Aktenzeichen 14 B 15.910
SG § 45 Abs. 2 Nr. 2
VwVfG § 48 Abs. 1, Abs. 2
Leitsatz
1. Ein Kapitalbetrag, den ein Soldat im Ruhestand anstelle einer laufenden Versorgung bei seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung erhält, unterliegt auch dann der Ruhensregelung des § 55b SVG, wenn er teilweise oder vollständig für Dienstzeiten gewährt wird, während derer sich der Soldat bereits im Ruhestand befindet. (Rn. 49 – 61)
2. Aus § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG, der anordnet, dass der Ruhensbetrag die von der zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen darf, ergibt sich nicht, dass die Ruhensanordnung zeitlich zu begrenzen ist. (Rn. 78 – 92)
Ein gesetzlicher Vorbehalt der nachträglichen Änderung besteht bei Ruhensberechnungen dann nicht, wenn die Verwaltungsbehörde eine für die Berechnung der Versorgungsbezüge maßgebende Vorschrift nicht richtig angewendet oder übersehen hat. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 21 K 11.2507 2012-07-27 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Juli 2012 abgeändert:
Nr. I erhält folgende Fassung:
Der Änderungsbescheid der Beklagten vom 20. April 2018 wird insoweit aufgehoben, als mit ihm der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit (Zeitraum 1.7.2009 bis einschließlich April 2018) zurückgenommen wurde.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist in erster Linie der zuletzt ergangene und vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 13. November 2018 in das Verfahren einbezogene Änderungsbescheid der Beklagten vom 20. April 2018. Mit diesem hat die Beklagte (1.) ihren Änderungsbescheid vom 2. März 2015, mit dem sie bereits ihren Änderungsbescheid vom 7. Juli 2009 abgeändert und ab 1. Juli 2009 einen Ruhensbetrag in Höhe von 869,66 Euro festgesetzt hatte, nach § 48 VwVfG rückwirkend zum 1. Juli 2009 aufgehoben, (2.) die Berechnung nach § 55b SVG rückwirkend ab 1. Juli 2009 entsprechend den beigefügten Anlagen festgelegt und (3.) ab 1. Mai 2018 einen Ruhensbetrag in Höhe von 1.158,55 Euro (brutto) ohne zeitliche Begrenzung festgesetzt.
Der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit die Beklagte hiermit ihren Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit (Zeitraum 1.7.2009 bis einschließlich April 2018) zurückgenommen hat (nachfolgend A.). Insoweit war das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 aufzuheben. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen, weil das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Dass die Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 20. April 2018 ab 1. Mai 2018 einen Ruhensbetrag ohne zeitliche Begrenzung festgesetzt hat, ist nicht zu beanstanden. Im Übrigen ist zwar der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 in Teilen ebenso rechtswidrig (nachfolgend B.) wie der im Zeitraum 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 fortgeltende Änderungsbescheid vom 2. März 2015 (nachfolgend C.). Da der Kläger hierdurch jedoch nicht in seinen Rechten verletzt wird, kann er insoweit nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO keine Aufhebung dieser Änderungsbescheide verlangen.
A.
Der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte mit ihm den Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit, d.h. für Ruhensberechnungen ab 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 aufgehoben hat. Soweit mit ihm der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Zukunft, d.h. für den Zeitraum ab 1. Mai 2018, aufgehoben wird, ist er nicht zu beanstanden.
I. Obwohl der ebenfalls vom Kläger in das Verfahren einbezogene Änderungsbescheid vom 2. März 2015 zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 noch nicht bestandskräftig war, hat die Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 20. April 2018 keine – im Rechtsbehelfsverfahren unabhängig von einem Korrekturtatbestand grundsätzlich mögliche (§ 50 VwVfG) – Abhilfeentscheidung getroffen. Insbesondere durch den Wegfall der zeitlichen Begrenzung der Ruhensregelung enthält der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 eine im Verhältnis zum Änderungsbescheid vom 2. März 2015 weitergehende Belastung für den Kläger. Dem Begehren des Klägers, die ihm von der … ausgezahlten Kapitalbeträge nicht oder jedenfalls nicht vollständig auf seine Versorgungsbezüge anzurechnen, ist die Beklagte mit ihrer Rücknahmeentscheidung nicht nachgekommen.
II. Für die somit lediglich anlässlich des laufenden Rechtsbehelfsverfahrens erfolgte Aufhebung des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 bedurfte es einer entsprechenden Aufhebungskompetenz der Beklagten (vgl. SächsOVG, U.v. 31.3.2014 – 5 A 124/13 – juris Rn. 38 zur Änderung eines Kommunalabgabenbescheids im Rechtsbehelfsverfahren). Hierfür kommt § 48 VwVfG in Betracht.
1. Die Beklagte war nicht bereits aufgrund des bei Ruhensberechnungen bestehenden gesetzlichen Vorbehalts der nachträglichen Änderung zur Aufhebung des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 befugt. Denn ein gesetzlicher Vorbehalt der nachträglichen Änderung besteht bei Ruhensberechnungen dann nicht, wenn die Verwaltungsbehörde – wie vorliegend (vgl. unten A. III.) – eine für die Berechnung der Versorgungsbezüge maßgebende Vorschrift nicht richtig angewendet oder übersehen hat. Denn in diesem Fall ist das für den gesetzesimmanenten Vorbehalt bei Ruhensberechnungen maßgebende Kriterium der Unsicherheit, in welchem Umfang die Versorgungsbezüge infolge eines Verwendungs-/oder Versorgungseinkommens ruhen, nicht gegeben. Soweit der Versorgungsbehörde die für die Ruhensberechnung erheblichen tatsächlichen Umstände bekannt sind und die Richtigkeit der Entscheidung allein von der Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften abhängt, ist eine etwaige fehlerhafte Rechtsanwendung ausschließlich dem Verantwortungsbereich der Behörde zuzuordnen (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1985 – 6 C 37.83 – NVwZ 1986, 745; B.v. 2.4.1990 – 2 B 182.89 – Buchholz 239.1 § 57 BeamtVG Nr. 4).
2. Einen ausdrücklichen Vorbehalt der nachträglichen Änderung der Ruhensanordnung, der wegen der im Jahre 2015 – im Hinblick auf die Modalitäten der Verrentung sowie die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung der Ruhensregelung – nicht eindeutigen Rechtslage durchaus sinnvoll gewesen wäre, enthält der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 ebenfalls nicht (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1985 – 6 C 37.83 – NVwZ 1986, 745).
3. Der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 kann jedenfalls unter den Voraussetzungen des § 48 VwVfG aufgehoben werden.
III. Der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 ist materiell rechtswidrig im Sinne von § 48 VwVfG. Dies folgt allein daraus, dass der festgesetzte Ruhensbetrag schon deshalb nicht richtig sein kann, weil die Beklagte die Verrentung der 2007 und 2009 erhaltenen Kapitalbeträge nicht nach den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG durchgeführt hat. Deshalb kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob die Beklagte die dem Kläger von der … gewährten Kapitalbeträge auch insoweit der Ruhensregelung des § 55b SVG unterwerfen durfte, als sie teilweise oder vollständig auf dortige Dienstzeiten des Klägers im Ruhestand entfallen bzw. ob die Beklagte im Änderungsbescheid vom 2. März 2015 zu Recht einen Endzeitpunkt für die Ruhensregelung festgelegt hat.
1. Welche Fassung des § 55b SVG Anwendung findet, richtet sich nach der zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung des Klägers mit Ablauf des 31. August 2004 geltenden Übergangsregelung des § 96 SVG in der Fassung vom 9. April 2002, die vom 1. Januar 2002 bis zum 27. März 2008 anwendbar war (SVG 2002). Da der Kläger nach dem 1. Januar 1999 für die … tätig war, ist die Ruhensberechnung gemäß § 96 Abs. 5 Satz 1 SVG 2002 nach § 55b SVG in der Fassung vom 9. April 2001, die vom 1. Januar 2003 bis zum 27. März 2008 (SVG 2003) anwendbar war, vorzunehmen.
