Arbeitsrecht

Rechtsreferendariat ist keine Ausbildungszeit zum Patentanwalt

Aktenzeichen  Pat A-Z 1/2015

Datum:
22.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MittdtPatA – 2017, 135
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
PAO § 7, § 8, § 10 Abs. 2, § 86 Abs. 2, § 87
PatAnwAPO § 8 Abs. 4, § 10 Abs. 1 S. 2, § 14 Abs. 1 S. 2, § 19, § 27 Abs. 3
MRK Art. 6 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Zur Beteiligung von Patentanwälten als ehrenamtliche Richter bei dem Senat für Patentanwaltssachen des Oberlandesgerichts. (amtlicher Leitsatz)
2. Zur Anrechnung von Tätigkeiten vor der Zulassung zur Ausbildung als Patentanwalt auf die Ausbildungszeit. (amtlicher Leitsatz)
3 Die Ausbildung bei einem Gericht für Patentstreitsachen ist bis zu zwei Monaten auf die Ausbildung bei einem Patentanwalt oder bei einem Patentassessor anzurechnen, wenn sie nicht auf andere Ziele ausgerichtet ist, wie eine Tätigkeit als Rechtsreferendar. (redaktioneller Leitsatz)
4 Patentanwälte können als ehrenamtliche Richter im Senat für Patentanwaltssachen am OLG München tätig sein, auch wenn die Patentanwaltskammer beigeladen ist und Fragen zur Ausbildung zum Patentanwalt Streitgegenstand sind. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

A. Die Parteien streiten darum, ob bei der Berechnung der für die Zulassung zur Patentanwaltsprüfung gemäß § 8 PAO erforderlichen Ausbildungszeiten Tätigkeiten des Klägers aus der Zeit vor dessen Zulassung zur Ausbildung gemäß § 7 PAO zu berücksichtigen sind.
Der Kläger schloss 2006 das Studium der Physik mit einer Diplomprüfung ab; anschließend promovierte er auf diesem Gebiet. 2012 schloss er das Studium der Rechtswissenschaften in H. mit der ersten Prüfung ab.
Am 1. Dezember 2012 begann er eine Tätigkeit in der Patent- und Rechtsanwaltskanzlei B., zunächst mit 40 Wochenstunden, ab Januar 2013 mit 12,5 Wochenstunden und von Januar bis Mai 2014 mit 24 Wochenstunden. Den Beginn dieser Tätigkeit zeigte ein Patentanwalt der Kanzlei mit Schreiben vom 29. November 2012 bei der Beklagten als Ausbildungsbeginn an (vgl. Anl. KV 9).
Vom 7. Dezember 2012 bis zum 3. November 2013 nahm der Kläger an Arbeitsgemeinschaften gemäß § 19 PatAnwAPO teil (vgl. Bl. 2 d. A.; Anl. F zur Anl. KV 4).
Am 2. Januar 2013 begann er den juristischen Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendar; in der Zeit vom 2. Januar bis zum 1. Mai 2013 war er einer Patentstreitkammer am Landgericht F. als Rechtsreferendar zugeteilt.
Er beabsichtigte, die Patentanwaltsstation der Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes nach § 7 Abs. 1 PAO in Nebentätigkeit parallel zum Rechtsreferendariat abzuleisten, und beantragte bei der Beklagten, ihn zum 1. Dezember 2012 zur Ausbildung nach § 7 PAO zuzulassen. Seine Klage gegen den Bescheid, mit dem dieser Antrag zurückgewiesen wurde, weil die Ausbildung nur als Haupttätigkeit erfolgen könne, blieb sowohl vor dem Senat (vgl. Senatsurteil v. 21. November 2013 – Pat A-Z 2/13, juris) als auch vor dem Bundesgerichtshof (vgl. Beschluss v. 13. Oktober 2014 – PatAnwZ 1/14, juris) erfolglos.
Mit Schreiben vom 1. August 2014 (vgl. Anl. KV 1) beantragte der Kläger bei der Beklagten – soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung -, ihn zur Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ab dem 1. Oktober 2014 zuzulassen (Hilfsantrag i]) und seine bereits absolvierten Ausbildungszeiten vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2014 in der Kanzlei B. sowie in der Zeit vom 2. Januar bis 1. Mai 2013 am Landgericht F. anzuerkennen und auf die Dauer der [Patent-]Anwaltsstation der Ausbildung gemäß § 7 PAO anzurechnen als in Summe 20 Ausbildungsmonate, hilfsweise 18 Ausbildungsmonate, höchsthilfsweise als größtmögliche Zahl an Ausbildungsmonaten (Hilfsantrag ii]).
