Arbeitsrecht

Stufenzuordnung der ärztlichen Leiterin eines Sozialmedizinischen Dienstes – Fachärztliche Tätigkeit

Aktenzeichen  11 Sa 698/15

Datum:
20.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 124696
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte in den Sozialmedizinischen Dienststellen der Deutschen Rentenversicherung KnappschaftBahn-See vom 8.7.2010 (TV-Ärzte-SMD/DRV KBS) § 15, § 16, § 19
Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in den Sozialmedizinischen Dienststellen der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 8.7.2010 (TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS) § 4
BGB § 276 Abs. 1, § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 Abs. 2, Abs. 4, § 615

 

Leitsatz

1. Nach § 4 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS iVm § 19 Abs. 1 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS sind für einen in den TV-Ärzte-SMD/DRV KBS übergeleiteten ärztlichen Beschäftigten für die Stufenzuordnung nur solche Tätigkeiten zu berücksichtigen, die den jeweiligen Entgeltgruppen entsprochen hätten, wenn die Entgelttabelle bereits seit Beginn einer Zugehörigkeit des Beschäftigten zu der für ihn maßgebenden Entgeltgruppe gegolten hätte. Zeiten vor einer Tätigkeit des Beschäftigten als Leiter eines Sozialmedizinischen Dienstes sind demnach für die Stufenlaufzeit in der Entgeltgruppe V des § 16 lit. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nicht zu berücksichtigen (bestätigt durch BAG BeckRS 2017, 118995 Rn. 24-31). (Rn. 51 – 54) (red. LS Alke Kayser)
2. Für den Stufenaufstieg in der Entgeltgruppe V des § 16 lit. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS ist die Ausübung einer Tätigkeit nach Facharztanerkennung erforderlich, auch wenn bei dieser Entgeltgruppe eine Tätigkeit als Facharzt nicht als Voraussetzung für die Eingruppierung genannt wird (bestätigt durch BAG BeckRS 2017, 118995 Rn. 32-35). (Rn. 55) (red. LS Alke Kayser)
3. Ein Arbeitgeber hat im Falle einer unwirksamen Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses seinen Annahmeverzug nur zu vertreten, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt die Unwirksamkeit der Kündigung hätte erkennen können. Entscheidend ist hierbei, ob der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit vertretbaren Gründen zu der Annahme gelangen durfte, die Kündigung werde sich als rechtsbeständig erweisen (Anschluss an BAG BeckRS 2002, 41517). Beruht der Ausspruch der Kündigung auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt, scheidet mangels Vertretenmüssens auch eine Haftung des Arbeitgebers für sich aus einer verspäteten Zahlung der Annahmeverzugsvergütung ergebende Verzugsschäden aus. (Rn. 62 – 65) (red. LS Alke Kayser)