Gemäß § 55b Abs. 1 Satz 1 SVG 2003 ruht das deutsche Ruhegehalt eines Soldaten im Ruhestand in Höhe des Betrags, um den die Summe aus der genannten Versorgung und dem deutschen Ruhegehalt die in Absatz 3 genannte Höchstgrenze übersteigt, mindestens jedoch in Höhe des Betrags, der einer Minderung des Vomhundertsatzes von 1,79375 für jedes Jahr im zwischen- oder überstaatlichen Dienst entspricht. Besteht kein Anspruch auf laufende Versorgung, so ist nach § 55b Abs. 4 Satz 1 SVG 2003 der sich bei der Verrentung des Kapitalbetrags ergebende Betrag zugrunde zu legen. Auf Versorgungsfälle, die – wie im Fall des Klägers – nach dem 31. Dezember 2001 eingetreten sind, ist nach der Übergangsregelung des § 97 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SVG (i.d.F. vom 29.12.2003, anwendbar vom 1.1.2004 bis 11.2.2009 – SVG 2004) § 55b Abs. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Zahl „1,79375“ die Zahl „1,875“ tritt.
Nach § 55b Abs. 4 Satz 3 SVG, der durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5. Februar 2009 (SVG 2009) mit Rückwirkung ab dem 28. März 2008 eingeführt worden ist, richtet sich die Anrechnung des Kapitalbetrags nunmehr nach dem ebenfalls zu diesem Zeitpunkt eingeführten § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG 2009. Damit hat der Gesetzgeber die erforderlichen Größen für die Dynamisierung (Verzinsung) des Kapitalbetrags und dessen anschließende Verrentung festgelegt (zum Gesetzesvorbehalt vgl. BVerwG, U.v. 27.3.2008 – 2 C 30.06 – BVerwGE 131, 29 Rn. 25). Die Dynamisierung des Kapitalbetrags – die vorliegend keine Rolle spielt (vgl. unten B. I. 2. a) – geschieht nach § 55a Abs. 1 Satz 8 SVG 2009, indem dieser um die Vomhundertsätze der allgemeinen Anpassungen nach § 89b SVG i.V.m. § 70 BeamtVG erhöht oder vermindert wird, die sich nach dem Entstehen des Anspruchs auf die Kapitalbeträge bis zur Gewährung von Versorgungsbezügen ergeben. Der Verrentungsbetrag berechnet sich bezogen auf den Monat aus dem Verhältnis zwischen dem nach Satz 8 dynamisierten Kapitalbetrag und dem Verrentungsdivisor, der sich aus dem zwölffachen Betrag des Kapitalwerts nach Anlage 9 zum Bewertungsgesetz ergibt. Nach Satz 1 dieser Anlage, die bis 31. Dezember 2008 galt (vgl. unten B. I. 2. b aa und cc), ist der Kapitalwert einer lebenslänglichen Leistung oder Nutzung nach der Sterbetafel für die Bundesrepublik 1986/88 unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen mit 5,5 v.H. zu errechnen.
Die durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz erfolgten Konkretisierungen der für die Ermittlung der fiktiven Rente erforderlichen Rechengrößen in § 55b Abs. 4 Satz 3 SVG 2009 sind auf den Kläger als am 28. März 2008 im Ruhestand befindlichen Soldaten anwendbar (vgl. BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 2 C 47.11 – NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 16). Das Vertrauen des Klägers ist insoweit nicht schützenswert. Dies ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass der – nicht streitgegenständliche – Ruhensbescheid vom 6. Oktober 2008 den Hinweis enthielt, dass die dortige Regelung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2008 nur solange gelte, wie gesetzlich nichts anderes geregelt sei. Mit Inkrafttreten einer vorgesehenen gesetzlichen Regelung zur Dynamisierung und Verrentung des gezahlten Kapitalbetrags müsse der Kläger damit rechnen, dass der Bescheid widerrufen und die Ruhensregelung entsprechend umgestellt werde.
2. Hiervon ausgehend ist der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 bereits deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte die Verrentung des Kapitalbetrags nicht nach den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 durchgeführt hat. Vielmehr hat sie – der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgend (vgl. BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 2 C 47.11 – NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 24 ff.) – als Ruhensbetrag rückwirkend zum 1. Juli 2009 den Betrag festgesetzt, der sich aus der Division der Summe der Kapitalbeträge in Höhe von 179.810,21 und 42.421,82 Euro durch die Monate ergibt, die sich aus der durchschnittlichen Lebenserwartung Männer/Frauen bei einer Versetzung in den Ruhestand mit dem 58. Lebensjahr laut Sterbetafel 1986/88 errechnen. Die für die Verrentung in § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 vorgeschriebene Anwendung des jeweils geltenden Verrentungsdivisors (zwölffacher Betrag des Kapitalwerts nach Anlage 9 zum Bewertungsgesetz) hat die Beklagte unberücksichtigt gelassen. Der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 ist daher rechtswidrig.
IV. Da die Beklagte jedoch das ihr nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt hat, erweist sich die Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit als rechtswidrig.
1. Der Änderungsbescheid vom 20. April 2018 lässt jegliche Ausübung von Ermessen vermissen. Es finden sich keinerlei Erwägungen, die den Schluss zuließen, dass die Beklagte das ihr in § 48 Abs. 1 VwVfG eingeräumte Ermessen („kann“) erkannt und ausgeübt hätte. Der Bescheid leidet damit an einem Ermessensausfall.
2. Soweit die Beklagte den Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit, d.h. für den Zeitraum 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 zurückgenommen hat, ist der Ermessensausfall rechtlich relevant – insoweit war eine Ermessensausübung der Beklagten nicht entbehrlich, insbesondere das Ermessen nicht „intendiert“.
a) Die Grundsätze des sog. intendierten Ermessens sind vorliegend auf die Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit nicht anwendbar.
aa) Von intendiertem Ermessen ist dann auszugehen, wenn eine Ermessensvorschrift dahingehend auszulegen ist, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht. Einer besonderen – das Selbstverständliche darstellende – Begründung der Ermessensentscheidung bedarf es in einem solchen Falle nicht, da die Ermessensbetätigung der Behörde bereits vom Gesetz vorgezeichnet ist. Liegt kein atypischer Fall vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Sind jedoch außergewöhnliche Umstände, die eine andere Entscheidung des konkreten Einzelfalls möglich erscheinen lassen, erkennbar oder der Behörde bekannt geworden, übt diese ihr Ermessen rechtsfehlerhaft aus, wenn sie die betreffenden Umstände nicht erwogen hat (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2017 – 5 C 4.16 – BVerwGE 158, 258 Rn. 40 m.w.N.).
bb) Intendiertes Ermessen ist im Fall des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG anzunehmen. Danach wird in den Fällen des Satzes 3 der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG ist das schutzwürdige Vertrauen eines Begünstigten u.a. dann ausgeschlossen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(1) Es ist sachgerecht, auf den Änderungsbescheid vom 2. März 2015 die Regelungen des § 48 Abs. 2 VwVfG anzuwenden. Er wirkt sich bereits deshalb günstig für den Kläger aus, weil mit ihm – anders als im Änderungsbescheid vom 7. Juli 2009 – die Ruhensanordnung zeitlich begrenzt wird. Wie zuvor dargelegt (vgl. oben A. III. 2.) hat die Beklagte der Ruhensanordnung zudem rückwirkend zum 1. Juli 2009 eine gegenüber der geltenden Rechtslage günstigere Berechnung zugrunde gelegt, was sich ebenfalls zugunsten des Klägers auf die Auszahlung seiner Versorgungsbezüge ausgewirkt hat.
(2) Allerdings kann bis zum Erlass des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
Nach dem ausdrücklichen Hinweis der Beklagten im Änderungsbescheid vom 2. März 2015 erfolgte die Neufestsetzung des monatlichen Ruhensbetrags zum 1. Juli 2009 in entsprechender Anwendung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 – (NVwZ-RR 2014, 394). Anders als im Bescheid vom 6. Oktober 2008 hat die Beklagte den Kläger nicht auf weiterhin bestehende Unklarheiten für die Auslegung und Anwendung des § 55b SVG aufmerksam gemacht. Auf die Aufnahme eines Änderungsvorbehalts, der sich nicht nur hinsichtlich der zeitlichen Begrenzung der Ruhensregelung angeboten hätte, hat sie ebenfalls verzichtet. Der Kläger musste daher vor diesem Hintergrund nicht damit rechnen, dass der Änderungsbescheid vom 2. März 2015 fehlerhaft ist. Ihn trafen insoweit keine weitergehenden Überprüfungspflichten. Dass sich die Ruhensanordnung im Änderungsbescheid vom 2. März 2015 nachträglich als unrichtig erwiesen hat, geht daher zu Lasten der Beklagten.
b) Auch unter dem Gesichtspunkt einer Ermessensreduzierung „auf Null“ ergibt sich nicht, dass die Beklagte vorliegend auf eine Ausübung des Ermessens verzichten konnte. Es sind keinerlei Gesichtspunkte ersichtlich, die eine Reduzierung des Ermessens dahingehend rechtfertigen, dass die Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Vergangenheit als einzig rechtmäßige Entscheidung in Betracht kommen könnte.