Mit Bescheid vom 22. September 2014 (vgl. Anl. KV 2) ließ die Beklagte den Kläger unter Ablehnung der Anträge im Übrigen mit Wirkung zum 1. Oktober 2014 zur Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes zu. Zur Begründung der Ablehnung des Hilfsantrags ii) führte sie aus, dass die Patentanwaltsausbildungs- und -prüfungsverordnung (PatAnw-APO) eine Anrechnung von Ausbildungszeiten vor der förmlichen Zulassung zur Ausbildung nicht vorsehe und für eine ergänzende Auslegung kein Raum sei, weil die Patentanwaltskammer die Ausbildung nach der Berufsordnung der Patentanwälte erst mit der Zulassung dazu überwachen könne; ohne Zulassung erfolge auch keine Einberufung zu den während der Ausbildung zu besuchenden Pflichtarbeitsgemeinschaften. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2015 (vgl. Anl. KV 5) zurück.
Der Kläger ist der Auffassung, es sei nicht sachgerecht, an die Formalie anzuknüpfen, dass die Ausbildungsleistungen ohne vorherige Zulassung zur Ausbildung erbracht worden seien, wenn das Ausbildungsziel erwiesenermaßen erreicht worden sei.
Nach Verweisung seiner zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage an das Oberlandesgericht München (vgl. Bl. 22 ff. d. A.), welche der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 21. Juli 2015 – 5 C 15.1291, juris, bestätigt hat (vgl. nach Bl. 32 d. A.), hat der Kläger zunächst angekündigt zu beantragen,
1. die Beklagte zu verurteilen, seine bereits absolvierten Ausbildungszeiten vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2014 in der Patent- und Rechtsanwaltskanzlei B. sowie vom 2. Januar 2013 bis zum 1. Mai 2013 an der 6. Zivilkammer des Landgerichts F. anzuerkennen und auf die Dauer der Anwalts-Station der Ausbildung zum Patentassessor gemäß § 7 PAO anzurechnen als in Summe 20 Ausbildungsmonate,
hilfsweise als mindestens 18 Ausbildungsmonate,
höchst hilfsweise als größtmögliche Zahl von Ausbildungsmonaten;
2. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Nachdem er mit Schreiben vom 30. November 2015 (vgl. Anl. KV 12) beantragt hatte, ihn ab dem 1. Juni 2016 zur Ausbildung beim Deutschen Patent- und Markenamt sowie beim Bundespatentgericht zuzulassen, die Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 14. März 2016 (vgl. Anl. KV 13) abgelehnt hatte und sein Widerspruch dagegen mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2016 (vgl. Anl. KV 15) zurückgewiesen worden war, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13. Juni 2016 (Bl. 76 ff. d. A.) angekündigt, des Weiteren zu beantragen,
festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Mai 2016 rechtswidrig war.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2016 (vgl. Anl. zu Anl. 2 zu Bl. 83 d. A.) wurde der Kläger zum 1. Oktober 2016 zur Ausbildung beim Deutschen Patent- und Markenamt und beim Bundespatentgericht zugelassen.
Nunmehr beantragt der Kläger
festzustellen, dass
1. die Beklagte verpflichtet war, die absolvierten Ausbildungszeiten des Klägers
a) an der 6. Zivilkammer des Landgerichts F. (Gericht für Patentstreitsachen) vom 2. Januar bis zum 1. Mai 2013 als zwei Ausbildungs-Monate,
b) in der Patent- und Rechtsanwaltskanzlei B.
