Arbeitsrecht

Rechtsanwaltsgebühren in einem Asylverfahren

Aktenzeichen  W 8 M 19.30137

Datum:
10.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 8886
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151, § 165
VV-RVG Nr. 1002, Nr. 1003, Nr. 3001

 

Leitsatz

1.. Anstatt ener beantragten Einigungsgebühr kann eine Erledigungsgebühr festgesetzt werden, da anstatt eines geforderten, aber nicht berechtigten Ansatzes ein berechtigter, aber nicht geforderter Ansatz (hier die Erledigungsgebühr) zugebilligt werden kann, wenn sich dieser Ansatz innerhalb des geforderten Gesamtbetrages hält. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Erfüllung des Tatbestandes und die Annahme einer Erledigung ist ausreichend, dass sich die Behörde zum Erlass eines Verwaltungsaktes bindend verpflichtet und eine abschließende streitige Entscheidung in der Hauptsache gaznz oder teilweise nicht mehr notwendig wird. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein mitursächliches Mitwirken an der Erledigung kann auch vorliegen, wenn der Anwalt dem Mandanten dazu rät, einen Teil seines Klagebegehrens fallen zu lassen, gerade wenn er sich weiterhin ungerecht behandelt fühlt (BayVGH BeckRS 2014, 47144). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des gerichtsgebührenfreien Erinnerungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Beklagte wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 6. November 2018 betreffend die Rechtsanwaltsgebühren in einem Asylverfahren.
1. Am 7. Juni 2017 ließen die Kläger gegen einen Asylbescheid der Beklagten, vertreten durch das Bundesamt für … vom 24. Mai 2017 im vollen Umfang Klage erheben. Mit Schriftsatz vom 21. August 2018 erklärte sich die Beklagte bereit, im Hinblick auf die einzelfallbezogenen Umstände für die Kläger nationalen Schutz (§ 60 Abs. 5/Abs. 7 AufenthG) zu gewähren, bei Klagerücknahme im Übrigen. Infolgedessen nahmen die Kläger in der mündlichen Verhandlung am 27. August 2018 nach zweimaliger Unterbrechung der Sitzung und Besprechung mit ihrer Bevollmächtigten unter Mitwirkung des Dolmetschers die Klage gegen die Nummern 1 bis 3 des streitgegenständlichen Bescheides zurück. Nach Hinweis des Gerichts, dass damit die Zusage der Beklagte aus dem Schreiben vom 21. August 2018 wirksam sei und sich die Beklagte verbindlich verpflichtet habe, allen Klägern nationalen Schutz nach § 60 Abs. 5 bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren und sich das weitere, noch offene Klagebegehren damit erledigt habe, erklärte die Klägerbevollmächtigte die Klage bezüglich der Nummern 4 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes vom 24. Mai 2017 für erledigt. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte mit allgemeiner Prozesserklärung der Erledigterklärung zugestimmt habe. Das Gericht stellte daraufhin das Verfahren mit Beschluss ein und verpflichtete die Kläger zur Kostentragung zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3. Mit Datum vom 4. September 2018 erließ die Beklagte einen Bescheid, dass das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich Libyen vorliegt und hob ihren Bescheid vom 24. Mai 2017 auf, soweit er dem entgegensteht.
Mit Schriftsatz vom 19. September 2018, bei Gericht eingegangen am 20. September 2018 beantragte die Klägerbevollmächtigte die Festsetzung ihrer Gebühren und Auslagen zu 1/3, unter anderem auch eine „Einigungsgebühr“. Zur Begründung führte sie dazu aus, dass die Beklagte ein Angebot zur Beendigung des Verfahrens dahingehend unterbreitet habe, dass alle Kläger nationalen Schutz nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG erhielten, wenn die Kläger im Gegenzug die Klage im Übrigen zurücknähmen. Dieses Angebot hätten die Kläger angenommen. Damit sei eine Einigung im Sinne von Nr. 1000 VV RVG zustande gekommen.
Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 24. September 2018 unter anderem, dass eine Einigungsgebühr im Verfahren des Asyl- bzw. des Aufenthaltsrechts nicht möglich sei. Auch eine – unter Umständen gemeinte – Erledigungsgebühr sei nicht entstanden. Das normale Betreiben des Geschäfts durch Erhebung und Begründung der Klage sei bereits durch die Verfahrensgebühr abgegolten und die mündliche Verhandlung vor dem Gericht durch die Terminsgebühr. Die Erledigungsgebühr erfordere ein darüberhinausgehendes besonderes Tätigwerden des Rechtsanwalts. Keine Erledigungsgebühr werde regelmäßig verdient, wenn eine Behörde unter dem Druck schriftlicher und mündlicher Ausführungen im gerichtlichen Verfahren bzw. im Verhandlungs- und Erörterungstermin einlenke. Eine besondere auf außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits gerichtete ursächliche Tätigkeit sei Voraussetzung. Ein besonderes anwaltliches Tätigkeitwerden sei nicht festzustellen. Irgendwelche Aktivitäten, die über die normale Prozessführung hinausgingen, seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei mit der Erledigungserklärung lediglich die prozessuale Konsequenz aus der Änderung des angefochtenen Bescheides gezogen worden. Somit habe die Beklagte die Kläger klaglos gestellt, nachdem zuvor die Klage im Übrigen zurückgenommen worden sei. Dies genüge für die Erlangung einer Einigungsgebühr nicht.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. November 2018 setzte die Urkundsbeamtin die außergerichtlichen Aufwendungen der Kläger auf 646,33 EUR, die der Beklagten Bundesrepublik Deutschland auf 20,00 EUR fest (Nr. I.). Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. August 2018 wurde im Wege des Kostenausgleichs der von der Beklagten zu erstattende Betrag auf 633,00 EUR festgesetzt (Nr. II.). Der zu erstattende Betrag ist gemäß § 104 ZPO ab 20. September 2018 mit 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen (Nr. III.). In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG sei nicht festsetzungsfähig, da deren gesetzlichen Voraussetzungen (Abschluss eines Vertrages) nicht erfüllt seien. Stattdessen habe jedoch eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 i.V.m. Nr. 1003 VV RVG festgesetzt werden können. Die Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung könne nicht allein in Prozesshandlungen und Prozesserklärungen bestehen. Die gesamte obergerichtliche Rechtsprechung verlange eine besondere, auf die Erledigung ohne Urteil gerichtete Tätigkeit, die in einer Verhandlung mit der Verwaltungsbehörde oder auch mit einem Einwirken auf den Auftraggeber bestehen könne. Wie sich aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung ergebe, sei die Sitzung zweimal unterbrochen worden. Eine ausführliche Diskussion zwischen der Bevollmächtigten und ihrem Mandanten bezüglich der Annahme des Angebots der Beklagten habe stattgefunden, den Klägern nationalen Schutz gemäß § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG zu gewähren gegen Klagerücknahme im Übrigen. Hinsichtlich des Einwirkens der Bevollmächtigten auf die Auftraggeber und die dann erfolgte (teilweise) Klagerücknahme sei die Erledigungsgebühr entstanden.
2. Mit Schriftsatz vom 12. November 2018, bei Gericht eingegangen am 16. November 2018, beantragte die Beklagte zur Fristwahrung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. November 2018, die Entscheidung des Gerichts.
