Aktenzeichen B 5 K 17.475
GG Art. 4 Abs. 3
VwGO § 88, § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 3 S. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 3 u. Nr. 4, § 154 Abs. 1, § 167 Abs. 1 S. 1
VwVfG § 28
Leitsatz
1 Für das Vorliegen einer erstattungsfähigen Fachausbildung kommt es nicht darauf an, inwieweit eine solche auch im zivilen Bereich Ausbildungscharakter hat oder ob sie zu einer Berechtigung führt, die auch außerhalb der Bundeswehr anzuerkennen ist (Anschluss an BVerwG BeckRS 2017, 125509). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Einbeziehung anerkannter Kriegsdienstverweigerer in den Kreis der Zeit- und Berufssoldaten, die bei einem vorzeitigen Ausscheiden Ausbildungskosten erstatten müssen, verstößt nicht gegen die nach Art. 4 Abs. 3 GG garantierte Gewissensfreiheit, da sie allein an das Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis anknüpft (Anschluss an BVerwG BeckRS 2007, 25799). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Höhe des Erstattungsanspruchs ist vom Gesetz nicht auf die Höhe der entstandenen Ausbildungskosten festgelegt; im Lichte des Art. 4 Abs. 3 GG ist § 56 Abs. 4 S. 3 SG daher dahin auszulegen, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer die Kosten ihrer Ausbildung nur im Umfang des geldwerten Vorteils erstatten müssen, der ihnen aus der genossenen Fachausbildung für ihr weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben ist. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1. Über die Klage kann gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten insoweit ihr Einverständnis erklärt haben.
2. Das Gericht legt den Klageantrag des Klägers gemäß § 88 VwGO dahingehend aus, dass die Aufhebung des Leistungsbescheides der Beklagten vom 09. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2017 unter Berücksichtigung der Abänderung durch den Schriftsatz vom 10. Juli 2017 begehrt wird.
3. Die so verstandene Klage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid vom 09. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. April 2017 und unter Berücksichtigung der Abänderung vom 10. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a) Es bestehen keine Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids. Der Kläger wurde vor Erlass des Leistungsbescheids mit Schreiben vom 07. Juni 2016 durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr aufgefordert, seine finanzielle Situation darzustellen sowie Umstände darzulegen, die bei der Rückforderung berücksichtigt werden sollten. Ein Anhörungsmangel scheidet daher aus, da dem Kläger gemessen an § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) hinreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde.
b) Der Bescheid ist in Gestalt der ergangenen Abänderung auch materiell rechtmäßig. Die Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids ist § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr.1 SG. Diese Vorschrift stellt auch eine geeignete Rechtsgrundlage dar, um die von der Beklagten geltend gemachten Ausbildungskosten durch einen Leistungsbescheid zurückzufordern.
c) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG liegen vor. Demnach muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einer Fachausbildung verbunden war und der als auf eigenen Antrag entlassen gilt, die entstandenen Kosten der Fachausbildung zurückerstatten. Ein Soldat auf Zeit ist nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SG i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SG zu entlassen, wenn er als Kriegsdienstverweigerer anerkannt ist; diese Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag. Das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr hat den Kläger aufgrund seines vorherigen Antrages auf Kriegsdienstverweigerung mit Ablauf des 13. September 2013 aus der Bundeswehr entlassen. Diese Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag, sodass der Beklagten dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet war, vom Kläger die Kosten seiner Fachausbildungen zurückzuverlangen. Auch war die militärische Ausbildung des Klägers mit einer Fachausbildung i.S.d. § 56 Abs. 4 SG verbunden. Fachausbildung in diesem Sinne ist eine besondere zur allgemeinen militärischen Ausbildung hinzutretende und für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung mit einem bestimmten Ausbildungsziel, die – sei es nach einer Prüfung oder einem planmäßigen Abschluss – zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt (BVerwG, U.v. 21.04.1982 – 6 C 3.81 – juris Rn. 36). Erforderlich, aber auch