Aktenzeichen RN 1 K 14.2132
BBG § 75
BGB § 611a, § 839 Abs. 3
SGB IV § 7 Abs. 1, § 7a, § 24, § 28g, § 28p
BayBG Art. 78 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
1. Bei der Dienstpflichtverletzung eines Beamten brauchen sich Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nur auf die Dienstpflichtverletzung beziehen. Damit ist das Verschulden nicht von vornherein beseitigt, wenn der Schaden bzw. die Kausalität zwischen Dienstpflichtverletzung und Schaden für den Beamten nicht vorhersehbar war, wobei bei dieser Fallkonstellation die häufigere Schuldform der groben Fahrlässigkeit nicht erreicht sein wird. (Rn. 183) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Behördenleiter verstößt grob fahrlässig gegen seine Dienstpflicht, wenn er Verträge mit externen Fachkräften abschließt, obwohl ihm bereits vor dem Abschluss der Verträge/Auftragsverhältnisse – aufgrund von vorhergehenden erst- und zweitinstanzlichen arbeitsgerichtslichen Entscheidungen und Warnungen von Behördenmitarbeitern – das Risiko bekannt war bzw. er damit hat rechnen müssen, dass dadurch sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zulasten des seines Dienstherren begründet werden können. (Rn. 185) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die schuldhafte Dienstpflichtverletzung des Beamten liegt in einem solchen Fall bereits in der Unterzeichnung der Vertrags- bzw. Auftragsabschlüsse. (Rn. 228) (redaktioneller Leitsatz)
4. Wegen der Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer für den Schaden verantwortlicher Beamter (§ 48 S. 2 BeamtStG) ist dem in Anspruch genommenen Beamten die Berufung auf § 254 BGB mit der Begründung, bei der Entstehung des Schadens hätten schuldhafte Pflichtverletzungen anderer Beamter mitgewirkt, grundsätzlich verwehrt. Die Anwendung von § 254 Abs. 2 BGB kommt aber dann ausnahmsweise in Betracht, wenn dieser andere Beamte den Schaden dadurch schuldhaft mitverursacht hat, dass er eine Dienstpflicht vernachlässigt hat, zu deren Erfüllung namens des Dienstherrn – z.B. auf Grund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht – er gerade gegenüber dem in erster Linie den Schaden verursachenden Beamten verpflichtet gewesen ist.(Rn. 236) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein gesetzlich zu erfüllender Auftrag – hier: Vervollständigung der bayrischen Denkmalliste – kann keine Rechtfertigung dafür darstellen, schuldhafte Dienstpflichtverletzungen zu begehen. (Rn. 275) (redaktioneller Leitsatz)
6. Die Schadensersatzpflicht des Dienstherrn wird nicht nur gemindert, sondern sogar ausgeschlossen, wenn und soweit es die Betroffenen vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen haben, durch Gebrauch eines möglichen Rechtsmittels oder sonstiger Rechtsbehelfe gegen das pflichtwidrige Verhalten des Dienstherrn vorzugehen und damit Schaden abzuwenden. Die Einlegung von Rechtsbehelfen setzt jedoch hinreichende Erfolgsaussichten voraus. (Rn. 299) (Rn. 303) (redaktioneller Leitsatz)
7. Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten bei einer existenzbedrohenden Regressforderung ergibt sich keine Verpflichtung zur Reduzierung der Schadensersatzforderung gegen den Beamten. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn stellt grundsätzlich keinen besonderen Einwendungs- oder Einredetatbestand dar, da die Fürsorgepflicht des Dienstherrn sich bereits in den gesetzlichen Haftungsbeschränkungen (grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz) niederschlägt. (Rn. 341) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Beklagte wird zur Zahlung von 729.657,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2017 verurteilt.
II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem durch das Verhalten des Beklagten im Rahmen des Projekts „Nachqualifizierung und Revision der Bayerischen Denkmalliste“ bei Abschluss des Vertrags mit dem in der Anlage K 57 (Bl. 1005/1006 der Gerichtsakte) mit der Nummer 21 bezeichneten Vertragsnehmer aufgrund der Verpflichtung zur Nachentrichtung von Lohnsteuer entstanden ist und noch entsteht.
III. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Das Urteil ist in Ziffern I. und III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Über die Klage konnte am 18.1.2019 ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden wer-den, da die Beteiligten übereinstimmend hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage führt zum Erfolg.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch in der im Tenor ausgesprochenen Höhe wegen einer schuldhaften Pflichtverletzung gem. § 48 BeamtStG (im Folgenden: Ziffer I.).
Auch der Feststellungsantrag, wonach der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der mit dem in Anlage K 57 mit der Nr. 21 bezeichneten Vertragsnehmer aufgrund der Verpflichtung zur Nachentrichtung von Lohnsteuer entstanden ist und noch entsteht, ist zulässig und begründet (im Folgenden: Ziffer II.).
I. Die allgemeine Leistungsklage auf Schadensersatz in Höhe von 729.657,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2017 ist zulässig (1.) und auch begründet (2.).
1. Die allgemeine Leistungsklage ist zulässig.
1.1. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der (mehrmals) geänderten Klage ist die Zulässigkeit der Klageänderung(en) nach § 91 VwGO.
Soweit die Klage mehrmals im Laufe des Verfahrens umgestellt worden ist (zunächst hat der Kläger am 19.12.2014 eine Feststellungsklage erhoben (Bl. 1 ff. der Gerichtsakten), am 23.7.2015 eine allgemeine Leistungsklage in Höhe von 4.230,71 EUR kombiniert mit einer Feststellungsklage (Bl. 167 ff. der Gerichtsakten) sowie am 15.11.2017 eine allgemeine Leistungsklage in Höhe von 733.542,55 EUR nebst Zinsen und einen Feststellungsantrag (Bl. 639 ff. der Gerichtsakten), zuletzt im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.10.2018 schließlich eine allgemeine Leistungsklage in Höhe von 729.657,08 EUR nebst Zinsen und einen Feststellungsantrag (Bl. 1092 der Gerichtsakten), sind diese Klageänderungen gemäß § 91 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO ohne weiteres zulässig.
1.2. Als Mittel zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs des Dienstherrn nach § 48 BeamtStG gegen den Beamten kommen ein Leistungsbescheid oder wie vorliegend eine Leistungsklage in Betracht (vgl. Kommentar zum BeamtStG, BayBeamtenR 183. AL, Dez. 2013, Conrad, § 48 Rn. 95 ff.).
Die Leistungsklage des Dienstherrn auf Schadensersatz nach § 48 BeamtStG ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit aus dem Beamtenverhältnis, für die nach § 54 Abs. 1 BeamtStG der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist, soweit nicht die besondere Rechtswegverweisung des Art. 34 Satz 3 GG greift. Im erstinstantiellen Verfahren sind die Verwaltungsgerichte nach § 45 VwGO zuständig, die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz des Schuldners (§ 52 Nr. 5 VwGO). Die Frage eines Vorverfahrens stellt sich bei der Leistungsklage des Dienstherrn nicht. Soweit der Freistaat Bayern als Dienstherr Leistungsklage erhebt, wird er in der Regel, d.h. soweit nicht das Staatsministerium der Finanzen ausnahmsweise zuständig ist, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom Landesamt für Finanzen vertreten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3a i.V. m. § 2 Abs. 2 VertrV) (vgl. auch Conrad, a.a.O. Rn. 103 ff. zur Leistungsklage).
2. Die Leistungsklage ist auch vollumfänglich begründet.
Das Gericht ist aufgrund der vorgelegten Behördenakten und den Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger gem. § 48 BeamtStG einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten besitzt (2.1.), weil der Beklagte die ihm obliegenden Pflichten (2.2.) (jedenfalls) grob fahrlässig (2.3.) verletzt hat. Ein Mitverschulden seiner Mitarbeiter bzw. des zuständigen Fachministeriums in Form eines Organisationsverschuldens liegt – unabhängig von der Frage, ob dieses überhaupt vom Beklagten im Rahmen des § 48 BeamtStG eingewandt werden kann – nicht vor (2.4.). Zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und den dem Kläger dadurch entstandenen Schaden besteht auch ein kausaler Zusammenhang (2.5.). Rechtfertigungsgründe für das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten liegen nicht vor (2.6.). Der Schaden des Klägers liegt in der Nachentrichtung der für die Arbeitnehmer aus den seit Oktober 2010 bis November 2013 abgeschlossenen Arbeitsverträgen angefallenen Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen (2.7.). Der Kläger ist auch seiner Schadensabwendungs- bzw. minderungspflicht nach §§ 254 Abs. 2 BGB bzw. 839 Abs. 3 BGB analog nachgekommen (2.8.). Der Schadensersatzanpruch des Klägers ist nicht verjährt (2.9.). Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beklagten ergibt sich keine Verpflichtung zur Reduzierung der Schadensersatzforderung (2.10.). Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Verzinsung seiner Schadensersatzforderung (2.11.).
2.1. Der Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich aus § 48 BeamtStG.
Danach haben Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, dem Dienstherrn, dessen Aufgabe sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Nach Satz 2 haften sie als Gesamtschuldner, wenn mehrere Beamtinnen oder Beamte gemeinsam den Schaden verursachen.
2.2. Die den Beamtinnen und Beamten obliegenden Pflichten im Sinne von § 48 BeamtStG setzen sich dabei aus der Gesamtheit der ihnen auf Grund des Beamtenverhältnisses obliegenden allgemeinen und besonderen dienstlichen Pflichten zusammen; ein Verstoß gegen eine gesetzlich besonders normierte Dienstpflicht wird dabei nicht verlangt (vgl. VG Ansbach, U.v. 7.5.2014 – AN 11 K 13.01851 – juris; Conrad, a.a.O. § 48 BeamtStG Rn. 28 ff.; Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, GKÖD, Franke, § 75 BBG Rn.18 ff.; Plog/Wiedow, P/W, § 75 BBG Rn. 15 ff.). In diesem Sinne hat der Beamte auch – ohne dass dies einer konkreten gesetzlichen Regelung bedarf – unmittelbar oder mittelbar den Dienstherrn schädigende Handlungen zu unterlassen; diese Pflicht wird verletzt, wenn der Beamte durch unsachgemäßes Handeln an Sachen oder unmittelbar am Vermögen des Dienstherrn selbst oder an Personen, Sachen oder Vermögen eines Dritten, dem der Dienstherr Ersatz leisten muss, einen Schaden verursacht (GKÖD a.a.O. Rn. 18; P/W a.a.O. Rn. 19 und 20). Alle Beamten müssen bei ihrer Tätigkeit Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie Einzelweisungen beachten, die ihnen ohne weiteres abstrakt ein bestimmtes äußeres Verhalten vorschreiben; verhalten sie sich nicht wie vorgeschrieben, so ist grundsätzlich die Dienstpflicht objektiv verletzt (P/W a.a.O. Rn. 13). Die materielle Beweislast für die objektive Dienstpflichtverletzung trägt zwar der Dienstherr. Ihm können aber aus dem Rechtsgedanken des früheren § 282 (nunmehr § 280) BGB Beweiserleichterungen zugutekommen (P/W a.a.O. Rn. 25 ff.), was dann auch im Zusammenhang mit der kausalen Schadensentstehung von Bedeutung ist (P/W a.a.O. Rn. 87).
Der Beklagte war im streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2010 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand Ende November 2013 als Generalkonservator der Behördenleiter des BLfD (§ 3 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (im Folgenden: BLfD-GO) vom 23.6.2004 (vgl. Ordner 2, Register 10). Als Behördenleiter war er nach § 43 Abs. 9 n) BLfD-GO unterschriftsbefugt, insbesondere bei Verträgen und Vereinbarungen. Mit der Berechtigung des Beklagten zum Abschluss von Verträgen und Eingehung von Verpflichtungen für und gegen den Kläger korrespondierte seine Dienstpflicht, mit den ihm zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln sorgfältig und sparsam umzugehen.
Zu den Dienstpflichten des Beklagten gehörte es vorliegend insbesondere
– gem. § 34 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, dass Beamtinnen/Beamte die ihnen übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Wissen und Gewissen wahrnehmen und
– gem. § 36 Abs. 1 BeamtStG für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung tragen.
– hieraus folgt u.a. die allgemeine Dienstpflicht, das Eigentum und das Vermögen des Dienstherrn nicht zu schädigen und den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 7 Bayerische Haushaltsordnung – BayHO) zu beachten.
2.3. Der Beklagte hat gegen diese Dienstpflichten schuldhaft verstoßen, indem er im Zeitraum von Oktober 2010 bis November 2013 eine Vielzahl von Verträgen mit externen Fachkräften im Rahmen des Projekts NQ abgeschlossen hat und dem Kläger dadurch ein Vermögensschaden in Form von Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen nebst Säumniszuschlägen an die DRV Bund entstanden ist.
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit brauchen sich auch nur auf die Dienstpflichtverletzung beziehen; dies bedeutet, dass das Verschulden nicht von vornherein beseitigt ist, wenn der Schaden bzw. die Kausalität zwischen Dienstpflichtverletzung und Schaden für den Beamten nicht vorhersehbar war. Allerdings wird bei dieser Fallkonstellation die häufigere Schuldform der groben Fahrlässigkeit nicht mehr erreicht sein.
Der Begriff der groben Fahrlässigkeit i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG entspricht den zivilrechtlichen Maßstäben wie z.B. in § 277 BGB. Der Fahrlässigkeitsbegriff bezieht sich auf ein individuelles Verhalten des Beamten. Dementsprechend muss stets unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände, d.h. der individuellen Kenntnisse und Erfahrungen des Beamten beurteilt werden, ob und in welchem Maß das Verhalten fahrlässig war. Grobe Fahrlässigkeit erfordert ein besonders schwerwiegendes und auch subjektiv schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten, das über das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich hinausgeht. Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich schwerem Maße verletzt und dabei Überlegungen unterlässt und Verhaltenspflichten missachtet, die ganz naheliegen und im gegebenen Fall jedem hätten einleuchten müssen (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 2.2.2017 – 2 C 22/16 – juris; Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Kommentar zum Beamtenrecht, Bd. I, § 48 Rn. 46 und 47).
Gemessen daran hat der Beklagte nach Überzeugung des Gerichts gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten grob fahrlässig verstoßen, als er die streitgegenständlichen Verträge allesamt im Zeitraum zwischen Oktober 2010 und November 2013 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand abgeschlossen hat, obwohl ihm bereits vor dem Abschluss der Verträge/Auftragsverhältnisse das Risiko bekannt war bzw. er damit hat rechnen müssen, dass dadurch sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zulasten des Freistaats Bayern begründet werden können.
Ein grob fahrlässiges Handeln des Beklagten ergibt sich für die Kammer insbesondere aus folgenden Umständen:
2.3.1. Zum einen waren dem Beklagten bereits bei den Vertragsabschlüssen die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen hinsichtlich des Auftragnehmers Herrn M***** bekannt, bevor er die weiteren streitgegenständlichen Verträge (nunmehr als Auftrag bezeichnet) ab Oktober 2010 abgeschlossen hat. Das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts München datiert bereits vom 12.5.2010 (Az. 35 Ca 14694/09) und hat der Klage des Auftragnehmers Herrn M***** stattgegeben (vgl. Anlage K 6, Bl. 42 – 50 der Gerichtsakten). Teilweise hat der Beklagte auch persönlich an den mündlichen Verhandlungen teilgenommen (insbesondere an der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht in München am 1.6.2011, vgl. das Protokoll der Verhandlung im Ordner 1, Register 5 Arbeitsstreitsachen). Die gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München eingelegte Berufung wurde schließlich durch das Landesarbeitsgericht München mit Urteil vom 23.11.2011 (Az. 5 Sa 575/10) zurückgewiesen (vgl. Anlage K 7, Bl. 51 – 63 der Gerichtsakten).
Es ist insoweit auch unerheblich, dass erst Ende September 2013 die letztinstanzliche Entscheidung des BAG (U.v. 25.9.2013, Az. 10 AZR 282/12, als Anlage K 8, Bl. 64 – 71 der Gerichtsakten) ergangen ist. Denn bereits das erst- und zweitinstanzliche Urteil hatten rechtliche Erwägungen enthalten, die maßgeblich für die Qualifizierung eines Vertragsverhältnisses als Werk- oder Arbeitsvertrag gewesen sind. Durch die zwischen Oktober 2010 und November 2013 geschlossenen Verträge sind dementsprechend in einer Vielzahl von Fällen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse begründet worden.
2.3.2. Weiterhin wurde der Beklagte vor Abschluss der Verträge ab Oktober 2010 durch seine eigenen Mitarbeiter des BLfD, aber auch die anderer Behörden (Herr RD ***** vom LfF München) mehrmals mündlich und auch schriftlich frühzeitig gewarnt und ihm dringend davon abgeraten, weitere derartige Verträge abzuschließen.