Zur Begründung verwies die Beklagte auf ihren Schriftsatz vom 24. September 2018 und führte im Wesentlichen weiter aus: Eine Erledigungsgebühr könne schon deshalb nicht festgesetzt werden, da die Kostenfestsetzung auf Antrag zu erfolgen habe und mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 19. September 2018 keine Erledigungsgebühr beantragt worden sei. Ferner sei ein auf Klagerücknahme gerichtetes Einwirken der Prozessbevollmächtigten auf die Kläger im Kostenfestsetzungsantrag auch nicht nur ansatzweise geltend gemacht worden, noch sei ein solches Einwirken dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung zu entnehmen. Dokumentiert seien lediglich die angeführten Unterbrechungen. Demgegenüber weise das Protokoll ausdrücklich aus, dass die Kläger nach ausführlicher Diskussion und eindringlicher Empfehlung des Gerichts die Klage (teilweise) zurückgenommen hätten.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab (Nichtabhilfe vom 17.1.2019) und legte sie dem Gericht zur Entscheidung vor. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs könne anstatt eines geforderten aber nicht berechtigten Ansatzes ein berechtigter, aber nicht geforderter Ansatz (Erledigungsgebühr) zugebilligt werden, da sich der Ansatz innerhalb des geforderten Gesamtbetrages halte. Auch die Beklagte sei davon ausgegangen, dass von Seiten der Klägerbevollmächtigten möglicherweise statt einer Einigungsgebühr eine Erledigungsgebühr gemeint gewesen sei. Hinsichtlich der Gründe zum Entstehen der Erledigungsgebühr werde auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.
Die Klägerbevollmächtigte äußerte sich mit Schriftsatz vom 22. Februar 2019 im Wesentlichen wie folgt: Der Kostenfestsetzungsantrag vom 19. September 2018 sei insoweit auszulegen/umzudeuten, dass anstelle der Einigungsgebühr eine Erledigungsgebühr angefallen sei und geltend gemacht werde. Vorsorglich werde nochmals ausdrücklich erklärt, dass eine Erledigungsgebühr geltend gemacht werde. Eine Einigungs- und Erledigungsgebühr entspreche sich vom Betrag her. Im Übrigen hätten beide Gebühren dieselbe Zielrichtung, nämlich einen Ausgleich dafür, dass durch die Mitwirkung des Anwalts eine (gerichtliche) Entscheidung nicht mehr erforderlich sei und ein Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werde. Eine besondere, auf die Erledigung ohne Urteil gerichtete Tätigkeit habe stattgefunden. Wie dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung zu entnehmen sei, sei die Sitzung zweimal unterbrochen worden. Es werde anwaltlich versichert, dass eine ausführliche Diskussion in beiden Unterbrechungen zwischen ihr, der Bevollmächtigten, und den Klägern bezüglich der Annahme des Angebots der Beklagten vom 21. August 2018 stattgefunden habe. Das Gericht und der anwesende Dolmetscher könnten bestätigen, dass der Kläger zu 1) zunächst das Angebot der Beklagten habe nicht annehmen wollen. Der Kläger habe sich in den beiden Sitzungsunterbrechungen von ihr, der Bevollmächtigten, nochmals ausführlich darlegen lassen, welche rechtliche Folgen und Möglichkeiten das Abschiebungsverbot für ihn und seine Familie bringe. Dem Kläger sei insgesamt dargelegt worden, dass das Angebot der Beklagten sich auf die gesamte Familie beziehe und im Falle einer gerichtlichen Entscheidung möglicherweise nur die Klägerin zu 2) ein Abschiebungsverbot erhalten würde. Dem Kläger seien im Einzelnen die Vorteile, der von der Beklagten angebotenen Erledigung aufgezeigt und ausdrücklich geraten worden, das Angebot anzunehmen. Die erste Verhandlungspause habe immerhin 20 Minuten gedauert, in denen dem Kläger die Vorteile der hier im Raum stehenden Erledigung nahegelegt worden seien. In der zweiten Sitzungspause sei dies nochmals bekräftigt worden.
