Arbeitsrecht

Streitwertbeschwerde durch obsiegende Partei und Einlegung eines Kostenwiderspruchs

Aktenzeichen  3 W 531/18

Datum:
21.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 14941
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 93
GKG § 68

 

Leitsatz

1 Die Streitwertbeschwerde eines obsiegenden Verfügungsklägers, die die Heraufsetzung des Streitwerts bezweckt, ist zulässig, wenn er nach einer Honorarvereinbarung ohnehin höhere als die gesetzlichen Gebühren an seine Prozessbevollmächtigten zu vergüten und als kostenerstattungsberechtigte Partei bei einem höheren Streitwert einen höheren Erstattungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte hat. (Rn. 11) (red. LS Dirk Büch)
2 Wegen der Folgen des Kostenwiderspruchs muss die Erklärung eines Kostenwiderspruchs hinreichend deutlich sein. Anderenfalls ist von der Einlegung eines (Voll-) Widerspruchs auszugehen. (Rn. 13 – 14) (red. LS Dirk Büch)

Verfahrensgang

3 O 7700/16 2017-10-25 LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin wird der Streitwertbeschluss im Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25.10.2017, Az. 3 O 7700/16, dahingehend abgeändert, dass der Streitwert erst ab der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2017 auf das Kosteninteresse in Höhe von 2.874,61 € zu reduzieren ist.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 28.10.2016 ordnete das Landgericht Nürnberg-Fürth die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens an und erließ im Wege der einstweiligen Verfügung bestimmte Anordnungen. Den Streitwert setzte es auf 150.000,00 € fest.
Mit Schriftsatz vom 17.07.2017 legte die Verfügungsbeklagte Widerspruch gegen diesen Beschluss ein. Darin beantragte sie, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den ihr zugrundeliegenden Antrag zurückzuweisen. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens und der Erlass der einstweiligen Verfügung nicht notwendig gewesen seien. Es hätten keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Verfügungsklägerin dafür bestanden, dass die Verfügungsbeklagte das Urheberrecht der Verfügungsklägerin verletzt habe.
Im Termin vom 11.10.2017 führte der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten aus, dass sein mit Schreiben vom 17.07.2017 eingelegter Widerspruch als Kostenwiderspruch aufzufassen sei. Er habe damit vermeiden wollen, dass die Kosten gegen die Verfügungsbeklagte festgesetzt werden, obwohl die Verfügungsbeklagte der Meinung sei, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Rahmen eines Besichtigungsverfahrens nicht vorliegen würden.
Mit Endurteil vom 25.10.2017 wies das Landgericht Nürnberg-Fürth den Kostenwiderspruch zurück, legte der Verfügungsbeklagten die weiteren Kosten des Verfügungsverfahrens auf und änderte den Streitwertbeschluss dahingehend ab, dass der Streitwert ab 19.07.2017 auf 2.874,61 € (Kostenstreitwert) festgesetzt wird.
Gegen diesen Streitwertbeschluss legte die Verfügungsklägerin mit Schriftsatz vom 14.11.2017 sofortige Beschwerde ein und beantragte, dass der reduzierte Streitwert erst ab 11.10.2017 festgesetzt wird.
Das Oberlandesgericht verwarf diese sofortige Beschwerde. Die Streitwertbeschwerde sei nicht im eigenen Namen der Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin, sondern für die Verfügungsklägerin selbst eingelegt worden. Die Streitwertbeschwerde sei daher unzulässig, da besondere Umstände, die ausnahmsweise eine Beschwer der Verfügungsklägerin an der ihrer Ansicht nach zu niedrigen Streitwertfestsetzung begründen könnten, nicht dargetan seien.
Die Verfügungsklägerin legte mit Schriftsatz vom 19.01.2018 erneut eine Streitwertbeschwerde mit demselben Antrag wie im Schriftsatz vom 14.11.2017 ein. Es bestünden besondere Umstände, die ausnahmsweise eine Beschwer der Verfügungsklägerin an der ihrer Ansicht nach zu niedrigen Streitwertfestsetzung begründen könnten, weil sie ihre Prozessvertreter wertunabhängig vergüte und einen Kostenersatz nur in Höhe der gesetzlichen Vergütung verlangen könne.
Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss im Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25.10.2017 ist nunmehr zulässig:
Die als unzulässig verworfene Beschwerde kann wiederholt werden, wenn die Beschwerdefrist noch läuft (Heßler, in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 567 Rn. 16). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Es sind im vorliegenden Fall besondere Umstände dargetan, die ausnahmsweise eine Beschwer der Verfügungsklägerin an der ihrer Ansicht nach zu niedrigen Streitwertfestsetzung begründen können. Die Festsetzung des zu niedrigen Streitwertes wirkt sich zum Nachteil der Verfügungsklägerin aus, weil sie nach der Honorarvereinbarung ohnehin höhere als die gesetzlichen Gebühren an ihrer Prozessbevollmächtigten zu vergüten und als kostenerstattungsberechtigte Partei bei einem höheren Streitwert einen höheren Erstattungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juni 2005 – 5 W 13/05, Rn. 9).