2.3.2.1. Dies hat der Beklagte zum einen selbst eingeräumt (vgl. Niederschrift des Erörterungstermins vom 17.5.2018, S. 3 Absatz 4, Bl. 726 der Gerichtsakten), als er auf die Frage, ob er Warnungen oder Hinweise erhalten habe, keine Werkverträge mehr abzuschließen, erklärt hat: „Ich kann dies nicht bestreiten, dass ich nach Erlass der ersten arbeitsgerichtlichen Entscheidung „M*****“ Warnungen und Hinweise von meinen Mitarbeitern erhalten habe. Mir war es jedoch wichtig, den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, die unvollständige und nicht mehr aktuelle Denkmalliste wieder an die aktuellen Verhältnisse anzupassen.“
Zudem sollte nach seinem Willen das Projekt NQ bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand abgeschlossen sein. Mehrere vom Klägervertreter eingereichte Anlagen deuten darauf hin (E-Mails und kommentierte Schreiben des Beklagten, wonach „er (der Beklagte) keine Verzögerung des Projekts dulde“; „den Begriff Restarbeiten kenne er nicht“; „das Projekt dürfe keinesfalls verzögert werden“, „es werde dringend gebeten, diese Entscheidung (Unterzeichnung der neuen Aufträge) zu respektieren und weitere Debatten einzustellen“), dass die Vervollständigung der Denkmalliste für den Beklagten über allem anderen, insbesondere über rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Beauftragung der im Projekt NQ Tätigen gestanden hat.
2.3.2.2. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Beklagte mehrmals von Mitarbeitern des BLfD, dem für das Projekt NQ zuständigen Abteilungsleiter Z, Herrn Dr. ***** und dem Justiziar Herrn ***** mündlich und schriftlich in E-Mails oder Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen und gewarnt worden ist, von einem weiteren Abschluss von Verträgen in der bisher getätigten Art und Weise abzusehen, bis es zu einem rechtskräftigen Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens im Fall M***** gekommen ist.
Auf die – zumal vorhandene – Sachkompetenz seiner Mitarbeiter (insbesondere des Justitiars) in arbeitsrechtlichen Fragen, die der Beklagte im Laufe des Verfahrens mehrmals in Frage gestellt hat, kommt es insoweit nicht an, weil es gerade dem Justiziar oblegen hat, sämtliche juristische Angelegenheiten des BLfD zu betreuen. Zudem stand er auch in engem fachlichen Austausch mit Herrn RD ***** vom LfF München, der den Freistaat Bayern in seiner Funktion regelmäßig in arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten vertreten hat.
Hinzu gekommen sind auch Warnungen von anderer Seite, nämlich von Herrn RD ***** vom Landesamt für Finanzen, Dienststelle München, nicht nur im konkreten Verfahren M***** (dies ist nach der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Zeugenaussage von Herrn RD ***** auch in einer Sitzungspause während der mündlichen Berufungsverhandlung geschehen). Herr RD ***** hatte auch mehrmals Kontakt zum Justiziar des BLfD (Herrn *****) in der mit dem Verfahren M***** zusammenhängenden Problematik des Abschlusses noch weiterer Werkverträge. Dessen arbeitsrechtliche Einschätzung der Sach- und Rechtslage hat dem Beklagten ebenfalls über den Justiziar des BLfD vorgelegen.
(1) Die Zeugeneinvernahme von Herrn Dr. ***** am 22.10.2018 hat ergeben, dass nach dem erstinstanzlichen Urteil im Verfahren M***** ein Rechtsanwalt eingeschaltet wurde (Herr Dr. *****), der sich die bisherigen Werkverträge angeschaut hat und Anpassungen vornehmen sollte.
Der Zeuge führte zunächst auf die Frage, ob sich bei den ab Oktober 2010 neu abgeschlossenen Verträgen die Vertragsdurchführungspraxis geändert habe, aus, dass Gegenstand aller Arbeitsschritte davor und auch danach das Fachinformationssystem(FIS)-Handbuch gewesen sei. In diesem seien Handlungsanweisungen an die Einzelnen im Projekt NQ Tätigen enthalten gewesen, wie und wo die Daten in die Datenbank eingegeben würden. Dies habe den Sinn gehabt, die Einheitlichkeit der Denkmalerfassung zu gewährleisten. Im Umgang mit dem FIS-Handbuch habe es natürlich Schulungen vor Ort oder auch dann gegeben, wenn sich Änderungen bei der Denkmalerfassung ergeben hätten.
Nachdem der beauftragte Rechtsanwalt einen Vorschlag gemacht habe, habe Herr Dr. ***** einen Brief an den Beklagten geschrieben, mit dem er ihn darauf hingewiesen habe, vorerst keine weiteren Werkverträge mehr abzuschließen. Im Nachgang zu seinem Brief hätten auch mehrere Gespräche mit dem Beklagten stattgefunden, zudem auch ein ausführlicher E-Mail-Wechsel. In den Leitungsbesprechungen sei dies nach seinen Erinnerungen aber kein größeres Thema gewesen. Thema in den Gesprächen sei allerdings schon gewesen, ob man nicht auf andere Verträge (z.B. mit sachgrundloser Befristung) ausweichen sollte. Dennoch habe der Beklagte in der Folge mehrere Verträge, basierend auf dem von Herrn Rechtsanwalt Dr. ***** übermittelten Vertragsentwurf, abgeschlossen.
(2) Die Zeugeneinvernahme von Justiziar Herrn ***** hat ergeben, dass dieser an der Beauftragung des eingeschalteten Rechtsanwalts Herrn Dr. ***** nicht beteiligt gewesen ist. Die Beauftragung sei nicht mit ihm abgesprochen worden. Er habe später dann nur erfahren, dass nunmehr Werkverträge vorliegen. Er habe auch keine Muster gesehen. Er sei damals irritiert über den Vorgang gewesen und habe das auch so vermerkt. Erfahren habe er es u.a. durch ein Schreiben von Herrn Rechtsanwalt Dr. ***** vom 10.11.2010, worauf er einen Vermerk angefertigt habe.
In der Folge habe er mehrmals Rücksprachen mit dem Beklagten gehabt und ihm mündlich aber auch schriftlich mehrmals darauf hingewiesen, keine weiteren derartigen Verträge mehr abzuschließen, da diese weitreichende Konsequenzen haben könnten. Er sei zu diesem Zeitpunkt auch zur Erörterung der rechtlichen Probleme in ständigem Kontakt mit Herrn RD ***** vom Landesamt für Finanzen, Dienststelle München, gestanden. Anfänglich nur in Bezug auf den Einzelfall M*****, später auch bezüglich des weiteren Vorgangs im Projekt NQ. An der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung habe er teilgenommen. Aufgrund des Prozesses hätten er und Herr RD ***** befürchtet, dass in der Angelegenheit kein Blumentopf mehr zu gewinnen sei. Daraufhin seien seinerseits auch mehrere Hinweise an den Beklagten ergangen, keine weiteren Verträge mehr abzuschließen. Abschließend habe er den Beklagten auch nochmal schriftlich darauf hingewiesen.
Im Verfahren M***** sei ihm, soweit ihm dies noch erinnerlich sei, ein Vertrag vorgelegt worden, den er mitgezeichnet habe. Schon länger davor seien ihm keine Werkverträge mehr vorgelegt worden (Hintergrund war wohl eine Richtlinie zum Abschluss von Werkverträgen), auch später sei er nicht mehr beteiligt worden und habe diese Verträge auch nicht mitgezeichnet. Im Verfahren M***** sei es ihnen dann nur noch darum gegangen, wie sie die Angelegenheit noch irgendwie hätten retten können.
Nach Ansicht des Gerichts kommt vorliegend erschwerend hinzu, dass nach § 5 Abs. 2 BLfD-GO vom 23.6.2004 eine Mitwirkungspflicht des Justiziars bei allen Verfahren, Maßnahmen und (schriftlichen wie mündlichen) Gutachten von rechtlicher Bedeutung (somit auch hier bei dem Abschluss einer Vielzahl von Verträgen durch den Beklagten mit einzelnen Auftragsnehmern im Projekt NQ) bestanden hat. Dennoch hat der Beklagte entgegen den ausdrücklichen Ratschlägen und Warnungen seines Justiziars weitere Verträge abgeschlossen, obwohl dieser die Verträge nicht mitgezeichnet bzw. in Übereinstimmung mit der Rechtsabteilung des LfF München davon ausdrücklich abgeraten hat (vgl. E-Mail Verkehr des Beklagten unmittelbar mit dem Justiziar des BLfD vom 30.9.2010, Anlage K 17, Bl. 103 – 104 der Gerichtsakten, vom 27.10.2010, Anlage K 31, Bl. 289 der Gerichtsakten und vom 26.5.2010, Anlage K 55, Bl. 790 – 792 der Gerichtsakten sowie E-Mail Verkehr des Beklagten mit dem Referatsleiter Denkmalerfassung und Denkmalforschung, Herrn ***** unter Einbeziehung der Auffassung des Justiziars vom 29./30.9.2010, Anlage K 30, Bl. 287 – 288 der Gerichtsakten).
(3) Die Zeugeneinvernahme von Herrn RD ***** vom LfF München hat ergeben, dass dieser schon während des erstinstanzlichen Verfahrens M*****, aber auch in der darauffolgenden Berufungsinstanz, mehrmals Kontakte mit dem Justiziar des BLfD, Herrn ***** gehabt habe. Gegenstand sei dabei nicht nur das Verfahren M*****, sondern auch die damit zusammenhängende Gesamtproblematik des Abschlusses weiterer Werkverträge gewesen. Auch während des Berufungsverfahrens im Fall M***** seien sie in enger Absprache miteinander gestanden, insbesondere um die Schriftsätze, die eingegangen sind, zu besprechen und auf diese zu erwidern.
An der späteren Ausarbeitung eines Mustervertrags von Herrn Rechtsanwalt Dr. ***** sei er nicht beteiligt gewesen. Er habe Herrn Rechtsanwalt Dr. ***** aber als Vertreter des Freistaats Bayern in der Berufungsinstanz im Verfahren M***** vor dem Landesarbeitsgericht München eingeschaltet.
Er habe auch schon während des erstinstanzlichen Verfahrens M***** Hinweise und War-nungen an den Justiziar des BLfD, Herrn ***** erteilt, keine weiteren Verträge, sowohl Werkverträge als auch befristete Arbeitsverträge mehr abzuschließen. Letztere sollten nicht mehr abgeschlossen werden, um ihre eigene Argumentation in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren M***** nicht zu torpedieren. Schließlich habe Herr *****, sein Vertreter, nach dem ersten Urteil M***** auch per E-Mail eine schriftliche Stellungnahme an Herrn ***** geschickt, vom Abschluss weiterer Verträge abzusehen (vgl. die E-Mail von Herrn ***** vom 27.5.2010 als Anlage K 53, Bl. 788 der Gerichtsakten). Es sei aber mehr als eine bloße Stellungnahme, sondern vielmehr eine Warnung gewesen, andernfalls wären unbefristete Planstellen beim BLfD geschaffen worden.
Im späteren Berufungsverfahren seien der Beklagte, Herr Rechtsanwalt Dr. *****, Herr Dr. *****, Herr ***** und er anwesend gewesen. Während einer Sitzungspause hätten sowohl er als auch Herr Rechtsanwalt Dr. ***** den Beklagten nochmals dringend gewarnt, weitere Verträge abzuschließen. Die Warnung sei erstmals persönlich gegenüber dem Beklagten erfolgt, denn vorher habe er nur Kontakt mit Herrn ***** gehabt. Er habe mit Herrn ***** auch während des Revisionsverfahrens noch weiteren Kontakt gehabt. Kontakte direkt zu dem Beklagten oder anderen Mitarbeitern des BLfD habe er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gehabt. Mehr als warnen habe er den Beklagten aber auch nicht können.
Auf Frage des Beklagtenvertreters führte Herr RD ***** noch aus, dass es Warnungen und Hinweise gegeben habe, überhaupt keine Werkverträge mehr abzuschließen. Spezielle Warnungen/Hinweise zu einer Vertragsdurchführung habe es deshalb nicht gegeben.
2.3.3. Für ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten spricht weiterhin insbesondere, dass der von dem Beklagten beauftragte Herr Rechtsanwalt Dr. ***** (bei dessen Beauftragung war auch weder der nach der Geschäftsordnung des BLfD einzubindende Justiziar beteiligt, noch wurde Rücksprache mit dem vorgesetzten Wissenschaftsministerium, insbesondere dem dortigen Grundsatzreferat gehalten) keinen allgemein gültigen Mustervertrag entworfen hat. Vielmehr hat dieser dem Beklagten geraten, den Verlauf der weiteren mündlichen Verhandlungen bzw. das Gerichtsverfahren des Auftragnehmers M***** vor dem Landesarbeitsgericht München noch abzuwarten, um die dort gewonnenen Erkenntnisse noch verwerten zu können.
Der als Zeuge vernommene Herr Rechtsanwalt Dr. ***** hat zudem eindeutig ausgesagt, dass es sich bei dem von ihm überarbeiteten Vertragsentwurf nicht um ein allgemeingültiges Muster (eine sog. Blindcopy für alle abzuschließenden Aufträge an die externen Beschäftigten im Projekt NQ) gehandelt habe, sondern dass dieser nur einen konkreten Einzelfall betroffen habe. Selbst für diesen konkreten Fall hat die Beweisaufnahme ergeben, dass das Vertragsmuster nicht zur sofortigen Verwendung freigegeben war, sondern vielmehr vom beratenden Rechtsanwalt ein Abwarten des weiteren Berufungsverfahrens im Fall M***** angeraten wurde, um die im Laufe des Prozesses zu erwartenden weiteren Erkenntnisse zu berücksichtigen.
Der Zeuge betonte bei seiner Aussage, dass das vom Kläger als Anlage K 16 (Bl. 95 – 102 der Gerichtsakten) eingereichte Vertragsmuster einen Anhang zu einem Schreiben vom 24.9.2010 (und nicht vom 29.9.2010) dargestellt hat, der nur für die konkrete Auftragnehmerin Frau ***** überarbeitet worden sei, aber keinen allgemein gültigen Mustervertrag dargestellt habe. Der Zeuge Herr Rechtsanwalt Dr. ***** nannte es sogar geradezu absurd, wenn man ein gültiges Muster für alle Auftragnehmer hätte entwerfen wollen.
Der spätere Hinweis des Beklagtenvertreters darauf, dass es nach der Zeugenaussage von Herrn Rechtsanwalt Dr. ***** durchaus vorstellbar gewesen wäre, bei genauer Berücksichtigung jedes einzelnen Auftragnehmers (z.B. bei ausreichender Qualifizierung der Auftragnehmer und einer genauen Beschreibung der Tätigkeiten, die noch genügend Freiraum für andere Tätigkeiten oder andere Beschäftigungen zuließe), diese mittels eines Werkvertrags oder eines freien Berufsverhältnisses zu beschäftigen, lässt den Verschuldensvorwurf an den Beklagten auch nicht entfallen.
Zum einen war der Vertragsentwurf nur für einen konkreten Einzelfall erstellt worden und noch nicht zur weiteren Verwendung weder in dem konkreten Fall noch in einer Vielzahl anderer Fälle freigegeben worden. Dies würde auch gerade der Prämisse von Herrn Rechtsanwalt Dr. ***** widersprechen, dass keine schematische Vergabe von Einheitsaufträgen erfolgen dürfe, sondern vielmehr eine Berücksichtigung der jeweiligen Qualifizierung der Auftragsnehmer und eine genaue Beschreibung ihrer Tätigkeiten notwendig sei.
Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass durch die bereits erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Rechtsprechung des Arbeitsgerichts München betreffend eines konkreten Vertragsnehmers im Projekt NQ (M*****) dem Beklagten bewusst war oder dies jedenfalls hätte sein müssen, dass bei den konkret in dem Projekt NQ anfallenden Aufgaben und den dabei zu beachtenden konkreten Vorgaben des FIS-Handbuchs zur einheitlichen Erfassung der Bau- und Bodendenkmäler die rechtliche Einstufung eines sozialversicherungspflichten abhängigen Arbeitsverhältnisses näher gelegen hat als die eines selbständigen nicht sozial versicherungspflichtigen Werkvertragsnehmers. Jedenfalls hätte ihm das Risiko bewusst sein müssen, dass er durch die weitere Auftragsvergabe entgegen jedem fachlichen Rat sozialversicherungspflichtige abhängige Arbeitsverhältnisse begründet.
Im Übrigen teilt das Gericht die Auffassung des Klägers, dass sich auch die ab Oktober 2010 abgeschlossenen Verträge (nunmehr nicht mehr als Werkverträge, sondern als Aufträge bezeichnet) auch nach Überarbeitung durch eine beauftragte Rechtsanwaltskanzlei inhaltlich nicht im Wesentlichen von denjenigen Vertragsmustern unterschieden haben, die der Beklagte bereits im Fall M***** abgeschlossen hat (vgl. die vom Kläger eingereichte Synopse Anlage K 26 sowie ein tabellarischer Vergleich der Verträge als Anlage K 27, Bl. 186 – 191 der Gerichtsakten). Diese sind von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung erstinstanzlich bereits am 12.5.2010 als Arbeitsvertrag eingestuft worden. In der Folge gab es im Fall M***** zudem noch zwei weitere arbeitsgerichtliche Entscheidungen der folgenden Instanzen (Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht).
Der Kläger hat insoweit in seinem Schriftsatz vom 3.12.2018, Bl. 1295 – 1311 weiterhin zutreffend darauf hingewiesen, dass die in dem neuen Vertragsentwurf (als Auftrag bezeichnet) enthaltenen Elemente fast vollständig bereits in dem Vertrag enthalten gewesen seien, der Gegenstand der Entscheidung des BAG vom 25.9.2013 in Sachen M***** gewesen sei.