Verfahrensgang

13 Ca 12509/12 2015-06-18 TeU ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München (Az.: 13 Ca 12509/12) vom 18.06.2015 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung betreffend Antrag 2. (Zahlung von € 8.149,60 brutto) zugelassen, im Übrigen nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist, soweit sie nach teilweiser Berufungsrücknahme noch anfiel, unbegründet.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie ist daher zulässig.
Der ursprünglich gestellte Hilfsantrag auf Sperrung von Teilen des Vorstandsprotokolls fiel nicht zur Entscheidung an, nachdem über den diesbezüglich gestellten Hauptantrag auf Unkenntlichmachung wegen Berufungsrücknahme nicht zu entscheiden war. Der Hilfsantrag war aber ersichtlich nur für den Fall gestellt, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben würde, also darüber überhaupt entschieden würde.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nachzahlung von Vergütung wegen fehlerhafter Eingruppierung.
a) Die Klägerin hat für den hier streitgegenständlichen Zeitraum September 2011 bis Dezember 2012 keinen Anspruch auf Bezahlung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe V gem. § 16 des TV-Ärzte, da die Klägerin die Voraussetzungen, wonach eine 12-jährige fachärztliche Tätigkeit vorliegen muss, nicht erfüllt.
aa) Die Klägerin übt seit 01.07.2005 die Leitung der Sozialmedizinischen Dienststelle aus. Daher war frühestens zu diesem Zeitpunkt eine Vergütung nach Entgeltgruppe V des § 16 TV-Ärzte geschuldet. Gem. § 19 Abs. 1 erreichen die Ärztinnen und Ärzte die jeweils nächste Stufe – in Abhängigkeit von ihrer Leistung gem. § 20 Abs. 2 – nach den Zeiten einer Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit). Dies bedeutet, dass innerhalb derselben Entgeltgruppe, also der Entgeltgruppe V, frühestens nach 12-jähriger fachärztlicher Tätigkeit in dieser Entgeltgruppe die Stufe 4 erreicht werden konnte. Damit lagen die Voraussetzungen im Zeitraum von September 2011 bis Dezember 2012 schon insoweit nicht vor.
bb) § 19 Abs. 2 TV-Ärzte beinhaltet auch keine Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten. Denn in den Sätzen 1 bis 3 ist lediglich die Anrechnung von Vorbeschäftigungen in den Entgeltgruppen I und II geregelt. Ansonsten sieht Satz 4 lediglich eine fakultative Anrechnung von vorhergehenden beruflichen Tätigkeiten vor, wenn diese für die vorgesehene Tätigkeit förderlich sind. Er sieht aber keine Verpflichtung hierzu vor.
cc) Auch aus § 4 des TVÜ-Ärzte ergibt sich kein anderes Ergebnis. Denn nach Abs. 1 werden die Ärztinnen und Ärzte zunächst derjenigen Entgeltgruppe und Stufe zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden Entgeltgruppe gegolten hätte. Wenn also der TV-Ärzte bereits im Zeitpunkt des 01.07.2005, als die Klägerin als Leiterin eines Sozialmedizinischen Dienstes tätig wurde, gegolten hätte, so wäre die Klägerin zu diesem Zeitpunkt in die Entgeltgruppe V eingeordnet worden. Gem. Abs. 2 Satz 1 des § 4 TVÜ-Ärzte zählen für die Stufenfindung bei der Überleitung die bisher anerkennten Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Dies bedeutet wiederum, dass die bisher anerkannten Zeiten, also diejenigen in der jeweiligen Entgeltgruppe nach § 19 TV-Ärzte bei diesem Arbeitgeber gelten. Letztlich dient der Überleitungstarifvertrag einer Eingruppierung in der Form, dass im Zeitpunkt der Überleitung, also im Jahr 2010 letztlich die Mitarbeiter so gestellt werden, wie wenn bereits früher der TV-Ärzte bereits gegolten hätte. Daher werden bereits die Tätigkeitszeiten, die vor dem Jahr 2010 in der Form anerkannt wurden, dass sie den jeweiligen Entgeltgruppen entsprochen hätten, berücksichtigt. Dies bedeutet wiederum, dass Tätigkeitszeiten der Klägerin ab dem 01.07.2005 nach Entgeltgruppe V auch bei der Einordnung in die jeweilige Stufe zu berücksichtigen sind. Schließlich ergibt sich auch aus § 4 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte keine weitergehende Berücksichtigung. Letztlich könnte es sogar dahingestellt bleiben, ob etwa die Vordienstzeiten im Umfang von 14 Monaten im Krankenhaus Landau anzurechnen wären. Denn für den hier maßgeblichen Zeitraum von September 2011 bis Dezember 2012 würde sich ausgehend vom 01.07.2005 selbst unter Hinzuaddierung dieser Monate noch keine 12-jährige Tätigkeit in dieser Entgeltgruppe ergeben. Darüber hinaus spricht aber § 4 Abs. 2 Satz 2 lediglich von der Berücksichtigung der Zeiten ärztlicher Tätigkeit bei anderen Arbeitgebern, nicht aber hingegen von der Berücksichtigung fachärztlicher Tätigkeiten. Nachdem aber der Tarifvertrag in § 4 Abs. 2 Satz 2 auf § 19 TV-Ärzte verweist, dort eindeutig zwischen ärztlichen und fachärztlichen Tätigkeiten differenziert wird, kann § 4 Abs. 2 Satz 2 auch keine Anrechnung fachärztlicher Tätigkeiten aus Vorbeschäftigungen bei anderen Arbeitgebern entnommen werden. Dem steht auch die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten beim Bewährungsaufstieg nicht entgegen, da es dort auch nur um ärztliche Tätigkeiten ging, nicht um fachärztliche.