Die Beklage erwiderte mit Schriftsatz vom 14. März 2019, eingegangen bei Gericht am 20. März 2019, im Wesentlichen: Die Erledigung des Verfahrens sei ersichtlich ganz maßgeblich auf das zu Grunde liegende Angebot der Beklagten und die im Protokoll vom 27. August 2018 dokumentierte nachdrückliche gerichtliche Empfehlung zurückzuführen. Ein nicht nur unerheblicher Beitrag der Klägerbevollmächtigten sei demgegenüber nach wie vor nicht schlüssig dargelegt. Ein maßgebliches Einwirken sei im Kostenfestsetzungsantrag vom 19. September 2018 nicht einmal ansatzweise geltend gemacht worden. Es sei nicht dargelegt, aus welchen Gründen nicht von Anfang an eine entsprechende Antragstellung und insbesondere eine Darlegung der Gründe erfolgt sei bzw. die jetzigen Einlassungen erst nachgeschoben würden. Jedenfalls müsse es sich bei der Mitwirkung des Rechtsanwalts um Aktivitäten handeln, die nicht schon durch eine andere Gebühr abgedeckt seien. Dabei könne es sich auch um die Terminsgebühr handeln. Eine solche sei hier entstanden; ein nochmaliger Ansatz für diese Tätigkeit verbiete sich daher. Die von der Klägerbevollmächtigten nunmehr geltend gemachte besondere Tätigkeit sei damit abgegolten. Auf die bisherigen Schriftsätze werde verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie die Akte des Ausgangsverfahrens W 8 K 17.32454 Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts (Erinnerung) gemäß § 164, § 165 i.V.m. § 151 VwGO ist zulässig, aber nicht begründet.
Über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 6. November 2018 entscheidet die Kammer durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, der auch die zugrundeliegende Kostenlastentscheidung getroffen hat. Der Einzelrichter ist auch im Erinnerungsverfahren zuständig (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018 § 165 Rn. 3).
Die Erinnerung ist nicht begründet.
Die Beklagte hat den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. November 2018 insoweit angegriffen, als die Urkundsbeamtin darin eine Erledigungsgebühr anerkannte.
Die Urkundsbeamtin hat in ihren Kostenfestsetzungsbeschluss die von der Beklagten zu tragenden Kosten unter Berücksichtigung der Erledigungsgebühr indes zutreffend festgesetzt. Auf die im Ergebnis zutreffenden Erwägungen der Urkundsbeamtin im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. November 2018 sowie in ihrer Nichtabhilfe vom 17. Januar 2019 wird Bezug genommen. Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 i.V.m. Nr. 1003 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG – VV RVG), ist von der Urkundsbeamtin zu Recht angesetzt worden.
Nach Nr. 1002 VV RVG entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt.
Die Urkundsbeamtin hat zu Recht unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs darauf hingewiesen, dass anstatt der beantragten Einigungsgebühr eine Erledigungsgebühr festgesetzt werden konnte, da anstatt eines geforderten, aber nicht berechtigten Ansatzes ein berechtigter, aber nicht geforderter Ansatz (hier die Erledigungsgebühr) zugebilligt werden kann, da sich dieser Ansatz innerhalb des geforderten Gesamtbetrages hält. Zudem hat die Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 22. Februar 2019 ausdrücklich eine Erledigungsgebühr nachträglich geltend gemacht. Die Erledigungsgebühr konnte festgesetzt werden. Denn Nr. 1002 VV RVG soll den Anwendungsbereich der Erfolgsgebühr des Nr. 1000 VV RVG in den Fällen ergänzen, in denen kein Vertrag geschlossen werden kann, sodass auch dort für die Vermeidung eines Gerichtsverfahrens oder die Erledigung eines Gerichtsverfahrens eine Belohnungsgebühr gezahlt werden kann. Dem Gesetzgeber kam es auf das Ergebnis der Erledigung ohne Durchführung eines Gerichtsverfahrens an. Wenn dieses Ergebnis erreicht wird, soll umfassend eine Belohnungsgebühr anfallen (vgl. Hofmann in BeckOK, RVG, von Seltmann, 22. Edition, Stand: 1.12.2018, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 9). Bei der Erledigungsgebühr handelt es sich um einen Ersatz für die Einigungsgebühr in einer Verwaltungssache, so dass eine Auswechslung diese Gebühren – wie auch hier – zumeist zulässig ist. Denn es ist gerade hochgradig wünschenswert, dass sich ein Verwaltungsprozess erübrigt, indem die Verwaltung wenigstens aufgrund eines Rechtsbehelfs des Bürgers nachgibt. Deshalb soll eine Mitwirkung des Anwalts in einem solchen Ergebnis eine großzügige Vergütung erhalten (Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 1 und 2).