Der Kläger führt insoweit aus:
Das frühere Vertragsmuster habe als Bezeichnung die Überschrift „Werkvertrag“ enthalten. Diese Bezeichnung sei durch die Überschrift „Auftrag“ ersetzt worden. Die Beschreibung des eigentlichen Vertragsgegenstands sei kaum verändert worden. In dem früheren Vertragsmuster sei die Beschreibung unter der mit Auftragsinhalt überschriebenen Ziffer 2 erfolgt. Unter dieser seien die zu bearbeitenden Landkreise sowie unter den Unterziffern 1 bis 11 die einzelnen Tätigkeiten aufgeführt. Im neuen als Muster verwendeten Vertrag finde sich diese Beschreibung ebenfalls unter Ziffer 2. Diese habe jedoch nicht mehr die Überschrift „Auftragsinhalt“ sondern „Auftragsdurchführung“. Die einleitenden Sätze der früheren Ziffer 2 zum Projekt der Nachqualifizierung gingen nunmehr in der neuen Präambel auf. Die zu bearbeitenden Landkreise seien nunmehr nicht nur unter Ziffer 2, sondern unter Ziffer 1 aufgeführt. Die einzelnen Arbeitsschritte seien weit überwiegend identisch formuliert. Geändert habe sich bisweilen lediglich die Reihenfolge oder es wären unwesentliche Umformulierungen vorgenommen worden.
Die einzige nennenswerte inhaltliche Änderung habe darin bestanden, dass nun unter Ziffer 2 b explizit die Richtlinien des FIS-Handbuchs in Bezug genommen würden. Die Regelung zur Nachbesserungspflicht sei ebenfalls bereits in den vorherigen Vertragsmustern enthalten gewesen. Dort sei sie eigens unter Ziffer 6 geregelt gewesen, während sie sich im neuen als Muster verwendeten Vertrag unter Ziffer 3 d befinde. Dasselbe gelte für die Regelung, dass keine Zahlungspflicht bei Schlecht- oder Nichtleistung bestehe, sowie für die Rückzahlungsregelung.
Die Klausel zur Gewährleistung sei im neuen als Muster verwendeten Vertrag unter Ziffer 3 e aufgenommen. Diese Klausel finde sich im früheren Vertragsmuster noch nicht. Allerdings stelle die neue Klausel lediglich einen deklaratorischen Verweis auf die gesetzlichen Vor-schriften dar. Auch im früheren Vertragsmuster sei unter Ziffer 9 ein Hinweis auf die Bestim-mungen zum Werkvertrag enthalten, der die Gewährleistungsvorschriften bereits miteinge-schlossen habe. Auch die Regelungen zur Vergütung seien inhaltlich kaum verändert. Auch die frühere Regelung sehe Gesamthonorare einschließlich evtl. anfallender Mehrwertsteuer vor. Auch die Möglichkeit für Teilleistungen Rechnungen zu stellen, sei nicht neu. In der neuen Regelung sei allerdings nicht mehr konkret festgelegt, welche Teilleistungen mit welchem Betrag abgerechnet werden könnten. Es finde sich lediglich die Bestimmung, dass angemessene Teilleistungen in Rechnung gestellt werden könnten.
In dem neuen als Muster verwendeten Vertrag würden sich damit lediglich zwei Formulierun-gen finden, die nicht oder nicht in ähnlicher Form bereits in dem früheren Vertragsmuster enthalten gewesen seien. Dies sei zum einen der Passus zur Weisungsfreiheit. Hierzu sei unter Ziffer 4 der Satz „der Auftragnehmer ist bei der Gestaltung und Durchführung seines Auftrags frei“ aufgenommen. Darüber hinaus enthalte das neue Vertragsmuster unter Ziffer 2 b eine Regelung, wonach ein Teil der Aufgaben an Dritte vergeben werden könne. Diese Regelung sei allerdings nicht bei allen Verträgen, die auf dem neuen als Muster verwendeten Vertrag beruhten, enthalten.
Mit den zuvor aufgeführten Vertragsaspekten habe sich bereits ausführlich die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Sache M***** auseinandergesetzt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass diese entgegen der Annahme der Beklagten gerade nicht dazu führten, dass Werkverträge begründet worden seien. Diese Erkenntnisse aus den Entscheidungen der Arbeitsgerichte in der Sache M***** sei nach dem neuen als Muster verwendeten Vertrag auch übertragbar, da keine wesentlichen Änderungen an den Vertragstext vorgenommen worden seien, die eine andere rechtliche Einordnung der Verträge hätte rechtfertigen können. Verändert worden sei lediglich der Regelungsort einzelner Klauseln und die Bezeichnung des Vertrags. Diese Änderungen seien für die Qualifikation des Vertrags als Werk- oder Arbeitsvertrag im Lichte der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Sache M***** aber ohne jegliche Bedeutung.
Auch die neu hinzukommende Formulierung unter Ziffer 4 des neuen als Muster verwendeten Vertrags, dass der Arbeitnehmer bei der Gestaltung und Durchführung seines Auftrags frei sei, ändere hieran nichts. Die Vertragsnehmer hätten trotzdem weiterhin die Regelung des FIS-Handbuchs zu beachten gehabt. Dies enthalte nach Auffassung des BAG (dort Rn. 24) fachliche tätigkeitsbezogene Weisungen, die für ein Arbeitsverhältnis typisch seien. Im Unterschied zu den früheren Vertragsmuster sei im neuen als Muster verwendeten Vertrag in vielen aber nicht in allen Anwendungsfällen unter Ziffer 2 b ein Verweis auf die Richtlinie auf das FIS-Handbuch enthalten. Für die Qualifikation des Vertrags als Arbeitsvertrag sei es unerheblich, ob ein solcher Verweis im Vertrag enthalten sei oder als FIS-Handbuch durch eine Anweisung der im Rahmen der Vertragsdurchführung für verbindlich erklärt werde. Dies habe das Arbeitsgericht Regensburg in seiner Entscheidung beim Auftragnehmer ***** unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH eingehend und überzeugend dargelegt (Arbeitsgericht Regensburg, U.v. 19.5.2016 – 8 C A 172/14 unter II. 2, b, cc, (1), (3) der Entscheidungsgründe).
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich das Gericht an.
Zudem liegen mittlerweile auch zu den ab Oktober 2010 verwendeten neuen Vertragsmustern (nunmehr als Auftragsverhältnis bezeichnet, zuvor noch als Werkvertrag) zwei arbeitsgerichtliche Entscheidungen der Arbeitsgerichte Bamberg (aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.5.2015, verkündet am 25.6.2015) betreffend die Auftragnehmerin ***** (als Anlage K 36, Bl. 380 – 391 der Gerichtsakten) und Regensburg (aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21.4.2016, verkündet am 19.05.2016) betreffend den Auftragsnehmer ***** (im Ordner 1, Register 5 Arbeitsstreitsachen) vor. Die vom Arbeitsgericht Bamberg überprüften Werkverträge bzw. Auftragsverhältnisse betrafen im Übrigen diejenige Auftragnehmerin, für die der vom Beklagten eingeschaltete Rechtsanwalt Dr. ***** einen „neuen“ Vertragsentwurf erstellt hat (vgl. Anlage K 16, Bl. 95 – 102 der Gerichtsakten). Die Arbeitsgerichte qualifizieren die Vertragsverhältnisse jeweils als Arbeitsverträge.
2.3.4. Die schwierige Grenzziehung zwischen Arbeits- und Werkverträgen war dem Beklagten hinlänglich bekannt, wie er selbst mehrfach ausgeführt hat. Dabei ist es auch unerheblich, dass der Beklagte kein (Voll-)Jurist ist. In seiner Eigenschaft als langjähriger Behördenleiter war er mit dem Abschluss einer Vielzahl von Beschäftigungsverhältnissen im Rahmen von diversen Projekten am BLfD betraut. Zudem hat er als Behördenleiter eine interne Richtlinie zum Abschluss von Werkverträgen vom 24.4.2006 (vgl. Anlage K 25, Bl. 183 – 185 der Gerichtsakten) erlassen, die auf die konkreten Abgrenzungsmerkmale- und Probleme zwischen beiden Auftragsverhältnissen (Werkvertrag und Arbeitsvertrag) näher eingeht.
2.3.5. Nach Auffassung des Gerichts wiegt auch schwer, dass sich der Beklagte zu keiner Zeit trotz der Gesamtproblematik und der unsicheren Rechtslage an das vorgesetzte Wissenschaftsministerium gewandt hat (insbesondere nach dem ersten arbeitsgerichtlichen Urteil in Sachen M***** und vor dem Abschluss einer Vielzahl weiterer Aufträge ab Oktober 2010), um das weitere Vorgehen (Abschluss von Werkverträgen, befristeten Arbeitsverträgen etc.) mit diesem zu besprechen und zu beraten, auch um sich selbst und sein weiteres Vorgehen abzusichern. Aufgabe der vorgesetzten Dienstbehörde ist neben der Ausübung der Fachaufsicht aber gerade, den nachgeordneten Behörden bei komplexen Fragestellungen und (rechtlichen) Problemen beratend zur Seite zu stehen.
2.3.6. Schließlich befinden sich in den vorgelegten Behördenakten (vgl. Anlagen im Ordner 1, Register 9) mehrere gleichlautende Schreiben von im Projekt NQ-Tätigen, überwiegend datierend von Ende Oktober 2010 bis Januar 2011, in denen diese erklären, dass ihnen klar sei, dass der an sie vergebene Auftrag zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Ansprüche und Rechte auf eine Festanstellung im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrags begründen könne. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beklagtenvertreter dazu, dass er nicht sagen könne, wie diese Schreiben zustande gekommen seien und was der Hintergrund dafür gewesen sei. Herr RD ***** erklärte für den Kläger hierzu, dass er den näheren Hintergrund der Schreiben auch nicht kenne. Ihm sei nur aufgefallen, dass alle Schreiben gleichlautend gewesen seien. Die Schreiben in Papierform habe er von Herrn Dr. ***** erhalten. Die digitale Version sei auf dem Rechner des Vorzimmers des Beklagten abgespeichert gewesen. Diese vorbereiteten Schreiben stellen für das Gericht ein weiteres Indiz dafür dar, dass sich der Beklagte wohl schon zu dem damaligen Zeitpunkt frühzeitig in Kenntnis der Problematik der Abgrenzung von Arbeits- und Werkverträgen hat absichern wollen, um spätere Ansprüche zu vermeiden.
2.3.7. Der Verschuldensvorwurf an den Beklagten wird auch nicht dadurch entkräftet, weil es seiner Auffassung nach erst auf die spätere Vertragsausführung der von ihm abgeschlossenen Verträge ankommen soll.
Die schuldhafte Dienstpflichtverletzung des Beklagten ist bereits in den Vertrags- bzw. Auftragsabschlüssen, die der Beklagte allesamt selbst unterzeichnet hat, zu sehen. Der vom Beklagtenvertreter vertretenen Auffassung, dass es immer eine Frage des Einzelfalls sei und es insbesondere entscheidend auf die konkrete Vertragsausführung ankomme, weil erst dies einen Werkvertrag gegebenenfalls zu einem Arbeitsvertrag mache, kann das Gericht nicht folgen.
Bereits mit dem Vertragsabschluss ist der Beklagte ein hohes, später nicht mehr kalkulierbares Risiko eingegangen, das sich später dann auch tatsächlich realisiert hat (wie die Statusfeststellungen von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen durch die DRV Bund und die beiden arbeitsgerichtlichen Entscheidungen der Arbeitsgerichte Bamberg (U.v. 25.6.2015) betreffend die Auftragnehmerin ***** und Regensburg (U.v. 19.5.2016) betreffend den Auftragnehmer ***** belegen), obwohl der Beklagte aufgrund seiner Dienstpflichten verpflichtet gewesen ist, mit den bereit gestellten Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern sparsam umzugehen und keine Folgelasten und unüberschaubare Verpflichtungen einzugehen.
Dieses Risiko war für den Beklagten hinlänglich bekannt oder hätte ihm klar sein müssen aufgrund der ihm bereits bekannten arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung im Verfahren M*****, der grundsätzlichen Vergleichbarkeit der neuen Vertragsmuster, weil die im Projekt NQ für die Auftragnehmer/innen anfallenden Tätigkeiten die gleichen wie zuvor waren, nur das Vertragsmuster sich geändert hat ohne Änderung der Vertragsdurchführungspraxis und des Umstands, dass die beauftragte Kanzlei gerade keinen Mustervertrag für eine Vielzahl von Aufträgen entworfen hat und diesen noch nicht einmal zur Verwendung freigegeben hat.
Es kommt daher nicht auf die konkrete Vertragsausführungspraxis nach der Verwendung eines neuen von Herrn Rechtsanwalt Dr. ***** erstellten Vertragsmusters an, das ohnehin nur für einen Einzelfall entworfen und noch nicht einmal zur Verwendung freigegeben worden ist. Im Übrigen ist auch die bei den neu abgeschlossenen Auftragsverhältnissen zugrundeliegende Vertragsausführungspraxis nicht geändert worden, wie der für das Projekt NQ zuständige Abteilungsleiter, Herr Dr. ***** bei seiner Zeugeneinvernahme ausgeführt hat. Die im Projekt NQ-Tätigen waren sowohl vor, als auch nach Abschluss des neuen Vertragsmusters immer noch an die Vorgaben aus dem FIS-Handbuch und die dienstlichen Weisungen der Dienststellen vor Ort gebunden und in die dortige Arbeitsorganisation eingebunden. Dies hat schon das Ziel des NQ-Projekts bedingt, eine einheitliche aktualisierte Denkmalliste zu erhalten, was gerade gegen Handlungsfreiheiten und Gestaltungspielräume der einzelnen Auftragsnehmer spricht.
Im Übrigen hat die Zeugeneinvernahme auch nicht den Vortrag des Beklagten bestätigt, dass er seine Abteilungsleiter immer wieder auf die Notwendigkeit der strikten Vertragsausführung streng orientiert an einen Werkvertrag hingewiesen und diese mehrmals gebeten habe, dies auch an die nachgeordneten Sachgebietsleiter oder Gebietsreferenten weiterzugeben. Herr Dr. ***** hat bei seiner Zeugeneinvernahme ausgesagt, dass es der Beklagte zwar angesprochen habe, aber nicht mehrmals. Soweit es ihm noch erinnerlich ist, sei dies auch kein besonders großes Thema im Rahmen einer sog. Leitungsbesprechung gewesen. Soweit ihm der Beklagte insoweit etwas gesagt habe, auf was er zu achten habe, habe er dies auch so weitergetragen.
Auch der als Protokollführer bei jeder Leitungsbesprechung anwesende Zeuge Herr RR ***** konnte sich auf Nachfrage nicht mehr daran erinnern, dass die Problematik des Abschlusses weiterer Werkverträge und insbesondere die Vertragsausführungspraxis in dem streitentscheidungserheblichen Zeitraum ab Oktober 2010 Gegenstand einer Leitungsbesprechung gewesen sei. Er könne, obwohl er selbst alle Protokolle noch einmal durchgelesen habe, nicht bestätigen, dass der Beklagte die Abteilungsleiter mehrfach darauf hingewiesen habe, genau darauf zu achten, dass die Werkverträge streng orientiert an solchen durchgeführt würden.
Auch aus den vom Kläger vorgelegten Protokollen der Leitunsgsbesprechungen beim Generalkonservator ergibt sich nichts anderes (vgl. insbesondere die Protokolle der Leitungsbesprechung Nr. 7/2010 am 12.7.2010, S. 4 ff., vgl. Anlage K 37, Bl. 461 – 465 der Gerichtsakten sowie Nr. 7/2013 am 30.9.2013, vgl. Anlage K 38, Bl. 466 – 470, die Übrigen Protokolle befinden sich in Ordner 2, Register 9).
2.4. Der Einwand des Beklagten, dass an der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden anderer Bediensteter des BLfD (2.4.2.) bzw. des Wissenschaftsministeriums (2.4.3.) zu berücksichtigen sei, greift ebenfalls nicht durch. Es ist schon fraglich, ob ein Mitverschulden im Rahmen von § 48 BeamtStG überhaupt eingewandt werden kann (2.4.1.).
2.4.1. Wegen der Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer für den Schaden verantwortlicher Beamter (§ 48 Satz 2 BeamtStG) ist dem in Anspruch genommenen Beam-ten die Berufung auf § 254 BGB mit der Begründung, bei der Entstehung des Schadens hätten schuldhafte Pflichtverletzungen anderer Beamter mitgewirkt, grundsätzlich verwehrt. Die gesetzliche Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung würde ihren Zweck verfeh-len, wenn der in Anspruch genommene Beamte jeweils das zur Mithaftung führende Ver-schulden anderer Beamter dem Dienstherrn als dessen Mitverschulden entgegenhalten könnte. Denn bei Anerkennung eines Mitverschuldens wäre der Staat dann, weil er durch Verschulden mehrerer Beamter geschädigt worden ist, wegen der Reduzierung seines Schadensersatzanspruchs schlechter gestellt als bei schuldhafter Schadenszufügung durch einen einzigen Beamten
Die Anwendung von § 254 Abs. 2 BGB kommt aber dann ausnahmsweise in Betracht, wenn dieser andere Beamte den Schaden dadurch schuldhaft mitverursacht hat, dass er eine Dienstpflicht vernachlässigt hat, zu deren Erfüllung namens des Dienstherrn – z.B. auf Grund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht – er gerade gegenüber dem in erster Linie den Schaden verursachenden Beamten verpflichtet gewesen ist (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2017 – 2 C 22/16 – juris Rn. 18 ff.; Conrad, a.a.O., § 48 BeamtStG Rn. 72 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).
