Aktenzeichen 4 AZR 386/14
§ 3 Abs 1 TVG
Art 3 Abs 1 GG
Art 9 Abs 3 GG
§ 75 Abs 1 BetrVG
Verfahrensgang
vorgehend ArbG München, 5. Dezember 2013, Az: 26 Ca 11250/13, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München, 30. April 2014, Az: 11 Sa 65/14, Urteil
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 30. April 2014 – 11 Sa 65/14 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf weitere Abfindungen und ein höheres Transferentgelt.
2
Der Kläger war seit 1985 bei der Beklagten zu 2. und deren Rechtsvorgängerin im Betrieb St.-Martin-Straße in München gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 7.726,06 Euro beschäftigt. Eine von der Beklagten zu 2. geplante Betriebsschließung konnte durch Verhandlungen mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat und der zuständigen Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), deren Mitglied der Kläger erst zu einem Zeitpunkt nach dem 23. März 2012 geworden ist, teilweise abgewendet werden. In diesem Zusammenhang schlossen die Beklagte zu 2. und die IG Metall am 4. April 2012 einen Transfer- und Sozialtarifvertrag (nachfolgend TS-TV), der ua. die Einrichtung der Beklagten zu 1. sowie die Zahlung einer Abfindung und eines Transferentgelts (BeE-Monatsentgelts) bzw. bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Beklagten zu 1. als weiteren Bestandteil der Abfindung eine „Sprinterprämie“ vorsah. Am gleichen Tag vereinbarten die Beklagte zu 2. und der Betriebsrat für den Betrieb St.-Martin-Straße einen „Interessenausgleich“, in dem ua. die Regelungen zur Milderung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des TS-TV „für alle betroffenen Beschäftigten abschließend“ übernommen wurden. Schließlich schlossen die Tarifvertragsparteien des TS-TV am gleichen Tag einen Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag (ETS-TV), der zusätzliche Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen regelte; über den Wortlaut dieser Kollektivvereinbarungen, die auszugsweise in den Urteilen des Senats vom 15. April 2015 (- 4 AZR 796/13 – Rn. 5 ff., BAGE 151, 235) und 6. Juli 2016 (- 4 AZR 966/13 – Rn. 3 ff.) wiedergegeben sind, besteht zwischen den Parteien kein Streit.
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Mit Schreiben vom 4. April 2012 erhielt der Kläger von den Beklagten einen „Dreiseitigen Vertrag“ (nachfolgend DV; zu dessen allgemeinen und auch im Streitfall verwendeten Formulierungen vgl. die Auszüge in den Urteilen des Senats vom 15. April 2015 – 4 AZR 796/13 – Rn. 8, BAGE 151, 235 und 6. Juli 2016 – 4 AZR 966/13 – Rn. 6), den er fristgemäß unterzeichnete. Er erhielt mit dem BeE-Monatsentgelt für den Monat Mai 2012 eine Abfindung. Das BeE-Monatsentgelt berechnete die Beklagte zu 1. als Nettoentgelt auf der Basis von 70 % des letzten Bruttomonatseinkommens des Klägers (errechnet aus dem 13,5-fachen Monatsbetrag) unter Heranziehung der persönlichen Sozialversicherungs- und Steuermerkmale. Von diesem Nettoentgelt wurde das Transferkurzarbeitergeld des Klägers abgezogen, die Differenz zahlte die Beklagte zu 1. als Aufstockungsleistung.
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Für den Zeitraum ab dem 1. Dezember 2012 vereinbarten der Kläger und die Beklagte zu 1. das Ruhen ihres Rechtsverhältnisses. Aufgrund einer Eigenkündigung des Klägers endete das Vertragsverhältnis zum 16. April 2013. Wegen des vorzeitigen Ausscheidens erhielt der Kläger eine weitere Abfindung als Sprinterprämie.
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Mit seiner Klage hat der Kläger auf der Basis des ETS-TV weitere Abfindungszahlungen und ein höheres Transferentgelt begehrt und hierzu die Auffassung vertreten, dass die Beschränkung im Geltungsbereich des ETS-TV unwirksam sei. Die im DV in Bezug genommene tarifliche Regelung verstoße gegen die Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) und gegen die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG). Ihm stünden deshalb die weiteren Leistungen des ETS-TV zu. Er sei aus Gleichbehandlungsgründen so zu behandeln, wie ein bereits zum tariflich vorgesehenen Stichtag eingetretenes Mitglied der IG Metall. Der „Interessenausgleich“ vom 4. April 2012, bei dem es sich um einen wirksam zustande gekommenen Sozialplan handele, missachte § 75 BetrVG. Rechtsfolge sei eine „Anpassung nach oben“. Im Übrigen sei das Monatsentgelt von der Beklagten zu 1. unrichtig berechnet worden.
6
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1.
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn weiteres BeE Gehalt für den Lohnmonat Mai 2012 iHv. 99.666,18 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 55.629,64 Euro netto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Juni 2012 zu bezahlen;
2.
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn eine weitere Abfindung iHv. 10.000,00 Euro brutto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit Klageerhebung zu bezahlen;
3.
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn weiteres BeE Gehalt für den Lohnmonat Juni 2012 iHv. 6.953,46 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.988,07 Euro netto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Juli 2012 zu bezahlen;
4.
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn weiteres BeE Gehalt für den Lohnmonat Juli 2012 iHv. 6.953,46 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.988,07 Euro netto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. August 2012 zu bezahlen;
5.
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn weiteres BeE Gehalt für den Lohnmonat August 2012 iHv. 6.953,46 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.988,07 Euro netto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. September 2012 zu bezahlen;
6.
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn weiteres BeE Gehalt für den Lohnmonat September 2012 iHv. 6.953,46 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.988,07 Euro netto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Oktober 2012 zu bezahlen;
7.
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn weiteres BeE Gehalt für den Lohnmonat Oktober 2012 iHv. 8.562,63 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 4.702,22 Euro netto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. November 2012 zu bezahlen;
8.
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn weiteres BeE Gehalt für den Lohnmonat November 2012 iHv. 6.953,46 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 3.988,07 Euro netto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Dezember 2012 zu bezahlen;
9.
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 48.826,02 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 24.147,01 Euro netto abzüglich Transfer-Kurzarbeitergeld für den Zeitraum 17. April 2013 bis 30. April 2013 iHv. 554,04 Euro netto zzgl. fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 1. Mai 2013 zu bezahlen.
7
Die Beklagten haben zur Begründung ihrer Klageabweisungsanträge ausgeführt, aus dem DV ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen. Er unterfalle nicht dem persönlichen Geltungsbereich des ETS-TV. Die Differenzierung anhand des Stichtags sei zulässig. Auch sei der geleistete Zuschuss zum Transferkurzarbeitergeld zutreffend berechnet; geschuldet sei eine Vergütung gemäß § 5 Abs. 3 TS-TV, der von einem „BeE-Monatsentgelt“ handele.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, soweit er die Berechnung des BeE Gehalts insgesamt als Bruttobetrag geltend gemacht hat, im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Revision hat es zugelassen, soweit die Berufung nicht unzulässig war. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt gestellten Anträge weiter.