3. Anders verhält es sich, soweit es um die Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 – auch hinsichtlich des dort festgesetzten Endzeitpunkts – mit Wirkung für die Zukunft, also für den Zeitraum ab dem 1. Mai 2018, geht. Insoweit führt der Ermessensausfall im Änderungsbescheid vom 20. April 2018 nicht zu dessen Aufhebung.
a) Mit Bekanntgabe des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 hat der Kläger Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 erhalten. Ab diesem Zeitpunkt liegt somit eine mit § 48 Abs. 2 Satz 3 und 4 VwVfG vergleichbare Fallkonstellation vor. Es ist daher sachgerecht, die Grundsätze des sog. intendierten Ermessens anzuwenden, soweit die Beklagte den Änderungsbescheid vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen hat (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 26.10.2011 – OVG 6 B 8.09 – juris Rn. 45 ff.). Anhaltspunkte dafür, dass im Fall des Klägers von einem atypischen Fall auszugehen ist, der ausnahmsweise eine Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich gemacht hätte, sind nicht ersichtlich. Damit bedurfte es hinsichtlich der Rücknahme des Änderungsbescheids vom 2. März 2015 mit Wirkung für die Zukunft keiner Ermessensbetätigung durch die Beklagte. Eine Begründung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG war ebenso entbehrlich.
b) Dieses Ergebnis steht wertungsmäßig im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Bereich des Beamtenversorgungsrechts zu Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten mit Wirkung für die Zukunft. Danach ist dem öffentlichen Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines mangelhaften oder mangelhaft gewordenen begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Zukunft in der Regel gegenüber dem Interesse des Begünstigten an der Aufrechterhaltung des mangelhaften Verwaltungsakts das Übergewicht beizumessen, wenn der Verwaltungsakt – wie es auch vorliegend der Fall ist, da die Ruhensanordnung die Höhe des dem Kläger auszuzahlenden Ruhegehalts zu seinen Gunsten beeinflusst – den dauernden regelmäßigen Bezug von Leistungen aus öffentlichen Mitteln zur Folge hat. Von dieser Regel sind Ausnahmen nur bei Vorliegen ganz besonderer Umstände zuzulassen (vgl. etwa BVerwG, U.v. 11.2.1982 – 2 C 18.81 – RiA 1982, 165).
B.
Die im Tenor des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 durch Bezugnahme auf dessen Anlagen mit Wirkung ab dem 1. Mai 2018 verbindlich vorgegebene Ruhensberechnung ist zwar in Teilen fehlerhaft. Hierdurch wird der Kläger jedoch ebenso wenig im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt wie durch den im Änderungsbescheid vom 20. April 2018 ab dem 1. Mai 2018 festgesetzten Ruhensbetrag. Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte den von ihr errechneten Ruhensbetrag ohne zeitliche Begrenzung festgesetzt hat.
I. Die in Anlage 1 zum Änderungsbescheid vom 20. April 2018 zur Ermittlung des Ruhensbetrags durchgeführte Berechnung ist teilweise fehlerhaft. Soweit insbesondere die Verrentung der Kapitalbeträge nicht den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 1 Satz 3 i.V.m. § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 entspricht, wirkt sich dies jedoch zugunsten des Klägers aus, so dass er nicht in seinen Rechten verletzt ist. Ob die Beklagte als Ruhensbetrag im Ergebnis zutreffend den sich aus § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 ergebenden Mindestruhensbetrag festgesetzt hat oder nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003 einen höheren Ruhensbetrag hätte festsetzen müssen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn jedenfalls ist der Kläger durch die Festsetzung eines Ruhensbetrags in Höhe von monatlich 1.158,55 Euro nicht in seinen Rechten verletzt.
1. Richtigerweise hat die Beklagte den gesamten von der … gezahlten Kapitalbetrag in Höhe von 222.232,03 Euro in die Ruhensberechnung nach § 55b SVG 2003/2009 einbezogen. Die beiden Kapitalbeträge in Höhe von 179.810,21 und 42.421,82 Euro unterliegen der Ruhensregelung auch insoweit, als der Kläger sie für Dienstzeiten bei der … erhalten hat, während derer er sich bereits im Ruhestand befand.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. beispielsweise BVerfG, B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256 zur Anrechnung von Renten nach § 55 BeamtVG) ist die angemessene Alimentation unabhängig davon zu leisten, ob und inwieweit der Versorgungsempfänger in der Lage ist, seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln, wie insbesondere aufgrund privatrechtlicher Ansprüche oder aus privatem Vermögen, zu bestreiten. Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht indessen dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind. Unter dem Blickwinkel des Alimentationsprinzips handelt es sich bei von der … als Einrichtung der NATO gewährten Versorgungsleistungen um derartige auf die Versorgungsbezüge anrechenbare Leistungen aus einer öffentlichen Kasse, weil die Beklagte laufend erhebliche Beträge aus ihrem Staatshaushalt an die NATO abführt (vgl. BVerwG, U.v. 27.3.2008 – 2 C 30.06 – BVerwGE 131, 29 Rn. 17). Die durch die Anrechnung der Kapitalbeträge nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SVG 2003/2009 bewirkte Kürzung seiner Versorgungsbezüge ist mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG auch insoweit nicht zu beanstanden, als der Kläger die entsprechenden Ansprüche gegenüber der … in Höhe von 121.295,97 Euro während seines Ruhestands erworben hat.
a) Die Kürzung der klägerischen Versorgungsbezüge ist im Hinblick auf die während seines Ruhestands erworbenen Kapitalbeträge sachgerecht, weil sie sich – jedenfalls für Berufssoldaten wie den Kläger – am Regelfall des Dienstes im Soldatenverhältnis als Lebensberuf orientiert. Der Einwand des Klägers, er sei gegenüber der Beklagten nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr zur Dienstleistung verpflichtet gewesen, greift zu kurz.
aa) Mit Anrechnungsregelungen wie in § 55b SVG geht es nicht allein um die Beseitigung unerwünschter Folgen von Doppelbemessungszeiten, also solcher Zeiten, die sowohl bei der Bemessung des deutschen Ruhegehalts als auch bei der ausländischen Versorgung berücksichtigt werden, sondern darum, eine nicht gerechtfertigte Überversorgung von Mischlaufbahn-Soldaten im Vergleich zu Nur-Soldaten zu verhindern (BVerfG, B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256/318 zur Anrechnung von Renten nach § 55 BeamtVG). Hat ein Versorgungsberechtigter einen weiteren Versorgungsanspruch gegen eine öffentliche Kasse, so dass die Summe beider Ansprüche 100 v.H. der als amtsangemessen festgesetzten Versorgung übersteigt, kann er grundsätzlich nur die Auszahlung von insgesamt 100% verlangen. Der Gesetzgeber kann u.a. durch Ruhensregelungen sicherstellen, dass diese Grenze eingehalten wird (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.2011 – 2 C 25.09 – Buchholz 449.4 § 55b SVG Nr. 1 Rn. 25).