Vorliegend waren aber weder die Abteilungsleiter noch die nachgeordneten Referatsleiter sowie der Justiziar des BLfD dafür verantwortlich, den Beklagten – zumal nach bereits erfolgten umfangreichen Hinweisen und Warnungen – vor sich selbst und seinem eigenen Handeln, nämlich dem Abschluss einer Vielzahl von weiteren Auftragsverhältnissen in dem Projekt NQ zu schützen, zumal der Beklagte diesen gegenüber ausdrücklich geäußert hat, seinen Entschluss nunmehr zu respektieren und weitere Diskussionen einzustellen.
2.4.2. Ein Mitverschulden von anderen Mitarbeitern des BLfD an der Entstehung des Schadens, weil sich diese nicht an das vorgesetzte Wissenschaftsministerium oder andere Stellen gewandt haben (insbesondere im Wege einer Remonstrationspflicht), liegt nach Auffassung der Kammer nicht vor.
Nachdem es wie bereits oben ausgeführt nicht auf die konkrete Vertragsausführung der einzelnen Auftragsverhältnisse angekommen ist, sondern nur auf den Abschluss der Verträge, die der Beklagte gegen die Warnungen sämtlicher Beteiligter selbst abgeschlossen hat, kann das Gericht eine schuldhafte Mitwirkung anderer Mitarbeiter (insbes. der mit dem Projekt NQ betrauten Mitarbeiter des BLfD, des Abteilungsleiters Z, Herrn Dr. *****, des Justiziars Herrn *****, einzelner Sachgebietsleiter oder Leiter der Dienststellen vor Ort) nicht erkennen.
Eine Mitteilungs- bzw. Informationspflicht an vorgesetzte Stellen (insbesondere an das Wissenschaftsministerium als Oberste Denkmalschutzbehörde) durch Mitarbeiter des BLfD lässt sich insbesondere auch nicht aus der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht nach § 36 BeamtStG herleiten.
Nach § 36 Abs. 1 BeamtStG tragen Beamtinnen und Beamte für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung. Nach Abs. 2 haben Beamtinnen und Beamte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sich diese, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächsthöhere Vorgesetze oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamten und Beamtinnen sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit und die Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen.
Zunächst hat vorliegend schon keine klassische Remonstrationspflicht in dem Sinn der gesetzlichen Regelung bestanden. Die betreffenden Mitarbeiter des BLfD sind nicht vom Beklagten zu rechtswidrigem Verhalten angewiesen worden und hätten sich diesbezüglich an ihren Vorgesetzten wenden müssen, sondern der Beklagte hat als Behördenleiter selbst Warnungen und Ratschläge seiner Mitarbeiter ignoriert. Darüber hinaus sind die anderen Beamten der Leitungsebene des BLfD ihren Pflichten hinreichend nachgekommen. Sie haben ihre Bedenken gegen die dienstliche Anordnung des Beklagten, weiterhin Werkverträge bzw. Aufträge mit externen Fachkräften abzuschließen, auf dem Dienstweg mehrfach deutlich geäußert und die Mitzeichnung verweigert.
An einer Information des zuständigen Fachministeriums waren die Mitarbeiter des BLfD im Übrigen durch eine Dienstanweisung des Beklagten selbst gehindert gewesen.
Mit der Dienstanweisung vom 19.1.2005 (vgl. DA Nr. 1/2005 vom 19.1.2005 als Anlage K 34, Bl. 297 – 298 der Gerichtsakten) hat der Beklagte bestimmt, dass nach § 46 Abs. 2 Satz 2 BLfD-GO bis auf weiteres jeglicher dienstliche Kontakt von Beschäftigten des Landesamts mit dem Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Staatskanzlei oder anderen Staatsministerien ausschließlich über den Beklagten zu erfolgen habe. Dies habe insbesondere für Schreiben und Telefonate von Beschäftigten und an Beschäftigte der vorgenannten Obersten Dienstbehörden gegolten. Der Beklagte habe sich vorbehalten, einzelne oder generelle Ausnahmen bei Bedarf zu bestimmen. Weiterhin bedürfe der Schriftverkehr des Landesamts mit dem Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Staatskanzlei oder anderen Staatsministerien nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BLfD-GO bis auf weiteres der Unterschrift des Generalkonservators. Auch hiervon könnten bei Bedarf einzelne oder generelle Ausnahmen bestimmt werden (vgl. Nr. 1 der Dienstanweisung).
Die Dienstanweisung Nr. 1/2005 vom 19.1.2005 wurde später noch einmal mit einer Dienstanweisung vom 19.4.2005 (im Ordner 2, Register 10) erläutert: In Ziffer 2 wird ausgeführt, dass die Einhaltung des Dienstwegs entfallen kann, wenn es sich um eilige, regelmäßige, wiederkehrende oder einfache Angelegenheiten handelt. Zu den regelmäßig wiederkehrenden Angelegenheiten gehören insbesondere der technische Vollzug des Entschädigungsfonds und die Zusammenarbeit mit den internationalen Arbeitsgemeinschaften. Die Mitglieder der Leistungsbesprechung wurden am 24.1.2005 gebeten, in diesen Bereichen die Sachbearbeitung in bisheriger Weise im Sinne einer generellen Ausnahme fortzusetzen. Ausnahmen würden ferner gelten, wenn eine unmittelbare Kommunikation durch den Generalkonservator ausdrücklich zugelassen ist. Nach der Ziffer 3 sind darüber hinausgehende aktive dienstliche Kontakte (Anrufe, Schreiben, Gespräche etc.) durch Beschäftigte des Landesamts mit höheren Behörden zu unterbinden. Passive Kontakte sind in der von der höheren Behörde vorgegebenen Eilbedürftigkeit zu behandeln. Ist eine sofortige, z.B. fernmündliche Auskunft zu nicht regelmäßig wiederkehrenden bzw. nicht einfachen Angelegenheiten erforderlich, und ist die Antwort nicht auf dem Dienstweg abzugeben, ist die erbetene Auskunft mit unverzüglich nachfolgender oder gleichzeitiger (cc bei E-Mail) Berichterstattung auf dem Dienstweg an den Generalkonservator zu erteilen.
Hierzu hat der als Zeuge vernommene Justiziar des BLfD, Herr ***** ausgeführt, dass er den Beklagten mündlich aber auch schriftlich mehrmals darauf hingewiesen habe, keine weiteren derartigen Verträge mehr abzuschließen, da dies weitreichende Konsequenzen haben könne. Zu diesem Zeitpunkt sei er auch mit Herrn RD ***** vom LfF München in Kontakt gestanden. Indem er sich mehrmals an den Beklagten gewandt habe, um ihn davon abzuhalten, weitere derartige Beschäftigungsverhältnisse abzuschließen, habe er nach seiner Auffassung beamtenrechtlich ausreichend remonstriert.
Ebenso hat sich der als Zeuge vernommene Herr Dr. *****, der für die Durchführung des Projekts NQ zuständige Abteilungsleiter im BLfD, mehrmals an den Beklagten gewandt und ihn ebenfalls darauf hingewiesen, bis zur endgültigen obergerichtlichen Klärung keine Verträge mehr abzuschließen. Auch hätten mehrere Gespräche mit dem Beklagten, zudem auch ein ausführlicher E-Mail-Wechsel stattgefunden.
Auch der als Zeuge vernommene Herr Dr. ***** vom Wissenschaftsministerium (vgl. S. 16, 3. Absatz der Sitzungsniederschrift) gab an, dass die Dienstanweisung, nach der ein Austausch zwischen Landesamt und Ministerium nur über den Beklagten stattzufinden habe, im Befugnisbereich des Beklagten gelegen habe. Das Wissenschaftsministerium habe dann Anfragen an den Behördenleiter weitergeleitet.
Insoweit kann den Ausführungen des Beklagten im Erörterungstermin vom 17.5.2018 (S. 4 oben der Niederschrift, vgl. Bl. 732 der Gerichtsakten), dass die Einhaltung des Dienstweges vor allem den Sinn hatte, dass Mitarbeiter nicht hinter seinem Rücken Kontakte zu oberen Stellen führten, aber ihr Recht, sich dort ggf. zu beschweren, nicht eingeschränkt werden sollte, nicht gefolgt werden. Allein der objektive Regelungsinhalt der Dienstanordnung Nr. 1/2005 und deren spätere Konkretisierung durch die Dienstanweisung vom 19.4.2005 sprechen schon gegen die vom Beklagten dargestellte Sichtweise.
2.4.3. Auch liegt nach Auffassung des Gerichts kein Mitverschulden des Wissenschaftsministeriums vor, insbesondere nicht in Form eines Organisationsverschuldens, weil der Kläger kein Compliance-System zur Überwachung und Kontrolle der im Projekt NQ zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel entwickelt hat.
Aus allen dem Gericht vorgelegten Unterlagen (vgl. Sachstandsberichte in Ordner 1, Register 7, Niederschriften des Landesdenkmalrats (LDR) in Ordner 1, Register 8 und Protokolle der Leitungsbesprechungen in Ordner 2, Register 9), der Beantwortung der Fragen des Gerichts vom 18.10.2016 (Bl. 525 – 526 der Gerichtsakten) mit Schreiben vom 29.11.2016 (Bl. 529 – 560 der Gerichtsakten) und der Zeugeneinvernahme von Herrn Dr. ***** ergibt sich, dass das zuständige Wissenschaftsministerium weder in die Vertragsvergabe noch in die Vertragsabwicklung eingebunden war und unterrichtet worden ist.
Das Ministerium ist durch die Statusberichte des BLfD zwar allgemein über das Projekt NQ informiert worden, die Problematik der Werkverträge und der Arbeitsgerichtsstreit des Vertragsnehmers Herrn M***** sind aber nicht erwähnt worden. Dementsprechend hatte das Ministerium ohne genauere Kenntnisse von den Vorgängen auch keine Möglichkeit, noch rechtzeitig einzugreifen. Bei pflichtgemäßer unmittelbarer Unterrichtung durch den Beklagten auch über das weitere Vorgehen zur Vermeidung weiteren Schadens wäre dies jedoch möglich gewesen und wäre ein Schaden in der nunmehr entstandenen Größenordnung zu verhindern gewesen.
Herr Dr. ***** bestätigte bei seiner Zeugeneinvernahme insoweit, dass dem Wissenschaftsministerium bekannt gewesen sei, dass das BLfD von den für das Projekt NQ zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln externe Beschäftigte mittels Werkverträgen für die Durchführung der Aufgaben gewonnen habe. Da der Abschluss von Werkverträgen nicht grundsätzlich zweifelhaft sei, sei für das Staatsministerium kein Anlass zur Nachprüfung erkennbar gewesen. Jedoch habe das Ministerium erstmals über eine Stellungnahme des BLfD ca. im Mai/Juni 2013 über die konkrete Werksvertragsproblematik mit Herrn M***** erfahren. Von der gesamten Problematik des Abschlusses einer Vielzahl von Werkverträgen auch noch nach dem gerichtlichen Verfahren mit Herrn M***** habe das Ministerium erst durch einen Hinweis von Herrn Dr. ***** nach dem Ausscheiden des Beklagten erfahren (ca. Mitte Dezember 2013).
Die Zeugenaussage von Herrn Dr. ***** deckt sich auch mit den Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 5.7.2018 (vgl. Bl. 758 ff., 762 – 765 der Gerichtsakten) zur Beantwortung der im Erörterungstermin aufgeworfenen Frage des Gerichts zur Kenntnis der Werkvertragsproblematik seitens des Staatsministeriums.
Danach habe das Staatsministerium von dem arbeitsrechtlichen Verfahren M*****, das mit Urteil des BAG vom 25.9.2013 entschieden worden sei, erstmals durch ein Schreiben von Herrn M***** vom 28.11.2012 Kenntnis erlangt. Nach Stellungnahme des BLfD vom 19.12.2012 sei erst mit erneuter Stellungnahme des BLfD vom 11.7.2013 auf die Werkvertragsproblematik allein in diesem Fall hingewiesen worden. Daher habe sich für das Staatsministerium der Fall M***** zu dieser Zeit als reiner Einzelfall dargestellt. Das Staatsministerium sei erstmals durch einen mündlichen Hinweis von Herrn Dr. ***** einige Tage nach dem Ausscheiden des Beklagten aus dem aktiven Dienst an Ministerialrat Dr. ***** als Leiter des Referats für Denkmalschutz und -pflege darüber informiert worden, dass über den Fall M***** hinaus noch viele andere problematische Verträge bestehen würden und weitere Verträge des Beklagten am 26.11.2013 unterzeichnet worden seien. Hierüber habe Ministerialrat Dr. ***** sowohl den Leiter des zuständigen Sachgebiets der Abteilung als auch die Leitung des Grundsatzreferats für Dienst- und Arbeitsrecht umgehend informiert. Darüber hinaus habe der Kläger von der Gesamtproblematik über den Einzelfall M***** hinaus auch im Zusammenhang mit der Beantwortung einer schriftlichen Anfrage eines Landtagsabgeordneten vom 21.10.2013 betreffend „Scheinwerkverträge mit dem Freistaat Bayern“ Kenntnis erlangt.
Bei seiner Zeugeneinvernahme führte Herr Dr. ***** weiterhin glaubhaft aus, dass das Ministerium zwar durch allgemeine Berichte u.a. auch über den Landesdenkmalrat (so z.B. in den Jahren 2008/2009) über den Fortgang des Projekts unterrichtet worden sei, Gegenstand dieser Berichte seien aber überwiegend fachliche Fragen gewesen, nicht jedoch die Beschäftigung von externen Beschäftigten. Trotz des regelmäßigen Kontakts des Beklagten mit dem Ministerium betreffend allgemeine denkmalrechtliche Fragen (auch neben dem Projekt NQ), habe eine konkrete Nachfrage oder Rückmeldung des Beklagten nicht stattgefunden, um sich beim Abschluss weiterer Verträge mit externen Beschäftigten abzusichern. Dass seitens des Landesamts eine Kanzlei zur Erarbeitung eines Mustervertrags für den Abschluss weiterer Werkverträge eingeschaltet worden sei, habe das Ministerium auch nicht gewusst.
Auch hat es keine konkreten Vorgaben gegeben, wie die dem Landesamt zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel zu verwenden sind (insbesondere Abschluss bestimmter Verträge). Die Mittel sind zunächst aus der eGovernment-Initiative, später dann über den Haushaltstitel 1574 zur Verfügung gestellt worden. Die Verwendung der Mittel hat in der Verfügungshoheit des Landesamts gelegen.
Die im Erörterungstermin insoweit aufgeworfenen Fragen des Gerichts, beantwortete der Kläger mit Schriftsatz vom 5.7.2018 (vgl. Bl. 758 – 760 der Gerichtsakten) wie folgt:
„Zur Zweckgebundenheit der Haushaltsmittel im Staatshaushalt bei Einzelplan 15, Kapitel 1574 führte der Kläger aus, dass in einer ersten Phase des Projekts NQ die notwendigen technischen und fachlichen Grundlagen erarbeitet worden seien. In dieser Projektphase hätten Sondermittel aus den Programmen IZB (Initiative Zukunft Bayern) sowie HTO (High Tech Offensive) zur Verfügung gestanden. Diese Mittel seien seinerzeit im Haushalt des Einzelplans 13 bei Kapitel 1312 Titel 52688 ausgebracht worden. Von dieser Finanzierung seien die streitgegenständlichen Verträge nicht betroffen gewesen. Ab dem Jahr 2006 sei die Finanzierung der Projektverträge ausschließlich aus Mitteln des Einzelplans 15, Kapitel 1574 und zwar aus den Titelgruppen 73 (Inventarisierung der Kunst- und Bodendenkmäler Bay-erns), 74 (Bodendenkmäler) und 75 (Kunst- und Geschichtsdenkmäler) erfolgt. Eine detail-lierte Aufstellung der geleisteten Zahlungen und der dafür in Anspruch genommenen Titel-gruppe (2005 bis 2014) finde sich in Anlage K 49 (vgl. Bl. 766 – 776 der Gerichtsakten).“
Da die Projektverträge haushaltsmäßig wie Werkverträge abgewickelt worden seien, wären die Zahlungen aus den jeweiligen Titeln für sächliche Verwaltungsausgaben erfolgt. Dies sei im Falle der Titelgruppe 73 der Titel 547 73-5, im Fall der Titelgruppe 74 der Titel 547 74-4 und im Falle der Titelgruppe 75 der Titel 547 75-3. Die genannten Titelgruppen enthielten jeweils den Haushaltsvermerk „Titel der Titelgruppe gegenseitig deckungsfähig“ (vgl. Art. 20 Abs. 2 BayHO). Dadurch sei die sachliche Bindung der einzelnen Ausgabeansätze an den vorgegebenen Ausgabentitel durchbrochen. Die für die einzelnen Titel ausgebrachten Mittel könnten vielmehr für jeden Titel der Titelgruppe ausgegeben werden. Es sei daher nur erforderlich, die Summe der insgesamt pro Titelgruppe zugewiesenen Ausgabemittel nicht zu überschreiten. Die Titelgruppen 73, 74 und 75 seien über die einzelnen Haushaltsjahre hinweg seit 2005 gleich aufgebaut gewesen. Lediglich der Wegfall der Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten habe ab dem Haushaltsjahr 2009 zu einer Änderung der ausgebrachten Titel geführt. Bis einschließlich zum Haushaltsjahr 2008 habe es für Arbeiter und Angestellte in jeder Titelgruppe zwei unterschiedliche Titel gegeben (Titel 425 für die Vergütungen der Angestellten und 426 für die Löhne der Arbeiter). Ab dem Haushaltsjahr 2009 seien diese beiden Titel in dem Titel 428 (Vergütungen der Arbeitnehmer) überführt worden, so dass ab diesem Zeitpunkt die Titel 425 und 426 weggefallen seien. Aufgrund der geschilderten gegenseitigen Deckungsfähigkeit der Titel hätten damit in jeder der drei Titelgruppen anstelle von Werkverträgen auch Arbeitsverträge haushaltsrechtlich vollzogen werden können.
