Arbeitsrecht

Schadensersatz wegen Mobbings

Aktenzeichen  3 Sa 54/18

Datum:
1.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 56148
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 241 Abs. 2, § 253, § 278 Abs. 1, § 823 Abs. 1, § 831
GG Art. 1, Art. 2 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1, § 533 Nr. 1, Nr. 2

 

Leitsatz

1. Eine Klageerweiterung wegen Annahmeverezugsvergütungen wird gem. § 533 Nr. 2 ZPO nicht zugelassen, weil die Berechnung des Anspruchs zwischen den Parteien wegen bezogenem Krankengeld, anderweitigem Verdienst und unterlassenem Verdienst streitig ist und sich nicht auf Tatsachen stützen lässt, die ohnehin nach § 529 ZPO zugrundezulegen waren.
2. Eine Klageerweiterung wegen Schadensersatz aufgrund einer rechtswidrigen Kündigung wird gem. § 533 Nr. 1 ZPO nicht zugelassen, weil die Beklagte die Einwilligung nicht erklärt hat und die Erweiterung auch nicht sachdienlich war. Ein Folgeprozess hätte nicht vermieden werden können, weil der Antrag unbestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit unzulässig war.
3. Der Feststellungsantrag auf Entschädigung und Schadensersatz wegen Mobbings war teilweise unzulässig, teilweise unbegründet. Insoweit Einzelfallentscheidung auf der Grundlage der BAG-Rechtsprechung.

Verfahrensgang

29 Ca 3664/15 2017-08-21 Endurteil ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 21.08.2017 – 29 Ca 3664/15 – teilweise hinsichtlich des Antrags zu 2 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert und wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnungen vom 27.10.2014 und 24.11.2014 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
II. Die erstinstanzlichen Kosten haben der Kläger zu 17/100 und die Beklagte zu 83/100 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 23/100 und die Beklagte zu 77/100.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist, soweit über sie nach Erlass des Teilurteils vom 22.08.2019 noch zu entscheiden ist, zwar zulässig, aber nur zum Teil begründet.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO, und damit zulässig.
Hinsichtlich der seitens der Beklagten allgemein geltend gemachten Bedenken – Rechtsanwaltszulassung des Klägers – wird auf die Gründe des Teilurteils vom 22.08.2019 verwiesen. Es liegt aber eine ausreichende Berufungsbegründung hinsichtlich der noch rechtshängigen Anträge vor. Es kommt nicht darauf an, dass das klägerische Vorbringen in der Berufungsschrift ab Seite 39 ff. den Berufungsanforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO nicht genügt. Jedenfalls in den vorangehenden Seiten hat der Kläger ausreichend begründet, weshalb das erstinstanzliche Urteil nach seiner Auffassung unrichtig sei, nämlich aufgrund von Verfahrensverstößen und Rechtsverletzungen auch in Bezug auf den Antrag auf Entfernung der streitgegenständlichen Abmahnungen und den Antrag auf Entschädigung und Schmerzensgeld wegen Mobbings.
II.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nur teilweise begründet.
1. Das Urteil ist nicht bereits wegen eines Verfahrensmangels abzuändern.
Das Landesarbeitsgericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, auch wenn – wie der Kläger rügt – in der Sitzung ein geschäftsverteilungsmäßig unzuständiger Berufsrichter den Vorsitz geführt hat, die Richterbank falsch besetzt war, die Entscheidungsgründe fehlen, Beweisanträge übergangen wurden oder Rechtschreib- und sonstige Fehler im Urteil enthalten sind (vgl. Schleusener in Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 9. Auflage 2017, § 68 ArbGG Rn. 3 m. w. N.). Dies folgt aus § 68 ArbGG, wonach wegen eines Mangels im Verfahren des Arbeitsgerichts die Zurückweisung unzulässig ist. Die nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegebene Möglichkeit der Zurückweisung wegen eines dem Arbeitsgericht unterlaufenden wesentlichen Verfahrensmangel ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen.
2. Die Klageerweiterungen sind überwiegend unzulässig, § 533 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.
a) Die Zahlungsanträge zu Ziff. 16 bis 27 aus dem Schriftsatz vom 08.12.2019 betref fend Annahmeverzugsvergütung für das Jahr 2016 sind gemäß § 533 Nr. 2 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG unzulässig und entsprechend abzuweisen.
aa) Nach § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung i. S. d. §§ 263, 533 ZPO, die mit einer nachträglichen Klagehäufung (§ 260 ZPO) vorliegt, nur zulässig, wenn sie zusätzlich auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (vgl. Zöller/Heßler, 33. Aufl. 2020, § 533 Rn. 34; Wöstmann in Saenger, ZPO, 8. Aufl. 2019, § 533 Rn. 12). Nach § 529 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen (Nr. 1) und neue Tatsachen – soweit deren Berücksichtigung zulässig ist – (Nr. 2) zu berücksichtigen. Neue Tatsachen sind gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nur zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist (Nr. 1), infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden (Nr. 2) oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht (Nr. 3).
bb) Die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 i. V. m. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor. Die Annahmeverzugsansprüche aus dem Jahr 2016 waren erstinstanzlich nicht Gegenstand des Verfahrens. Demzufolge hat das Arbeitsgericht keine Feststellung zu deren Höhe im Hinblick auf den anderweitigen bzw. böswillig unterlassenen Verdienst des Klägers i. S. d. § 615 BGB getroffen, der zwischen den Parteien streitig ist. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass es nicht auf seiner Nachlässigkeit beruht, erstinstanzlich – ggf. hilfsweise – keine Annahmeverzugsvergütungsansprüche für das Jahr 2016 geltend gemacht zu haben.
Nachdem die Beklagte auf die neben der Sachdienlichkeit (§ 533 Nr. 1 ZPO) erforderliche weitere Voraussetzung des § 533 Nr. 2 ZPO für die Zulässigkeit einer Klageänderung in zweiter Instanz hingewiesen hat, musste das Gericht dem Kläger nicht einen gesonderten rechtlichen Hinweis erteilen. Im Übrigen war dem Kläger die Rechtsauffassung der Kammer durch das Teilurteil vom 22.08.2019 – 3 Sa 54/18 – bekannt.
b) Ebenso ist die Erweiterung des Antrags zu 3, S. 2, soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 11.10.2019 die Feststellung bereits erwachsener und noch erwachsender materieller und immaterieller Schäden „aufgrund der Kündigung“ (vom 11.03.2015) begehrt hat, nach § 533 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG unzulässig mit der Folge, dass der Antrag insoweit als unzulässig abzuweisen ist.
aa) Mit der Formulierung „aufgrund der Kündigung“ hat der Kläger den Antrag zu 3, S. 2 i. S. d. § 263 ZPO erweitert.
Ausweislich seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2020 geht es dem Kläger um Feststellung, dass die Beklagte zum „Schadensersatz wegen der rechtswidrig ausgesprochenen Kündigung“ verpflichtet sei. Insoweit unterscheidet sich der Antrag von seinem bisherigen Klagebegehren, mit dem er Ersatz der entstandenen und künftigen Schäden „aufgrund der Verletzung der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts“ verlangt hat, die u. a. durch die Kündigung vom 10.03.2015 eingetreten sein sollen. Es liegt ein weiterer Streitgegenstand vor.
bb) Diese Klageerweiterung hat der Kläger nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2020 (§ 137 Abs. 1 ZPO) nicht wirksam zurücknehmen können. Nach § 269 Abs. 2 S. 1 ZPO setzt die Wirksamkeit einer Klagerücknahme eine Einwilligung des Beklagten voraus. Die Beklagte hat sich mit einer Klagerücknahme nicht einverstanden erklärt. Dies macht die Klagerücknahme wirkungslos (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 269 Rn. 16). Der erweiterte Antrag zu 3, S. 2 blieb damit rechtshängig.
cc) Diese Klageerweiterung ist als Klageänderung gem. § 533 Nr. 1 ZPO unzulässig und entsprechend abzuweisen.