bb) Nach der Struktur des Soldatenverhältnisses sind die Pflicht des Soldaten zum Einsatz der ganzen Persönlichkeit für den Dienstherrn und dessen Pflicht zur Gewährung des angemessenen Lebensunterhalts gleich und gerecht miteinander ausgewogen (vgl. BVerfG, B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256/316). In den Fällen, in denen nach dem Soldatenverhältnis eine Beschäftigung ausgeübt werden kann, die eine weitere Versorgungsleistung aus einer öffentlichen Kasse zur Folge hat, bestand die Dienstleistungspflicht zu Lasten des Dienstherrn regelmäßig nur während eines Teils des Berufslebens – im Fall des Klägers bis zum Erreichen der besonderen Altersgrenze. Die Alimentationsverpflichtung bleibt jedoch, wenngleich unter Umständen proportional vermindert, als Pflicht zur amtsgemäßen Versorgung bestehen. Dadurch gerät das korrelativ ausgewogene, jedenfalls bei Berufssoldaten auf Lebenszeit angelegte Dienst- und Treueverhältnis in ein beachtliches Missverhältnis zwischen Rechten und Pflichten. Erst der vorliegend frühe Austritt aus dem Soldatenverhältnis hat dem Kläger die – einem vergleichbaren Nur-Soldaten verschlossene – Möglichkeit eröffnet, seine Arbeitskraft während eines Teils seines Berufslebens in einem anderen Beschäftigungsverhältnis und damit zur Begründung eines weiteren Versorgungsanspruchs einzusetzen. Der nach Beendigung des Soldatenverhältnisses erworbene Versorgungsanspruch besitzt dadurch eine besondere Beziehung zu den Versorgungsbezügen aus dem Soldatenverhältnis und zu der in diesem begründeten Alimentationspflicht des Dienstherrn. Dies rechtfertigt es, die Kosten der Alimentierung aus öffentlichen Kassen auch bei denjenigen (Berufs) Soldaten im Ruhestand zu senken, die wegen der – im Zeitpunkt des klägerischen Ruhestands geltenden besonderen Altersgrenze von 58 Jahren (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 2 SG in der vom 1.3.2002 bis 29.4.2005 geltenden Fassung – SG a.F.) – vor Erreichen der für Berufssoldaten geltenden allgemeinen Altersgrenze von damals 61 Jahren (vgl. § 45 Abs. 1 SVG a.F.) in den Ruhestand treten konnten (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256/316 f.).
b) Zudem liegt entgegen der Auffassung des Klägers eine Doppelversorgung auch hinsichtlich solcher Kapitalbeträge vor, die er im Ruhestand erworben hat.
aa) Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SVG jeweils in der Fassung vom 9. April 2002, die vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2009 anwendbar war (SVG 2002), erhöht sich die ruhegehaltfähige Dienstzeit eines Soldaten im Ruhestand um die Zeit der Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung. Die Anrechnung von Zeiten einer Verwendung, zu deren Berücksichtigung der Dienstherr von Verfassungs wegen nicht verpflichtet ist, weil der Soldat insoweit dem Dienstherrn gegenüber keinen systemgerechten Versorgungsanspruch „erdient“ hat (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – BVerfGE 145, 249 Rn. 91), beruht auf dem politischen Willen des Gesetzgebers, einen Anreiz für die im dienstlichen Interesse liegenden Tätigkeiten für derartige Einrichtungen zu schaffen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 a.a.O. Rn. 30). Sie ist Ausdruck des weiten Spielraums politischen Ermessens, innerhalb dessen der Gesetzgeber die Versorgung der Soldaten den besonderen Gegebenheiten, den tatsächlichen Notwendigkeiten sowie der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen kann. Werden die Zeiten einer Verwendung des Soldaten im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung bei der Bemessung seines deutschen Ruhegehalts berücksichtigt, weil sie in die Gesamtdienstzeit des Soldaten einfließen, ist die deutsche Versorgung auch insoweit „erdient“. Es ist daher nicht sachwidrig, diese im Hinblick auf die von einer derartigen Einrichtung gewährte Versorgung zu kürzen. Nur so kann eine unerwünschte Kumulation zweckidentischer Leistungen der Altersversorgung verhindert und eine Begünstigung dieser Soldaten im Vergleich zum Regelfall des Nur-Soldaten abgemildert werden.
bb) Dass die Berücksichtigung von Dienstzeiten bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung auch bei Soldaten im Ruhestand grundsätzlich eine Doppelversorgung zur Folge hat, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich vorliegend diese Dienstzeiten für den Kläger im Ergebnis faktisch nicht auf die Höhe seines deutschen Ruhegehalts auswirken. Denn ausweislich des Festsetzungsbescheids der Beklagten vom 30. August 2004 hatte der Kläger bereits zum 1. September 2004 unter Berücksichtigung der während seiner Beurlaubung bei der … absolvierten Dienstzeiten den Höchstruhegehaltssatz nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG in der Fassung vom 9. April 2002, die vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2004 anwendbar war (SVG 2003), in Höhe von seinerzeit 75 v.H. erreicht. Mit den Festsetzungsbescheiden vom 1. Februar bzw. 11. Juli 2008 und 21. Dezember 2009 hatte die Beklagte zwar die vom Kläger im Ruhestand bei der … durchlaufenen Dienstzeiten nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SVG 2002 berücksichtigt; wegen § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 hatte dies jedoch nicht mehr zu einer Erhöhung des Ruhegehaltssatzes geführt. Dies lässt eine Doppelversorgung des Klägers nicht entfallen.
Mit § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 hat der Gesetzgeber den allgemeinen Grundsatz verwirklicht, dass die Versorgungsleistungen in einem angemessenen Abstand hinter dem zugrunde zu legenden aktiven Arbeitseinkommen zurückbleiben müssen. Im Soldatenversorgungsrecht hat dies dazu geführt, dass der Soldat im Ruhestand ein Ruhegehalt von höchstens 75 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge erhält. Diese Regelung trifft nicht nur den Kläger, sondern auch alle diejenigen Soldaten, die mehr Dienstjahre absolvieren, als dies zur Erreichung des Versorgungshöchstsatzes von – seinerzeit – 75 v.H. erforderlich war. An diesem Versorgungsniveau ändert sich auch dann nichts, wenn der Betroffene noch (erheblich) mehr als die erforderlichen Dienstjahre absolviert hat (vgl. BVerfG, B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256/332 f.). Die durch § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SVG 2002 vorgegebene (Doppel) Anrechnung der im Ruhestand bei der … zurückgelegten Dienstzeiten lässt die in § 26 Abs. 1 Satz 1 SVG 2003 vorgeschriebene Kappung des Ruhegehaltssatzes unberührt. Die sachliche Rechtfertigung für die Anrechnung aller von der … erhaltenen Kapitalbeträge nach § 55b SVG lässt § 26 Abs. 1 Satz 1 SVG 2003 daher nicht entfallen. Im Übrigen muss jede gesetzliche Regelung des Versorgungsrechts generalisieren und enthält daher auch unvermeidbare Härten; sie mag den Betroffenen insofern fragwürdig erscheinen. Daraus sich ergebende Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Gesamtregelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. BVerfG, B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256/295).
c) Das gefundene Ergebnis ist auch vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 eine ausschließlich zeitbezogene Ruhensberechnung vorsieht.
aa) Wird – wie vorliegend – die ruhegehaltfähige Dienstzeit eines Soldaten auch um solche Dienstzeiten bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung erhöht, die er im Ruhestand zurückgelegt hat, und liegt aus diesem Grunde eine Doppelversorgung vor, wäre es systemwidrig und letztlich nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren, wenn diese Zeiten im Rahmen von § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG nicht berücksichtigt würden. Denn § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG (2003) betrifft genauso wie § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG (2003) die zeitlich nachrangige Frage, „wie“ das deutsche Ruhegehalt wegen einer von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährten Versorgung zu mindern ist.
bb) Im Übrigen hat der Senat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG. Die Regelung entspricht § 55b Abs. 1 Satz 1 SVG in den Fassungen vom 5. März 1987 und 18. Dezember 1989 und damit den Gesetzesfassungen, die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – (BVerfGE 145, 249) zugrunde lagen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts stehen dem Regelungsmodell des zeitbezogenen Ruhens weder das Alimentationsprinzip noch der Leistungsgrundsatz entgegen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 a.a.O. Rn. 71 ff.).