In den Titelgruppen 73 und 74 wäre dafür auch noch erheblich finanzieller Spielraum gewesen, da dort in den meisten Haushaltsjahren Ausgabereste von bis zu 400.000,– EUR übrig geblieben seien. Eine Aufstellung der in den Titelgruppen zur Verfügung stehenden Mittel in den Haushaltsjahren 2005 bis 2014 sei als Anlage K 50 (vgl. Bl. 777 der Gerichtsakten) beigefügt. Es wäre also haushaltsrechtlich möglich gewesen, anstelle der gewählten Werkverträge befristete Arbeitsverträge abzuschließen und abzuwickeln. Dafür hätten insbesondere keine zusätzlichen Mittel oder Planstellen im Haushaltsplan ausgebracht werden müssen.
Auf Nachfrage erklärte der Zeuge Dr. *****, dass es durchaus üblich (gewesen) sei, dass das BLfD die hier streitgegenständliche Vielzahl von Verträgen in seiner eigenen Entscheidungsmacht abgeschlossen habe, da im Geschäftsbereich des Wissenschaftsministeriums eine relativ großzügige Delegation von Aufgaben an das Landesamt für Denkmalpflege bestanden habe und bestehe.
Dies zeigen auch die unstreitigen Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 5.7.2018 zu den Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des für das BLfD zuständigen Staatsministeriums (vgl. Bl. 758 ff., Bl. 763 – 764):
Der Geschäftsbereich des für das BLfD zuständigen Staatsministeriums (seinerzeitiges Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst [StMWFK] bzw. in Folge Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst /Bereich Wissenschaft und Kunst [StMBW] sowie das bestehende Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst [StMWK]) sei durch eine ausgeprägte dezentrale Struktur gekennzeichnet. Verwaltungszuständigkeiten insbesondere im Bereich Personal und Haushalt würden weitestgehend bei den nachgeordneten Einrichtungen liegen, die insoweit eigenverantwortlich ohne Beteiligung des Staatsministeriums handeln würden. Die Delegation personalrechtlicher Zuständigkeiten beruhe im Beamtenbereich auf der Verordnung über dienstrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (ZustV-WFKM) vom 3.1.2011 und im Bereich der tariflich Beschäftigten/Arbeitnehmer auf den Zuständigkeitsregelungen für den Arbeitnehmerbereich im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (Zust-AN-WFKM) vom 28.11.2006. Danach erstrecke sich die ausschließliche Zuständigkeit des BLfD auf Beamte/Beamtinnen bis einschließlich der BesGr. A 14 (vgl. § 1 Nr. 10 ZustV-WKFM) und auf Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen bis einschließlich Entgeltgruppe 14 TV-L (vgl. Nr. 1.2.1.3 Zust-AN-WKFM). Da die jeweiligen Haushaltsmittel in den einzelnen Haushaltsjahren dem BLfD durch Zuweisungsschreiben zugewiesen worden seien, sei ausschließlich das BLfD für den Haushaltsvollzug diesbezüglich zuständig. Eine detaillierte Aufschlüsselung der zugewiesenen und verausgabten Haushaltsmittel für die Projektverträge finde sich in der als Anlage K 49 vorgelegten Übersicht.
Der Kläger hat insoweit darauf hingewiesen, dass mit diesen weitreichenden Befugnissen der nachgeordneten Dienststellen und deren Leitungen im Personal- und im Haushaltsbereich auch die Obliegenheit korrespondiere, das Staatsministerium als oberste Dienstbehörde beim Auftreten rechtlicher Probleme insbesondere grundsätzlicher Art umfassend zu informieren und einzubinden. Dem sei der Beklagte, obwohl ihm auch diese Zusammenhänge bekannt gewesen seien, nicht nachgekommen.
Weiterhin erklärte der Zeuge Dr. ***** auch, dass der Kläger früher gehandelt hätte, wenn sich Mitarbeiter rechtzeitig an das Ministerium, insbesondere das Grundsatzreferat gewandt hätten (insbesondere zu einem früheren Zeitpunkt, z.B. im Juni 2010 nach dem ersten Urteil im Verfahren M*****). Das Grundsatzreferat wäre dann umgehend eingeschaltet worden, um zu überprüfen, welche rechtlich einwandfreien Möglichkeiten es zur Fortführung des Projekts gegeben hätte. Diesbezüglich hätte das Ministerium aufgrund dessen fachaufsichtlichen Weisungsrechts auch ein „Stoppschild“ in der Hand gehabt und auf diese Weise einen Abschluss von weiteren Werkverträgen stoppen können.
Auf die Frage, ob es für die „Problematik Werkverträge“ Richtlinien gebe oder eine Art Compliance-System, führte der Zeuge Dr. ***** aus, dass er nur für sein Denkmalreferat sprechen könne. Dort liege die Verantwortung bei der Dienststelle und das Wissenschaftsministerium sei lediglich Ansprechpartner. Für die Zukunft sei jedoch mit dem Grundsatzreferat des Ministeriums ein Schreiben entwickelt und dem Landesamt übermittelt worden, wie künftig in derartigen Fällen vorzugehen sei. Die am Landesamt für Denkmalpflege bestehende interne Richtlinie zum Abschluss für Werkverträgen vom 24.4.2006 sei ihm jedoch nicht bekannt.
Auch ein Versagen der Organisationsstrukturen kann das Gericht vorliegend nicht erkennen. Den Dienstherrn trifft zwar wie jeden Anspruchsgläubiger im Schadensersatzrecht die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB (dazu später unter 2.8.) hinsichtlich der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Statusfeststellungsbescheide der DRV-Bund). Die Schadensminderungspflicht setzt voraus, dass entweder eine organisatorische Vorkehrung getroffen worden ist, aufgrund derer ein anderer Beschäftigter als der Schädiger zum (schadensmindernden) Handeln verpflichtet ist, oder aber dass bei sinnvoller Organisation eine entsprechende Vorkehrung nahe gelegen hätte und damit die Schadenshöhe wesentlich durch einen Organisationsmangel des Dienstherrn bestimmt ist. Hierbei ist aber zu sehen, dass der Dienstherr bei dem notwendig sparsamen Umgang mit Ressourcen zwar naheliegende Schäden von Gewicht durch Vorkehrungen im Interesse der Allgemeinheit begegnen muss, aber hierzu im Interesse des Schädigers nur als schuldrechtliches Minimum aus § 254 Abs. 2 BGB verpflichtet ist. Die Rechtsposition des Schädigers ergibt sich in erster Linie aus der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht. Damit kann sich der Schädiger regelmäßig nicht darauf berufen, der Dienstherr müsste mehr Kontrollmechanismen einrichten, um gerade sein unrichtiges Handeln zu bekämpfen. Die Frage der Kontrolldichte bleibt im organisatorischen Freiraum der Exekutive. Der Dienstherr und damit die Allgemeinheit hat das Recht, in Gestaltung des Ziels „Schlanker Staat“ die letzte Verantwortung einem einzelnen Beamten aufzubürden (vgl. Kommentar zum BeamtStG, Conrad, § 48 BeamtStG Rn. 73).
Es hat vorliegend aber kein Bedarf für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen bestanden, wie auch Herr RD ***** zutreffend ausgeführt hat. Nach der Reform des Landesamts war sichergestellt, dass durch die Installierung eines Justiziars – der gerade nach § 5 Abs. 2 der BLfD-GO auch an den grundsätzlichen Angelegenheiten beteiligt werden sollte – ausreichend juristischer Sachverstand am Amt vorhanden war. Zudem hat es auch am Wissenschaftsministerium ein Referat für Grundsatzfragen diesbezüglicher Art gegeben, das der Beklagte jederzeit in Anspruch hätte nehmen können.
Im Übrigen hätte es sich dem Beklagten geradezu aufdrängen müssen, sich bei den auch ihm bekannten schwierigen Abgrenzungsfragen zwischen Werk- und Arbeitsverträgen, den entgegenstehenden arbeitsgerichtlichen Urteilen und den Ratschlägen von – auch im Arbeitsrecht – fachlich kompetenten Mitarbeitern des BLfD sowie Dritten (Herr Rechtsanwalt Dr. ***** und Herr RD ***** vom Landesamt für Finanzen), dadurch abzusichern, dass er das zuständige Fachministerium einschaltet. Darauf hat ihn auch der Justiziar Herr ***** ausdrücklich in seiner E-Mail vom 30.9.2013 unter Nr. 5 hingewiesen (vgl. Anlage K 17, Bl. 103 – 104 der Gerichtsakten): „…das Risiko weiterer Vertragsabschlüsse nicht einzugehen, außer die Oberste Denkmalschutzbehörde hat (dann wohl vermutlich nur mit Zustimmung des StMF) dies ausdrücklich (schriftlich) vorab gestattet.“
2.5. Die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und dem eingetretenen Schaden ist gegeben.
Durch den Abschluss einer Vielzahl von Auftragsverhältnissen hat der Beklagte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse abgeschlossen, die nach einer Überprüfung durch die DRV in Statusfeststellungsverfahren und Betriebsprüfungen zu einer späteren Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, Säumniszuschlägen und Lohnsteuernachzahlungen des Klägers geführt haben.
2.6. Es liegen auch keine Rechtfertigungsgründe für das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten vor.
Die vom Beklagten angesprochene Vervollständigung der Denkmalliste zur Erfüllung eines gesetzlichen Auftrags stellt keinen Rechtfertigungsgrund für ein dienstpflichtwidriges schuldhaftes Verhalten dar. Zum einen hat die Eintragung eines Bau- oder Bodendenkmals in die Denkmalliste lediglich nachrichtlichen Charakter (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG) und ist nicht konstitutiv für das Vorliegen eines Denkmals (vgl. BayVGH, U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 18; BayVGH, U.v. 19.12.2013 – 1 B 12.2596 – juris Rn. 17), somit stellt die Aufgabe schon keine gesetzliche Pflichtaufgabe dar (vgl. insoweit auch den E-Mail-Verkehr zwischen dem Justiziar des BLfD Herrn ***** und dem Beklagten zur Thematik „Kernaufgaben des BLfD“ vom 30.9.2010 unter Nr. 3 als Anlage K 17, Bl. 103 – 104 der Gerichtsakten).
Zum anderen könnte selbst ein gesetzlich zu erfüllender Auftrag keine Rechtfertigung dafür darstellen, schuldhafte Dienstpflichtverletzungen zu begehen. Soweit nämlich gesetzliche Aufgaben mit dem vorhandenen Personal und/oder den zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln nicht zu erfüllen sind, hätten seitens des Beklagten als Behördenleiter Hinweispflichten an die vorgesetzte Behörde bestanden. Jedenfalls stand es dem Beklagten nicht zu, selbst Abhilfe dadurch zu schaffen, indem er eine Vielzahl von Mitarbeitern mit Vertragsverhältnissen in dem Projekt NQ beschäftigt, die dann zu späteren Nachzahlungsverpflichtungen oder sogar unbefristeter Übernahme der Mitarbeiter führen.
2.7. Der Beklagte hat dem Kläger den aus sämtlichen von ihm im Zeitraum von Oktober 2010 bis November 2013 abgeschlossenen Aufträgen entstandenen Schaden (Nachzahlung der Arbeitnehmeranteile für die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge nebst Säumniszuschlägen) zu ersetzen.
Der dem Kläger entstandene Schaden besteht vorliegend darin, dass der Beklagte seit Oktober 2010 bis November/Dezember 2013 in einer Vielzahl von Fällen keine Werkverträge, sondern Arbeitsverträge abgeschlossen hat (vgl. insoweit die Aufstellung aller im streitgegenständlichen Zeitraum abgeschlossener Verträge in den zuletzt aktualisierten Anlagen K 57 und K 58 mit allen namentlich benannten Auftragsnehmer/innen in der zuletzt aktualisierten Anlage K 59, die vollständigen Aufträge und Auftragsänderungen in den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Ordnern I – III sowie die Schadensberechnung in der zuletzt aktualisierten Anlage K 61). Es handelt sich dabei um 45 Auftragnehmer/innen (vgl. Anlage K 59, Bl. 1008 – 1009 der Gerichtsakten, korrigiert um die Auftragnehmer/innen mit den Nrn. 8, 25, 31, 40, 47, 50 sowie Nrn. 39, 45 und 46 der Anlage K 59, vgl. Schriftsatz des Klägers vom 18.10.2018, Bl. 1002 – 1003 der Gerichtsakten), mit denen der Beklagte insgesamt 77 als Aufträge bezeichnete Verträge (vgl. die Anlagen K 57 und K 58, Bl. 1005 – 1006 und Bl. 1007 der Gerichtsakten) abgeschlossen hat. Von den zunächst in der Schadensberechnung des Klägers berücksichtigten 91 Verträgen mit 54 Auftragnehmer/innen sind 14 Aufträge mit 9 Auftragnehmer/innen herausgefallen.
Vom Kläger sind insoweit keine Sozialversicherungsbeiträge und keine Lohnsteuern für die Arbeitnehmer gezahlt worden. Dementsprechend hat der Kläger Nachzahlungen der Sozialversicherungsleistungen leisten müssen. Diese Verpflichtung hat sich aus den Betriebsprüfungsbescheiden der DRV-Bund nach § 28p SGB IV ergeben, in denen die Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge festgesetzt worden ist. Gemäß § 28e SGB IV hat der Kläger den Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen müssen und Säumniszuschläge gem. § 24 Abs. 1 SGB IV zu leisten gehabt, da Sozialversicherungsbeiträge bis zum Ablauf des Fälligkeitstages nicht gezahlt worden sind. Diese Aufwendungen wären nicht entstanden, wenn der Beklagte befristete Arbeitsverträge oder tatsächlich Werkverträge unter Änderung der Durchführungspraxis abgeschlossen hätte. Für die ab Oktober 2010 geschlossenen Verträge ist der Schaden für die gesamte von der DRV festgestellte Versicherungszeit entstanden.
2.7.1. Zur Schadensfeststellung des dem Kläger entstandenen Schadens ist zunächst grundsätzlich von der Differenzhypothese auszugehen, das heißt dem Vergleich der Vermögenslage beim geschädigten Freistaat Bayern vor dem Abschluss der Aufträge durch den Beklagten und nach dem Abschluss der Aufträge. Seitens des Klägers wurde dabei zugunsten des Beklagten der hypothetische Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen unterstellt. Der Schaden besteht danach in der Differenz zwischen zwei Güterlagen: Der tatsächlich durch das Schadensereignis geschaffenen und der unter Ausschaltung dieses Ereignisses gedachten. Ein Vermögensschaden ist gegeben, wenn der jetzige tatsächliche Wert des Vermögens des Geschädigten geringer ist, als der Wert, den das Vermögen ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde.
Die Rechtsprechung hat in einer nicht immer geradlinig verlaufenden Rechtsfortbildung Ausnahmen von der Differenzhypothese zugelassen und in bestimmen Fallgruppen einen Schaden auch dann bejaht, wenn sich durch eine Differenzrechnung keine Vermögensminderung feststellen lässt. Die Literatur hat diese Entwicklung der Rechtsprechung teils zustimmend, überwiegend aber kritisch begleitet und ist mit eigenen Lösungsvorschlägen hervorgetreten.
Für eine Abgrenzung des Schadensbegriffs sind vor allem Kommerzialisierungsgedanken und die Lehre vom normativen Schaden von Bedeutung. Zum normativen Schaden ist auszuführen, dass bei der Abgrenzung des Schadensbegriffs auch Wertungen zu berücksichtigen sind, die sich aus dem Zweck der heranzuziehenden Normen ergeben. Wenn der Verletzte während seiner Arbeitsunfähigkeit seinen Lohn weiterbezieht oder vom Arbeitgeber, Dienstherrn oder Sozialversicherungsträger Leistungen mit Lohnersatzfunktion erhält, werden diese beim Vermögensvergleich nicht berücksichtigt. Es ist der Verdienst der Lehre vom normativen Schaden, dass sie diesen Ansatz weiterentwickelt und aufgezeigt hat, dass aber auf allgemeine Rechtsgrundsätze beruhende Bewertungen korrigierend auf die Differenzrechnung einwirken können. Einigkeit besteht aber darüber, dass auf die Differenzhypothese als zentrale Kategorie des Schadensbegriffs nicht verzichtet werden kann. Die Lehre vom normativen Schaden weist auf notwendige Korrekturen hin, kann die Differenzhypothese aber nicht ersetzen (vgl. dazu auch Palandt, 76. Auflage 2017, Vorb. v. § 249 BGB Rn. 10 ff.).
2.7.2. Der Kläger hat bei der Feststellung des Schadens den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen als rechtmäßiges Alternativverhalten zugunsten des Beklagten unterstellt, was vom Gericht nicht zu beanstanden ist.