Die Voraussetzungen einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG liegen auch vor.
Eine Erledigung ist eingetreten. Denn der Asylrechtsstreit hat sich durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes bzw. die verbindliche Zusage seines Erlasses erledigt. Die Rechtssache hat sich im Ergebnis durch die teilweise Klagerücknahme und durch die nachfolgende übereinstimmende Erledigungserklärung insgesamt erledigt. Dabei ist es unschädlich, dass der für die Kläger begünstigenden Verwaltungsakt betreffend die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erst nach Beendigung des gerichtlichen Verfahrens erlassen wurde, weil die Beklagte den betreffenden Erlass schriftlich im Verwaltungsverfahrens zugesagt und mit dieser Zusage die Kläger insoweit klaglos gestellt hatte. Die behördliche Zusage ist spätestens in dem Moment rechtsverbindlich geworden, als die Kläger die darüber hinausgehenden Klageteile zurücknahmen. Infolge der Klaglosstellung aufgrund der verbindlichen Zusage der Beklagten erklärten die Kläger den Rechtsstreit nunmehr insgesamt für erledigt. Die Zustimmung zur Erledigungserklärung seitens der Beklagten erfolgte unmittelbar infolge einer dahingehenden, schon vorab abgegebenen allgemeinen Prozesserklärung.
Für die Erfüllung des Tatbestandes und die Annahme einer Erledigung ist ausreichend, dass sich die Behörde zum Erlass eines Verwaltungsaktes bindend verpflichtet (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 8 „Verpflichtungsbegehren“). Denn eine Erledigung liegt vor, wenn eine Entscheidung des Gerichts zur Hauptsache ganz oder teilweise nicht mehr nötig ist, nachdem die Behörde zumindest teilweise von einem für den Betroffenen ungünstigen Standpunkte abgerückt ist (Köpf in Poller/Härtl/Köpf, Gesamtes Kostenhilferecht, 3. Aufl. 2018, § 44 RVG, Rn. 76). Es genügt, wenn die Behörde sich zu dem Erlass eines Verwaltungsaktes verpflichtet, mit dem sich der Kläger letztlich zufriedengibt (Mayer in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 7. Aufl. 2018; Nr. 1002 VV RVG, Rn. 13). Honoriert wird dabei, dass der Klägerbevollmächtigte den durch die neuen Verwaltungsakte nicht voll befriedigenden Mandanten dazu bewegt, das Rechtsverfahren nicht weiter zu betreiben (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 23. Aufl. 2017, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 38). Eine Erledigung liegt unter anderem vor, wenn dem Klagebegehren im Wege der Abhilfe Rechnung getragen wird (Thiel in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2017, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 5). Insofern genügt, wenn nach einer Teilerledigung von einem Prozess im Übrigen abgesehen wird, wobei unerheblich ist, dass teilweise eine Klagerücknahme erfolgt (Schütz in Riedel/Sußbauer, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 10. Aufl. 2015, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 17 und 22). Eine Erledigungsgebühr entsteht, wenn eine abschließende streitige Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr notwendig wird (vgl. BVerwG, B.v. 9.5.2018 – 9 KSt 2/18 – juris – FA 2018, 290).