b) Darüber hinaus ist es Voraussetzung für eine höhere Stufe, dass jedenfalls eine Tätigkeit nach Facharztanerkennung innerhalb dieser Entgeltgruppe V ausgeübt wird. Auch die Tatsache, dass in § 16e bei der Entgeltgruppe V der Facharzt nicht als Voraussetzung genannt wird, hindert nicht, dass bei der jeweiligen Stufenzuordnung eine solche fachärztliche Tätigkeit dann eine Rolle spielt. Dass hier also ein Redaktionsversehen vorliegt, ist nicht erkennbar. Letztlich konnte es allerdings dahingestellt bleiben, ob die Anerkennung erforderlich ist oder lediglich die Ausübung fachärztlicher Tätigkeiten ausreicht, da, wie oben dargelegt, lediglich die Zeiten einer Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe beim Arbeitgeber zu berücksichtigen sind. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum wären daher frühestens Zeiten ab dem 01.07.2005 zu berücksichtigen gewesen, so dass die Voraussetzungen der Stufe 4 ohnehin im Zeitraum September 2011 bis Dezember 2012 nicht vorgelegen hätten. Daher war auch insoweit die Berufung zurückzuweisen.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf weitere Vergütung i.H.v. € 1.500,00 für August 2013.
a) Insoweit kann zunächst auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils verwiesen werden. Denn die Klägerin hat tatsächlich von ihrem Gestaltungsrecht zur Inanspruchnahme der Pflegezeit durch ihren Antrag mit Schreiben vom 09.08.2012 Gebrauch gemacht. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich, wie im vorliegenden Fall, um eine Pflegeteilzeit handelt oder um vollständige Inanspruchnahme der Pflegezeit, also auch bezogen auf Vollzeit. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits in der Entscheidung vom 15.11.2011 (9 AZR 348/10) entschieden und dies ebenfalls in der Entscheidung auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 19.05.2015 (9 Sa 860/14) festgehalten. Das Gestaltungsrecht wird auch bei Pflegteilzeit bereits mit der Ankündigung der Pflegezeit in Anspruch genommen und verbraucht.
b) Zu Recht hat auch das erstinstanzliche Urteil im Hinblick auf die Verteilung der Arbeitszeit in der Pflegeteilzeit eine schriftliche Vereinbarung nicht für erforderlich erachtet. Dazu sieht § 3 Abs. 4 PflegeZG vor, dass bei nur teilweiser Freistellung Arbeitgeber und Beschäftigte über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeitz eine schriftliche Vereinbarung zu treffen haben. Grundsätzlich würde dieses Schriftformerfordernis auch die strenge Schriftform nach § 126 BGB beinhalten und damit gem. § 125 BGB wegen der hier nicht eingehaltenen strengen Schriftform, eine Nichtigkeit der Vereinbarung zur Folge haben. Dies stünde aber im Widerspruch zum von Seiten des BAG angenommenen Gestaltungsrecht, das durch die Ankündigung der Pflegezeit bereits ausgeübt wird. Denn dann hätte der Arbeitnehmer zwar Pflegezeit in Anspruch genommen, die Verteilung der Arbeitszeit wäre aber nicht geregelt, eine entsprechende Vereinbarung dann nicht wirksam zustande gekommen, so dass der Arbeitnehmer gegebenenfalls gegen seine Pflichten verstoßen würde, wenn er nicht in vollem Umfang eine Arbeitsleistung erbringen würde.
Darüber hinaus zeigt auch die Begründung des Gesetzes und der Hinweis auf das Interesse der Rechtssicherheit und im Hinblick auf das Nachweisgesetz, womit das Schriftformerfordernis begründet wurde, dass zum einen gerade die Bezugnahme auf das Nachweisgesetz nahelegt, dass die Nichtigkeit nicht die Folge des Verstoßes sein soll, wie es ebenfalls beim Nachweisgesetz nicht der Fall ist. Auch Sinn und Zweck der Regelung, nämlich der Klarstellung, was zwischen den beiden Parteien vereinbart ist, spricht daher nicht für die strenge Formvorschrift und damit für eine Nichtigkeitsfolge im Falle der Nichteinhaltung der strengen Schriftform. Gerade im vorliegenden Fall haben beide Parteien schriftlich übereinstimmend