Es kann ohnehin dahingestellt bleiben, ob der Abschluss befristeter Arbeitsverträge überhaupt ein rechtmäßiges Alternativverhalten (hierzu allgemein, vgl. Palandt, a.a.O. vor § 249 BGB, Rn. 64 ff.) dargestellt hätte oder wie der Beklagtenvertreter ausführt, dies aufgrund der gesetzlichen Regelungen des Gesetzes über die Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG) und der hierzu ergangenen Rechtsprechung ebenfalls sehr risikoreich gewesen wäre. Nach Auffassung des Gerichts hätte es ein rechtmäßiges Alternativverhalten wohl nur dargestellt, wenn der Beklagte nach den eindringlichen Warnungen und Hinweisen seiner Mitarbeiter zunächst überhaupt keine Verträge mehr bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage durch die Gerichte bzw. durch das vorgesetzte Wissenschaftsministerium – was aber wiederum bedingt hätte, dass dieses überhaupt von den Vorgängen in Kenntnis gesetzt worden wäre – abgeschlossen hätte.
Bei der Schadensberechnung ist der Kläger zugunsten des Beklagten dennoch davon ausgegangen, welcher Schaden dem Freistaat Bayern entstanden wäre, wenn der Beklagte befristete Arbeitsverhältnisse abgeschlossen hätte. Andernfalls wäre der eingetretene Schaden noch (viel) höher ausgefallen, wenn gegenüber dem Beklagten auch die Arbeitgeberanteile noch geltend gemacht worden wären.
Die Annahme von befristeten Arbeitsverhältnissen hatte nämlich zur Folge, dass nur die Arbeitnehmeranteile, die wegen der Frist des § 28g Satz 3 SGB IV (vom Kläger) von den einzelnen Auftragnehmern/innen nicht mehr zurückgefordert werden konnten, vom Kläger als Schaden geltend gemacht wurden. Ein unterbliebener Abzug darf nach § 28g Satz 3 SGB IV nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden. Die Arbeitgeberanteile wären beim Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen ohnehin angefallen und vom Kläger zu tragen gewesen. Die Arbeitnehmeranteile wären dagegen von den Auftragnehmern zu tragen gewesen, die der Auftraggeber durch den Abzug vom Arbeitsentgelt geltend macht, was vorliegend aber nicht geschehen ist.
2.7.3. Der Schaden (Schadensumfang und Schadensberechnung) wurde von Klägerseite auch nachvollziehbar dargelegt.
Grundlage der Schadensberechnung des Klägers waren alle vom Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2010 bis November 2013 abgeschlossenen 77 Verträge (in den zuletzt aktualisierten Anlagen K 57 und K 58) mit den in der Anlage K 59 namentlich bezeichneten 45 Auftragnehmern/innen. Die vollständigen Aufträge sind in den in der mündlichen Verhandlung am 22.10./23.10.2018 übergebenen drei DIN A4-Ordnern I – III enthalten. Die Berechnung des dem Kläger dadurch entstandenen Gesamtschadens in Höhe von 729.657,08 EUR ergibt sich aus der zuletzt mit Schriftsatz vom 18.10.2018 eingereichten aktualisierten Anlage K 61 (Bl. 1035 – 1054 der Gerichtsakten) und den Erläuterungen des Klägers hierzu in seinem Schriftsatz vom 18.10.2018 (Bl. 1000 ff. der Gerichtsakten).
Abgezogen von dem in der Anlage K 61 geltend gemachten Betrag von 733.542,55 EUR wurde nach den Erläuterungen in dem Schriftsatz vom 18.10.2018 und zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor der Antragstellung noch ein Betrag von 3.885,47 EUR, so dass sich insgesamt ein Schaden von 729.657,08 EUR ergibt. Der Betrag von 3.885,47 EUR ergibt sich daraus, dass die Beträge für die Auftragnehmer ***** (in Höhe von 1.665,20 EUR) und ***** (in Höhe von 1.599,90 EUR) sowie die jeweiligen dazugehörigen Säumniszuschläge (in Höhe von 316,39 EUR bei dem Auftragnehmer ***** und in Höhe von 303,98 EUR bei dem Auftragnehmer *****) nicht mehr eingefordert wurden. Die geltend gemachte Schadenshöhe wurde vom Beklagten auch nicht substantiiert angegriffen, sondern lediglich pauschal bestritten, indem vorgetragen wurde, dass die Berechnung des Schadens richtig aber auch falsch sein könnte.
Zur Schadensberechnung verweist das Gericht im Übrigen vollumfänglich auf die nachvollziehbaren Berechnungen und Aufstellungen des Klägers zunächst in der Anlage 47 zum Schriftsatz vom 15.11.2017 (Bl. 647 – 667 der Gerichtsakte), die auf der Anlage 46 zum Schriftsatz vom 28.7.2017 (Bl. 597- 621 der Gerichtsakte) basiert. Die Anlagen K 46 und K 47 wurden später nochmals überarbeitet und aktualisiert zuletzt als Anlagen K 60 (Bl. 1010 – 1034) und K 61 (Bl. 1035 – 1054) zum Schriftsatz vom 18.10.2018 (Bl. 1000 ff.) vorgelegt. Zudem wurden in der mündlichen Verhandlung alle in der Anlage K 47 bzw. zuletzt aktualisierten Anlage K 61 für die Schadensberechnung berücksichtigten Verträge vorgelegt (vgl. die im Termin am 22.10./23.10.2018 übergebenen drei DIN A4-Ordnern I – III: Aufträge NQ Baudenkmäler bzw. Bodendenkmäler). Damit ist auch eine konkrete Zuordnung der einzelnen vom Beklagten abgeschlossenen Verträge mit den jeweils im Projekt NQ tätigen Auftragsnehmern/innen sowie deren Beschäftigungszeiträume erfolgt.
Grundlage für die eigenen Berechnungen des Klägers (vgl. Schriftsatz vom 28.7.2017 unter III. Feststellung des Schadens (Bl. 593 ff.) waren die fünf Betriebsprüfungsbescheide der DRV-Bund vom 2.3.2015, 21.9.2015, 23.2.2016, 11.5.2016 sowie 24.8.2016 (vgl. Ordner 1, Register „Bescheide, Betriebs- und Statusprüfungen“), die einen Gesamtbetrag an Nachzahlungsbeträgen in Höhe von 1.693.707, 20 EUR festgestellt haben (vgl. auch die Zusammenstellung auf Bl. 594 der Gerichtsakten).
In diesem Gesamtbetrag waren nach den Ausführungen des Klägers aber nicht alle getätigten Nachzahlungen an die Sozialversicherung enthalten. Da im Bescheid der Betriebsprüfung vom 2.3.2015 bezüglich der Auftragnehmerin Frau ***** der Prüfzeitraum vom Beschäftigungszeitraum abgewichen sei, habe der erhobene Nachzahlungsbetrag nur einen Teil des Beschäftigungszeitraums auf der Grundlage des ersten von dem Beklagten mit Frau ***** geschlossenen Vertrages abgedeckt. Aufgrund dessen habe der Kläger Nachzahlungen für den Zeitraum vom 20.6.2013 bis zum 14.5.2014 geleistet. Der zusätzliche Nachzahlungsbetrag für Frau ***** betrage 18.424,90 EUR. Bezüglich der Auftragnehmerin Frau ***** wurde das arbeitsgerichtliche Verfahren mit ihr in 2. Instanz vergleichsweise beendet und aufgrund des geschlossenen Vergleichs zahle der Kläger noch Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 71.580,22 EUR nach. Im Ergebnis sind vom Kläger insgesamt somit 1.783.712,32 EUR an die Sozialversicherung nachgezahlt worden.
Da die Bescheide der Betriebsprüfung der DRV nicht den jeweiligen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil der einzelnen Versicherungszweige getrennt ausgewiesen haben, hat der Kläger zu Ermittlung des Schadens eigene Berechnungen angestellt. Diese basierten auf den vom Landesamt Finanzen zur Verfügung gestellten im jeweiligen Zeitraum geltenden Beitragssätzen. In der Anlage K 46 wurden die Ergebnisse der Berechnung aufgeschlüsselt nach den einzelnen Einzugsstellen (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile an den gesetzlichen Versicherungen: Krankenversicherung (KV), Pflegeversicherung (PV), Rentenversicherung (RV), Arbeitslosenversicherung (AV) und Mutterschaftsaufwendungen(U2)) dargestellt. Insgesamt liegt der Gesamtnachzahlungsbetrag nach der Eigenberechnung des Klägers bei 1.783.713,45 EUR (somit um 1,13 EUR höher als die Summe aus den Bescheiden ergänzt um die vorstehenden erläuterten Nachzahlungen für die Auftragnehmerinnen ***** und *****).
Die vom Kläger geleistete Nachzahlung wurde aber gegenüber dem Beklagten nicht in voller Höhe geltend gemacht. Bei der Ermittlung des gegenüber dem Beklagten geltend zu machenden Schadens hat der Kläger zutreffend berücksichtigt, dass die an die Sozialversicherungen geleisteten Nachzahlungen sämtliche im Projekt NQ Beschäftigten und die nicht abgeführten Beiträge ab dem Beitragsjahr 2009 umfassten. Ein durch die schuldhafte Dienstpflichtverletzung des Beklagten verursachter kausaler Schaden lag jedoch nur hinsichtlich der Verträge vor, die der Beklagte nach dem 12.10.2010 abgeschlossen hat. Der Kläger ist zudem bei der Schadensberechnung zugunsten des Beklagten davon ausgegangen, dass anstelle der mangelhaften Werkverträge befristete Arbeitsverträge abgeschlossen worden wären. Aus diesem Grund wurden als kausaler Schaden nur die nachgezahlten Arbeitnehmeranteile (nicht zusätzlich auch noch die Arbeitgeberanteile) sowie anteilig die Säumniszuschläge geltend gemacht.
Um den Abgleich zwischen den verschiedenen im Laufe des Verfahrens vorgelegten Unter-lagen zur Schadensberechnung übersichtlicher zu gestalten, wurden mit Schriftsatz des Klägers vom 18.10.2018 (Bl. 1000 ff.) die bisherigen Anlagen nochmals aktualisiert. Die Anlagen K 57 „Bereich Baudenkmäler, Vertragsabschlüsse im Zeitraum Oktober 2010 – Dezember 2013“ (Bl. 1005 – 1006 der Gerichtsakten) und K 58 „Bereich Bodenkmäler, Vertragsabschlüsse im Zeitraum Oktober 2010 – Dezember 2013“ (Bl. 1007 – 1009 der Gerichtsakten) enthalten jeweils eine unveränderte Übersicht aus den zu Beginn des Verfahrens zum Schriftsatz vom 19.12.2014 eingereichten Anlagen K 2 (Bl. 30 – 31 der Gerichtsakten) und K 3 (Bl. 32 der Gerichtsakten), jeweils ergänzt um eine Spalte mit einer durchlaufenden Nummerierung der Vertragsnehmer. Als Anlage K 59 (Bl. 1008 – 1009 der Gerichtsakten) wurde eine Übersicht vorgelegt, aus der die vollständigen Namen der in den vorstehend genannten Anlagen aufgeführten Vertragsnehmer hervorgehen. In der Anlage K 60 (Bl. 1010 – 1034 der Gerichtsakten) sind die in den Anlagen K 57 und K 58 hinzugefügten Nummern in die ansonsten unveränderte Anlage K 46 übertragen worden, um die Zuordnung zu erleichtern. In der Anlage K 61 (Bl. 1035 – 1054 der Gerichtsakten) sind die in der Anlage K 57 und K 58 hinzugefügten Nummern in die ansonsten unveränderte Anlage K 47 übertragen worden.
Ergänzend hierzu erläuterte der Kläger im Schriftsatz vom 18.10.2018, dass einige der in den Anlagen K 2 und K 3 bzw. nunmehr aktualisiert in den Anlagen K 57 und K 58 aufgeführten Vertragsnehmer bzw. Verträge in den Berechnungen K 46 und K 47 bzw. nunmehr aktualisiert in den Anlagen K 60 und K 61 nicht mehr aufgeführt seien. Der Grund dafür sei, dass im Zeitpunkt der Klageerhebung die Statusprüfung und die Betriebsprüfung noch nicht abgeschlossen gewesen seien. Bei einem Teil der Vertragsnehmer (6 Auftragnehmer/innen) habe die Statusprüfung nicht zu dem Ergebnis geführt, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe. Für die im Einzelnen im Schriftsatz aufgeführten Auftragsnehmer habe der Kläger auch keine Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt, so dass sie folgerichtig auch nicht mehr bei der Schadensberechnung aufgeführt seien. Betroffen seien folgende Vertragsnehmer aus der Anlage K 59: ***** (Nr. 8), ***** (Nr. 25), ***** (Nr. 31), ***** (Nr. 40), ***** (Nr. 47) und ***** (Nr. 50) (Bl. 1002 der Gerichtsakten).
Zwei weitere Auftragsnehmer/innen aus der Anlage K 59 seien ebenfalls aus der Schadensaufstellung herausgefallen, weil bei einem (dem Vertragsnehmer ***** (Nr. 39)) der NQ-Vertrag einvernehmlich aufgelöst worden sei, ohne dass dieser eine Leistung erbracht und abgerechnet habe, so dass der Vertrag folgerichtig nicht in die Schadensberechnung eingeflossen ist. Eine andere Auftragnehmerin (***** (Nr. 76) sei richtigerweise nicht in die Schadensberechnung einbezogen worden, da sie im relevanten Zeitraum keinen NQ-Vertrag abgeschlossen habe (vgl. Bl. 1002 der Gerichtsakten).
Bei dem erneuten Abgleich durch den Kläger seien aus der Schadensberechnung nach Anlage K 47 auch die Verträge mit dem Auftragnehmer Herrn ***** herausgefallen, weil dieser nach den nochmals geprüften Unterlagen im relevanten Zeitraum keinen NQ-Vertrag abgeschlossen habe. Dementsprechend sei der Auftragnehmer Herr ***** auch nicht in den Übersichten Anlage K 2 und K 3 aufgeführt und die Schadensposition in Höhe von 1.665,20 EUR aus der geltend gemachten Schadensersatzforderung herausgenommen worden. Ferner seien auch anteilig die entsprechenden Säumniszuschläge reduziert worden. Teil der Schadensberechnung nach Anlage K 47 seien auch die mit dem Auftragnehmer Herrn ***** geschlossenen Verträge gewesen. Bei den mit ihm geschlossenen Verträgen (siehe Anlage K 3 bzw. Anlage 59, Nr. 45) handle es sich jedoch nicht um NQ-Verträge, sondern wie bei der Auftragnehmerin Frau ***** um echte Werkverträge zur Funderfassung. Die Schadensposition in Höhe von 1.599,99 EUR sei daher aus der geltend gemachten Schadensersatzforderung ebenfalls herausgenommen worden. Auch der Säumniszuschlag sei anteilig reduziert worden.
2.8. Der Kläger ist auch seiner Schadensabwendungs- bzw. minderungspflicht nach §§ 254 Abs. 2 bzw. 839 Abs. 3 BGB analog hinreichend nachgekommen.
2.8.1. Die Schadensersatzpflicht des Dienstherrn wird nicht nur gemindert, sondern sogar ausgeschlossen, wenn und soweit es die Betroffenen vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen haben, durch Gebrauch eines möglichen Rechtsmittels oder sonstiger Rechtsbehelfe gegen das pflichtwidrige Verhalten des Dienstherrn vorzugehen und damit Schaden abzuwenden (vgl. BVerwG, U.v. 28.5.1998 – 2 C 29/97 – juris; U.v. 11.2. 2009 – 2 A 7/06 – NVwZ 2009, 787). Dieser Grundsatz ist vorliegend auch auf die Schadensersatzpflicht des Beklagten gegenüber seinem Dienstherrn zu übertragen, soweit sich der Kläger nicht ausreichend gegen die Bescheide der DRV Bund zur Wehr gesetzt hätte. Dieser Grundsatz entspricht dem mit § 254 BGB verwandten, aber darüber hinaus gehenden Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB. Er beansprucht auch im Öffentlichen Recht, insbesondere im Beamtenrecht, Geltung (vgl. BVerwG, U.v. 28.5.1998, a.a.O. Rn. 16; explizit zur entsprechenden Anwendung von § 839 Abs. 3 BGB in Fällen von § 31 Soldaten-gesetz vgl. VG Koblenz, U.v. 4.11.1982 – 6 K 89/91 – DÖD 1983, 231).
Der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB soll damit ein Wahlrecht zwischen der unmittelbaren Korrektur eines für rechtswidrig gehaltenen staatlichen Handelns und einem späteren Schadensersatzverlangen ausschließen – Verbot des „dulde und liquidiere“. Der in Betracht kommende, zeitnah in Anspruch zu nehmende und durch Art. 19 GG gewährleistete gerichtliche Primärrechtsschutz ist am ehesten zur Aufklärung und Würdigung komplexer Verwaltungsentscheidungen geeignet. Der Geschädigte kann zeitlich lange zurückliegende komplexe Sachverhalte im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Schadensersatzklage nicht neu aufrollen, wenn er den zeitnahen Primärrechtsschutz nicht in Anspruch genommen hat. Nimmt der Geschädigte eine für rechtwidrig gehaltene Benachteiligung hin und lässt es damit zu, dass sie Grundlage weiteren staatlichen Handelns wird, hat er das im Ergebnis in einem späteren Schadensersatzprozess gegen sich gelten lassen (OVG NW, U.v. 12.12.2013 – 1 A 71/11 – juris). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass auf den Rechtsbehelf hin die angegangene Behörde bzw. das angerufene Gericht aus nunmehriger Sicht „richtig“ entscheiden wird, d.h. den Rechtsfehler aufdeckt und soweit noch möglich korrigiert.