Für die Kläger stellt sich die Sach- und Rechtslage nicht anders dar, als wenn das Gericht die Verpflichtung an die Beklagte ausgesprochen hätte, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich Libyen vorliegt. Dem entspricht die von der Beklagten mittels ihrer Zusage erklärte Selbstverpflichtung mit dem gleichen Inhalt.
Die Erledigung ist auch infolge einer hier erforderlichen besonderen anwaltlichen Mitwirkung eingetreten. Die anwaltliche Mitwirkung muss hierbei in einer besonderen Tätigkeit des Rechtsanwalts liegen, die über die bereits mit der Verfahrensgebühr abgegoltenen Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgeht und auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Erledigung gerichtet ist. Der innere Grund für diese zur Geschäftsgebühr (Nr. 2003 VV RVG) oder Verfahrensgebühr (Nr. 3001 VV RVG) hinzutretende Erledigungsgebühr liegt darin, dass ein Rechtsanwalt, der besondere Mühe darauf verwandt hat, die aus dem Verwaltungsakt folgende Belastung von einem Mandanten abzuwenden, ohne es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen zu lassen, im Erfolgsfalle dem Mandanten in besonderer Weise genützt hat, weil er ihm die mit dem Prozess verbundene Unsicherheit sowie den Zeit- und Kostenaufwand erspart. Die Erledigungsgebühr ist Ersatz für eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG, um so die Entlastung der Gerichte und das erfolgreiche anwaltliche Bemühen, um eine möglichst weitgehende Herstellung des Rechtsfriedens zwischen den Beteiligten ohne gerichtliche Entscheidung zu honorieren. Die Mitwirkung bei der Erledigung im Sinne von Nr. 1002 VV RVG setzt eine besondere, auf Beilegung des Rechtsstreits ohne gerichtliche Entscheidung gerichtete Tätigkeit des Bevollmächtigten voraus, die zur Erledigung nicht unwesentlich beigetragen hat. Der Bevollmächtigte muss die Erledigung dabei nicht überwiegend oder allein herbeigeführt, sondern lediglich einen nicht ganz unerheblichen oder untauglichen Beitrag dazu geleistet haben. Dies ist dann der Fall, wenn seine Tätigkeit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass es zu einer streitigen Erledigung des Rechtsstreits gekommen wäre. Dabei muss die anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung in einer gesonderten Tätigkeit des Bevollmächtigten liegen, die über die bereits mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3001 VV RVG abgegoltene Einlegung und Begründung hinausgeht und auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Erledigung gerichtet ist. Eine Tätigkeit des Bevollmächtigten, die lediglich auf die allgemeine Verfahrensförderung oder auf die Mitwirkung bei der formellen Beendigung durch entsprechende Erklärung gerichtet ist, genügt nicht. Ist ein Rechtsstreit durch die Änderung oder Aufhebung eines Verwaltungsakts materiell noch nicht so ganz erledigt, so kann sich eine besondere Mitwirkung dadurch ergeben, dass der Bevollmächtigte beispielsweise durch die Beratung des Mandanten diesen zur endgültigen Beilegung des Rechtsstreits dazu bewegt, sich mit einer Teilerledigung zufriedenzugeben. Dazu bedarf es jedoch einer besonderen Verfahrensförderung und -mitwirkung (zum Ganzen zusammenfassend BayVGH, B.v. 5.4.2017 – 19 C 15.1844 – juris m.w.N.).