(1) Nach § 533 Nr. 1 ZPO ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält. Die Beklagte hat in die Klageänderung nicht eingewilligt, sondern sich mit ihr in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2020 ausdrücklich nicht einverstanden erklärt. Entgegen der Auffassung des Klägers hat sie damit nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt. Das Gesetz billigt ihr dieses Recht grundsätzlich zu. Es sind keine Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch vorgetragen worden oder ersichtlich. Die Klageänderung ist aber auch nicht sachdienlich. Maßgebend für die Beurteilung der Sachdienlichkeit ist neben einer Abwägung der beiderseitigen Interessen in erster Linie der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Dabei kommt es allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigen, weiteren Rechtsstreit vorbeugt (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2009 – II ZR 137/08 – Rn. 4 m. w. Nachw; Heßler in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 533 Rn. 6).
(2) Die Klageänderung gem. Schriftsatz vom 11.10.2019 in der Fassung „aufgrund der Kündigung“ könnte einem weiteren Rechtsstreit nicht vorbeugen, da dieser Antrag unbestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit unzulässig ist. Der Kläger müsste nochmals Klage erheben.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 ZPO) zwischen den Parteien entschieden werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 23 m.w.N.).
Der Antrag zu 3, Satz 2, in der Fassung „aufgrund der Kündigung“ erfüllt diese Anforderung nicht. Der Kläger hat damit den Inhalt der geltend gemachten Ansprüche nicht hinreichend klar umschrieben. Er lässt offen, welche entstandenen oder künftigen materiellen oder immateriellen Schäden er „aufgrund der Kündigung“ ersetzt verlangt. Der Antrag kann auch nicht unter Berücksichtigung seines Vortrags ausgelegt werden. Soweit er als mögliche Schäden wie einen monatlichen Verrentungsnachteil, einen etwaigen Steuerschaden (Schriftsatz vom 11.10.2019, ohne Seitenangabe = Bl. 1626 d. A.), einen Schadensersatz für die aufgrund des Rechtsstreits mit der Beklagten notwendige Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht (Schriftsatz vom 22.02.2020, Seite 5) und die Kosten für den Gerichtsvollzieher (Schriftsatz vom 30.06.2020, 20.07.2020 und 12.09.2020) nennt, stellt er nicht klar, ob diese Auflistung abschließend ist. Darüber hinaus hat der Kläger nicht die Umstände der Schadenshandlung konkret umschrieben. Da sich ein Steuerschaden als Verzögerungsschadensersatz aufgrund der verspäteten Zahlung der Arbeitsvergütung gem. §§ 280 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 286 Abs. 1 BGB ergibt (vgl. BAG, Urteil vom 20.06.2002 – 8 AZR 488/01 – unter II. 1 der Gründe; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.04.2018 – 6 Sa 449/17 – Rn. 31 ff.), sind Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen eines Steuerschadens nur dann als hinreichend bestimmt und zulässig angesehen worden, wenn sie die Zahlungsverpflichtung und die tatsächliche Zahlung zeitlich konkret umschreiben, also auf Feststellung gerichtet sind, „dass die Beklagte zum Schadensersatz dem Grunde nach verpflichtet ist, soweit der Kläger für Ruhegeldnachzahlung von brutto … € in 2006 höhere Steuern schuldet als bei Zahlung von … € in 2005.“ (vgl. Antrag aus BAG, Urteil vom 28.10.2008 – 3 AZR 171/07), „dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den Steuerschaden zu ersetzen, der ihm dadurch entsteht, dass die in diesen Anträgen (zu 1 bis 4) genannten Beträge Bruttobeträge sind, während bei korrekter Beschäftigung stets die Hälfte steuerfrei hätte ausgezahlt werden müssen.“ (vgl. Antragstellung in LAG Hessen, Urteil vom 15.11.2013 – 14 Sa 1619/12) oder „dass die Beklagte zum Schadensersatz dem Grunde nach verpflichtet ist, soweit der Kläger für die Nachzahlung von brutto … € höhere Steuern schuldet als bei Anpassung des Ruhegeldes um 5,6% zum Fälligkeitstermin am 01.01.1997 und um 3,44% zum Fälligkeitstermin am 01.01.2000.“ (vgl. die Antragstellung in LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2006 – 6 Sa 913/06). Entsprechendes gilt für die weiteren, vom Kläger benannten Schäden.
Eines gerichtlichen Hinweises bedurfte es insoweit nicht. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 08.09.2020 darauf hingewiesen, dass die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 11.10.2017 zumindest teilweise vollkommen durcheinandergehen und inhaltlich nicht nachzuvollziehen sind. Bereits vorher hat sie an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass es unklar bliebe, was genau der Kläger einklagen möchte. Der ursprünglich gestellte Antrag beziehe sich auf Entschädigung in Geld und Schmerzensgeld. Teilweise bezögen sich die Ausführungen des Klägers dann aber auf „Schadensersatz“. Darüber hinaus hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2020 eingeräumt, nicht gewusst zu haben, wie er Schadensersatz wegen der rechtswidrig ausgesprochenen Kündigung anders beantragen könnte. Als Prozessbevollmächtigter in eigenen Angelegenheiten hätte es ihm indessen oblegen, für eine korrekte, insbesondere hinreichend bestimmte Antragstellung zu sorgen und den gerichtlichen Prüfungsumfang abzustecken.
dd) Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO nicht vor. Die Kosten für den Gerichtsvollzieher werden mit verschiedenen Vorgängen aus dem ersten Halbjahr des Jahres 2020 begründet (vgl. Schriftsatz vom 12.09.2020), die nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens und damit nicht auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
c) Schließlich ist die zeitliche Erweiterung des Antrags zu 3, S. 2 „bis 17.09.2020“ gem. Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2020 nach § 533 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG unzulässig und entsprechend abzuweisen. Die Beklagte hat auch in diese Erweiterung nicht eingewilligt. Sie ist aber auch nicht sachdienlich i. S. d. § 533 Nr. 1 ZPO. Es würde zu einer Prozessverzögerung kommen, weil der Beklagten eine Schriftsatzfrist auf die Schriftsätze des Klägers vom 12.09.2020 und 15.09.2020, die weitere Tatsachen zum behaupteten Mobbing seit Anfang September 2020 enthalten, einzuräumen wäre. Die in diesen Schriftsätzen behaupteten Arbeitsumstände seit Wiederaufnahme der Tätigkeit des Klägers am 01./02.09.2020 wären ggf. durch eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme zu klären. Wie der Sachvortrag des Klägers im Schriftsatz vom 20.09.2020 zeigt, würde zudem auch weiterhin jedes vom Kläger im betrieblichen Alltag empfundene Fehlverhalten der Beklagten zu einer Erweiterung des Mobbingantrags führen; eine Beendigung des Rechtsstreits stünde mithin nicht zu erwarten, auch wenn die zeitliche Erweiterung des Antrags zu 3, S. 2 bis zum 17.09.2020 zugelassen werden würde.
d) Demgegenüber ist die zeitliche Erweiterung des Antrags zu 3, Satz 2 „bis Oktober 2019“ gemäß Schriftsatz vom 11.10.2019 gemäß § 533 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG zulässig. Die Klageerweiterung ist jedenfalls sachdienlich im Sinne des § 533 Nr. 1 ZPO. Der Streitstoff „bis Oktober 2019“ kann im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden. Die einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen der Beklagten und/oder ihrer Erfüllungsgehilfen bis Oktober 2019 sind Gegenstand der Gerichtsakte, weshalb sie das Gericht sie seiner Verhandlung und Entscheidung nach § 529 ZPO ohnehin zugrunde zu legen hat, § 533 Nr. 2 ZPO.
