Zeitpunkt aus auch nicht ex-post als unrichtig.
Die Kostengrundentscheidung im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO legitimiert allein die Geltendmachung solcher Kosten, die erstmals und nur im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO entstanden sind (vgl. OVG NW, B.v. 13.7.2018 – 13 B 275/18.A – juris Rn. 10). Solche weiteren anwaltlichen Kosten sind vorliegend vom Antragsteller für das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO aber gerade nicht geltend gemacht. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat lediglich Kosten in Ansatz gebracht, die bereits im Ausgangsverfahren angefallen sind (Verfahrensgebühr, Pauschale für Post- und Telekommunikation sowie darauf entfallende Mehrwertsteuer).
Die Erinnerung des Antragstellers war daher zurückzuweisen.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens trägt der Antragsteller (§ 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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