Voraussetzung ist danach für das Entstehen der Erledigungsgebühr das besondere Bemühen des Anwalts um eine außergerichtliche Erledigung, wobei allein die Abgabe einer Erledigungserklärung für gewöhnlich nicht genügt (OVG NRW, B.v. 11.10.2018 – 12 E 228/18 – juris). Eine Mitwirkung bei der Erledigung setzt eine besondere, auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne gerichtliche Entscheidung gerichtete Tätigkeit des Bevollmächtigten voraus, die zur Erledigung nicht unwesentlich beigetragen hat. Der Bevollmächtigte muss die Erledigung dabei nicht überwiegend oder allein herbeigeführt haben, sondern lediglich einen nicht ganz unerheblichen oder untauglichen Beitrag dazu geleistet haben. Das zusätzliche Tätigwerden des Bevollmächtigten muss jedenfalls mitursächlich für die Erledigung sein. Dabei muss seine Mitwirkung über die Tätigkeiten, die bereits über die Verfahrensgebühr abgegolten werden, hinausgehen (BayVGH, B.v. 29.6.2018 – 9 C 18.1009 – juris; B.v. 4.8.2016 – 4 C 16.755 – juris; NdsOVG, B.v. 19.6.2018 – 10 OA 176/18 – juris – NdsRpfl. 2018, 305; SächsOVG, B.v. 6.10.2015 – 3 E 82/15 – juris; OVG Bremen, B.v. 24.4.2015 – 1 S 250/14 – NJW 2015, 2602; vgl. auch BVerwG, B.v. 9.5.2018 – 9 KSt 2/18 – juris – FA 2018, 290).
Es genügt, wenn eine unstreitige Erledigung im Raum steht und der Prozessbevollmächtigte in einem hierauf abzielenden Gespräch mit seinem Mandanten bei diesem die Bereitschaft zum Nachgeben mit Erfolg fördert (OVG RhPf, B.v. 3.1.2017 – 10 E 11382/16 – NJW 2017, 905). Die Mitwirkung kann auch darin bestehen, dass der Rechtsanwalt auf einen Vorschlag des Gerichts hin auf seine Mandantschaft einwirkt, um einen bei dieser bestehenden Widerstand gegen eine gütliche Streitbeilegung in deren eigenen wohlverstandenen Interesse zu überwinden. Ein Mitwirken kann dabei auch vorliegen, wenn der Anwalt dem Mandanten dazu rät, einen Teil seines Klagebegehrens fallen zu lassen, gerade wenn er sich weiterhin ungerecht behandelt fühlt (BayVGH, B.v. 29.1.2014 – 13 M 13.2398 – BayVBl. 2014, 574). Dabei muss die Mitwirkung eines Anwalts nicht aktenkundig sein (Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, Rn. 12 und 13; vgl. auch Mayer in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 7. Aufl. 2018, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 18).
Ausgehend von diesen Vorgaben liegt zur Überzeugung des Gerichts ein besonderes Mitwirken der Klägerbevollmächtigten vor, welches die erhöhte Gebühr rechtfertigt. Denn, nachdem sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 21. August 2018 bereit erklärt hatte, im Hinblick auf die einzefallbezogenen Umstände den Klägern nationalen Schutz nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG zu gewähren (bei Klagerücknahme im Übrigen), waren die Kläger in der mündlichen Verhandlung am 27. August 2018 zunächst nicht geneigt, dem Vorschlag zu folgen und das Angebot anzunehmen, sondern beharrten auf ihr weitergehendes Begehren. Erst nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage und auch eindringlicher Empfehlung des Gerichts änderte die Klägerseite ihre Meinung, wobei entscheidend dazu beigetragen hat, dass die Klägerbevollmächtigte die Kläger während zweier Sitzungsunterbrechungen bewog, den von der Beklagten gemachten und vom Gericht aufgegriffene Lösungsvorschlag anzunehmen und auf weitergehende Forderungen zu verzichten. Das Gericht unterbrach zunächst für 20 Minuten die Verhandlung, um der Klägerbevollmächtigten die Gelegenheit zu geben, sich mit den Klägern unter Hinzuziehung des Dolmetschers zu besprechen. Schon die Länge der Unterbrechung zeugt von der Intensität der Besprechung, ohne dass dies im Protokoll zur mündlichen Wandlung so zum Ausdruck kommt, weil diese Besprechung gerade außerhalb der mündlichen Verhandlung erfolgte. Der Einzelrichter kann sich jedoch konkret erinnern, während der Sitzungspause bei der Klägerbevollmächtigten nachgefragt und von dieser sinngemäß mitgeteilt bekommen zu haben, dass noch gehörige Überzeugungsarbeit zu leisten sei. Nach Fortsetzung der Verhandlung und weiterer Diskussion über den Lösungsvorschlag und der daraus resultierenden Vorteile für die Kläger, war eine erneute Unterbrechung erforderlich, damit die Klägerbevollmächtigte nochmals eindringlich auch in deren eigenem Interesse auf die Kläger einwirken konnte. Die Klägerbevollmächtigte hat ihr Bemühen, dass der Einzelrichter aus eigener Anschauung bestätigen kann, zudem im Schriftsatz vom 22. Februar 2019 dargelegt.