3. Der Antrag zu 2 ist zulässig. Der Antrag zu 3 in der erweiterten Form („bis Oktober 2019“) ist nur teilweise zulässig.
a) Der Antrag zu 2, gerichtet auf Entfernung der Abmahnungen, ist zulässig. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist schon deshalb zu bejahen, weil durch Teilurteil vom 22.08.2019 rechtskräftig festgestellt ist, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht (weitergehend: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.12.2012 – 9 Sa 447/12 -).
b) Der Antrag zu 3 S. 2, mit dem Feststellung begehrt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche aufgrund der Verletzung der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts durch die Beklagte und ihrer Verrichtungs- und Erfüllungshilfen im Zeitraum zwischen November 2012 und Oktober 2019 dem Kläger bereits erwachsenen oder noch erwachsenen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen, ist im Hinblick auf künftige Schäden durch eine erlittene Gesundheitsverletzung unzulässig i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO. Es fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse.
aa) Grundsätzlich kann ein solcher Antrag im Anschluss an die Entscheidung des BAG vom 14.11.2013 – 8 AZR 813/12 – als zulässig erachtet werden. Im dortigen Rechtstreit lag ein vergleichbarer Feststellungsantrag zugrunde, ohne dass das BAG Bedenken gegen seine Zulässigkeit erhoben hätte (vgl. aber Nübold in Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2019, „Schadensersatz“ Rn. 7). Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen, auch wenn der Kläger die Klage wegen eines Teils des sich entwickelnden Schadens schon bei Klageerhebung hätte beziffern können. Eine Partei ist nicht gehalten, ihre Klage in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn ein Teil des Schadens schon entstanden ist und mit der Entstehung eines weiteren Schadens nach ihrem Vortrag noch zu rechnen ist (vgl. BAG, Urteil vom 17.03.2016 – 8 AZR 677/14 – unter A I. der Gründe).
bb) Allerdings fehlt diesem Feststellungsantrag im Hinblick auf künftige Schäden durch eine erlittene Gesundheitsverletzung das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
Wird Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger materieller und immaterieller Schäden erhoben, die auf der Verletzung eines absoluten Rechtsguts wie der Gesundheit resultieren, liegt ein Feststellungsinteresse vor, wenn zukünftige Schadensfolgen möglich, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind. Das rechtliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung ist dann gegeben, wenn eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden besteht (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 25 m. w. N.).
Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht zu bejahen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2020 angegeben, dass sich seine Beschwerden seit März 2015 verbessert hätten, weil er nicht mehr im Einflussbereich des Herrn F. sei. Wegen der Verbesserung seiner Beschwerden sei er auch nicht zu den weiteren ärztlichen Untersuchungen gegangen. Nach den erstinstanzlichen Einlassungen des Klägers hätte es sich dabei um Magenspiegelungen am 14.04.2015 und 06.05.2015 gehandelt (vgl. Nachtrag zur Klage, übergeben in der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2015; Überweisungsschein der Frau L4. vom 20.02.2015, eingereicht mit Schriftsatz vom 13.10.2015). Vor diesem Hintergrund sind künftige Schadensfolgen an der Gesundheit nicht anzunehmen.
Im Übrigen bestehen keine Bedenken hinsichtlich eines Feststellungsinteresses in Bezug auf eine bis zum Kündigungszugang am 11.03.2015 erlittene Gesundheitsverletzung und der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bis einschließlich Oktober 2019.
4. Der Antrag zu 2. ist begründet. Die Beklagte ist in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB verpflichtet, die streitgegenständliche Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
a) Der Arbeitnehmer kann die Entfernung einer Abmahnung u. a. dann verlangen, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, sie unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unrichtigen rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, nur pauschale Vorwürfe enthält, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte nicht mehr besteht (vgl. BAG, Urteil vom 27.11.2008 – 2 AZR 675/07 – Rn. 16 und 17; vgl. auch BAG, Urteil vom 19.07.2012 – 2 AZR 782/11 – Rn. 13).
b) Danach sind die streitgegenständlichen Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich dies allerdings nicht bereits daraus, dass die Beklagte ihn nicht vor Ausspruch der Abmahnungen zu den erhobenen Vorwürfen angehört hat. Im Bereich der Privatwirtschaft lässt sich eine derartige Pflicht des Arbeitgebers aus § 82 Abs. 1 BetrVG, nicht begründen (vgl. Linck in Schaub, ARHdb, 18. Aufl. 2019, § 132 Rn. 12 m. w. N.). Die streitgegenständlichen Abmahnungen sind vielmehr aus nachfolgenden Gründen aus der Personalakte zu entfernen:
Die Abmahnung vom 27.10.2014 – Komplex Luxemburg – ist zu entfernen, weil die Beklagte an ihr in der verfassten Form nicht festhält. Dies hat sie zu Protokoll der mündlichen Verhandlung am 17.09.2020 gegeben.
Die Abmahnung vom 27.10.2014 betreffend die Überprüfung der Werbungskostenverteilung eines Mandanten und die Abmahnung vom 24.11.2014 sind aus der Personalakte des Klägers zu entfernen, weil sie eine unrichtige Tatsachenbehauptung enthalten. In der Abmahnung vom 27.10.2014 ist die Aussage enthalten, dass die Tatsache, dass der Kläger eine fehlerhafte Berechnung für richtig befunden habe, geeignet sei, das Mandatsverhältnis zu gefährden. Insofern hat die Beklagte schon nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass der Kläger im Oktober 2014 befugt war, Erklärungen gegenüber einem Mandanten abzugeben. Der Kläger hat dies bestritten. Darüber hinaus ist die Aussage insofern unrichtig, als die Arbeitsergebnisse des Klägers im Oktober 2014 durch den jeweiligen verantwortlichen Mitarbeiter oder Vorgesetzten überprüft wurden. Zu einer Gefährdung des Mandatsverhältnisses konnte es daher nur dann kommen, wenn diesem Mitarbeiter oder Vorgesetzten die fehlerhafte Berechnung des Klägers nicht aufgefallen wäre und mithin er selbst nicht sorgfältig gearbeitet hätte. Dabei wäre eine besonders sorgfältige Überprüfung der Arbeitsergebnisse des Klägers für die Beklagte aufgrund ihrer Beurteilung angezeigt gewesen, dass der Kläger den Anforderungen eines Consultants nicht gewachsen sei.
Eine entsprechende unrichtige Tatsachenbehauptung findet sich auch in der Abmahnung vom 24.11.2014 mit der Aussage: „Es ist zu befürchten, dass dies das Mandatsverhältnis belasten kann.“ Dabei ist schon klar nicht erkennbar ist, wodurch das Mandatsverhältnis hätte belastet werden können. Die Erklärung findet sich am Ende eines Absatzes mit verschiedenen Aussagen der Beklagten. Sollte sich die Aussage: „Es ist zu befürchten, dass dies das Mandatsverhältnis belasten kann.“ auf die Arbeitsergebnisse des Klägers beziehen, ist sie unrichtig. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Darüber hinaus wird in der Abmahnung selbst erwähnt, dass die Arbeitsergebnisse des Klägers wegen der massiven fachlichen Fehler nicht verwendbar gewesen seien. Es konnte deshalb zur Weiterleitung bzw. Mitteilung an den Mandanten nicht kommen. Die Nichtinrechnungstellung umsonst aufgewandter Arbeitszeit kann das Mandatsverhältnis gleichfalls nicht belasten. Ob es durch die behauptete Schlechtleistung des Klägers zu Verzögerungen für den Mandanten kam oder hätte kommen können, ist seitens der Beklagte nicht dargelegt worden. Im Übrigen hätte die Beklagte aufgrund ihrer Einschätzung, der Kläger werde den Arbeitsanforderungen nicht gerecht, die Arbeitsaufträge an den Kläger zeitlich so terminieren müssen, dass ein „Puffer“ zur fristgerechten Fertigstellung verblieben wäre.
Soweit die Beklagte einwendet, im Hinblick auf das Vier-Augen-Prinzip könnte der Kläger wegen eines arbeitsvertraglichen Fehlverhaltens zu keinem Zeitpunkt wirksam abgemahnt werden, ist ihr nicht zuzustimmen. In der Abmahnung wäre lediglich auf den Hinweis zur angeblichen Gefährdung bzw. Belastung des Mandatsverhältnisses zu verzichten.
5. Die Anträge zu 3 Satz 1 und 2 sind unbegründet. Die Beklagte hat weder arbeits vertragliche Pflichten (§ 280 Abs. 1 i. V. m. § 242 Abs. 2 BGB) noch die Gesundheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers (§ 823 Abs. 1 BGB) verletzt, die sie zum Ersatz materieller oder immaterieller Schäden (§§ 249 ff., 253 Abs. 2, 823 Abs. 1 BGB) verpflichten würden.
a) Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen „Mobbings“ kann sich als vertraglicher An spruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen. Dies setzt voraus, dass der Arbeitgeber eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, ihn vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, zu schützen und ihn keinem Verhalten auszusetzen, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt oder ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. In diesem Zusammenhang ist der Arbeitgeber insbesondere zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitgebers verpflichtet.