Unter den extensiv auszulegenden Begriff des „Rechtsmittels“ im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB fallen sämtliche Rechtsbehelfe, die sich gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung richten, deren Beseitigung oder Berichtigung bezwecken und der Abwendung des Schadens dienen. Selbst ein förmlicher Antrag, etwa eine Bewerbung, kann ein Rechtsmittel in diesem Sinne darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.2002 – 2 C 19/01 – juris; OVG NW, U.v. 15.11.2006 – 6 A 131/05 – juris). Unzweifelhaft stellen die Anfechtungs- und Untätigkeitsklage für das verwaltungsgerichtlichen Verfahren Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB dar (Sprau in Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 839 BGB Rn. 69). Überdies wären auch (weitere) Rechtsmittel gegen eine zunächst auf einen Rechtsbehelf oder ein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ergangene Entscheidung eingeschlossen, da auch diese sich noch unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung richten (OVG NW, B.v. 10.6.2010 – 6 A 1932/09 – juris). Bei einem Unterlassen oder sonst rein tatsächlichem Verhalten des Dienstherrn kämen auch formlose Gegenvorstellungen in Betracht, ohne dass aber eine mögliche Inanspruchnahme des förmlichen Rechtsschutzes durch Widerspruch bzw. Gerichtsverfahren entbehrlich wird (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1985 – 2 C 12/82 – NVwZ 1986, 481).
2.8.2. Auch wenn der Kläger nur in fünf Einzelfällen Widersprüche gegen die Statusfeststellungsbescheide der DRV eingelegt hat, ist er seiner Schadensminderungspflicht hinreichend nachgekommen bzw. kann das Gericht insbesondere unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens keine schuldhafte Nichteinlegung von Rechtsbehelfen erkennen.
Denn die Einlegung von Rechtsbehelfen setzt jedenfalls hinreichende Erfolgsaussichten voraus, die es aufgrund der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zu gleich gelagerten Fällen von Auftragsnehmern im Projekt NQ (in dem Verfahren des Auftragnehmers M***** zum alten Vertragsmuster „Werkvertrag“ sogar von drei Instanzen sowie in den Verfahren der Auftragnehmer ***** und ***** zum neuen Vertragsmuster „Auftrag“ jeweils erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Entscheidungen) und der ausführlich begründeten Statusfeststellungsbescheide (der DRV) nicht gegeben hat. Im Hinblick auf die geschilderte Rechtslage hätten weitere Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen der DRV-Bund nach zutreffender Bewertung des Klägers zum damaligen Zeitpunkt keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Die getroffene Entscheidung, von weiteren Rechtsbehelfen abzusehen, stellt daher keine Obliegenheitsverletzung seitens des Klägers dar.
In der einschlägigen Kommentarliteratur ist zur Schadensabwendungs- bzw. minderungspflicht Folgendes ausgeführt:
Eine schuldhafte Nichteinlegung des Rechtsmittels bedeutet nämlich Vorwerfbarkeit i.S.d. § 254 BGB. Abzustellen ist darauf, welches Maß an Sorgfalt und Umsicht von Angehörigen des betroffenen Personenkreises zu verlangen ist. Bei Rechtsunkenntnis muss der Geschädigte rechtskundigen Rat einholen, bei mehreren möglichen Rechtsbehelfen grundsätzlich, wenn zumutbar, das Effektivere wählen. Die Nichteinlegung eines Rechtsmittels ist jedoch dann nicht schuldhaft, wenn dem Verletzten, dessen Gebrauch nicht zugemutet werden kann, z.B. wegen geringer Erfolgsaussicht oder wegen hoher Risiken des damit erreichbaren Erfolgs (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 76. Aufl. 2017, § 254 BGB Rn. 45 und § 839 BGB Rn. 71 ff.).
Die Obliegenheit zur Schadensminderung kann dem Geschädigten den Gebrauch von Rechtsbehelfen gebieten. Erforderlich ist jedoch, dass der Rechtsbehelf Aussicht auf Erfolg verspricht. Der Geschädigte ist nicht gehalten, jeder theoretischen Möglichkeit nachzugehen. Wer z.B. einen der herrschenden Meinung entsprechenden Steuerbescheid hinnimmt, verstößt deshalb nicht gegen seine Obliegenheit zur Schadensminderung. Auf die Art des konkret in Betracht kommenden Rechtsbehelfs kommt es nicht an. Bei vom Schädiger zu beweisender Erfolgsaussicht hat der Geschädigte notfalls Klage zu erheben (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, Band 2, 5. Aufl. 2007, § 254 BGB Rn. 56 bzw. Band. 5, 5. Aufl. 2009, § 839 BGB Rn. 329 ff.).
Dem Geschädigten kann es obliegen, zur Schadensabwendung oder -minderung einen Rechtsbehelf einzulegen. Auf einen Prozess mit höchst zweifelhaften Erfolgsaussichten braucht sich der Geschädigte freilich in der Regel nicht einzulassen. Ebenso wenig kann ihm in der Regel wegen der Hinnahme eines erstinstanzlichen Urteils ein Vorwurf gemacht werden, auch nicht wegen der Hinnahme eines der herrschenden Meinung entsprechenden Steuerbescheids (vgl. Staudinger, Kommentar zum BGB 2017, § 254 BGB Rn. 74 ff. (Rn. 93)).
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist bei der Prüfung, ob der Verletzte es schuldhaft unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auf die Verhältnisse des Verkehrskreises, dem der Verletzte angehört, mithin darauf abzustellen, welches Maß an Umsicht und Sorgfalt von Angehörigen dieses Kreises verlangt werden muss. Die Frage, ob der Geschädigte fahrlässig den Gebrauch eines Rechtsmittels unterlassen hat, hängt davon ab, ob er die nach den gegebenen Umständen sowie die nach seinem Bildungsstand und seiner Geschäftsgewandtheit gebotene Sorgfalt nicht beachtet hat. Kein Verschulden beim Nichtgebrauch liegt vor, wenn die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels so gering oder zweifelhaft ist, dass dem Verletzten dessen Gebrauch nicht zuzumuten ist oder er nicht damit rechnen kann, durch die Einlegung eines Rechtsmittel wesentlich schneller ans Ziel zu kommen (vgl. Staudinger, Kommentar zum BGB 2013, § 839 BGB Rn. 345 ff.).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat es der Kläger im vorliegenden Verfahren jedenfalls nicht schuldhaft unterlassen, über die eingelegten fünf Widersprüche gegen die Statusfeststellungsbescheide der DRV hinaus auch noch sozialgerichtliche Klagen (selbst in nur einem Einzelfall als Musterklage) einzulegen. Unter Berücksichtigung der oben angeführten Rechtsprechung und Kommentierungen zu § 254 Abs. 2 BGB gibt es nämlich keine Rechtspflicht, stets Rechtsbehelfe gegen behördliche Entscheidungen einzulegen, sondern nur bei hinreichenden Erfolgsaussichten. Diese haben hier aber nicht bestanden.
Vorliegend sind die Besonderheiten dieses Verfahrens zu berücksichtigen und zu würdigen. Es hat ausreichend arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zu Vertragsnehmern und deren Tätigkeiten in dem Projekt NQ vorgelegen, als sich der Kläger die Frage nach dem Umfang seiner zu ergreifenden Rechtsbehelfe zu stellen hatte, um seiner Schadensabwendungs- bzw. Schadensminimierungspflicht ausreichend nachzukommen. Die Ergebnisse der Entscheidungen der Arbeitsgerichte in Sachen M***** (noch zu dem alten Vertragsmuster), ***** und ***** (schon zu dem neuen Vertragsmuster) konnten gerade auch für die Frage, ob sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen haben, vom Kläger herangezogen werden. Auch wenn die Begriffe des Arbeitsverhältnisses nach § 611a BGB und des Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht identisch sind, steht dies einer Übertragbarkeit in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen. Denn im Ergebnis fallen die Begriffe wegen der überwiegend gleichartigen Voraussetzungen der von § 611a Abs. 1 BGB und der sozialrechtlichen Rechtsprechung zugrunde gelegten Kriterien zumeist zusammen (vgl. Kommentar ERFK-Rolfs, 19. Aufl. 2019, SGB IV, § 7 Rn. 2).
2.8.2.1. Für eine Übertragbarkeit der arbeitsgerichtlichen Entscheidungen spricht zunächst, dass unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen ein durch einen Arbeitsvertrag nach § 611a BGB begründetes Arbeitsverhältnis einen Unterfall einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV darstellt.
Nach § 611a BGB wird durch den Arbeitsvertrag der Arbeitnehmer im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
§ 7 Abs. 1 SGB IV definiert eine Beschäftigung im Sinne des Sozialrechts als die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der Kommentierung von Knospe in: Hauck/Noftz, SGB, 02/16, § 7 SGB IV Rn. 4 ist die Frage des Beschäftigungsverhältnisses zwar ausschließlich nach dem Recht der Sozialversicherung zu beurteilen. Der Tatbestand der Beschäftigung ist nicht deckungsgleich mit dem Tatbestand des Arbeitsverhältnisses und der nichtselbständigen Arbeit im Steuerrecht; gleichwohl ist in der Fußnote 3 unter Verweis auf BSG, SozR 2200, § 165 Nr. 45, S. 68 ausgeführt: Durch die Einbeziehung des Arbeitsverhältnisses in den Beschäftigungsbegriff des § 7 Abs. 1 SGV IV sind die arbeitsrechtlichen Grundsätze zum Arbeitsverhältnis auch zugleich Abgrenzungskriterien des Sozialversicherungsrechts geworden.
In der Kommentierung unter Rn. 35 erläutert Knospe zu § 7 Abs. 1 SGB IV die Beschäftigung als nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Diese ist nach dem Willen des Gesetzgebers dahingehend auszulegen, dass eine Beschäftigung stets dann anzunehmen ist, wenn nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen ein Arbeitsverhältnis besteht (vgl. auch die amtliche Begründung zu § 7, BT-Drucks., 7/4122, S. 31 (M 010 S. 5). In dieser Schnittmenge besteht Identität zwischen Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis. Jedoch geht das Beschäftigungsverhältnis insoweit über das Arbeitsverhältnis hinaus, als es auch im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses besteht und z. B. auch bei arbeitnehmerähnlichen Tätigkeiten gegeben sein kann.
Der Beschäftigtenbegriff nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV schließt Arbeitsverhältnisse explizit mit ein, indem er die Beschäftigung als die nichtselbständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis definiert. Der sozialrechtliche Beschäftigtenbegriff ist damit weiter gefasst und nicht auf Arbeitsverhältnisse in einem engen arbeitsrechtlichen Sinn beschränkt (BSG, U.v. 27.7.2011 – B 12 KR 10/09 R). Auch der Gesetzgeber selbst ist davon ausgegangen, dass Arbeitsverhältnisse nach arbeitsrechtlichen Maßstäben stets sozialrechtliche Beschäftigungsverhältnisse darstellen.
In der Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 1 SGB IV ist ausgeführt: „Die Vorschrift stelle zunächst klar, dass eine Beschäftigung dann vorliege, wenn eine Arbeit unselbständig, d.h. mit dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers ausgeübt werde. Darüber hinaus bestimme sie, dass eine Beschäftigung stets dann anzunehmen sei, wenn nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen ein Arbeitsverhältnis bestehe; dabei komme es nicht darauf an, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen worden sei oder ob es sich um ein sog. faktisches Arbeitsverhältnis handle. Wie nach geltendem Recht sei jedoch das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Beschäftigungsverhältnis nicht vollkommen identisch; eine Beschäftigung i.S.d. Sozialversicherung könne auch bei arbeitnehmerähnlichen Tätigkeiten vorliegen“ (BT-Drs. 7/4122, 31).
2.8.2.2. Zudem bestehen hinsichtlich der Kriterien, wann ein Arbeitsverhältnis unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten und ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis unter sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten vorliegt, auch in der Rechtsprechung des BAG und des BSG Parallelen.
Vergleicht man die gesetzlichen Regelungen in § 611a BGB und § 7 Abs. 1 SGB IV gerade auch unter Berücksichtigung der einschlägigen aktuellen Rechtsprechung des BAG und des BSG (vgl. statt vieler z. B. BSG, U.v. 6.9.2018 – B 2 U 18/17 R – juris Rn. 15 ff.; BAG, U.v. 17.10.2017 – 9 AZR 792/16 – juris; BAG, U.v. 21.11.2017 – 9 AZR 117/17 – juris; BSG, U.v. 14.3.2018 – B 12 R 3/17 R – juris Rn. 17) ist festzustellen, dass zwischen den beiden Fachgerichtsbarkeiten deutliche Parallelen und wechselseitig Bezugnahmen aufeinander bestehen. Dementsprechend nimmt das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung auch ausdrücklich Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Es spricht somit alles dafür, dass die rechtliche Bewertung der Werkvertrags- bzw. Auftragsverhältnisse der Auftragnehmer M*****, ***** und ***** (wie sie der Beklagte in zahlreichen Fällen konkret im Projekt NQ abgeschlossen hat), die von den Arbeitsgerichten als unselbständige Arbeitsverhältnisse angesehen worden sind, auch unter sozialgerichtlichen Gesichtspunkten als sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu beurteilen gewesen wären.
Soweit in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung teilweise Kriterien (insbesondere das Tragen eines unternehmerischen Risikos etc.) bei der Auslegung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses stärker hervorgehoben werden als die von der Arbeitsgerichtsbarkeit herangezogenen Kriterien, spielt dies im vorliegenden Verfahren keine entscheidungserhebliche Rolle, nachdem die vom Landesamt für Denkmalpflege beschäftigten Auftragnehmer allesamt in die Organisation der jeweiligen Dienststellen des BLfD eingebunden waren, ihre Aufgaben streng an den Vorgaben des FIS-Handbuches orientiert waren und sie allesamt kein unternehmerisches Risiko getragen haben.
Dafür spricht auch die vom Kläger geschilderte konkrete Vertragsausführung der Auftragnehmer im Projekt NQ: Die externen Fachkräfte haben Bau- oder Bodendenkmäler bearbeitet und nachqualifiziert. Ihre Tätigkeit haben sie wegen der notwendigen Dateneingabe in die behördeneigene Datenbank in den Dienststellen des BLfD erbringen müssen. Der Arbeitsort ist abhängig vom jeweiligen Standort der Ortsakten gewesen. Einen Schlüssel zu den Dienststellen hatten die externen Fachkräfte nicht besessen. Sie hatten zu den üblichen Arbeitszeiten der Dienststellen gearbeitet, der Zugang zum Fachinformationssystem Denkmalpflege (FIS) ist über einen PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung ermöglicht worden. Zeitweise und teilweise verfügten sie zudem über eine dienstliche E-Mail-Adresse und sind im Outlook-Adressverzeichnis aufgeführt worden. Die externen Fachkräfte sind in den Arbeitsablauf der jeweiligen Dienststelle des BLfD weitgehend eingegliedert worden. Zudem sind sie auch inhaltlichen Weisungen unterworfen gewesen. Bereits die Richtlinien des Projekthandbuchs einschließlich der Formulierungsvorgaben der Listentexte enthielten fachliche tätigkeitsbezogene Weisungen. Darüber hinaus hatten die externen Fachkräfte den fachlichen Weisungen der zuständigen Referenten des Landesamts für Denkmalpflege unterlegen.
2.8.2.3. Hinzu kommt, dass die Bescheide der DRV-Bund von einer Bundesbehörde erlassen worden sind, die grundsätzlich nach Art. 20 Abs. 3 GG zu rechtmäßigem Handeln verpflichtet ist, so dass nicht von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass diese fehlerhafte Bescheide erlassen hat. Zudem haben die Bescheide umfangreiche Feststellungen (gerade auch unter Einbeziehung der sozialgerichtlichen Rechtsprechung) enthalten und es ist nicht nur eine oberflächliche Prüfung erfolgt, wie der Beklagte mutmaßt. Hinzu kommt weiter, dass vor Erlass der einzelnen Bescheide der DRV-Bund jeweils ein umfangreicher Fragenkatalog an das BLfD übersandt (vgl. exemplarisch den Beispielsfall des Auftragsnehmers *****, bei dem zur weiteren Sachbearbeitung 27 Fragen an das BLfD gestellt worden sind, Bl. 1222 der Gerichtsakte) und auch um die Vorlage sämtlicher Verträge ab Tätigkeitsbeginn gebeten worden ist, um sachgerecht beurteilen zu können, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat oder nicht.
Soweit der Beklagte einwendet, dass die Bescheide der DRV (vgl. Anlagenkonvolut 28, Bl. 192 – 285 der Gerichtsakten; Anlage K 48, Bl. 668 – 694 der Gerichtsakten bzw. Ordner 1, Register 6, Bescheide Betriebs- und Statusprüfungen) alle nach Form und Inhalt nahezu identisch aufgebaut und formuliert seien, so ist dies nicht weiter verwunderlich. Nachdem auch die einzelnen Aufträge der im Projekt NQ-Tätigen gleichlautend formuliert waren, lassen sich naturgemäß in den Bescheiden der DRV-Bund deutlich mehr Merkmale finden, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen, als solche für eine selbständige Tätigkeit. Somit ist es für das Gericht nachvollziehbar, dass die Bescheide der DRV auch einen gewissen Gleichlaut aufweisen.