Dass die Höhe der Ruhensbeträge nicht von der Höhe des im Auslandsdienst gewährten Kapitalbetrags, sondern in bestimmten Fällen von der Dauer des Dienstes in der über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung abhängt, wirft zudem kein Gleichheitsproblem auf (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 a.a.O. Rn. 102). Die Dienstzeit bei der … steht für die Betroffenen nicht unter dem Regime des deutschen Soldatenrechts. Die gesetzgeberische Entscheidung, das Ruhen mindestens an der Länge der nicht im deutschen Staatsdienst verbrachten Zeit (und der Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge) zu orientieren, ist daher systemkonform. Sie beruht darauf, dass die Zeit der Beurlaubung ohne Dienstbezüge bzw. die im Ruhestand absolvierte Dienstzeit, die den Betroffenen gleichwohl als ruhegehaltfähig angerechnet wird, derjenige Aspekt ist, unter dem alle Betroffenen aus Sicht des deutschen Dienstherrn verglichen werden können. Denn es geht nicht nur um die Abschöpfung erhaltener Vorteile – in diesem Falle wäre wie bei § 55 und § 55a SVG ausschließlich an die Höhe der Abfindung anzuknüpfen -, sondern darum, ein Besoldungsniveau zu gewährleisten, das in Ansehung der angerechneten ruhegehaltfähigen Dienstzeit einschließlich Auslandsverwendung und der am Ende der Karriere erreichten Besoldungsstufe amtsangemessen ist. Die Entwicklung der zustehenden deutschen Versorgung wird durch die Dauer der Unterbrechung oder die im Ruhestand zurückgelegten Zeiten beeinflusst, weil dies der für die Dauer der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und damit für den Ruhegehaltssatz wesentliche Faktor ist.
2. Unrichtig, aber im Ergebnis zugunsten des Klägers hat Beklagte die beiden Kapitalbeträge verrentet.
a) Zwar ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass beide Kapitalbeträge nicht nach § 55b Abs. 3 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 8 SVG 2009 zu dynamisieren sind, weil sie dem Kläger erst zum 30. Juni 2007 (179.810,21 Euro) bzw. zum 30. Juni 2009 (42.421,82 Euro) und damit nach Eintritt in den Ruhestand ausgezahlt worden sind.
b) Allerdings hat sie im Änderungsbescheid vom 20. April 2018 den durch Addition der beiden Kapitalbeträge ermittelten Gesamtbetrag mittels des für Männer maßgeblichen Kapitalwerts nach der Sterbetafel 2005/2007 bei einem Alter des Klägers von 62 Jahren verrentet. Dies entspricht nicht den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009.
aa) Da sich der Kläger am 28. März 2008 bereits im Ruhestand befand, hätte die Beklagte bei der Verrentung des zum 30. Juni 2007 ausbezahlten Kapitalbetrags in Höhe von 179.810,21 Euro nach § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 richtigerweise auf die Anlage 9 zum Bewertungsgesetz abstellen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 2 C 47.11 – NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 16; vgl. oben A. III. 1.). Auch war der Kläger am 30. Juni 2007, also zu dem Zeitpunkt, als sich sein deutsches Ruhegehalt und dieser Kapitalbetrag zum ersten Mal gegenüber standen, 60 Jahre alt.
bb) Zudem spricht viel dafür, dass die nach Männern und Frauen getrennte Bestimmung der statistischen Lebenserwartung mit dem unionsrechtlichen Grundsatz der Entgeltgleichheit (Art. 157 AEUV) unvereinbar ist. Dem in diese Richtung weisenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 – (NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 29 ff.) hat das Verwaltungsgericht München im Urteil vom 17. September 2018 – M 21 K 18.281 – (juris Rn. 50) im Wesentlichen unter Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. September 1994 – C-200/91 – (Slg 1994, I-4389-4434 Rn. 79 ff.) entgegengehalten, dass die Verwendung von je nach Geschlecht unterschiedlichen versicherungsmathematischen Faktoren (insbesondere wegen der regelmäßig höheren Lebenserwartung von Frauen) im Rahmen der durch Kapitalansammlung erfolgenden Finanzierung von betrieblichen Versorgungssystemen mit feststehenden Leistungen nicht in den Anwendungsbereich von Art. 157 AEUV falle. Daher sei die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen zur Ermittlung der statistischen Lebenserwartung nicht unter dem Aspekt des Grundsatzes der Entgeltgleichheit unionsrechtswidrig. Inwieweit die vom Verwaltungsgericht München zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf die vorliegend inmitten stehende Sachlage übertragbar ist, ist allerdings zweifelhaft und wird vom Verwaltungsgericht nicht näher untersucht. Bei den dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegten Fragen ging es jedenfalls nicht um die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen im Rahmen der der Ruhensberechnung zugrundeliegenden Verrentung eines Kapitalbetrags, sondern um die Verwendung versicherungsmathematischer Faktoren im Rahmen der durch Kapitalansammlung erfolgenden Finanzierung mit feststehenden Arbeitgeberbeiträgen, die dazu bestimmt sind und gewählt werden, die zur Deckung der Kosten der zugesagten Rente unerlässliche finanzielle Grundlage zu ergänzen, um regelmäßige Zahlungen der Rente gewährleisten zu können. Die Verrentung eines Kapitalbetrags unterscheidet sich auch von den weiteren vom Europäischen Gerichtshof in diesem Zusammenhang angesprochenen Fallkonstellationen, bei denen es um die Umwandlung eines Teils der Rente in einen Kapitalbetrag bzw. die Übertragung von Rentenansprüchen geht, deren Wert sich nur nach Maßgabe der gewählten Finanzierungsmodalitäten bestimmen lässt. Im Hinblick darauf, dass die Ruhensanordnung zeitlich nicht zu begrenzen ist (vgl. nachfolgend B. II.), erscheint es fraglich, ob eine Verrentung des Kapitalbetrags, die – abhängig vom Geschlecht des Begünstigten – zu einem in der Höhe unterschiedlichen Ergebnis führt und damit maßgebend die Höhe des lebenslang das Ruhegehalt mindernden Ruhenbetrags bestimmt, mit dem Grundsatz der Entgeltgleichheit zu vereinbaren ist.
cc) Letztlich bedarf die aufgeworfene Frage vorliegend keiner Entscheidung, obwohl sie Einfluss auf die Höhe des festzusetzenden Ruhensbetrags haben kann. Denn sie hat im Ergebnis für den Kläger ebenso wenig negative Auswirkungen wie die von der Beklagten vorgenommene Verrentung des Gesamtkapitalbetrags mittels des für Männer maßgeblichen Kapitalwerts nach der Sterbetafel 2005/2007. Selbst dann, wenn wegen der – unterschiedlich – verrenteten Kapitalbeträge ab 1. Mai 2018 ein höherer als der von der Beklagten festgesetzte (Mindestruhens) Betrag festzusetzen gewesen wäre, wäre der Kläger hierdurch im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt.
Geht man davon aus, dass wegen Art. 157 AEUV die Verrentung für beide Geschlechter gleich zu erfolgen hat, ist es sachgerecht, der Verrentung den durchschnittlichen Kapitalwert für Männer und Frauen zugrunde zu legen. Demzufolge hätte sich nach Anlage 9 zum Bewertungsgesetz unter Berücksichtigung des für ein Alter von 60 Jahren maßgebenden Verrentungsdivisors von 134,892 ((10,448+12,034):2×12) bezogen auf den Kapitalbetrag in Höhe von 179.810,21 Euro richtigerweise ein verrenteter Kapitalbetrag in Höhe von monatlich 1.332,99 Euro ergeben; bezogen auf den Kapitalbetrag in Höhe von 42.421,82 Euro, den der Kläger erst 2009 erhalten hat, hätte sich nach der – zwischenzeitlich ab 1. Januar 2009 geltenden – Tabelle zu § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG bei Anwendung des für ein Alter von 62 Jahren maßgebenden Verrentungsdivisors von 151,134 ((11,995+13,194):2×12) richtigerweise ein verrenteter Kapitalbetrag in Höhe von monatlich 280,69 Euro errechnet. Damit wäre statt von verrenteten Kapitalbeträgen in Höhe von monatlich 1.543,92 Euro von verrenteten Kapitalbeträgen in Höhe von monatlich 1.613,68 Euro (im Folgenden: verrenteter Kapitalbetrag 1) auszugehen gewesen.