Der Arbeitgeber haftet dem geschädigten Arbeitnehmer gemäß § 278 Satz 1 BGB auch für schuldhaft begangene Rechtsverletzungen, die für ihn als Erfüllungsgehilfen eingesetzte Mitarbeiter oder Vorgesetzte begehen. Dabei ist es erforderlich, dass die schuldhafte Handlung des Mitarbeiters in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Arbeitgeber ihm als Erfüllungsgehilfen zugewiesen hat. Ein solcher Zusammenhang ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert oder wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis besitzt (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 30 – 32 m. w. N.).
Ein Schadensersatzanspruch wegen „Mobbings“ kann aber auch als deliktischer Anspruch insbesondere aus § 823 Abs. 1 bzw. § 831 BGB folgen. Dabei verbietet § 823 Abs. 1 BGB nicht nur eine widerrechtliche Verletzung der in dieser Bestimmung ausdrücklich aufgeführten, besonders geschützten Rechtsgüter, u. a. der Gesundheit. Auch das durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt, weshalb seine widerrechtliche Verletzung Schadensersatzansprüche auslösen kann. Allerdings ist zu beachten, dass die Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wegen seiner Eigenart als Rahmenrecht nicht absolut festliegt, sondern grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden, grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden muss. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist deshalb nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Der Anspruch setzt deshalb voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt und dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob ein so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 30 – 35 m. w. N.).
Nach der Rechtsprechung des BAG stellt nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers in Gestalt einer Abmahnung, Versetzung oder Kündigung eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB dar. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, sind nicht geeignet, derartige Tatbestände zu erfüllen, weshalb es gilt, sog. folgenloses bzw. sozialund rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, d. h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen. Es kommt bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen typischerweise zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten, ohne dass die dabei zutage tretenden Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder der Vorgesetzten bzw. Kollegen des Arbeitnehmers zwangsläufig zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers führen oder einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht bedeuten. Die Grenze zum nicht rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten ist allerdings dann überschritten, wenn Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 36 und 37 m. w. N.).
Stellen einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen von Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder des Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzung dar, ist zu prüfen, ob in einer Gesamtschau dieser einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen eine Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung anzunehmen ist, bei deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrundeliegenden Systematik und Zielrichtung es zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt. Dann sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die den systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen, einzelne zurückliegende Handlungen oder Verhaltensweisen dürfen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden. Diese Qualifizierung des Verhaltens erfolgt aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 38 m. w. N.).
b) Danach können die vorgetragenen Vorwürfe weder für sich betrachtet noch in ihrer Gesamtheit die geltend gemachten Ansprüche begründen. Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen, denen die erkennende Kammer ausdrücklich zustimmt. Im Übrigen führen die Berufungsangriffe des Klägers aus nachfolgenden Gründen nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung:
aa) Der Kläger begründet seine Behauptung, ihm sei über den Zeitraum eines Jahres Arbeit entzogen bzw. er sei mit sinnloser Arbeit betraut worden, nicht ausreichend bzw. widersprüchlich.
Eine bloße chronologische Auflistung von Vorfällen und die Bezugnahme auf Tabellen kann einen substantiierten Vortrag nicht ersetzen. In der Berufungsbegründungsschrift, Seite 22, räumt der Kläger ein, dass er im Financial Services (FS) Taxbereich „vertragsgemäß“ eingesetzt worden sei. Dabei ergibt sich aus dem vorgelegten Projekt-Feedback des Managers T., dass der Kläger bis zum 30.04.2014 mit Tätigkeiten eines Consultants beschäftigt worden ist. Den Schwierigkeitsgrad dieser Tätigkeiten hat der Kläger im Rahmen der Bewertungsrüge als „hoch“ angesehen (vgl. Bl. 81 d. A.); eine Nicht- oder unterwertige Beschäftigung seit März 2014 läge bis zum 30.04.2014 jedenfalls nicht vor. Nach dem insoweit nicht angegriffenen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils hat der Kläger bis zum 01.05.2015 im Projekt OstseeSPK-Lin/Stb mitgearbeitet. Für den Zeitraum vom 01.05.2014 bis 22.05.2014 fehlt ein konkreter Vortrag des Klägers. Am 23.05.2014 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig und war deswegen und aufgrund des sich daran anschließenden Erholungsurlaubs sowie der bezahlten Freistellung wegen des Steuerberaterexamens bis 09.10.2014 von seiner Pflicht zur Arbeitsleistung befreit. Ab dem 20.10.2014 sind dem Kläger die in den streitgegenständlichen Abmahnungen genannten Arbeiten zugewiesen worden. Mit dem Auftrag vom 22.10.2014 war der Kläger bis zum 31.10.2014 beschäftigt, wie sich aus der Abmahnung vom 24.11.2014 (= Bl. 61 d. A.) ergibt, die der Kläger hinsichtlich dieser Feststellung nicht angegriffen hat. Soweit der Kläger rügt, diese Aufgabe sei in der Erstbearbeitung zu schwierig gewesen, ändert dies nichts an der Tatsache, dass ihm Arbeit zugewiesen und mithin nicht entzogen worden war. Für den 08.12.2014 hat der Kläger vorgetragen, dass er „den OELB-Fonds von Nord/L mit extra vielen Zwischenausschüttungen“ machen und für AXA die „TrialBalance“ abstimmen sollte. Am 22.12.2014 ist er mit einem LLBI Fonds bis zum 09.01.2015 beauftragt worden. Im Januar 2015 war der Kläger nach seinem Vortrag bis zum 26.01. mit dem ARZ-Auftrag befasst. Zwischenzeitlich war der Kläger seit dem 10.10.2014 mehrfach tageweise arbeitsunfähig erkrankt, so dass eine Arbeitstätigkeit nicht möglich war. Durch die E-Mail des Herrn F. vom 09.02.2015 und der anschließenden Einigung der Parteien durch Vergleich vom 20.02.2015 vor dem Arbeitsgericht München – 14 Ga 26/15 – wurde der Kläger mit einem Einsatz auf Projekten des Herrn Dr. K. am Standort Frankfurt betraut.
Soweit dem Kläger vor dem 23.05.2014 und nach dem 10.10.2014 Fach- und Verwaltungsarbeiten statt sog. chargeable hours-Tätigkeiten, d. h. Arbeit mit gegenüber Kunden abzurechnenden Arbeitsstunden, übertragen worden sind, stellt dies keine vertragswidrige Beschäftigung dar. Nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsaufgabe eines Consultants hat der Kläger keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die ausschließliche Zuweisung von chargeable hours-Tätigkeiten. Im Rahmen der Zuweisung von Arbeitsaufträgen an den Kläger durfte der Vorgesetze auch dessen Leistungsstärke berücksichtigen, weil bei der Ausübung des Direktionsrechts auch die Interessen des Arbeitgebers abzuwägen sind, § 106 GewO. Einem leistungsschwachen Arbeitnehmer müssen nicht besonders schwierige oder fehleranfällige Arbeiten zugeteilt werden. Im Übrigen dienen auch diese Arbeiten (z. B. sog. Memo-Letter, Engagement-Letter, Reliance-Letter, Gutachtenerstellung) der Pflege des Mandatsverhältnisses und dem Kenntniserwerb des Klägers. Der Kläger argumentiert zudem widersprüchlich, wenn er seinem Vorgesetzten einerseits vorwirft, dieser frage ihn wiederholt danach, was er tue bzw. „auf dem Tisch habe“ (19.11.2014, 08.12.2014, 23.12.2014), und andererseits behauptet, sein Vorgesetzter weise ihm keine Arbeit zu bzw. habe sie ihm entzogen.