III.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Der Widerspruch der Verfügungsbeklagten vom 17.07.2017 ist nicht als Kostenwiderspruch auszulegen. Erst im Termin vom 11.10.2017 erfolgte eine entsprechende Beschränkung des Widerspruchs:
1. Der Antragsgegner hat die Möglichkeit, einen bloßen Kostenwiderspruch einzulegen mit dem Ziel, die einstweilige Verfügung ausschließlich in ihrer Kostenentscheidung mit einem auf das Kosteninteresse reduzierten Streitwert anzugreifen. Mit dem Kostenwiderspruch wird zumindest konkludent die Erklärung verbunden, den Beschluss in der Sache nicht anzugreifen. Darin liegt ein Verzicht auf die Möglichkeit des Vollwiderspruchs. Wer den Widerspruch zweifelsfrei auf die Kosten beschränkt hat, hat diesen Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung nicht mehr zu Verfügung. Ein Kostenwiderspruch stellt zugleich ein Anerkenntnis der einstweiligen Verfügung dar (KG Berlin, Beschluss vom 17. Mai 2011 – 5 W 75/11, Rn. 6; OLG München, Beschluss vom 17. Februar 2012 – 6 W 202/12, Rn. 11).
Der Kostenwiderspruch hat die Wirkung eines Anerkenntnisses im Sinne der §§ 307, 93 ZPO, schließt die Nachprüfung der Zulässigkeit und/oder Begründetheit des Verfügungsantrages aus und bedeutet den Verzicht auf die (nochmalige) Einlegung eines Vollwiderspruchs. Die Beschränkung ist endgültig; ein nachträglicher Übergang vom Kostenwiderspruch zum Vollwiderspruch ist unzulässig. Wegen dieser Folgen des Kostenwiderspruchs muss die Erklärung eines Kostenwiderspruchs hinreichend deutlich sein (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 11. Oktober 2007 – 3 U 111/07, Rn. 55, 56). Der Kostenwiderspruch muss sich von Anfang an auf die Kosten beschränken und ausdrücklich als solcher bezeichnet sein; Zweideutigkeiten schaden (KG Berlin, Beschluss vom 17. Mai 2011 – 5 W 75/11, Rn. 8). Die Beschränkung des Widerspruchs auf die Kostenentscheidung mit Widerspruchseinlegung muss eindeutig erkennbar sein (Drescher, in MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 924 ZPO Rn. 7). Es muss sich eindeutig aus der Widerspruchsschrift entnehmen lassen, dass Kostenwiderspruch eingelegt werden soll, etwa durch entsprechende Überschrift und/oder die Angabe, es werde Widerspruch nur gegen die Kostenentscheidung eingelegt (Scharen, in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 8 Aufl. 2017, Kapitel 51 Rn. 61). Der Widerspruch muss von Anfang an – d.h. bereits in der Widerspruchsschrift und nicht erst in späteren Erklärungen oder in der mündlichen Verhandlung – auf die Kosten beschränkt werden (Retzer, in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl. 2016, § 12 Rn. 480).
2. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt:
Das Rechtsmittel im Schriftsatz vom 17.07.2017 ist als (Voll-)Widerspruch auszulegen. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Verfügungsbeklagte ihr Rechtsmittel selbst als „Widerspruch“ bezeichnete. Dies ergibt sich zum anderen aus dem angekündigten Antrag, der nicht nur auf eine Korrektur der Kostenentscheidung, sondern darauf gerichtet war, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den ihr zugrundeliegenden Antrag zurückzuweisen. Dies ergibt sich schließlich aus der Widerspruchsbegründung, in der die Verfügungsbeklagte keine Ausführungen zu § 93 ZPO machte, sondern inhaltliche Einwendungen gegen den Verfügungsantrag vorbrachte.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund der Erklärungen des Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten im Termin vom 11.10.2017 veranlasst. Zum einen ist eine spätere Widerspruchsbeschränkung in der mündlichen Verhandlung unbeachtlich. Zum anderen führte der Prozessbevollmächtigte auch im Termin vom 11.10.2017 aus, dass die Verfügungsbeklagte der Meinung sei, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Rahmen eines Besichtigungsverfahrens nicht vorliegen würden. Dies spricht gegen einen Kostenwiderspruch, zumal sich das Ersturteil wegen dieser Äußerungen dazu veranlasst sah, sich im Endurteil vom 25.10.2017 mit der Frage auseinander zu setzen, ob die Verfügungsklägerin den Verfügungsanspruch und -grund hinreichend glaubhaft machte.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 68 Abs. 3 GKG).

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