ausreichend ist es danach, dass es sich um eine besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gaben und die den Soldaten befähigen soll, eine militärische Funktion zu übernehmen, die er nach Einschätzung der verantwortlichen Stellen der Bundeswehr ohne die zu vermittelnden Kenntnisse oder Fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann. Inwieweit eine solche Fachausbildung auch im zivilen Bereich Ausbildungscharakter hat oder ob sie zu einer Berechtigung führt, die auch außerhalb der Bundeswehr anzuerkennen ist, ist für die Auslegung des soldatenrechtlichen und der Sache nach auf den Militärdienst bezogenen Begriffs ohne Bedeutung (BVerwG, U.v. 12.04.2017 – 2 C 16/16 – juris Rn. 32). Dies ist bei den vom Kläger während der Wehrdienstzeit absolvierten Ausbildungen im Bereich IT der Fall. Die Ausbildungen und die dadurch entstandenen Kosten mögen zwar von der Bundeswehr initiiert worden sein, sie sind aber dennoch zivil auch außerhalb der Bundeswehr nutzbar und haben dem Kläger eine Befähigung innerhalb der Bundeswehr erbracht. Zudem hat der Kläger einen realen und geldwerten Vorteil erlangt im Bereich der IT als IT-Projektleiter sowie durch die Fachausbildungen zu Lotus Notes, einem Softwareprogramm, das in zahlreichen Unternehmen benutzt wird. Auch wenn dies hier nicht streitentscheidend ist, so erscheint der Vortrag des Klägers, die Ausbildungen hätten für ihn keinen messbaren Vorteil außerhalb der Bundeswehr erbracht, angesichts seiner derzeitigen Berufsausübung als Geschäftsführer einer GmbH, deren Tätigkeitsschwerpunkt in der IT – Sicherheit und dem Datenschutz liegt, als widersprüchlich.
d) Ferner bestehen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage. Die Einbeziehung anerkannter Kriegsdienstverweigerer in den Kreis der Zeit- und Berufssoldaten, die bei einem vorzeitigen Ausscheiden Ausbildungskosten erstatten müssen, verstößt auch nicht gegen die nach Art. 4 Abs. 3 GG garantierte Gewissensfreiheit. Gemäß Art. 4 Abs. 3 GG darf niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Der Kerngehalt dieses Grundrechts besteht darin, den Kriegsdienstverweigerer vor dem Zwang zu bewahren, in einer Kriegshandlung einen anderen zu töten, wenn ihm sein Gewissen eine Tötung grundsätzlich und ausnahmslos zwingend verbietet. Die Erstattungspflicht nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SG knüpft nicht an die Kriegsdienstverweigerung an, sondern an das Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis und liegt somit außerhalb des Schutzbereichs von Art. 4 Abs. 3 GG (BVerwG, U.v. 30.03.2006 – 2 C 18/05 – juris Rn. 12).
e) Es ist zudem nichts dafür ersichtlich, dass die Rückforderung nach Grund und Höhe wegen der Härtefallklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG hätte unterbleiben müssen bzw. dass der Behörde diesbezüglich ein relevanter Ermessenfehler unterlaufen wäre. Nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG kann auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Diese Härtefallregelung, die den gerichtlich überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff der besonderen Härte auf der Tatbestandsseite mit einer gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensbefugnis auf der Rechtsfolgenseite verknüpft, bezweckt, den von den Regelvorschriften nicht erfassten Ausnahmefällen und Grenzsituationen – den atypischen Fällen – Rechnung tragen zu können (vgl. BVerwG, U.v. 12.04.2017 – 2 C 23.16 – juris Rn. 15; BayVGH, U.v. 13.12.2017 – 6 B 17.299 – juris Rn. 23).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist insoweit geklärt, dass die Erstattungsverpflichtung, der sich ein wegen seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer entlassener Soldat gegenübersieht, eine besondere Härte im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG begründet, die den Dienstherrn nach dieser Vorschrift zu Ermessenserwägungen über den vollständigen und teilweisen Verzicht auf einen Ausgleich des Ausbildungsgeldes zwingt. Einem Soldaten, der wie der Kläger eine Gewissenentscheidung gegen den Kriegsdienst getroffen hat, kann wegen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Rechtes der Kriegsdienstverweigerung in Art. 4 Abs. 3 GG nicht zugemutet werden, auf den für die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer erforderlichen Antrag allein deshalb zu verzichten sowie weiterhin im Wehrverhältnis zu verbleiben und dabei seinem Gewissen zuwiderzuhandeln, um der andernfalls drohenden Erstattungsverpflichtung zu entgehen (BVerwG, U.v. 30.03.2006 – 2 C 18/05 – juris Rn.16).