Ein konkreter Vortrag zu angeblich fehlenden Arbeitsaufträgen wird auch nicht durch den Verweis auf Äußerungen seines Vorgesetzten F. wie „Du kriegst hier keine Arbeit mehr!“ etc. ersetzt oder obsolet. Es sind nicht etwaige Ankündigungen des Herrn F. maßgeblich, sondern welche konkrete Arbeitsanweisung i. S. d. § 106 GewO dieser erteilt bzw. nicht erteilt hat. In Bezug auf vergleichbare Consultants und deren Tätigkeiten ist zu berücksichtigen, dass das Weisungsrecht nicht gebietet, alle Arbeitnehmer, die als Consultants beschäftigt werden, jederzeit mit gleichen Arbeiten zu betrauen. Dies wäre im vorliegenden Fall auch deshalb schwierig, weil die Consultants verschiedene Vorgesetzte hatten.
Der Kläger legt auch nicht im Einzelnen dar, warum welche ihm übertragene Arbeit „sinnlos“ gewesen sei. Dabei bleibt er schon eine Erklärung „sinnloser“ Arbeit schuldig. Soweit der Kläger auf Arbeitsaufträge, die auch Praktikanten oder Werksstudenten erteilt werden könnten, verweist, wären diese nur dann zu berücksichtigen, wenn sie die Arbeit des Klägers geprägt hätten. Auch hierzu trägt der Kläger nichts vor; es bleibt offen, wie häufig ihm die angeblich nicht vertragsgemäße Tätigkeit eines Praktikanten übertragen worden ist.
Sofern der Kläger geltend macht, ihm sei fehleranfällige Arbeit zugeteilt worden, fehlt es an einer konkreten Darlegung in Bezug auf eine zugewiesene Arbeitsaufgabe.
bb) Soweit der Kläger meint, er sei durch Projekt-Feedbacks der verschiedenen Projektleiter und durch die Beurteilung im PSM-Formular 2013/2014 mit der Note „C“ falsch mit dem Ziel beurteilt worden, ihn aus dem Unternehmen heraus zu drängen, fehlt es an einem Vortrag nachprüfbarer Tatsachen. Der Kläger schließt aus der angeblichen Beobachtung, dass der Vorgesetzte Herr F. zweimal neben den Projektleiterinnen gestanden und er kurz danach eine E-Mail betreffend die Beurteilung bekommen habe, dass sein Vorgesetzter Einfluss auf die Bewertung dieser zwei Projektleiterinnen genommen haben müsse. Diese Schlussfolgerung lässt sich aufgrund eines bloß zeitlichen Zusammenhangs nicht ziehen. Der Kläger hätte die beiden Projektleiterinnen, die nach seinem Wissen gar nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt sind, befragen können. Auf eine bloße Mutmaßung hin hat das Gericht Zeuginnen zur Sachverhaltsaufklärung nicht zu laden. Die Annahme des Klägers ist unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände auch nicht berechtigt. Von den zwei Projektleiterinnen haben noch weitere drei Projektleiter den der Kläger beurteilt. Die in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2020 geäußerte weitere Annahme des Klägers, aus Freundschaft hätten auch diese Projektleiter eine falsche Projektbewertung erstellt, ist eine durch nichts begründete Unterstellung. Darüber hinaus sind die Projekt-Feedbacks durchaus differenziert, abgewogen und bewerten einzelne Kompetenzbereiche des Klägers besser als die Note „C“.
cc) Entgegen der Auffassung des Klägers stellen die Abmahnungen der Beklagten, die vorstehend als rechtswidrig erkannt worden sind, keinen rechtswidrigen Angriff auf ihn dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für einen Schadensersatzanspruch wegen „Mobbings“ nicht darauf an, ob eine Abmahnung formal und inhaltlich „in jeder Hinsicht“ den rechtlichen Anforderungen entspricht. Entscheidend ist vielmehr, ob die Abmahnungen mit der Zielrichtung erfolgten, den Kläger zu schikanieren, und sie deshalb als Angriff auf seine Gesundheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht gewertet werden können (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 49). Eine solche schikanöse Zielrichtung ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Die Beklagte war unstreitig mit der Arbeitsleistung des Klägers nicht zufrieden und wollte aus diesem Grund das Arbeitsverhältnis beenden. Eine auf Leistungsmängel gestützte Kündigung setzt nach der Rechtsprechung eine vorherige Abmahnung voraus (vgl. dazu ErfK/Oetker, 20. Aufl. 2020, § 1 KSchG Rn. 196 ff. m. w. Nachw.). Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass keine der Abmahnungen nach Form und Inhalt willkürlich sei. Dieser Beurteilung ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Ein falsches Datum in einer Abmahnung macht diese nicht willkürlich. Gleiches gilt für den Hinweis auf die Mandatsgefährdung. Für die Abmahnungen gab es jeweils einen Anlass. Hinsichtlich der Abmahnung vom 27.10.2014 wegen der Werbekostenverteilung hat der Kläger erstinstanzlich einen Pflichtenverstoß eingeräumt, jedoch als unerheblich angesehen. Hinsichtlich der zurückgenommenen Abmahnung vom 27.10.2014 bestätigt der Kläger ein, eine E-Mail an allgemeine Emailadresse von PWC Luxemburg geschickt und sich in die Vorjahrespapiere eingearbeitet zu haben; die Weisung zu der Einarbeitung ist zwischen den Parteien streitig. Erneut bewertet der Kläger die teilweise zugegebenen Vorwürfe anders als die Beklagte. In Bezug auf die Abmahnung vom 24.11.2014 gab der Kläger „kleinere Abweichungen“ zu, meint jedoch, diese könnten bei jedem Consultant vorkommen. Ist zwischen den Parteien die Bewertung einer Aufgabenbearbeitung streitig, liegt jedenfalls keine willkürliche Abmahnung vor. Darüber hinaus implizieren die ausführlichen Texte der Abmahnungen nicht notwendig „eine eindeutige feindliche gehässige Einstellung“ des Herrn F. ihm gegenüber, wie der Kläger meint. Sie können ihren Grund auch in der fehlenden Erfahrung des Herrn F. bei der Abfassung von Abmahnungen und seiner Absicht, es besonders „richtig“ zu machen, finden.
dd) Die Abordnung nach Frankfurt stellt keine Strafversetzung und damit keine Verletzungshandlung des Herrn F. dar. Die Beklagte war nach Ziff. 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags grundsätzlich berechtigt, den Kläger im Bedarfsfall unter Berücksichtigung seiner persönlichen Belange an einem anderen Arbeitsort entsprechend seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten für gleichwertige Tätigkeiten einzusetzen. Durch die E-Mail vom 09.02.2015 hat Herr F. den Kläger entgegen seiner Auffassung schon nicht für mehr als vier Wochen nach Frankfurt abgeordnet. Ausweislich des Wortlauts der E-Mail, sollte der Kläger nur „insgesamt ca. vier Wochen im Wesentlichen vor Ort“ tätig sein, wobei „die weiteren Details des Projekteinsatzes (genauer Einsatz vor Ort, Dauer, Buchung der Reisekosten etc.) … dann unmittelbar mit Herrn Dr. K. bzw. G. Sch. abzustimmen“ waren (vgl. Anl. B3 = 432 d. A.). Im Rahmen dieser avisierten Abstimmung hätte der Kläger mithin seine persönlichen Gründe in welcher Hinsicht auch immer vorbringen können. Tatsächlich hat Herr Dr. K. mit dem Kläger über die Abordnung schon am 10.02.2015 telefoniert und unstreitig Rücksichtnahme auf die persönlichen Belange des Klägers zugesichert. Darüber hinaus hat die Beklagte die behauptete Pflegebedürftigkeit der Mutter berücksichtigen wollen. Es wäre Sache des Klägers gewesen, nach Aufforderung durch die Beklagte am 10.02.2015 eine aktuelle, belastbare ärztliche Bescheinigung beizubringen und nicht auf das eingereichte Formular „Management bei Verdacht auf Schädelhirntrauma“ vom 27.01.2015 für eine abschließende Entscheidung durch die Beklagte zu bestehen. Dies Formular bestätigte nur einen Verdacht und war bereits zwei Wochen alt. Schließlich hat sich der Kläger nach Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Dr. K. durch gerichtlichen Vergleich vom 20.02.2015 – 14 Ga 26/15 – einverstanden erklärt, zur Besprechung des Projektes für einen Tag, zur Einarbeitung für maximal drei Tagen und nach Bedarf für weitere eintägige Dienstreisen nach Frankfurt zu reisen und auf Projekte des Dr. K. vom Standort Frankfurt mitzuarbeiten. Damit hat er auch die Berechtigung der Beklagten, ihn auf Projekte des Dr. K. vom Standort Frankfurt einzusetzen, anerkannt. Für die Behauptung einer „Strafversetzung“ ist vor dem Hintergrund dieses Vergleichs kein Raum. Gleichfalls ist die nunmehrige pauschal gebliebene Behauptung des Klägers, die dort zu verrichtende Tätigkeit wäre nicht vertragsgerecht, nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf die genannten Einzelheiten sich die Verhältnisse zwischen der E-Mail vom 09.02.2015 und dem gerichtlichen Vergleich vom 20.02.2015 auch nicht „plötzlich“ verändert.