aa) vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Dezember 2012 (40 Stunden pro Woche) als einen Ausbildungs-Monat;
bb) vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 als zwölf Ausbildungs-Monate, hilfsweise als (Vollzeit-Äquivalent von 12,5 Stunden pro Woche bei Zugrundelegung von 40 Stunden pro Woche als Vollzeit) 3,75 Ausbildungs-Monate;
cc) vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Mai 2014 als fünf Ausbildungs-Monate, hilfsweise als (Vollzeit-Äquivalent von 24 Stunden pro Woche) 3 Ausbildungs-Monate, höchst hilfsweise als (Vollzeit-Äquivalent von 12,5 Stunden pro Woche) 1,56 Ausbildungs-Monate, – weiterhin hilfsweise jeweils als größtmögliche Zahl an Ausbildungs-Monaten auf die Dauer der Anwaltsstation der Ausbildung des Klägers zum Patentassessor anzurechnen;
2. die Beklagte verpflichtet war, den Ausbildungsbeginn des Klägers gegenüber dem 1. Oktober 2014 um die unter l. festgestellte Anzahl anzurechnender Ausbildungs-Monate in die Vergangenheit zu verlegen;
3. die Beklagte den Kläger mit Wirkung zum 1. Juni 2016 zur Ausbildung bei dem Deutschen Patent- und Markenamt sowie dem Bundespatentgericht zulassen musste;
4. der Bescheid der Beklagten vom 1. Oktober [richtig: 22. September] 2014 (Anlage KV 2) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2015 (Anlage KV 5) rechtswidrig war, soweit darin der Hilfsantrag zu ii) des Klägers abgelehnt wurde;
5. der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2016 (Anlage KV 13) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Mai 2016 (Anlage KV 15) rechtswidrig war;
hilfsweise
1. die Beklagte zu verurteilen, seine bereits absolvierten Ausbildungszeiten vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2014 in der Patent- und Rechtsanwaltskanzlei B. sowie vom 2. Januar 2013 bis zum 1. Mai 2013 an der 6. Zivilkammer des Landgerichts F. anzuerkennen und auf die Dauer der Anwalts-Station der Ausbildung zum Patentassessor gemäß § 7 PAO anzurechnen als in Summe 20 Ausbildungsmonate,
hilfsweise als mindestens 18 Ausbildungsmonate,
höchst hilfsweise als größtmögliche Zahl von Ausbildungsmonaten;
2. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien in Bezug auf die Nennung des Deutschen Patent- und Markenamts übereinstimmend klargestellt, dass diese als Bezeichnung der beklagten Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts verstanden werden soll.
Im Übrigen wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2016 Bezug genommen.
I. B Der Senat kann in seiner durch § 86 Abs. 2 PAO gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung entscheiden. Insbesondere steht der Beteiligung der beiden – auf Vorschlag der Patentanwaltskammer ernannten (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 2 PAO) – Patentanwälte als ehrenamtliche Richter die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht entgegen (vgl. auch BSG, Beschl. v. 28. Januar 2009 – B 6 KA 53/07 B, juris, Tz. 8 u. 10).
1. Zwar führen nach dessen Entscheidung vom 22. Juni 1989 – 11179/84 – Langborger/Schweden Zweifel an der Unparteilichkeit von Laienrichtern in einem konkreten Zivilverfahren zu einer Verletzung der Gewährleistung des Art. 6 Abs. 1 MRK. Ob derartige Zweifel vorliegen, ist indes in einem subjektiven und einem objektiven Test zu prüfen: Hinsichtlich des subjektiven Tests wird die persönliche Unparteilichkeit eines Richters bis zum Beweis des Gegenteils vermutet (vgl. EGMR, Entsch. v. 17. Dezember 2015 – 1176/10, – Kristiansen/Norwegen [http: //hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-159211] Tz. 48 m. w. N.); beim objektiven Test ist prüfen, ob unabhängig vom Verhalten des Richters feststellbare Tatsachen die Besorgnis objektiv rechtfertigen, dieser sei nicht unparteilich (vgl. EGMR, a. a. O., – Kristiansen/Norwegen Tz. 49).
2. Da es bei Anwendung dieser Kriterien keine Veranlassung gibt, die Unparteilichkeit der ehrenamtlichen Richter in Frage zu stellen, kann dahinstehen, ob der – Verwaltungshandeln betreffende – Streitfall als solcher über zivilrechtliche Ansprüche i. S. d. Art. 6 Abs. 1 EMRK angesehen werden kann.
a) Der Kläger leitet seine Besorgnis aus zwei Umständen her.
Zum einen habe der Senat durch seine Beiladung der Patentanwaltskammer im Verfahren über seine frühere Klage deren Möglichkeit der Betroffenheit in eigenen Rechten bejaht.
Zum anderen habe der Streit um die Ausbildung zum Patentassessor wirtschaftliche Bedeutung für die Mitglieder der Patentanwaltskammer; je umfangreicher und länger ein Kandidat als Sachbearbeiter für einen Patentanwalt tätig sei, desto größer sei regelmäßig auch der wirtschaftliche Erfolg für den Patentanwalt aus dieser Tätigkeit. Deshalb sei die Patentanwaltskammer als Arbeitgeberverband für Auszubildende zu qualifizieren; sie versuche, auf dem Wege des Ausbildungsrechts eine Art Manteltarifvertrag für Auszubildende durchzusetzen, denn was dem Kandidaten aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung auferlegt sei, müsse nicht mehr im Rahmen individueller Vertragsverhandlungen durchgesetzt werden.
b) Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Vermutung der persönlichen Unparteilichkeit der ehrenamtlichen Richter zu widerlegen.