Jedoch ist die Erstattungspflicht objektiv grundsätzlich mit Art. 4 Abs. 3 GG vereinbar und geboten, wenn und soweit sie nicht ein Druckmittel, sondern ein Instrument des wirtschaftlichen Vorteilsausgleichs darstellt. Da das Dienstverhältnis des Soldaten auf Zeit entsprechend der eingegangenen Verpflichtung andauern soll, kann der Dienstherr, der einem Zeitsoldaten im dienstlichen Interesse eine kostspielige Fachausbildung gewährt hat, grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm der Soldat die erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen wird. Wenn der Zeitsoldat auf Grund eigenen Entschlusses aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, stellen für ihn die auf Kosten des Dienstherrn erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten im weiteren Berufsleben einen erheblichen Vorteil dar, während der Dienstherr die Kosten der Ausbildung insgesamt oder teilweise vergeblich aufgewendet hat. Diese Lage fordert einen billigen Ausgleich, den der Gesetzgeber durch die Normierung eines Erstattungsanspruchs verwirklicht hat (BVerfG, B.v. 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71; BVerwG, U.v. 30.03.2006 – 2 C 18/05 – juris Rn.14). Mit diesem Regelungszweck entspricht die Bestimmung des § 56 Abs. 4 SG Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgen, mit denen sich ein Arbeitnehmer verpflichtet, sich an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen, wenn er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (VGH BW, U.v. 06.07.2016 – 4 S 2237/15 – juris Rn. 21).
Die Höhe des Erstattungsanspruchs ist vom Gesetz nicht auf die Höhe der entstandenen Ausbildungskosten festgelegt. Im Lichte des Art. 4 Abs. 3 GG ist § 56 Abs. 4 Satz 3 SG daher dahin auszulegen, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer die Kosten ihrer Ausbildung nur im Umfang des geldwerten Vorteils erstatten müssen, der ihnen aus der genossenen Fachausbildung für ihr weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben ist. Im Rahmen dieses Ermessens gebietet Art. 4 Abs. 3 GG, dass höchstens der Betrag zurückgefordert werden kann, den der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat dadurch erspart hat, dass die Beklagte den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten finanziert hat, die ihm im weiteren Berufsleben von Nutzen sind. Der Soldat muss also das Ausbildungsgeld lediglich in Höhe des durch die Ausbildungen erlangten Vorteils erstatten. Diese Beschränkung des zu erstattenden Ausbildungsgeldes auf den erlangten Vorteil stellt sicher, dass die Erstattung nicht zu einer Maßnahme wird, die den Betroffenen von der Stellung eines Antrags auf Kriegsdienstverweigerung abschreckt und damit kein Druckmittel darstellt. Die Abschöpfung lediglich des durch die Ausbildungen erworbenen Vorteils führt nämlich zu keiner Einbuße an Vermögensgütern, über die der ehemalige Soldat unabhängig von dem Wehrdienstverhältnis verfügt. Der Vorteilsausgleich stellt nur die Situation wieder her, die in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht bestand, bevor der Soldat das Studium bzw. die Fachausbildung absolviert hat. Mehr soll und darf bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes nicht abgeschöpft werden. Der Vorteil einer Ausbildung besteht dabei in der Ersparnis von Aufwendungen, nicht in der Aussicht auf künftige oder fiktive Einnahmen (BVerwG, U. v. 28.10.2015 – 2 C 40/13 – juris Rn. 17; BVerwG, U.v. 30.03.2006 – 2 C 18/05 – juris Rn.15 ff.).