ee) Mit der außerordentlichen fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 10.03.2015, die inzwischen rechtskräftig als rechtswidrig erkannt ist, liegt keine Verletzungshandlung der Beklagten vor. Es kommt nicht allein auf die Wirksamkeit der Kündigung, sondern vor allem darauf an, ob diese mit der Zielrichtung ausgesprochen worden ist, den Kläger zu schikanieren und damit in seiner Gesundheit zu beeinträchtigen oder in seiner Ehre herabzuwürdigen (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 53). Anhaltspunkte für eine Schikane durch die Beklagte hat der Kläger nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ersichtlich. Immerhin hat das Arbeitsgericht München durch Urteil vom 21.08.2017 – 29 Ca 3664/15 – die Kündigung als wirksam angesehen, weil ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorläge. Der Ruf des Arbeitnehmers wird beschädigt, wenn Kündigungsvorwürfe bestätigt werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
ff) Soweit die Beklagte den Kläger unstreitig mehrfach gefragt hat, ob er bereit sei, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, begründet dies aufgrund der gegebenen Umstände ebenfalls keine Verletzungshandlung des für die Beklagte handelnden Herrn F.. Nach der zunächst positiven Bewertung im ersten Jahr der Beschäftigung änderte sich die fachliche und persönliche Einschätzung des Klägers durch die Beklagte im Frühjahr 2014. Es ist legitim als Arbeitgeber zu der Überzeugung zu kommen, ein Arbeitsverhältnis mit einem als nicht mehr geeignet beurteilten Arbeitnehmer zu beenden und mit dem Wunsch auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf den Arbeitnehmer zuzugehen. Aufgrund der Erkrankung, des Urlaubs und der Examensfreistellung des Klägers sind diese Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag zunächst unterbrochen und im Oktober 2014 wiederaufgenommen worden. Jedenfalls nachdem Anfang Januar 2015 feststand, dass der Kläger die Steuerberaterprüfung nicht bestanden hatte, ergab sich für die Beklagte ein neuer und als berechtigt anzusehender Anlass, den Kläger wieder auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses anzusprechen. Bei den Auflösungsverhandlungen Ende Januar 2015 hat die Beklagte auch versucht, die Interessen des Klägers zu berücksichtigen, der die Wiederholung der Steuerberaterprüfung im Herbst 2015 anstrebte und deshalb seinen gesamten Rest- und zukünftigen Jahresurlaub in den Zeitraum davorlegen wollte. Sie hat diesem Anliegen durch das Angebot der bezahlten Freistellung ab Mai 2015 bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Herbst 2015 Rechnung getragen. Darüber hinaus bot sie an, auf die Rückzahlung der Examensförderung zu verzichten. Die Gespräche über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sind auch in ihrer Form nicht zu beanstanden. Entsprechendes trägt auch der Kläger nicht vor, der sich darauf beschränkt, die Gespräche in angeblicher wortwörtlicher Rede aus seinem Mobbing-Tagebuch zu zitieren. Diese Zitate zeigen, dass der Vorgesetzte Herr F. dem Kläger zu vermitteln versucht hat, warum eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte nicht in Betracht kam, aber auch nicht im Interesse des Klägers liegen könnte. Während manche Äußerungen durchaus repressiv wirken (so z.B. 24.03.2014: „Dann machen wir es eben auf die harte Tour!“), wird dem Kläger auch vermittelt, dass es nicht um seine Person geht (vgl. 13.03.2014: „Glaub mir, niemand will Dir was Böses.“). Im Verlauf der weiteren Gespräche zeigt sich der Vorgesetzte Herr F. zunehmend frustriert (z.B. 30.04.2014: „Wie soll es weitergehen?“, „Ich kann Dich hier nicht halten!“ und „Keiner will mit Dir zusammenarbeiten!“). Eine 10- oder 500-malige Nachfrage nach Aufhebung des Arbeitsvertrags, wie sie der Kläger als unzulässig rügt, ist von ihm nicht vorgetragen worden.
gg) Der Beurteilung des Arbeitsgerichts, die vom Kläger geschilderten Vorfälle in Bezug auf seinen Vorgesetzten Herrn F. stellten entweder Arbeitsanweisungen, Arbeitskontrollen und Gespräche über Schlechtleistungen des Klägers dar, die vom Direktionsrecht der Beklagten, das sie durch den Vorgesetzten Herrn F. wahrnehme, gedeckt sei, so dass eine systematische Verweigerungshaltung bzw. ein zermürbendes Verhalten gegenüber dem Kläger nicht erkennbar sei, ist der Kläger in seiner Berufungsbegründung nicht substanziiert entgegengetreten. Ebenso ist er der arbeitsgerichtlichen Bewertung, dass die Umstände im Zusammenhang mit der Teilnahme an der Weihnachtsfeier, dem Mitbringen von Geburtstagskuchen, der Steckdose, der Wechsel des Arbeitsplatzes, dem GutachtenaufdenTisch-Schmeißen, dem Hinweis auf eine Rückzahlungsklausel, der Vorgänge im Zusammenhang mit dem Vortrag auf der Nachtschicht Situationen aus dem Büroalltag wiedergäben, die im Einzelfall eine inadäquates Führungsverhalten, aber nicht ohne Vortrag weiterer Umstände eine systematische, zielgerichtete Anfeindung des Klägers implizierten, nicht entgegengetreten. Ebenso wenig hat der Kläger die Bewertung des Arbeitsgerichts konkret beanstandet, dass Situationen, die von Mitarbeitern und Kollegen je nach Naturell mehr oder weniger als „Scherze unter Kollegen“ empfunden würden (z.B. FC-Bayern-Fan, Sticker, Apfel-/Gürtelkontrolle, Abschneiden der Krawatte) nicht als ein systematisches, zielgerichtetes Erniedrigen und Ausgrenzen des Klägers durch Herrn F. zu verstehen seien.
Der Kläger beschränkt sich in seiner Berufungsbegründung (Seite 21 und Seite 57) auf die Feststellung, dass es „völlig unverständlich“ sei, wie das Gericht zu der Meinung kommen könne, es läge angesichts der geschilderten Sachverhalte überhaupt kein Mobbing vor. Dies sei „so offensichtlich, dass die Richterin schon beide Augen ganz fest zumachen musste.“ Der Kläger legt indessen nicht dar, aus welchen Gründen diese Bewertung – im Übrigen durch die Kammer, und nicht der Vorsitzenden des Arbeitsgerichts – rechtsfehlerhaft sei und es sich deshalb nicht um im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen handele. Soweit der Kläger dann den erstinstanzlich bereits gebrachten Vortrag aus seinem Mobbingtagebuch wiederholt, stellt dieser Vortrag gerade keine Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Gründen dar. Darüber hinaus fehlt es an der Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags, weil der Kläger einräumt, dass sein Vorgesetzter Herr F. nicht gleich von Beginn an den Kläger unangemessen behandelt habe (Berufungsbegründung, Seite 36), aber nicht erklärt, ab welchem Zeitpunkt unangemessene Handlungen anzunehmen seien.