Es rechtfertigt auch objektiv nicht der Besorgnis, den ehrenamtlichen Richtern fehle es an Unparteilichkeit.
Entgegen der Darstellung des Klägers hat der Senat in dem früheren Rechtsstreit der Parteien die Patentanwaltskammer nicht beigeladen, weil deren eigenen Rechte berührt worden seien, sondern weil die Frage der Bestimmung des Kreises der Berufszugangsberechtigten und damit der potentiellen Mitglieder der Patentanwaltskammer deren rechtlichen Interessen betraf; eine Auswirkung auf eigene Rechte der Patentanwaltskammer kann dem schon für den früheren Rechtsstreit nicht entnommen werden.
Ein wirtschaftliches Interesse nicht nur der den Kläger ausbildenden Kanzlei, sondern auch der Patentanwaltskammer oder deren Mitglieder schlechthin an der Frage, ob der Kläger wegen seiner sich aus der Parallelität der Ausbildungen als Rechtsreferendar und als Patentanwaltskandidat ergebenden Situation eine Verkürzung der üblichen Ausbildungszeiten verlangen kann, ist schon wegen der Besonderheit dieser Konstellation nicht erkennbar. Der Annahme eines generellen wirtschaftlichen Interesses der Mitglieder der Patentanwaltskammer steht zudem entgegen, dass zu diesen in erheblichem Umfang auch angestellte Patentanwälte zählen.
Die Annahme des Klägers, die ehrenamtlichen Richter verfolgten wegen ihrer Loyalität zur Patentanwaltskammer ein ihre Unparteilichkeit beeinträchtigendes gemeinsames Interesse, entbehrt daher jeder objektivierbaren tatsächlichen Grundlage.
c) Ist schon die konkrete Konstellation im Streitfall nicht geeignet, die Besorgnis der Parteilichkeit objektiv rechtfertigen, so hat der Senat erst recht keine Veranlassung, allgemein an der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Regelung des § 86 Abs. 2 PAO zu zweifeln oder gar die – für die vom Kläger angeregte Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG erforderliche – Überzeugung von deren Verfassungswidrigkeit zu gewinnen.
II. Die Klage bleibt erfolglos.
1. Die Hauptanträge sind unbegründet.
a) Die Hauptanträge Ziffer 1. (gerichtet auf Anrechnung von Tätigkeitszeiten) und Ziffer 2. (gerichtet auf rückwirkende Festsetzung des Ausbildungsbeginns nach Maßgabe dieser Anrechnung) haben keinen Erfolg.
aa) Das in diesen Klageanträgen zum Ausdruck kommende Begehren hätte zulässig lediglich im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Prüfungszulassung verfolgt werden können. Denn das Ausbildungs- und Prüfungsrecht für Patentanwälte kennt weder eine Anerkennung noch eine Anrechnung von Tätigkeiten als eigenständige Maßnahme mit unmittelbarer Außenwirkung. Vielmehr erfolgen Anerkennung und Anrechnung von Ausbildungszeiten lediglich im Rahmen der Zulassung zur Prüfung gemäß § 27 Abs. 3 PatAnwAPO i. V. m. § 10 Abs. 2 PAO. Bei der Prüfung, ob ein Kandidat die Voraussetzung des Nachweises der durch § 7 PAO – auch in ihrem zeitlichen Umfang – vorgeschriebenen Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes erfüllt, ist inzident zu entscheiden, ob die von ihm angeführten Tätigkeiten als Ausbildungstätigkeiten anzuerkennen sind und ab welchem Zeitpunkt der Kandidat die Voraussetzungen des § 7 PAO erfüllt.
bb) Auch im Rahmen einer solchen Klage hätte sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen können, dass die Tätigkeiten vom 1. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2014 in der Kanzlei B. sowie vom 2. Januar 2013 bis zum 1. Mai 2013 am Landgericht F. zu berücksichtigen seien.