Diese Aktivitäten der Klägerbevollmächtigten gehen über die rein formale Abgabe der Klagerücknahme- bzw. Erledigungserklärung und damit auch über die durch andere Gebühren abgegoltenen Tätigkeiten hinaus. Vielmehr war ein intensives Einwirken auf die Kläger, insbesondere dem Kläger zu 1) erforderlich, der unmittelbar eine „Aufenthaltserlaubnis“ erreichen und nicht einsehen wollte, wieso er auf einen Teil seines Klagebegehrens verzichten sollte. Nach Überzeugung des Gerichts wäre eine gütliche Streitbeilegung ohne dieses besondere Mitwirken der Klägerbevollmächtigten nicht möglich gewesen.
Wie bereits ausgeführt, ist nicht erforderlich, dass die besondere Mitwirkungstätigkeit des Anwalts explizit aktenkundig ist (Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 12; Müller/Rabe in Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 23. Aufl. 2017, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 31). Die Klägerbevollmächtigte hat auf die Kläger eingewirkt, um einen bei diesen bestehenden, und in der mündlichen Verhandlung wiederholt geäußerten Widerstand gegen diese gütliche Streitbeilegung in deren eigenen wohlverstandenen Interesse zu überwinden, obwohl sich diese nach wie vor ungerechtfertigt behandelt fühlten (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2014 – 13 M 13.2398 – BayVBl. 2014, 574; vgl. auch OVG NRW, B.v. 30.8.2011 – 6 E 775/11 – NJW 2012, 329). Sie hat konkret gerade durch ihr Mitwirken die nicht voll befriedigenden Kläger dazu bewegt, dass gerichtliche Verfahren nicht weiter zu betreiben und sich mit der Teilabhilfe zufriedenzugeben. Dabei genügt ein Tätigwerden in der Sitzungspause (vgl. Müller/Rabe in Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 23. Aufl. 2017, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 33, 50, 52 ff., vgl. auch Schütz in Riedel/Sußbauer, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 10. Aufl. 2015, Nr. 1002 VV RVG, Rn. 23 ff. sowie BayVGH, B.v. 5.4.2017 – 19 C 15.1844 – juris; vgl. auch OVG RhPf, B.v. 3.1.2017 – 10 E 11382/16 – NJW 2017, 905).
Das Mitwirken der Klägerbevollmächtigten ist auch kausal, denn ohne ihr Zutun wären die Kläger nicht zu überzeugen gewesen, der letztlich gefundenen Lösung zuzustimmen.
Nach alledem war die Erinnerung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Mangels Kostentatbestands fallen zwar keine Gerichtsgebühren an. Jedoch können Rechtsanwaltsgebühren entstehen. Außerdem können Auslagen des Gerichts und der Verfahrensbeteiligten zu erstatten sein (vgl. Eyermann, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2019, § 165, Rn. 10).
Die Festsetzung eines Streitwerts ist entbehrlich, da keine Gerichtsgebühren anfallen. Die Festsetzung eines Gegenstandswerts nach § 33 RVG hat nicht ohne Antrag von Amts wegen zu erfolgen (vgl. Schneider, NJW Spezial 2012, 603).

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