Vor dem Hintergrund seiner Annahme, es sei das Ziel der Beklagten gewesen, den Kläger zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes zu bewegen, käme dann als Zeitraum für mobbingrelevante Handlungen der Zeitraum ab März 2014 in Betracht. In diesem Monat gab es erstmalig ein Gespräch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien.
Hilfsweise stützt die Kammer ihre Entscheidung auf nachfolgende Überlegungen:
Es sind nicht solche Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder Vorgesetzten in die Beurteilung einzubeziehen, die der vermeintlich gemobbte Arbeitnehmer „provoziert“ hat (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.2007 – 8 AZR 709/09 – Rn. 86). Das Verhalten des Herrn F. im Zusammenhang mit dem Siezen (ab 15.11.2012), dem Gespräch am 25.01.2013 über den Vortrag des Klägers am 23.01.2013 und mit der FC-Bayern-Fan-Diskussion sind deshalb nicht zu berücksichtigen. Am ersten Arbeitstag am 15.11.2012 hat der Kläger jedenfalls unter Verkennung der üblichen Gepflogenheiten als neuer Arbeitnehmer Herrn F. das „Du“ durch die Frage, ob man sich duzen solle, „aufgedrängt“. Das Gespräch am 25.01.2013 hat der Kläger provoziert, weil er unerlaubt im Vortrag am 24.01.2013 ein Bild von Dagobert Duck, wie dieser in seinem Geldspeicher ein Bad in seinen Geldscheinen und Goldmünzen nehme, eingebaut hat. Im Februar 2013 hat der Kläger erklärt: „Ich wollte es Ihnen erst nach der Probezeit sagen, aber ich bin kein FC-Bayern-Fan.“ und damit erst eine später angeblich empfundene Ausgrenzung aus dem Team und den Bezug zur Probezeit hergestellt.
Darüber hinauf ist den einzelnen Handlungen des Herrn F., soweit sie erkennbar einen Bezug zum Klagebegehren des Klägers aufweisen und zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt werden, keinen gesundheits- oder persönlichkeitsrechtsverletzenden Charakter zuzumessen: Äußerungen des Herrn F. im Zusammenhang mit der Visitenkarte, der „Weihnachtsfeier“, dem Geburtstagskuchen, dem Arbeitsverhalten im Betrieb („hier ist es härter als bei der Bundeswehr“) etc. richten sich nicht gegen die Person des Klägers. Sie zielen darauf ab, die Gepflogenheiten im Betrieb zu erklären. Der Vorgesetzte Herr F. war auch berechtigt, Kritik an der Arbeit des Klägers zu äußern. Dem Kläger ist zuzustimmen, dass dabei lautstarke und abfällige Äußerungen (vgl. 24.01.2013), das Hinschmeißen einer Arbeit des Klägers auf den Aktenschrank vor Augen einiger Kollegen (Juni 2013) und wütende Worte (Oktober 2013: „Ich sitze hier wie auf glühenden Kohlen und Du kommst erst jetzt daher“) inadäquat sind. Ohne Vortrag weiterer Umstände ist hieraus aber nicht auf ein feindliches Verhalten gegenüber dem Kläger zu schließen. Der Kläger beschreibt selbst, dass Herr F. wiederholt von dem Druck gesprochen habe, der im Betrieb der Beklagten bestehe (25.01.2013: „Jeder von uns hat Druck, Druck, Druck!“).
Demgegenüber stellt die Gürtel- und Apfelkontrolle ein das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzendes Verhalten dar. Solange kein vorgeschriebener oder vereinbarter Kleidungsstil besteht, ist die Wahl der Kleidung, insbesondere ihrer Farbe, grundsätzlich Geschmackssache und Sache des Arbeitnehmers. Gleiches gilt für das Essen von Äpfeln. Jeder Arbeitnehmer kann frei von der Kommentierung von Vorgesetzten über die Art der von ihm verzehrten Nahrung entscheiden. Andererseits hat sich die sog. Gürtel- und Apfelkontrolle nach Angaben des Klägers lediglich im Zeitraum von Februar 2013 bis Juni 2013 abgespielt. Gerade für die Anfangszeit hat der Kläger bestätigt, sich nicht unangemessen behandelt gefühlt zu haben, so dass er weitere Umstände hätte vortragen müssen, warum dieses Verhalten nunmehr doch als unangemessen anzusehen ist.
Der Hinweis des Herrn F. am 14.01.2014 auf die Rückzahlungsklausel bezüglich der Examensförderung ist in Bezug auf eine mögliche Verletzung der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Klägers unbedenklich. Der Kläger unterstellt, dass Herr F. diesen Hinweis anderen Consultants nicht gegeben habe. Für diese Annahme trägt der Kläger keine Anhaltspunkte vor. Es ist vielmehr nachvollbar, dass auf das finanzielle Risiko des Nichtbestehens der Steuerberaterprüfung hingewiesen wird, insbesondere wenn dieser Hinweis anlässlich der Unterzeichnung der Freistellungserklärung für die Steuerberaterprüfung erfolgt.
Die Bemerkung des Herrn F., wie „Dann musst Du einen ganzen Sack voll essen…“ auf die Erklärung des Klägers, er esse Nüsse, weil sie gut fürs Gehirn seien, oder die Frage zur defekten Steckdose, ob der Kläger sie kaputt gemacht habe oder seine Bemerkungen über das Mitarbeiter-Foto des Klägers auf der Fotowand in der Küche sind missverständlich. Bei einem guten Verhältnis würden sie als „flapsige Bemerkung“ unter Kollegen aufgefasst werden. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände kann ihnen ein feindlicher Charakter nicht zugemessen werden.
Anweisungen bezüglich dem Verhalten der Arbeitnehmer im Büro, sind zulässig. Herr F. war berechtigt zu verlangen, dass der Obama-Aufkleber des Klägers („Yes, we scan“) vom Drucker entfernt wird, insbesondere indem er ihn als politische Botschaft verstand. Gerade der Hinweis, dass er die Botschaft des Aufklebers des Kollegen des Klägers noch nicht erkannt habe, zeigt, dass es keine Handlung gerichtet gegen den Kläger war, sondern es dem Vorgesetzten darum geht, politische Botschaften im betrieblichen Bereich zu unterbinden.
Gespräche, die Herr F. mit dem Kläger über seinen Urlaub 2014 geführt hat, haben lediglich der Durchführung des Arbeitsvertrags gedient. Der Urlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden, § 7 Abs. 3 BUrlG. Hierauf war Herr F. von der Personalabteilung in Bezug auf den Kläger hingewiesen worden. Dementsprechend forderte er den Kläger berechtigterweise mehrfach auf, den Urlaub bis zum 31.12.2014 zu nehmen.
hh) Durch die Zuweisung eines Arbeitsplatzes im Open-Space-Bereich nach Rückkehr aus der Examensvorbereitungsfreistellung am 10.10.2014 liegt keine Verletzungshandlung vor. Die Beklagte hat, nachdem der Kläger dies moniert hat, dafür Sorge getragen, dass der Kläger wieder seinen Arbeitsplatz in seinem alten Arbeitszimmer beziehen konnte. Dass der Kläger dann am 22.12.2014 nicht mehr zurückziehen wollte, zeigt, dass der am 10.10.2014 zugewiesene Arbeitsplatz objektiv und subjektiv dem Kläger zumutbar war. Es ist auch nachvollziehbar, dass der Vorgesetzte dann auf dem Umzug bestanden hat, nachdem er organisiert worden war.
ii) Eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung oder eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Gesundheit des Klägers ist auch nicht aufgrund des Verhaltens der Beklagten bis Oktober 2019 anzunehmen.
Während des Arbeitsverhältnisses bis zum Ausspruch der Kündigung am 11.03.2015 hat die Beklagte auf Verlangen des Klägers vom 20.05.2014 und 23.12.2014 zweimal das Ethikverfahren eingeleitet und jeweils auf Wunsch des Klägers (25.06.2014 und Ende Dezember 2014) eingestellt. Nach der neuerlichen Aufnahme am Anfang 2015 hat der Kläger an der auf den 11.02.2015 anberaumten Telefonkonferenz nicht teilgenommen. Dass das Ethikverfahren nicht zu einer Beilegung des Konflikts und des seitens des Klägers sogar empfundenen Mobbings geführt hat, lag mithin am Kläger, nicht an der Beklagten.
