Aktenzeichen M 5 K 15.4694
Leitsatz
Die öffentliche Ankündigung in einer Lehrerkonferenz, eine dienstliche Weisung zur Führung von Schülerakten nicht zu befolgen, kann als Verstoß gegen die beamtenrechtliche Loyalitätspflicht mit einer Missbilligung belegt werden. (redaktioneller Leitsatz)
Ob eine mildere Reaktion – die mündliche Kritik oder eine formlose Ermahnung – auch in Betracht gekommen wäre und ob die Missbilligung unter dem Gesichtspunkt der Personalführung zweckmäßig ist, unterliegt allein dem Einschätzungsspielraum des Dienstherren (§ 114 S. 1 VwGO). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
Die Missbilligung vom 12. Juni 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 22. September 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft.
Wie aus den angefochtenen Bescheiden hervorgeht, hat der Schulleiter das fragliche Verhalten der Klägerin als Verstoß gegen ihre Loyalitätspflicht gewertet und damit den Vorwurf einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung erhoben. Die insoweit qualifizierte Missbilligung stellt einen Verwaltungsakt dar (VG München, U.v. 22.9.2015 – M 5 K 15.1047 – juris, Rn. 14).
2. Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Hinsichtlich der Begründung wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf den Widerspruchsbescheid vom 22. September 2015 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
a) Gegen das Vorbringen der Klägerin, es sei nicht erkennbar gewesen, dass die von der Schulleitung verlangte Strukturierung der Schülerakten durch die Klassenleiter als dienstliche Anweisung zu verstehen gewesen sei, spricht bereits der unstreitige äußere Ablauf. Die fragliche Wortmeldung der Klägerin erfolgte zu einem Zeitpunkt, als der Schulleiter diesen Punkt in der Lehrerkonferenz in der zuvor kommunizierten Form abschließen wollte. Darüber hinaus hat der Schulleiter auf den Redebeitrag der Klägerin auch nach ihrem eigenen Vortrag sinngemäß erklärt, er erteile ihr eine diesbezügliche Dienstanweisung, wenn sie wolle auch schriftlich.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste die Klägerin erkennen, dass die von der Schulleitung geforderte Strukturierung der Schülerakten nicht (mehr) zur Diskussion stand. Gleichwohl hat die Klägerin ihre ausdrücklich erklärte Weigerung nicht revidiert. Dieses Verhalten, die öffentliche Ankündigung in einer Lehrerkonferenz, eine dienstliche Anordnung nach § 35 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) nicht zu befolgen, darf als Verstoß gegen die beamtenrechtliche Loyalitätspflicht gewertet und mit einer missbilligenden Äußerung belegt werden.
Insofern lässt der Umstand, dass die Klägerin in der Folgezeit die Schülerakte tatsächlich in der gewünschten Weise strukturiert hat, wie die Klagepartei vorträgt, den objektiven Anlass für eine Missbilligung nicht entfallen.
b) Es wurden auch hinreichende Ermessenserwägungen angestellt, warum eine Missbilligung ausgesprochen wurde. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich hierbei darauf, ob der gesetzlich Rahmen verkannt, ob ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden (VG München, U.v. 22.9.2015, a. a. O., Rn. 20).
Im Widerspruchsbescheid vom 22. September 2015 wird insbesondere auf S. 9 dargelegt, warum nicht eine mildere Reaktion – z. B. eine mündliche Kritik oder eine schriftliche formlose Pflichtenermahnung – gewählt wurde. Es wurde dargelegt, dass eine Missbilligung deshalb gewählt wurde, um künftige Loyalitätspflichtverletzungen zu vermeiden und dass mildere Reaktionen zur Erreichung dieses Zwecks als nicht ausreichend angesehen werden. Dies mag streng erscheinen, unterliegt aber dem Einschätzungsspielraum des Dienstherrn und ist unter Berücksichtigung dessen (noch) nicht unverhältnismäßig.
Das Gericht hat nicht darüber zu befinden, ob andere Reaktionsmöglichkeiten des Schulleiters, die die Klägerin aufgezeigt hat, der Situation angemessener oder unter dem Gesichtspunkt der Personalführung sinnvoller gewesen wären. Derartige Überlegungen sind dem Bereich der Zweckmäßigkeit einer Maßnahme zuzuordnen. Insofern wurden seitens des Beklagten jedenfalls in ausreichender Weise Zweckmäßigkeitserwägungen angestellt. Das Gericht ist nicht befugt, eigene Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle derjenigen des Beklagten zu setzen (§ 114 Satz 1 VwGO).
3. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).