Unterstellt, dass die Verrentung nach dem für Männer jeweils maßgeblichen Kapitalwert zu erfolgen hat, hätte sich nach Anlage 9 zum Bewertungsgesetz unter Berücksichtigung des für ein Alter von 60 Jahren maßgebenden Verrentungsdivisors von 125,376 (10,448×12) bezogen auf den Kapitalbetrag in Höhe von 179.810,21 Euro richtigerweise ein verrenteter Kapitalbetrag in Höhe von 1.434,16 Euro ergeben; bezogen auf den Kapitalbetrag in Höhe von 42.421,82 Euro hätte sich nach der Tabelle zu § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG bei Anwendung des für ein Alter von 62 Jahren maßgebenden Verrentungsdivisors von 143,94 (11,995×12) richtigerweise ein verrenteter Kapitalbetrag in Höhe von 294,71 Euro errechnet. Damit wäre statt von verrenteten Kapitalbeträgen in Höhe von monatlich 1.543,92 Euro von verrenteten Kapitalbeträgen in Höhe von monatlich 1.728,87 Euro (im Folgenden: verrenteter Kapitalbetrag 2) auszugehen gewesen.
dd) In diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden ist, dass bei der Verrentung der Kapitalbeträge nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ein Zinssatz von 5,5 v.H. zugrunde gelegt wird (hierzu kritisch BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 2 C 47.11 – NVwZ-RR 2014, 394 Rn. 24 ff.). Es steht dem Gesetzgeber wegen seines weiten Gestaltungsermessens frei, den wirtschaftlichen Wert eines Kapitalbetrags höher zu bewerten und den wertprägenden Vorteil zu berücksichtigen, der in der Vielseitigkeit des Kapitalbetrags besteht. Der Kapitalbetrag ermöglicht eine dauerhafte Sicherung eigener Art und schließt auch die Möglichkeit ein, dass ein subjektiver Nutzen des Kapitalbetrags dem Empfänger so wichtig ist, dass er (spätere) wirtschaftliche Nachteile dafür in Kauf zu nehmen bereit ist (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – BVerfGE 145, 249 Rn. 100). Dies zeigt sich gerade im Fall des Klägers. Obwohl er die Modalitäten einer Anrechnung des zum 30. Juni 2007 erhaltenen Kapitalbetrags durch den Änderungsbescheid vom 7. Juli 2009 vor Augen geführt bekommen hat, hat er sich entschieden, den zum 30. Juni 2009 ausgezahlten Kapitalbetrag in Höhe von 42.421,82 Euro nicht nach § 55b Abs. 4 Satz 2 SVG 2003 abzuführen. Dies lässt den Schluss zu, dass der tatsächliche Wert der Kapitalbeträge auch nach Einschätzung des Klägers dessen nominalen Wert übersteigt. Nachteile, die sich aus der Nichtabführung der Kapitalbeträge ergeben können, sind als Ausdruck der eigenverantwortlichen Entscheidung des Klägers hinzunehmen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – BVerfGE 145, 249 Rn. 94).
3. Offenbleiben kann, inwieweit die Beklagte die unter Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 1 des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 durchgeführten Berechnungen entsprechend § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 i.V.m. § 55b Abs. 3, § 55 Abs. 2 SVG 2003/2009 durchgeführt hat.
a) Auf der Grundlage der zuvor errechneten Monatswerte (Kapitalbetrag 1 und 2) ergeben sich unter Zugrundelegung der von der Beklagten unter Nr. 2.1 der Anlage 1 des Bescheids errechneten Höchstgrenze in Höhe von 5.290,41 Euro jeweils unterschiedliche Ruhensbeträge: Geht man vom verrenteten Kapitalbetrag 1 aus, ergibt sich nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003/2009 (Ruhegehalt zuzüglich verrenteter Kapitalbetrag abzüglich Höchstgrenze) ein monatlicher Ruhensbetrag in Höhe von 1.081,49 Euro. Dieser Ruhensbetrag ist geringer als der von der Beklagten festgesetzte (Mindest) Ruhensbetrag (1.158,55 Euro). Im Fall des verrenteten Kapitalbetrags 2 errechnet sich nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003/2009 ein monatlicher Ruhensbetrag in Höhe von 1.196,68 Euro. Dass der unter Zugrundelegung des Kapitalbetrags 2 errechnete Ruhensbetrag höher ist als der von der Beklagten tatsächlich festgesetzte (Mindest) Ruhensbetrag, wirkt sich im Ergebnis zugunsten des Klägers aus.
b) Ebenfalls ohne Auswirkungen sind die vom Kläger gegen die Berechnung der Höchstgrenze erhobenen Einwendungen.
Nach § 55b Abs. 3 Halbs. 1 SVG 2003 gelten als Höchstgrenze die in § 55 Abs. 2 SVG bezeichneten Höchstgrenzen sinngemäß. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dabei trotz der Bezugnahme auf § 55 Abs. 2 SVG nicht wie dort in Nummer 1 für Soldaten im Ruhestand geregelt, das Ruhegehalt unter Zugrundelegung der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu berechnen. Denn das bei der Berechnung der Höchstgrenze zu berücksichtigende Ruhegehalt ist in § 55b Abs. 3 Halbs. 2 SVG 2003 selbst geregelt. Danach ist als Ruhegehalt dasjenige deutsche Ruhegehalt zugrunde zu legen, das sich unter Einbeziehung der Zeiten einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung als ruhegehaltfähige Dienstzeit und auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der nächsthöheren Besoldungsgruppe ergibt.
Inwieweit auf das sich danach ergebende Ruhegehalt die Kappungsgrenze des § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 zur Anwendung kommt, bedarf vorliegend im Ergebnis ebenso wenig einer Entscheidung, wie die Frage, welche Auswirkungen die sinngemäße Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 4 SVG auf die Berechnung der Höchstgrenze hat. Ließe man die Kappungsgrenze des § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 in der Fassung der Übergangsregelung des § 97 Abs. 2 Satz 3 SVG 2004 unberücksichtigt, würde sich die Höchstgrenze zugunsten des Klägers erhöhen, so dass sich der nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003 zu errechnende Ruhensbetrag vermindern würde. Damit ist davon auszugehen, dass der nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG 2003 zu bestimmende Ruhensbetrag – auch unter Einbeziehung des Kapitalbetrags 2 – unter dem tatsächlich festgesetzten Mindestruhensbetrag des § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 läge. Die Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 in der Fassung der Übergangsregelung des § 97 Abs. 2 Satz 3 SVG 2004 bei der Bestimmung der Höchstgrenze hat daher vorliegend auf die Höhe des tatsächlich festgesetzten Ruhensbetrags keine Auswirkungen.
4. Gegen die unter Nr. 4 der Anlage 1 des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 nach § 55b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 durchgeführte Berechnung des Mindestruhensbetrags bestehen im Grundsatz keine Einwände. Die Beklagte hat als Minderungssatz zutreffend den Wert 1,875 eingesetzt (vgl. § 97 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2004) und den sich ergebenden Prozentsatz mit 0,95667 multipliziert (vgl. § 97 Abs. 4 Satz 1 SVG 2004).
5. Im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden sind die unter Nr. 4 und 5 der Anlage 1 des Änderungsbescheids vom 20. April 2018 durchgeführten Vergleichsbetrachtungen.
II. Zutreffend hat die Beklagte den von ihr errechneten Ruhensbetrag ohne zeitliche Begrenzung festgesetzt. § 55b SVG 2003/2009 sieht dies weder ausdrücklich vor noch kann eine solche Verpflichtung aus § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003 gefolgert werden. Auch wenn der Wortlaut des § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003 nicht eindeutig gegen eine zeitliche Begrenzung der Ruhensanordnung spricht, ergibt sich dies durch Auslegung der Vorschrift nach ihrer Gesetzeshistorie unter Berücksichtigung von deren Sinn und Zweck sowie im systematischen Vergleich mit der Ruhensregelung des § 55a Abs. 1 Satz 3 und 4 SVG.
1. Dem Wortlaut des § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003, wonach der Ruhensbetrag die von der zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen darf, kann eine Verpflichtung zur zeitlichen Begrenzung der Ruhensanordnung nicht ausdrücklich entnommen werden. Andererseits steht der Wortlaut einer entsprechenden Auslegung auch nicht entgegen. Durch die Verwendung der Begriffe „gewährte Versorgung“ ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber mit § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003 zum Ausdruck bringen wollte, dass die Ruhensanordnung zeitlich so zu deckeln ist, dass sie nach vollständiger Kompensation des erhaltenen Kapitalbetrags entfällt und der Soldat sein deutsches Ruhegehalt wieder in ungekürzter Höhe erhält.