(1) Grundsätzlich beginnt die Ausbildungszeit beim Patentanwalt erst nach der Zulassung zur Ausbildung durch die Beklagte.
aaa) Eine Anrechnung von Ausbildungszeiten vor der Zulassung ist lediglich in § 14 Abs. 1 Satz 2 PatAnwAPO vorgesehen.
Nach dieser Vorschrift kann die Beklagte den Beginn der Ausbildung – bis frühestens auf den Zugang der Anzeige des Ausbildungsbeginns – vorverlegen, wenn die Anzeige vor der Zulassung eingeht. Voraussetzung dafür ist indes, dass die angezeigte Tätigkeit als Ausbildung den Anforderungen des § 7 PAO genügt. Das war bei der am 29. November 2012 angezeigten Tätigkeit für die Kanzlei B. aus den Gründen, welche der Senat in seinem Urteil vom 21. November 2013 Pat A-Z 2/13 dargelegt hat, nicht der Fall. Eine Vorverlegung des Ausbildungsbeginns und damit eine Anerkennung und Anrechnung in dem vom Kläger zugrunde gelegten Sinn – kommt schon deshalb nicht in Betracht.
Der Berücksichtigung der Tätigkeit des Klägers für die Kanzlei B. steht darüber hinaus entgegen, dass mangels Zulassung zur Ausbildung die Befugnisse der Patentanwaltskammer gemäß § 8 Abs. 4 PatAnwAPO nicht gewahrt waren. Ebenso wenig trafen die Patentanwälte der Kanzlei die Pflichten aus § 52 Satz 1 PAO oder aus § 12 Abs. 1, § 16 Abs. 1 PatAnwAPO, die durch § 17 der Berufsordnung der Patentanwälte in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung und § 23 Abs. 1 der Berufsordnung der Patentanwälte in der seit dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung berufsrechtlich flankiert werden.
Dass dem Kläger die Teilnahme an den Arbeitsgemeinschaften gemäß § 19 PatAnwAPO gestattet wurde, obwohl er nicht zur Ausbildung zugelassen war, vermag die Berücksichtigung der Tätigkeit in der Kanzlei B. ebenfalls nicht zu rechtfertigen.
bbb) Eine Anrechnung der Tätigkeit für die Kanzlei B. kommt auch nach § 7 Abs. 2 PAO nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann die Beklagte auf Antrag eine praktische Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, die im Ausland durchgeführt wird, bis zu sechs Monaten auf die Ausbildung bei einem Patentanwalt oder Patentassessor anrechnen, wenn der Antrag vor Beginn der Ausbildung im Ausland gestellt worden ist. Der Wortlaut dieser Regelung ist ersichtlich nicht erfüllt, weil die Tätigkeit des Klägers nicht im Ausland stattfand. Für eine analoge Anwendung fehlt es schon an der hierfür erforderlichen Regelungslücke; es ist zudem kein Grund ersichtlich, der die damit verbundene Ausschaltung der oben dargestellten berufsrechtlichen Pflichten rechtfertigen könnte.
ccc) Entgegen der Auffassung des Klägers kann der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 2 PatAnw-APO keine Möglichkeit der Anrechnung von Tätigkeitszeiten entnommen werden. Diese Vorschrift betrifft nicht die Abkürzung einer Ausbildungsfrist, sondern bezieht sich auf eine Abkürzung der Frist von fünf Jahren gemäß Satz 1, die ein Patentanwalt oder Patentassessor grundsätzlich tätig gewesen sein muss, bevor er eine Ausbildung – in der Funktion als Ausbilder – übernehmen kann.
(2) Auch für eine Berücksichtigung der Rechtsreferendartätigkeit beim Landgericht F. es an einer Rechtsgrundlage. Insbesondere kann sich der Kläger insoweit nicht mit Erfolg auf § 7 Abs. 1 Satz 2 PAO berufen. Zwar ist nach dieser Vorschrift eine Ausbildung bei einem Gericht für Patentstreitsachen bis zu zwei Monaten auf die Ausbildung bei einem Patentanwalt oder bei einem Patentassessor anzurechnen. Damit ist indes lediglich eine gerichtliche Ausbildung im Rahmen der Ausbildung gemäß § 7 PAO gemeint, nicht auch eine auf andere Ziele gerichtete Ausbildung bei Gericht wie diejenige im Rahmen der Tätigkeit als Rechtsreferendar.