Dass die Aufträge im NQ-Projekt nahezu alle gleichgelagert waren, hat der Beklagte im Übrigen mit Schreiben vom 13.11.2018 (Bl. 1255 – 1256 der Gerichtsakten) auch selbst im Zusammenhang damit eingeräumt, dass das von Herrn Rechtsanwalt Dr. ***** entworfene Vertragsmuster zwar für nur einen konkreten Einzelfall einer Auftragnehmerin erstellt worden sei, er dieses Muster aber dennoch für alle anderen Aufträge auch habe verwenden können, weil diese alle nahezu identisch, zumindest ähnlich und vergleichbar gewesen seien. Dementsprechend habe der Beklagte das vorgelegte Muster (Entwurf) für den Abschluss der weiteren Verträge genutzt.
Die Prüfung durch die DRV-Bund wurde auch kritisch und gewissenhaft durchgeführt. Dies wird schon dadurch belegt, dass von dem Kläger im Rahmen seiner Schadensberechnung zunächst in Ansatz gebrachte Auftragsverhältnisse (zu einem Zeitpunkt als die Status- und Betriebsprüfungen der DRV-Bund noch nicht abgeschlossen gewesen waren) bei einem Teil der Vertragsnehmer nicht zu dem Ergebnis geführt haben, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat. Für diese Vertragsnehmer hat der Kläger schließlich auch keine Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge nachgezahlt, so dass sie später bei der Aktualisierung der Schadensaufstellung und der Schadensberechnung in den Anlagen 60 und 61 (s.o.) auch nicht mehr aufgeführt wurden (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 18.10.2018, S. 3, Bl. 1002 der Gerichtsakten).
2.8.2.4. Zudem hat der Kläger ein konkretes Prüfsystem hinsichtlich der Überprüfung der Statusfeststellungsbescheide der DRV-Bund entwickelt und diesbezüglich exemplarisch erläutert, wie die Bescheide im Sachgebiet G4 Personal und Haushalt eingehend geprüft worden sind:
Danach ist ein Muster für die Prüfung der Bescheide der DRV-Bund entwickelt worden. Nach den Ausführungen des Klägers sei der erste Prüfschritt in dem dafür zuständigen Personalreferat (G 4) erfolgt. Dort sei geprüft worden, ob die Sachverhaltsdarstellungen der Bescheide nach Kenntnis des Personalreferats zutreffend, vollständig und widerspruchsfrei seien. Außerdem sei geprüft und dokumentiert worden, ob weitere Sachverhaltskenntnisse vorliegen würden, die von der Clearingstelle der DRV-Bund nicht berücksichtigt worden seien, jedoch für das Ergebnis der Prüfung von erkennbarer Bedeutung sein konnten. Da es hierfür keinen abschließenden Kriterienkatalog gegeben habe, habe das Muster für den Vermerk auch keine weiteren abzuprüfenden Kriterien vorgegeben. Schließlich sei vom Personalreferat geprüft worden, ob die Entscheidung der Clearingstelle vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Sache M***** und der in der Rechtsprechung des BSG zu § 7 Abs. 1 SGB IV entwickelten Abgrenzungskriterien plausibel erscheine.
In einem zweiten Prüfschritt seien die Bescheide in die Abteilung Z von Herrn Dr. ***** gegeben worden, wo dieser noch einmal zum Sachverhalt Ergänzungen oder Anmerkungen getätigt habe. Seine Prüfung habe sich demnach auf die Sachverhaltsdarstellung der Bescheide der Clearingstelle beschränkt. Entgegen dem Einwand des Beklagten, hat gerade keine rechtliche Prüfung durch den Abteilungsleiter Z stattgefunden. Dieser hat jedoch die Details zum Vollzug sämtlicher NQ-Vertragsverhältnisse gekannt bzw. hat sich diese Informationen durch Befragung der zuständigen Kollegen aus dem Referat Z I beschaffen können. Die Überprüfung hat den Schwerpunkt auf die tatsächliche Vertragspraxis legen können, da die Vertragsgestaltung jeweils identisch gewesen ist. Dies hat der Beklagte selbst in seinem Schriftsatz vom 13.11.2018 nicht in Abrede gestellt (vgl. oben).
Die Prüfung selbst sei unter Einbeziehung der einschlägigen sozialrechtlichen Kommentare und Entscheidungen des Bundessozialgerichts erfolgt. Soweit dann Erfolgsaussichten gesehen worden seien, wurde Widerspruch eingelegt, was auch in fünf Fällen der Fall gewesen ist (vgl. insoweit die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Gehefte, Bl. 1139 – 1232 der Gerichtsakten). Die Widersprüche wurden ausweislich der vorgelegten Gehefte von Herrn RD ***** eingelegt. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung zu seinem beruflichen Werdegang ausgesagt, dass er am 1.9.2014 seinen Außendienst beim Landesamt begonnen und dort die im September 2014 eingerichtete Stabstelle des Generalkonservators besetzt habe. Es sei seine Aufgabe gewesen, die Angelegenheit NQ rechtlich aufzuarbeiten, insbesondere auch herauszufinden, ob der Fall M***** ein Einzelfall gewesen sei. Diese Prüfung habe im Personalreferat G4 stattgefunden. Vorher sei er im Grundsatzreferat im Wissenschaftsministerium tätig gewesen. Er habe aus dieser Tätigkeit sowie seiner vorangegangenen wissenschaftlichen Tätigkeit am Lehrstuhl für deutsches, europäisches und internationales Arbeitsrecht und bürgerliches Recht von Prof. Dr. F***** an der LMU München über die notwendigen Fachkenntnisse des Arbeitsrechts und Sozialrechts verfügt. Insoweit hat mithin auch eine juristische Überprüfung der Statusfeststellungsbescheide der DRV-Bund stattgefunden.
Dass bei der Überprüfung der Erfolgsaussichten etwaiger Widersprüche der Justiziar des BLfD nicht beteiligt wurde, hat der Kläger nachvollziehbar damit erklärt, dass zum einen eine eigens für die Aufarbeitung des Projekts NQ eingerichtet Stabsstelle des Generalkonservators bestanden hat. Zum anderen war auch zu Beginn der Tätigkeit der Stabstelle noch nicht auszuschließen, dass auch anderen Beschäftigten des Landesamtes ein Ver-schuldensvorwurf im Hinblick auf die NQ-Verträge zu machen sei, so dass insoweit auch bewusst auf die Beteiligung des Justiziars verzichtet worden ist. Diese Vorgehensweise habe jeglicher Gefahr einer befangenen, nicht neutralen Aufarbeitung begegnen sollen.
Hinsichtlich der Frage, ob die Überprüfungspraxis des Klägers auch im Sinne von § 254 Abs. 2 BGB und der bestehenden Schadensminderungspflicht ausreichend ist, hat sich der Kläger auch juristisch von der Kanzlei ***** beraten lassen.
2.8.2.5. Der Klägervertreter hat weiterhin zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Flut von weiteren Verfahren auch dem Rechtsfrieden abträglich gewesen wäre. Zunächst hätte der Kläger nämlich gegen jeden sozialversicherungsrechtlichen Bescheid der DRV-Bund Widerspruch einlegen und die Widerspruchsbescheide daraufhin mit einer Klage angreifen müssen, um den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern. Schließlich hätte eine Klage als Musterklage gegebenenfalls durch mehrere Instanzen verfolgt werden müssen. Ein solcher Maßstab würde mit den Worten des BGH „zu einer dem Rechtsfrieden abträglichen Flut von Anfechtungen führen.“ Eine Obliegenheitsverletzung liegt gerade nur dann vor, wenn für den unterlassenen Rechtsbehelf eine hinreichende Erfolgsaussicht bestanden hätte (BGH, U.v. 9.12.1965 – II ZR 177/63 – BeckRS 1965, 30381724; BGH, U.v. 23.5.1991 – III ZR 73/90 – NJW 1991, 1458). Zu berücksichtigen ist insoweit auch der Gesichtspunkt, den ohnehin schon entstandenen immensen Schaden durch die zusätzliche Entstehung von Prozesskosten nicht noch weiter anwachsen zu lassen.
2.8.2.6. Auch wenn sich im Rahmen der Amtsermittlungspflicht des Gerichts die Frage der Beweislast für die Erfolgsaussichten der nicht erhobenen sozialgerichtlichen Klage(n) grundsätzlich nicht bzw. nur in non-liquet Situationen stellt, so ist schließlich darauf hinzuweisen, dass die Beweislast für hinreichende Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs als anspruchsausschließende Einwendung vorliegend den Beklagten treffen würde. Außer dem pauschalen Einwand, dass der Kläger keine sozialgerichtliche(n) Klage(n) erhoben und der Beklagte auf die grundsätzlich eigenständige Bedeutung der Begriffe des Arbeitsverhältnisses nach § 611a BGB und des Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 SGB IV und die diesbezügliche Rechtsprechung der Sozialgerichte im Vergleich zu den Arbeitsgerichten hingewiesen habe, erfolgte kein weiterer fundierter Vortrag mehr, warum die Sozialgerichte von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung (zumal im Fall M***** bis zum Bundesarbeitsgericht) hätten abweichen sollen. Es verbleibt lediglich die vorgetragene hypothetische, aber wenig belastbare Möglichkeit einer anderen Sichtweise.
2.9. Der Schadensersatzanpruch des Klägers ist noch nicht verjährt.
Ansprüche nach § 48 BeamtStG verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Dienstherr von dem Schaden und der Person des oder der Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntnisse in 10 Jahren von der Begehung der Handlung an (vgl. Art. 78 Abs. 1 Satz 1 BayBG).
Die Verjährungsfristen konnten vorliegend frühestens mit Ablauf des Jahres 2010 zu laufen beginnen, als der Beklagte ab Oktober 2010 die ersten der hier streitgegenständlichen in der Anlage K 61 aufgeführten Auftragsverhältnisse abgeschlossen hat. Zu diesem Zeitpunkt war dem Kläger nach Aktenlage und den glaubhaften Aussagen von Herrn Ministerialrat Dr. ***** aber noch gar nicht bekannt, dass der Beklagte überhaupt eine Vielzahl derartiger Verträge/Aufträge abgeschlossen hat und ein daraus resultierender Schaden im Raum steht. Erst nach dem Ausscheiden des Beklagten Ende 2013 bzw. Anfang 2014 erlangte das zuständige Ministerium auf Hinweis von Herrn Dr. ***** davon Kenntnis.
Daher ist davon auszugehen, dass die Frist frühestens Ende 2013 zu laufen begonnen und somit erst nach drei Jahren mit Ablauf des Jahres 2016 geendet hat. Die Klageeinreichung (zunächst als Feststellungsklage) am 19.12.2014 hat somit die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr.1 BGB gehemmt.
2.10. Auch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beklagten bei einer existenzbedrohenden Regressforderung ergibt sich vorliegend keine Verpflichtung zur Reduzierung der Schadensersatzforderung.
Zum einen ist schon fraglich, ob es sich mangels Offenlegung der Vermögensverhältnisse des Beklagten (die Eigentumsverhältnisse wurden teilweise offen gelegt) vorliegend überhaupt um eine den Beklagten in seiner Existenz bedrohenden Schadensersatzforderung handelt, wenngleich die Höhe der geltend gemachten Schadensersatzforderung erheblich ist.
Eine Offenlegung der Vermögensverhältnisse ist vom Beklagten nicht erfolgt, ist aber auch nicht notwendig. Denn diese Frage kann und muss letztlich nicht im Rahmen des Schadensersatzverfahrens, sondern erst im Vollstreckungsverfahren geklärt werden, in dem die Schuldnerschutzvorschriften nach §§ 850 ff. ZPO zu berücksichtigen sind (vgl. insoweit auch VG Regensburg, U.v. 10.11.2004 – RN 1 K 04.1573 – juris).
Zum anderen ist der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur schon damit hinreichend Genüge getan, wenn der einzelne Beamte im Rahmen der Anspruchsgrundlage des § 48 BeamtStG nur in den Fällen der groben Fahrlässigkeit und des Vorsatzes auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn stellt nämlich grundsätzlich keinen besonderen Einwendungs- oder Einredetatbestand dar, da die Fürsorgepflicht des Dienstherrn sich bereits in den gesetzlichen Haftungsbeschränkungen niederschlägt (vgl. Conrad a.a.O., § 48 BeamtStG, Rn. 85 ).
Das BVerwG führt insoweit in einer Entscheidung (vgl. U.v. 2.2.2017 – 2 C 22/16 – juris Rn. 21 ff.) aus:
„Nach § 45 BeamtStG hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Ferner schützt er die Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung. Die durch Art. 33 Abs. 5 GG garantierte allgemeine Fürsorgepflicht hat insbesondere zum Inhalt, dass der Dienstherr bei seinen Entscheidungen die wohlverstandenen Interessen des Beamten in gebührender Weise zu berücksichtigen hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30.1.2008 – 2 BvR 754/07 – juris). Hat der Normgeber jedoch unter Abwägung aller Belange, insbesondere der wohlverstandenen Interessen der Beamten, eine abstrakt-generelle Regelung getroffen, darf diese nicht unter Berufung auf die allgemeine Fürsorgepflicht wieder überspielt und eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Rechtsfolge gefordert werden (BVerwG, U.v. 26.10.2000 – 2 C 38.99 – und 21. 12. 2000 – 2 C 39.99 – juris jeweils m.w.N.).
Nach § 48 Satz 1 BeamtStG ist die Verpflichtung des Beamten zum Ersatz des dem Dienstherrn entstandenen Schadens auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Handeln des Beamten beschränkt. Diese Regelung über die begrenzte Haftung des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn stellt auch im Hinblick auf die Interessen der Beamten eine abschließende Regelung dar. Diese Risikoverteilung kann nicht aufgrund anderer beamtenrechtlicher Vorschriften, insbesondere der Fürsorgepflicht, im Ergebnis wieder umgestoßen werden. Dementsprechend gebietet auch die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn nicht, den Beamten von der im Gesetz vorgesehenen Haftung durch Abschluss einer Versicherung zu seinen Gunsten letztendlich freizustellen (BVerwG, U.v. 17.9.1964 – 2 C 147.61 – juris) oder seine Haftung in anderer Weise auf einen Bruchteil des Gesamtschadens zu begrenzen (BVerwG, U.v. 3.2. 1972 – 6 C 22.68 – juris).
Dieses Verhältnis von spezieller gesetzlicher Regelung und der allgemeinen Fürsorgepflicht gilt auch für die Frage, ob der Dienstherr aufgrund der Fürsorgepflicht gehalten ist, seinerseits Vorkehrungen zu treffen, um von vornherein Pflichtverletzungen des Beamten auszuschließen, die ohne diese kostenträchtigen Maßnahmen des Dienstherrn zu Schadensersatzansprüchen gegen den betreffenden Beamten wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schädigung von Gegenständen des Dienstherrn führen würden.“
2.11. Der Zinsanspruch des Klägers in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2017 ergibt sich aus § 291 BGB.
Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Verzug mit Verzugszinsen und Verzugsschaden (§§ 286 ff. BGB) sind auf den Anspruch nach § 48 BeamtStG nicht entsprechend anwendbar. Dagegen können mit dem Schadensersatzanspruch Prozesszinsen in entsprechender Anwendung des § 291 BGB geltend gemacht werden. Der Anspruch auf Prozesszinsen setzt aber die – hier vom Kläger erhobene – Leistungsklage voraus (vgl. Conrad a. a. O., § 48 BeamtStG, Rn. 94).
Nach § 291 BGB hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen.
Die Prozesszinsen können wie vom Kläger zuletzt beantragt nach der erstmaligen Bezifferung des Schadens mit Schriftsatz vom 15.11.2017 ab diesem Zeitpunkt geltend gemacht werden.
II. Die Feststellungsklage führt ebenfalls zum Erfolg.
1. Die Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO ist zulässig.
Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Rechtsverhältnis, das einer Feststellung durch das Gericht zugänglich ist. Die Frage, ob aus den vom Beklagten zulasten des Klägers abgeschlossenen Auftragsverhältnissen neben der Nachentrichtung von Sozialabgaben auch noch Lohnsteuer nachzuentrichten ist, stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs.1 VwGO dar.
Die Feststellungsklage ist auch nicht subsidiär zu einer Leistungsklage gem. § 43 Abs. 2 VwGO, weil ein konkreter Schaden hinsichtlich der Nachentrichtung von Lohnsteueranteilen betreffend den in der Anlage K 57 mit der Nr. 21 bezeichneten Auftragnehmer zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht zu beziffern war.
2. Die Feststellungsklage ist auch begründet, weil ein hinreichend bestimmtes Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten, dem Kläger (Freistaat Bayern) und dem Beklagten (ehemaliger Behördenleiter des BLfD) besteht. Aufgrund der schuldhaften Dienstpflichtverletzung des Beklagten und der Beschäftigung von dem in der Anlage K 57 mit der Nr. 21 bezeichneten Auftragnehmer kann dem Kläger noch ein weiterer Schaden in Form von einer Nachentrichtung von Lohnsteuern entstehen.
Die Rechtsgrundlage für Lohnsteuernachzahlungen ist dem Grunde nach in § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG geregelt. Danach haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat.
Nach alledem war der Klage vollumfänglich stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff., 709 ZPO.