Soweit das Verwaltungsgericht München darauf verweist, einer derartigen Auslegung stünde bereits entgegen, dass mit der Wendung „Versorgung“ in § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG nicht auch ein (verrenteter) Kapitalbetrag gemeint sein könnte (VG München, U.v. 22.9.2017 – M 21 K 14.16 – juris Rn. 37), kann dem nicht gefolgt werden. In § 55b SVG findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber den Kapitalbetrag nicht als Versorgung im Sinne der Regelung wertet. Im Gegenteil lässt sich gerade aus der Formulierung „anstelle einer laufenden Versorgung“ in Absatz 4 Satz 1 Halbsatz 2 schließen, dass ein gezahlter Kapitalbetrag als Substitut einer laufenden Versorgung und damit als Versorgung anzusehen ist (vgl. auch BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – BVerfGE 145, 249 Rn. 2).
2. Eine Auslegung im vorbezeichneten Sinn ist jedoch nach der Gesetzeshistorie zu § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG (in der seit 1. Januar 1999 geltenden Fassung) unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung ausgeschlossen.
§ 55b SVG sah (zuletzt in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften – BeamtVGÄndG – vom 18. Dezember 1989) bis zum 30. September 1994 vor, dass das deutsche Ruhegehalt eines Soldaten im Ruhestand unabhängig davon, ob eine laufende Versorgung oder an deren Stelle ein Kapitalbetrag gewährt wurde, ausschließlich zeitbezogen zu mindern war. Die Höhe der Versorgungsleistungen aus der Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung hatte auf die Höhe des Ruhensbetrags keinen Einfluss. Das bis 30. September 1994 geltende Regelungsmodell des § 55b SVG behandelte den Fall eines für eine Auslandsdienstzeit gezahlten Kapitalbetrags anders als denjenigen einer für dieselbe Auslandsdienstzeit vom Eintritt in den Ruhestand an gezahlten laufenden Versorgung. Im Falle der Gewährung laufender Versorgung durch die zwischen- oder überstaatliche Einrichtung konnte der zeitbezogen errechnete Ruhensbetrag den monatlichen Betrag der gewährten ausländischen Versorgung übersteigen. Durch die in § 55b Abs. 1 Satz 3 SVG vorgesehene Deckelung wurde sichergestellt, dass der Ruhensbetrag „auf die gewährte Versorgung“ beschränkt war und der Soldat insgesamt jedenfalls einen Betrag erhielt, der den ihm nach deutschem Soldatenversorgungsrecht unter Einbeziehung der Auslandsdienstzeiten zustehenden Versorgungsbezügen zu 100% entsprach. War hingegen eine Versorgung in Form eines Kapitalbetrags – ausgezahlt am Ende der Auslandsdienstzeit – auszugleichen, so wurden die laufenden deutschen Versorgungsbezüge des Soldaten in demselben Umfang zum Ruhen gebracht wie bei einer laufenden Versorgung (§ 55b Abs. 3 Satz 1 SVG i.d. bis 30.9.1994 geltenden Fassung mit Verweis auf Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift). Das Ruhen wurde in diesem Fall nach seiner Dauer und damit auch seinem betragsmäßigen Umfang nicht begrenzt, denn § 55b Abs. 3 Satz 1 SVG verwies nicht auf die „Deckelungsvorschrift“ des § 55b Abs. 1 Satz 3 SVG. Vielmehr erhielt der Soldat im Ruhestand dauerhaft nur die um den Ruhensbetrag reduzierten Versorgungsbezüge. Dies konnte dazu führen, dass der Ruhensbetrag im Laufe der Zeit die Höhe der erhaltenen Abfindung überstieg. Dem Empfänger eines Kapitalbetrags stand allerdings die Möglichkeit offen, die Abfindung an den Bund abzuführen und auf diese Weise das spätere Ruhen eines Teils seiner Versorgungsbezüge zu vermeiden (§ 55b Abs. 3 Satz 2 bis 4 SVG in der bis 30.9.1994 geltenden Fassung).
Mit dem Gesetz zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes, des Soldatenversorgungsgesetzes sowie sonstiger versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG 1993) vom 20. September 1994 wurde § 55b SVG mit Wirkung vom 1. Oktober 1994 erweitert, um unangemessen hohe Gesamtversorgungen zu verhindern (vgl. BT-Drs. 12/5919 S. 20 mit Verweis auf die Begründung zur entsprechenden Änderung des § 56 BeamtVG in Art. 1 Nr. 17 BeamtVGÄndG 1993 S. 18). Der Ruhensbetrag sollte sich nunmehr an der Höhe des Kapitalbetrags orientieren. Daher wurde das System zur Ermittlung des Ruhensbetrags bei einer Versorgung aus der Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung in Anlehnung an die Ruhensregelungen in §§ 55, 55a SVG ausgestaltet. § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SVG sah grundsätzlich ein Ruhen des deutschen Ruhegehalts mit der in Absatz 3 neu eingeführten Höchstgrenze vor (vgl. BT-Drs. 12/5919 S. 20, 18). Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte hierdurch jedoch keine Verbesserung im Verhältnis zum bis 30. September 1994 geltenden Recht eintreten. Aus diesem Grunde wurde in § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG die zeitbezogene Minderung des Ruhegehaltssatzes als Mindestkürzung beibehalten. Diese Umstellung im System der Ruhensberechnung hatte auch Einfluss auf die Ermittlung des Ruhensbetrags bei Kapitalbeträgen. Diese sollten zukünftig „nach versicherungsmathematischen Grundsätzen für die Anwendung des Absatzes 1 verrentet werden“ (BT-Drs. 12/5919 S. 20, 18). Da das deutsche Ruhegehalt nun in entsprechender Anwendung des Absatzes 1 unter Berücksichtigung eines „verrenteten Kapitalbetrags“ ruhen sollte, wurde – wie bei der laufenden ausländischen Versorgung – ein Vergleich des nach Absatz 1 Satz 1 errechneten Ruhensbetrags mit dem verrenteten (monatlichen) Kapitalbetrag erforderlich. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Verweisung in § 55b Abs. 4 Satz 1 SVG auf Absatz 1 – somit auch auf Absatz 1 Satz 3 – darüber hinaus auch eine zeitliche Begrenzung der Ruhensanordnung festschreiben wollte, finden sich in der Gesetzesbegründung nicht. Der dortige Hinweis, dass eine Verbesserung zum bis dahin geltenden Recht nicht beabsichtigt sei, spricht im Gegenteil dafür, dass der Gesetzgeber die Bestimmung eines Endzeitpunkts nicht im Blick hatte.
Mit Art. 7 Nr. 26 des Gesetzes zur Umsetzung des Versorgungsberichts (Versorgungsreformgesetz 1998 – VReformG) vom 26. Juni 1998 wurde § 55b SVG zum 1. Januar 1999 erneut geändert. Absatz 1 Satz 3 wurde aufgehoben und als Satz 1 in einen neuen Absatz 7 verlagert. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollten in Absatz 7 die Mindestbelassungsvorschriften beim Zusammentreffen zwischen- oder überstaatlicher mit nationaler Verwendung systematisch zusammengefasst werden (vgl. BT-Drs. 13/9527 S. 45 mit Verweis auf die Begründung zu der entsprechenden Änderung in § 56 BeamtVG S. 41). Bereits die Verwendung der Formulierung „Mindestbelassungsvorschriften“ spricht gegen eine Absicht des Gesetzgebers, mit der Verlagerung des Absatzes 1 Satz 3 in den neuen Absatz 7 gleichzeitig die Festlegung eines Endzeitpunkts bei Kapitalbeträgen einführen zu wollen. Denn mit Mindestbelassung hat die Festlegung eines Endzeitpunkts nicht zu tun. Dass mit dieser Verlagerung inhaltliche Änderungen hin zu einer verpflichtenden Festlegung eines Endzeitpunkts beabsichtigt waren, ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen. Vielmehr lässt sich hinreichend deutlich feststellen, dass mit der Gesetzesänderung keine Besserstellung gegenüber dem vor dem 1. Oktober 1994 geltenden Recht erfolgen sollte.