(3) Durch die dargestellten Anforderungen an eine anerkennungsfähige Ausbildung zum Patentanwalt wird zwar in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufswahlfreiheit eines Bewerbers eingegriffen. Dieser Eingriff ist indes gerechtfertigt, da er für den Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsguts erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3. Juli 2007 – 1 BvR 2186/06, juris, dort Tz. 82, 89), nämlich des Interesses der Allgemeinheit an einem hohen Niveau der patentanwaltlichen Beratung.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 1996 – 1 BvR 638/96, juris, Tz. 20, nichts anderes. Dort hat es das Bundesverfassungsgericht als zweifelhaft angesehen, ob eine an eine bestimmte Vorbildung oder Qualifikation anknüpfende Studienzugangsbeschränkung auch herangezogen werden kann, um Personen nach erfolgreichem Durchlaufen des Studiums den Zugang zur staatlichen Abschlussprüfung zu verwehren; Hintergrund war, dass eine Lehramtsstudentin unter Berufung darauf, dass sie nicht die Allgemeine, sondern nur eine Fachhochschulreife erworben hatte, nicht zur Staatsprüfung zugelassen wurde, obwohl ihr ihre Fakultät bescheinigt hatte, sie habe die Praktische Prüfung im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt bestanden, das sozialpädagogische Grundstudium ordnungsgemäß absolviert und die Zwischenprüfung mit der Note “sehr gut” bestanden. Damit ist der Streitfall nicht vergleichbar. Insbesondere kennt die Ausbildung zum Patentanwalt keine entsprechenden Leistungsnachweise; allein die gute Beurteilung durch den ausbildenden Patentanwalt ist nicht geeignet, eine Abkürzung der gesetzlich vorgesehenen Ausbildungsdauer zu rechtfertigen.
b) Auch der Hauptantrag Ziffer 3. ist unbegründet, weil die Beklagte nicht verpflichtet war, den Kläger zum 1. Juni 2016 zur Ausbildung beim Deutschen Patent- und Markenamt sowie beim Bundespatentgericht zuzulassen.
Gemäß § 7 Abs. 1 PatAnwAPO sind die Ausbildung beim Deutschen Patent- und Markenamt und die anschließende Ausbildung beim Bundespatentgericht erst nach dem Abschluss der Ausbildung bei einem Patentanwalt oder bei einem Patentassessor durchzuführen.
Der Ausbildungsabschnitt des Klägers beim Patentanwalt war am 1. Juni 2016 noch nicht beendet. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 PAO hat der Ausbildungsabschnitt beim Patentanwalt grundsätzlich 26 Monate zu dauern; da ein Studium der Rechtswissenschaft, wie es der Kläger abgeschlossen hat, gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 PAO mit vier Monaten angerechnet wird, dauerte dieser Ausbildungsabschnitt für den Kläger 22 Monate. Da seine Ausbildung mit der Zulassung zum 1. Oktober 2014 begann, hatte sie zum 1. Juni 2016 lediglich 20 Monate gedauert, so dass die Voraussetzungen für die Zulassung zur Ausbildung beim Deutschen Patent- und Markenamt nicht vorlagen.
Da die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Tätigkeiten des Klägers vor seiner Zulassung zur Ausbildung nicht vorlagen, lag auch kein begründeter Ausnahmefall vor, in dem die Beklagte gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 PatAnwAPO eine Abweichung von der durch § 7 Abs. 1 PatAnwAPO vorgegebenen Reihenfolge zu genehmigen hätte, zumal der Kläger eine Nachholung der restlichen Ausbildung beim Patentanwalt nicht in Aussicht gestellt hat.
c) Der Hauptantrag Ziffer 4. ist unbegründet, weil die Ablehnung des Antrags des Klägers, dessen Tätigkeiten in der Kanzlei B. und beim Landgericht F. als Rechtsreferendar anzuerkennen, aus den unter a) dargelegten Gründen rechtmäßig war.
d) Der Hauptantrag Ziffer 5. ist unbegründet, weil die Ablehnung des Antrags des Klägers, diesen zum 1. Juni 2016 zur Ausbildung beim Deutschen Patent- und Markenamt sowie beim Bundespatentgericht zuzulassen, aus den unter b) dargelegten Gründen rechtmäßig war.
2. Die Hilfsanträge sind ebenfalls auf die Anrechnung der Tätigkeiten des Klägers in der Kanzlei B. und beim Landgericht F. als Rechtsreferendar gerichtet und aus den unter 1. a) dargelegten Gründen unbegründet.
C. 1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
3. Die Berufung ist nicht gemäß § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Weder liegen die Voraussetzungen der § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor, noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

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