Erspart hat der Kläger zunächst die unmittelbaren Ausbildungskosten im engeren Sinne wie Ausbildungsgebühren und Aufwendungen für Ausbildungsmittel. Ferner hat der Kläger die mittelbaren Kosten der Ausbildung wie Reisekosten und Trennungsgeld, ebenso wie die ersparten Lebenshaltungskosten und die Kosten für die Krankenversicherung (BVerwG, U.v. 30.03.2006 – 2 C 18/05 – juris Rn.22). Die Beklagte hat diese durch die Ausbildung entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 4.694,45 Euro zutreffend berechnet.
In Übereinstimmung mit den dargestellten Grundsätzen hat die Beklagte den Kläger jeweils nicht zur Erstattung der Kosten einer vergleichbaren zivilen Ausbildung herangezogen, sondern im Rahmen der Ermessensausübung einen besonderen Härtefall darin erkannt, dass der Kläger wegen seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus dem Soldatenverhältnis auf Zeit entlassen worden ist. Entsprechend dem Zweck der Vorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG hat sie unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich geschützten Gewissenfreiheit des Klägers nach Vornahme einer Günstigerprüfung den jeweils niedrigeren Betrag als Rückforderungsbetrag zugrunde gelegt. Dem hat die Beklagte systemgerecht die Aufwendungen für Lebenshaltungskosten gegenüber gestellt, die der Kläger selbst hätte aufwenden müssen, wenn er die entsprechende Ausbildung außerhalb der Bundeswehr absolviert hätte. Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte hierbei auf das steuerliche Existenzminimum zurückgegriffen hat. Die dürfte die für den Kläger günstigste Variante zur Berechnung der fiktiven Lebenshaltungskosten sein. Bei den Berechnungen ergaben sich stets höhere, teilweise sogar deutlich höhere Aufwendungen einer fiktiven Ausbildung unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten. Vor dem Hintergrund ist es unter Billigkeitsgesichtspunkten geradezu geboten, in Konstellationen wie der Vorliegenden, bei denen die fiktiven Lebenshaltungskosten die tatsächlichen Ausbildungskosten deutlich übersteigen, die Erstattung der tatsächlichen Kosten und nicht die Erstattung der ersparten Aufwendungen zu verlangen (VG Köln, U.v. 10.05.2017 – 23 K 902/16 – juris Rn. 32,36).
Ferner hat die Beklagte bei der Ermessenausübung mindernd einen Verzichtsbetrag aufgeführt, der in Gestalt einer Abdienquote die Zeiten berücksichtigt, in denen der Soldat dem Dienstherrn mit den durch die Ausbildung erworbenen Kenntnissen nach Beendigung der Ausbildung uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hat (Sohm in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Auflage 2016, § 56, Rn.23). Die Berechnung der Abdienquote begegnet keinen rechtlichen Bedenken und stellt eine Ermessensausübung in Bezug auf einen teilweisen Verzicht dar. Zum einen ist die Aufteilung in drei unterschiedlich bewertete Dienstphasen mit verschiedenen Multiplikatoren gerechtfertigt, da unmittelbar nach Abschluss der Fachausbildung mangels entsprechender Berufspraxis und Berufserfahrung für den Dienstherren ein geringerer Nutzen durch die Diensterbringung des Soldaten besteht als zu einem späteren Zeitpunkt (BVerwG, U.v. 12.04.2017 – 2 C 16/16, juris Rn.54). Zum anderen ist dem Vorbringen des Klägers, es fehle an einer einzelfallbezogenen Ermessensausübung, entgegenzuhalten, dass es bei gleichgelagerten Fällen zur Sicherstellung einer einheitlichen Ermessensausübung sachgerecht erscheint, einen Teilverzicht nach einer klar geregelten Quote für alle anerkannten Kriegsdienstverweigerer zu erklären. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es als unmöglich feststellbar zu erachten ist, inwieweit die Gewissenskonflikte der als Kriegsdienstverweigerer anerkannten Soldaten im Verhältnis zueinander messbar, geschweige denn zu gewichten sein sollen. Die einzelfallbezogene Ermessensausübung kann hingegen vielmehr unter Beachtung der individuellen Vermögenssituation der Soldaten im Rahmen der Vollstreckungs- bzw. der Zahlungsmodalitäten Ausdruck finden. Schließlich sind die dem Leistungsbescheid beigefügten Berechnungsanlagen, die vom Kläger als nicht nachvollziehbar bemängelt wurden, zur Überzeugung des Gerichts schlüssig dargestellt und korrekt. Es findet eine klare Differenzierung zwischen den tatsächlich angefallenen Kosten der Ausbildungen und den fiktiven Kosten einer zivilen Ausbildung statt. Diese Posten werden wiederum weiter unterteilt in Kosten der Fachausbildung sowie dem Kläger gewährte persönliche Kosten und fiktive Lebenshaltungskosten. Auch die Berechnung der Abdienquote wird unter Darstellung der prozentual bereits erfüllten Stehzeit zum Zeitpunkt des Austritts für jede einzelne Fachausbildung gesondert nachvollziehbar dargestellt. Auch die Hemmung der Stehzeit während weiterer Fortbildungen wurde zutreffend berücksichtigt (BayVGH, U.v. 13.12.2017 – 6 B 17.299 – juris Rn. 29).
f) Ob der Betrag, zu dem diese Ermessenserwägungen führen, von einem bestimmten ehemaligen Zeitsoldaten verlangt werden kann, hängt schließlich von dessen individueller Vermögenslage ab. Ist er, womöglich auf unabsehbare Zeit, ohne Beschäftigung, kann die darin liegende besondere Härte eine weitere Reduzierung oder einen vollständigen Verzicht gebieten. Im Übrigen kann eine Entscheidung in Härtefällen darin bestehen, dass die Rückzahlung ganz oder teilweise erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll oder dass eine Rückzahlung in Teilbeträgen (Ratenzahlung) festgesetzt wird. Hier kommt es, wie eben dargestellt, zur einzelfallbezogenen Ermessensausübung. Nach schriftlicher Anhörung des Klägers zu seinen Vermögensverhältnissen wurde diesem im Leistungsbescheid vom 09. November 2016 unter dem Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse eine – zunächst – verzinsliche Stundung bis zum 31. Oktober 2017 gewährt. Auf die Erhebung der Zinsen verzichtete die Beklagte durch die Erklärung im Klageerwiderungsschriftsatz vom 10. Juli 2017. Zudem wurde eine jährliche Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse angeordnet, die die Entwicklungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers bei der Festsetzung der Rückzahlung fortlaufend berücksichtigen sollte. Dies stellt eine geeignete und ausreichende Möglichkeit dar, um eine wirtschaftliche Knebelung über das gesamte Erwerbsleben zu verhindern (VG Köln, U.v. 10.05.2017 – 23 K 902/16, juris Rn. 40). Dabei wurden auch die Möglichkeiten der Einräumung von weiteren Stundungen, Ratenzahlungen und ein Erlass der restlichen Zahlungsansprüche zwei Jahre vor dem Renteneintrittsalter in Aussicht gestellt. Zwar war der Kläger durch Rückzahlung eines Kredits in Höhe von 20.000 Euro und Versicherungsleistungen von 800 Euro monatlich belastet, jedoch lag keine prekäre finanzielle Situation zum Zeitpunkt des Erlasses des Leistungsbescheids vor. Die Stundung der Rückzahlung stellt folglich keinen Ermessensfehler dar und erfüllt die Voraussetzungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 28.10.2015 – 2 C 40.13, juris Rn. 29).
4. Der Kläger hat als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren kann dahinstehen. Die Vollstreckungsentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO).
5. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr.3 und Nr.4 VwGO liegen nicht vor.