3. Für diesen Befund spricht auch ein Vergleich des § 55b SVG 2003/2009 mit § 55a SVG.
Nach § 55a Abs. 1 Satz 1 SVG werden Versorgungsbezüge eines Soldaten im Ruhestand neben Renten nur bis zur Höhe der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Wird dem Soldaten im Ruhestand anstelle einer Rente ein Kapitalbetrag oder eine andere in Absatz 1 Satz 4 genannte Versorgungsleistung gezahlt, ist der Ruhensberechnung nach Absatz 1 Satz 4 der sich bei einer Verrentung ergebende Betrag zugrunde zu legen. Die für die Verrentung maßgeblichen Regelungen, auf die auch § 55b Abs. 4 Satz 3 SVG 2009 verweist, wurden mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz ab 1. Juli 2009 rückwirkend zum 28. März 2008 in § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG eingeführt. § 55a SVG unterwirft somit wie § 55b SVG 2003/2009 Kapitalbeträge einer Anrechnung auf das deutsche Ruhegehalt eines Soldaten im Ruhestand, die anstelle einer Rente geleistet werden. Auch im Falle eines anstelle einer Rente gezahlten Kapitalbetrags kann der Soldat im Ruhestand eine Minderung seines Ruhegehalts verhindern, indem er den Kapitalbetrag nach § 55a Abs. 1 Satz 3 SVG innerhalb von drei Monaten nach Zufluss an den Bund abgeführt. Trotz der insoweit vergleichbaren Rechts- und Interessenlage findet sich in § 55a SVG weder eine dem § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG entsprechende Regelung noch ist dort explizit vorgesehen, dass nach dem rechnerischen „Verbrauch“ eines erhaltenen Kapitalbetrags oder wegen Überschreitens der dem Kapitalbetrag zugrunde gelegten Lebenserwartung die erfolgte Ruhensanordnung entfallen muss. Im Hinblick auf deutsche Kapitalbeträge, die anstelle einer Rente gezahlt werden, geht der Gesetzgeber mithin nicht davon aus, dass ein Endzeitpunkt für die Ruhensanordnung zu bestimmen ist. Vielmehr ist in solchen Fällen der errechnete Ruhensbetrag lebenslang auf die Soldatenversorgung anzurechnen.
Daraus folgt, dass eine Auslegung von § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG hin zu einer verpflichtenden Festlegung einer zeitlichen Begrenzung der Ruhensanordnung eine Ungleichbehandlung von Soldaten im Ruhestand zur Folge hätte, die den Kapitalbetrag von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung erhalten haben. Einen sachlichen Grund für eine derartige Ungleichbehandlung hat der Kläger weder genannt noch ist ein solcher ersichtlich. Eine entsprechende Auslegung des § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG wäre somit mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren.
Da § 55a SVG keinen zeitbezogenen Mindestruhensbetrag vorsieht und mithin eine dem § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG 2003 entsprechende Vorschrift fehlt, zeigt der Vergleich der beiden Regelungen zudem, dass wegen § 55b Abs. 7 Satz 1 SVG lediglich eine (monatliche) Vergleichsbetrachtung zwischen dem ermittelten Ruhensbetrag und der laufenden Versorgung bzw. dem verrenteten Kapitalbetrag durchzuführen ist.
4. Das gefundene Auslegungsergebnis verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 5 GG.
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 23. Mai 2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – (BVerfGE 145, 249) ausführlich dargelegt hat, verstößt es trotz möglicherweise nachteiliger Konsequenzen nicht gegen Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 5 GG, dass eine auf § 55b SVG 1987/1989 gestützte Ruhensanordnung keine zeitliche Begrenzung („Deckelung“) enthält. Die zur Begründung vom Bundesverfassungsgericht angeführten Argumente lassen sich – trotz der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen – auf § 55b SVG 2003/2009 übertragen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der nunmehr geltende und hier festgesetzte Mindestruhensbetrag nach § 55b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SVG 2003 – mit Ausnahme des fortgeschriebenen Faktors – der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Rechtslage entspricht.
An der grundsätzlichen Wertung des Bundesverfassungsgerichts ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger die Kapitalbeträge erhalten hat, nachdem er sich knapp drei bzw. fünf Jahre im Ruhestand befunden hat. Auch in diesen Fällen wird der wirtschaftliche Wert des jeweiligen Kapitalbetrags nicht allein durch seinen Nennwert, sondern wesentlich durch das mit ihm verbundene Anlagebeziehungsweise Nutzungspotenzial bestimmt; dieses Potenzial ist umso gewichtiger, je länger der jeweilige Kapitalbetrag ohne Eingriff in seine Substanz genutzt werden kann. Dies gilt selbst bei Fallgestaltungen wie der Vorliegenden, bei denen die beiden Kapitalbeträge entsprechend ihrem Zweck, die Altersversorgung des Klägers zu vervollständigen, in der Verrentungsphase nach und nach aufgezehrt werden. Auch in diesen Fällen läge einer Beschränkung der Wertbestimmung auf den Nennwert die Annahme zugrunde, dass ein vereinnahmter Kapitalbetrag von seinem Empfänger bis zu dem Zeitpunkt, an dem er ihn nutzen muss, lediglich „aufbewahrt“, nicht aber zur Vermögensbildung genutzt werden wird; dies wäre sogar in einer Niedrigzinsphase als wirtschaftlich unvernünftig einzuschätzen und muss vom Gesetzgeber des Soldatenversorgungsrechts daher nicht zugrunde gelegt werden. Der Wert eines am Ende der Auslandsdienstzeit ausgezahlten Kapitalbetrags, der seinem Empfänger von diesem Zeitpunkt an über viele Jahre zur Verfügung steht, wird deshalb trotz einer Verrentung mit 5,5 v.H. und trotz des verminderten Ruhegehalts durch seinen Nennwert nicht zutreffend bestimmt. Denn ein derartiger Kapitalbetrag bietet eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten, die dienstrechtlich nicht eingeschränkt sind und allein von den Bedürfnissen und der Anlagestrategie ihres Empfängers abhängen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – BVerfGE 145, 249 Rn. 86 f.).
Auch bei einer Fallgestaltung wie der Vorliegenden kann der Betroffene der Gefahr, dass sich die mit der Vereinnahmung eines Kapitalbetrags verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu seinen Lasten verwirklichen können, dadurch begegnen, dass er sein Wahlrecht nach § 55b Abs. 4 Satz 2 SVG 2003/2009 ausübt. Er kann den Betrag vereinnahmen und verwenden, wenn seine persönlichen Lebensumstände und die wirtschaftliche Lage zum Zeitpunkt der Auszahlung die Prognose rechtfertigen, dass die Verkürzung seiner Versorgungsbezüge durch eine Ruhensanordnung – trotz der monatlich vorgesehenen Abschmelzungen – hinter den mit dem Kapitalbetrag verbundenen Effekten zurückbleiben wird. Dass er damit auch wirtschaftliche Risiken übernimmt, liegt auf der Hand. Entscheidet sich der Empfänger des Kapitalbetrags hingegen für dessen Ablieferung an den Dienstherrn, verzichtet er damit auf die Ausschöpfung des mit dem Kapital verbundenen langfristigen Nutzungspotenzials, vermeidet allerdings zugleich jedes wirtschaftliche Risiko und kann vom Eintritt in den Ruhestand an mit der monatlichen Auszahlung der vollen Versorgung durch den deutschen Dienstherrn rechnen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – BVerfGE 145, 249 Rn. 88).
C.
Der im Zeitraum 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 fortgeltende Änderungsbescheid vom 2. März 2015 ist zwar rechtswidrig (vgl. oben A.). Dass die Beklagte die Verrentung des Kapitalbetrags nicht nach den Vorgaben des § 55b Abs. 4 Satz 3, § 55a Abs. 1 Satz 9 SVG 2009 durchgeführt, sondern als Ruhensbetrag den Betrag rückwirkend zum 1. Juli 2009 festgesetzt hat, der sich aus der Division der Summe der Kapitalbeträge in Höhe von 179.810,21 und 42.421,82 Euro durch die Monate ergibt, die sich aus der durchschnittlichen Lebenserwartung Männer/Frauen bei einer Versetzung in den Ruhestand mit dem 58. Lebensjahr laut Sterbetafel 1986/88 errechnen, wirkt sich zugunsten des Klägers aus. Aufgrund dessen ist der Kläger durch die Festsetzung eines Ruhensbetrags in Höhe von 869,66 Euro für den Zeitraum 1. Juli 2009 bis einschließlich April 2018 ebenfalls nicht in seinen Rechten verletzt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.