Die Beklagte hat die Kündigung vom 10.03.2015 nicht auf die angebliche falsche eidesstattliche Erklärung der Zeugin E. gestützt. Im Hauptsacheverfahren ist die eidesstattliche Versicherung kein zugelassenes Beweismittel. Sie dient lediglich der Glaubhaftmachung tatsächlicher Behauptungen, § 294 Abs. 1 ZPO. Es ist davon auszugehen, dass dies den Beklagtenvertretern als überörtlich tätige Rechtsanwaltskanzlei bekannt ist. Dementsprechend hat die Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 15.09.2015 (Seite 4 = Bl. 377 d. A.) als Beweismittel auch das Zeugnis der Zeugin E. angeboten. Das Arbeitsgericht hat ausweislich des Beschlusses vom 14.07.2017 Beweis durch Einvernahme der Zeugin E. erhoben. Dem Kläger war Gelegenheit gegeben worden, Fragen an die Zeugin zu richten und zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Das Arbeitsgericht hat sich in seinen Entscheidungsgründen allein auf die Aussagen der Zeugin E., nicht auf ihre eidesstattliche Versicherung gestützt. Im Übrigen hat die Zeugin E. in ihrer mündlichen Zeugenaussage im Kern ihre Erklärungen in der eidesstattlichen Versicherung bestätigt.
Die Beklagte durfte auch ihre Rechtsauffassung in allen Instanzen vertreten, ohne dass hieraus wegen angeblicher Uneinsichtigkeit über 4 Jahre eine Verletzungshandlung gegenüber dem Kläger zu begründen wäre. Weder die Kündigung vom 10.03.2015 noch die streitgegenständlichen Abmahnungen noch der Einbehalt der Examensförderung noch ihre Rechtsauffassungen zum Schadensersatz wegen Mobbings noch zur Frage der Zulässigkeit der Klageerweiterungen waren offensichtlich rechtswidrig. Die Länge des Verfahrens begründet sich insbesondere auch durch die wiederholten unbegründeten bzw. rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuche des Klägers in erster und zweiter Instanz.
Die Beklagte hat eine Verletzungshandlung auch nicht dadurch begangen, dass sie in Zweifel gezogen hat, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung zugelassener Rechtsanwalt war. Zum einen liegt unstreitig hinsichtlich der Vornamen eine Unklarheit vor, an deren Aufklärung der Kläger nicht mitzuwirken bereit war. Zum anderen konnte auch die Geschäftsstelle des LAG München den Kläger im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung nicht als zugelassenen Rechtsanwalt auffinden und hat ihn deswegen telefonisch kontaktiert.
Allein die um fünf Monate verzögerte Versendung der Entgeltbescheinigung an die Krankenkasse des Klägers im August 2015 stellt keine Mobbinghandlung dar. Nach dem Vortrag des Klägers wurde die Beklagte zum zweiten Mal erst durch Schreiben der Krankenkasse vom 11.08.2015 gebeten, die Entgeltbescheinigung zuzusenden, und hat dies noch im August 2015 getan. Welche weiteren zahlreichen Bitten es daneben noch gegeben hat, wird nicht substantiiert vorgetragen.
Die Beklagte durfte die Zahlung des Krankengeldes und des Arbeitslosengeldes im Rahmen des Streits über die Annahmeverzugsvergütung für das Jahr 2015 bestreiten. Der Beklagten war die Höhe dieser Zahlungen nicht bekannt. Der Kläger hätte den Antrag auf Zahlung der Annahmeverzugsvergütung rechtzeitig und mit vollständiger Erklärung stellen können. Der Anspruch des Klägers ist von vornherein um die anzurechnenden Verdienste gemäß § 615 Satz 2 BGB gekürzt geltend zu machen. Der Abzugsbetrag ist zu beziffern (vgl. ErfK/Preis, 20. Aufl. 2020, § 615 Rn. 114).
jj) Die vorgetragenen Äußerungen oder Verhaltensweisen des Vorgesetzten bzw. der Beklagten haben auch in der Gesamtschau keinen rechtsverletzenden Charakter.
Die Beklagte hat den Kläger, der sich nach seinen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem LAG München am 17.09.2020 selbst aus Außenseiter sieht und vergleichbare Probleme wie bei der Beklagten in anderen Kanzleien der „Big Five“ erwartet, nach Ablauf von sechs Monaten trotz bereits anfänglicher Probleme („Siezen“, „Donald-Duck-Foto“, „Ich bin kein FC-Bayern-Fan“) weiterbeschäftigt, ihm eine gute Bewertung für das erste Jahr seiner Beschäftigung gegeben und ihm wie auch den anderen Consultants die bezahlte Freistellung zur Vorbereitung auf das Steuerberater-Examen im Juli 2014 gewährt. Sie hat diese Freistellung auch nicht widerrufen, nachdem sie sich im Frühjahr 2014 dafür entschieden hatte, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu beenden. Von der Möglichkeit, ein Ethikverfahren zur Verbesserung seiner konfliktbeladenen Situation im Betrieb anzustrengen, hat der Kläger erst spät, nämlich im Frühsommer 2014 Gebrauch gemacht, obwohl er das Arbeitsverhältnis angeblich bereits von Beginn an (Mitte November 2012) als konfliktbeladen empfunden hat. Die Beklagte hat das Ethikverfahren jeweils auf Wunsch des Klägers begonnen und damit gezeigt, an der Lösung des Konflikts beizutragen. Ein Interesse der Beklagten, den Kläger an seiner Gesundheit zu schädigen oder in seinem Persönlichkeitsrecht zu verletzen, ist nicht erkennbar geworden. Der Beklagten ging es um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem von ihr als nicht hinreichend qualifiziert angesehenen Kläger. Dabei hat sie seit März 2014 bis zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht München eine einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses angeboten. Erklärt sich der Kläger damit nicht einverstanden und macht auch selbst kein Angebot, verbleiben der Beklagten nur die Möglichkeiten der Abmahnung und der Kündigung zur Vorbereitung einer einseitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses, von denen sie jeweils anlassbezogen Gebrauch gemacht hat.
kk) Ergänzend stützt die Kammer ihre Entscheidung darauf, dass jedenfalls eine Verletzung der Gesundheit des Klägers nicht ausreichend dargelegt worden ist. Der Kläger hat nicht vorgetragen, welcher Art seine Gesundheitsverletzung seit Mitte November 2012 war bzw. welche Feststellungen die ihn behandelnden Ärzte getroffen haben. Seine Behauptung in der mündlichen Verhandlung vor dem LAG München vom 18.07.2019, es sei eine Gastritis festgestellt worden, wobei das „G“ in den im Verfahren 14 Ga 26/15 vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für eine gesicherte Diagnose stehe, hat er schriftsätzlich zuletzt auf einen Verdacht der Gastritis abgeschwächt. Auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht München vom 17.09.2020 hat der Kläger dann angegeben, nicht sagen zu können, welche Krankheiten die Ärzte festgestellt hätten, weil er medizinischer Laie sei. Im Widerspruch hierzu behauptete der Kläger dann, an einem Magengeschwür gelitten zu haben. Stellt eine Partei zu einer Frage mehrere einander widersprechende Behauptungen auf, ohne die Widersprüche zu erläutern, so kann von keiner dieser Behauptungen angenommen werden, sie sei richtig. Ein solcher Vortrag ist auch der Beweisaufnahme nicht zugänglich (vgl. BAG. Urteil vom 13.06.2002 – 2 AZr 589/01 -).
III.
Für den Urteilstenor wird auf Eichele/Hirtz/Oberheim, Berufung im Zivilprozess, 5. Aufl. 2017, Kap. 18 Rn. 40 Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die im Rahmen einer Klageänderung geltend gemachten Ansprüche werden bei der Bestimmung des Gebührenstreitwertes nicht berücksichtigt, wenn und soweit die Klageänderung unzulässig ist (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 07.01.2013 – 6 W 51/12 – unter II. 2. a; Kurpat in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2017, § 3 ZPO, Rn. 141).
IV.
Es bestand kein Grund im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG, die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen.

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