die Reduzierung und die Verteilung der Arbeitszeit festgehalten. Die Klägerin hat bereits mit Schreiben vom 09.08.2012 mitgeteilt, dass sie eine teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung erreichen will und dabei während der Pflegezeit eine Reduzierung um 20% auf 32 Arbeitswochenstunden begehrt mit einer Verteilung auf die Wochentage Dienstag bis Freitag jeweils 8 Stunden. Dem ist die Beklagte mit Schreiben vom 25.06.2013 (Bl. 208 d. A.) gefolgt und hat dies gerade auch gegenüber der Klägerin dahingehend bestätigt, dass sie mit zur Zeit 32 Stunden, verteilt auf die Tage Dienstag bis Freitag, beschäftigt wird. Demgemäß ist auch, entgegen der Auffassung der Klägerin, eine Vereinbarung diesbezüglich zustande gekommen. Denn die Klägerin hatte dies beantragt und die Beklagte hat diesen Antrag angenommen. Insoweit ist insbesondere unter diesem Blickwinkel auch dem Schriftformerfordernis mit seiner Nachweisfunktion Folge getragen und hinreichend klargestellt, was zwischen den Parteien gelten soll. Auch wenn das Zeiterfassungssystem nicht entsprechend umgestellt worden sein sollte, so war jedenfalls durch diese beiden Schreiben klargestellt, in welcher Form die Verteilung der Arbeitszeit erfolgen sollte, insbesondere dahingehend, dass jedenfalls am Montag keinerlei Arbeitsleistung geschuldet sein sollte.
c) Darüber hinausgehend wäre jedenfalls zwischen den Parteien ohnehin eine Vereinbarung über eine Freistellung zustande gekommen, völlig unabhängig vom Pflegezeitgesetz. Denn die Klägerin hatte eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit und eine Verteilung ihrer Arbeitszeit auf die Wochentage Dienstags bis Freitags beantragt. Dem war die Beklagte entsprechend nachgekommen. Selbst wenn also i.S.d. Pflegezeitgesetzes eine wirksame Vereinbarung nicht getroffen worden wäre, so wurde jedenfalls eine wirksame Freistellungsvereinbarung zwischen den Parteien getroffen, zumal in jedem Fall, wie bereits das BAG entschieden hat, auch die Pflegeteilzeit wirksam einseitig von Seiten der Klägerin in Anspruch genommen wurde. Die Klägerin kann sich daher auch nicht darauf berufen, dass die Freistellung nur für den Fall der Pflegezeit beantragt wurde, denn nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat jedenfalls die Klägerin diese Pflegezeit einseitig wirksam durch Ausübung des Gestaltungsrechts in Anspruch genommen. Diese Voraussetzung läge also vor. Daher haben die Parteien diesbezüglich auch wirksam eine Freistellung für Montag jeder Woche jeweils vereinbart.
Die Tätigkeit der Klägerin an Montagen würde daher eine Mehrarbeit der Klägerin über diese Vereinbarung hinaus bedeuten. Eine Vergütungspflicht dieser Mehrarbeit würde sich daher nur dann ergeben, wenn diese Mehrarbeit angeordnet, gebilligt oder geduldet worden wäre, wie bereits das erstinstanzliche Gericht ausgeführt hat. Die Klägerin hat aber die Voraussetzungen für die Vergütungspflicht dieser Überstunden nicht dargelegt. Auch im Rahmen der Berufung hat die Klägerin, obwohl bereits das erstinstanzliche Gericht diese Voraussetzungen angesprochen hat, hierzu nicht näher vorgetragen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte, sobald sie von dieser Tätigkeit Kenntnis erlangt hatte, auch darauf hingewiesen hat, dass keinerlei Duldung dieser Mehrarbeit erfolgen wird, vielmehr die Klägerin lediglich dann die Tätigkeiten an Montagen leisten darf, wenn sie dies mit dem Vorgesetzten abgesprochen hat. Daher kommt auch keine Genehmigung oder Duldung dieser Tätigkeiten in Betracht, so dass auch insoweit eine Vergütung ausscheidet. Daher konnte auch insoweit die Berufung keinen Erfolg haben.
3. Schließlich steht der Klägerin auch kein Schadensersatzanspruch für einen etwaigen Steuerschaden zu, der ihr dadurch entstanden ist, dass die Annahmeverzugsvergütung erst verspätet gezahlt wurde. Denn die Beklagte hätte einen entsprechenden Schaden nur dann zu begleichen, gem. §§ 286 Abs. 2, 287 BGB, wenn sie die verspätete Zahlung ab April 2010 zu vertreten hätte. Dies war aber nicht der Fall, da sich die Beklagte insoweit in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befand.
a) Gem. § 286 Abs. 4 BGB kommt ein Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Der Schuldner hat grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, nach § 276 Abs. 1 BGB handelt derjenige fahrlässig, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Die Beklagte hat aber nicht fahrlässig gehandelt, als sie die Gehaltszahlungen ab April 2010 eingestellt hat, da die Beklagte insoweit sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden hat, weil sie von einer wirksamen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen ist.
b) Im Falle einer Kündigung hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitgeber einen Annahmeverzug nur dann zu vertreten hat, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Kündigung unwirksam war. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit vertretbaren Gründen zu der Annahme gelangen durfte, die Kündigung werde sich als rechtsbeständig erweisen (vgl. BAG Urteil v. 13.06.2002 – 2 AZR 391/01). Ist die Rechtslage nicht eindeutig und beruht der Ausspruch der Kündigung auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt, handelt der kündigende Arbeitgeber solange nicht fahrlässig, wie er auf die Wirksamkeit seiner Kündigung vertrauen durfte.
a) Die Beklagte befand sich in einem das Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum, denn letztlich hat sie die Gehaltszahlungen nur deshalb eingestellt, weil das Arbeitsgericht München auf den Auflösungsantrag der Beklagten hin, das Arbeitsverhältnis aufgelöst hatte. Insoweit schließt sich die hiesige Kammer der Beurteilung der 3. Kammer im Urteil vom 20.02.2014 an ( 3 Sa 923/13), wonach die Parteien bei der Durchführung des Verfahrens, in dem die Auflösung entschieden wurde, hinreichend Gelegenheiten hatten, die entsprechenden zur Beurteilung des Auflösungsantrags aus ihrer Sicht erforderlichen Tatsachen vorzutragen und ihre Rechtsauffassung darzustellen. Aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, durfte die Beklagte nach dem ergangenen Urteil darauf vertrauen, dass eine Zahlung zunächst nicht mehr geschuldet war. Auch wenn das Arbeitsgericht dem Auflösungsantrag möglicherweise zu Unrecht stattgegeben hat, weil sich der Auflösungsgrund nicht aus dem Vortrag der Beklagten, sondern aus dem Ergebnis einer Beweisaufnahme erst ergeben hat, wobei schon fraglich wäre, inwieweit sich nicht die Beklagte dieses Ergebnis der Beweisaufnahme zu Eigen gemacht hat, so kann von einem Arbeitgeber nicht verlangt werden, dass er hier weitergehende Zweifel an dieser Entscheidung anmelden muss. Anders als etwa im Falle einer Kündigung, bei der der Arbeitgeber selbst die entsprechende Abwägung anstellen muss, hat der Beklagten gewissermaßen das Arbeitsgericht diese Abwägung in seiner Entscheidung abgenommen. Der Arbeitgeber muss aber nicht weitere Zweifel anmelden, wenn die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht auf den ersten Blick hin unvertretbar ist. Daher hat die Beklagte nicht fahrlässig gehandelt, d.h. die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, als sie das erstinstanzliche Urteil als wirksam angesehen und die Zahlungen eingestellt hat. Nach der anders lautenden Entscheidung des LAG München hat die Beklagte dann die Zahlungen geleistet. Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 05.04.2016 neuen Vortrag bezüglich des Auflösungsgrundes und des Wegfalls erbracht hat, war dieser Vortrag gem. § 67 Abs. 4 ArbGG nicht mehr zu berücksichtigen, da er nicht in der Berufungsbegründung erfolgte und eine Verzögerung des Rechtsstreites bewirkt hätte, weil hierzu erst die Stellungnahme der Beklagten hätte eingeholt werden müssen und ein weiterer Termin erforderlich geworden wäre. Daher ist für den hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch des Steuerschadens durch die verspätete Zahlung kein Raum, weil jedenfalls dieser Steuerschaden nicht schuldhaft verursacht wurde. Auch insoweit war daher die Berufung zurückzuweisen.
4. Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung ausführlich erfolgten Erörterungen dieser Umstände, auf die das Gericht hingewiesen hatte, war eine weitergehende Schriftsatzfristgewährung nicht veranlasst.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
6. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nur hinsichtlich der Zurückweisung des Antrages 2., also bezüglich der Zahlungsanträge wegen unrichtiger Stufenzuordnung, da dem Rechtsstreit wegen der Auslegung des Tarifvertrages grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insoweit wird auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrungverwiesen. Darüber hinaus besteht keine Veranlassung die Revision zuzulassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird insoweit hingewiesen.

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