Arbeitsrecht

Tätigkeit in der Poststelle durch Justizvollzugsbeamten in der Besoldungsgruppe A 9 – Antrag auf amtsangemessene Beschäftigung

Aktenzeichen  AN 1 K 16.00172

Datum:
6.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 33 Abs. 5

 

Leitsatz

Die Tatsache, dass ein Justizvollzugsbeamter wegen seiner körperlichen Beschwerden nicht mehr in der Lage ist, andere JVA-Beamte bzw. Dritte im Gefahrenfall zu unterstützen und Hilfe zu leisten, führt nicht dazu, dass er generell nicht im Justizvollzugsdienst eingesetzt werden kann. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Gegenstand des Verfahrens ist nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Abtrennung des Begehrens des Klägers auf Verbescheidung seines Antrags auf Umschulung zum Justizfachwirt – entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung seitens des Klägerbevollmächtigten gestellten Klageantrag – nur noch die auf amtsangemessene Beschäftigung des Klägers als Amtsinspektor der Besoldungsgruppe A 9 im Justizvollzugsdienst bei der JVA … gerichtete Verpflichtungsklage.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 22.6.2006,
2 C 26/05, Rdnrn. 9-12 bei juris, m. w. N.) kann der Inhaber eines statusrechtlichen Amtes gemäß Art. 33 Abs. 5 GG beanspruchen, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt sowie ein amtsangemessenes konkret-funktionelles Amt, d. h. ein entsprechender Dienstposten übertragen werden. Das Statusamt wird grundsätzlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und durch die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet. In abstrakter Weise wird dadurch seine Wertigkeit in Relation zu anderen Ämtern zum Ausdruck gebracht. Das Amt im funktionellen Sinne bezieht sich auf die künftigen Aufgaben des Beamten. Das konkret-funktionelle Amt, der Dienstposten, bezeichnet die dem Beamten tatsächlich übertragene Funktion, seinen Aufgabenbereich. Das abstrakt-funktionelle Amt knüpft ebenfalls an die Beschäftigung des Beamten an, jedoch im abstrakt verstandenen Sinne. Gemeint ist der einem statusrechtlichen Amt entsprechende Aufgabenkreis, der einem Inhaber dieses Statusamtes bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist. Das abstrakt-funktionelle Amt wird dem Beamten durch gesonderte Verfügung des Dienstherrn übertragen. Die für die amtsangemessene Besoldung notwendige Zusammenschau von Amt im statusrechtlichen und im funktionellen Sinne steht einer dauernden Trennung von Amt und Funktion grundsätzlich entgegen. Im Rahmen dieser Vorgaben liegt es im Ermessen des Dienstherrn, den Inhalt des abstrakt- und des konkret-funktionellen Amtes festzulegen. Das bedeutet aber auch, dass der Dienstherr gehalten ist, dem Beamten solche Funktionsämter zu übertragen, die in ihrer Wertigkeit dem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechen. Damit wird dem Beamten zwar kein Recht auf unveränderte oder ungeschmälerte Ausübung eines bestimmten Amtes im funktionellen Sinne gewährt. Er muss vielmehr Änderungen seines abstrakten und konkreten Aufgabenbereichs nach Maßgabe seines statusrechtlichen Amtes hinnehmen. Bei jeder sachlich begründbaren Änderung der dem Beamten übertragenen Funktionsämter muss ihm jedoch stets ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleiben.
Legt man diese Rechtslage vorliegend zugrunde, so ist davon auszugehen, dass dem Kläger auf seinem gegenwärtigen Dienstposten ein seinem Amt als Amtsinspektor der Besoldungsgruppe A 9 im Justizvollzugsdienst angemessener Tätigkeitsbereich verblieben ist.
Nach den Ausführungen der Vertreterin des Beklagten im Klageabweisungsschriftsatz vom 3. März 2016 und ihren entsprechenden Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung erstreckt sich der derzeitige Tätigkeitsbereich des Klägers – neben der Kontrolle und Weiterleitung von ein- und ausgehender Post – auf die Abwicklung des Passantenverkehrs, die Führung von Buchwerk, die Koordination der Mitarbeiter seines Bereichs sowie die Wahrnehmung der Überwachung sämtlicher Sicherheitseinrichtungen in der Zentrale und am Tor der Untersuchungshaftanstalt. Dass der Kläger aktuell tatsächlich nur die Post bearbeitet, ist nach den von ihm nicht bestrittenen Darlegungen der Beklagtenvertreterin in mündlichen Verhandlung auf seinen ausdrücklichen eigenen Wunsch zurückzuführen, weil ihm diese Tätigkeit besser „tauge“, da er dann öfters aufstehen und sich mit der Post in andere Bereiche der JVA begeben könne. Nach den nachvollziehbaren und vom Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Angaben der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung ist es jedoch nicht richtig, dass es im gegenwärtigen Einsatzbereich des Klägers nicht möglich sei, zumindest kurzfristig aufzustehen und sich die Beine zu vertreten. Ferner verrichtet der Kläger nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten die Tätigkeiten auf seinem gegenwärtigen Dienstposten in einem geschützten Bereich innerhalb der Torwache bzw. der Zentrale der Untersuchungshaftanstalt. Der Kläger ist damit entsprechend den amtsärztlichen Vorgaben der medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung der Oberpfalz vor einem unmittelbaren, gegebenenfalls zu körperlichen Verletzungen führenden Kontakt mit Gefangenen geschützt. Dass der Kläger wegen seiner körperlichen Beschwerden nicht mehr in der Lage ist, andere JVA-Beamte bzw. Dritte im Gefahrenfall zu unterstützen und Hilfe zu leisten, führt entgegen der Auffassung seines Bevollmächtigten im Übrigen nicht dazu, dass er generell nicht im Justizvollzugsdienst eingesetzt werden kann. Denn nach der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärung der Vertreterin des Beklagten wird es dem Kläger nicht zur Last gelegt, falls er im Gefahrenfall aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen entgegen der allgemeinen Dienstanweisung für JVA-Beamte Kollegen oder Dritten nicht zu Hilfe eilen wird. Selbst ohne diese explizite Erklärung bestehen aus Sicht der Kammer keine Zweifel daran, dass schon wegen des Einsatzes in der Torwache aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen die in den Dienstvorschriften niedergelegte Beistandspflicht nur eine zumutbare Hilfeleistung fordert und dem Kläger gerade keine Gesundheitsgefährdung abverlangt.
Nach alledem war die vorliegend noch streitgegenständliche Verpflichtungsklage auf amtsangemessene Beschäftigung abzuweisen, da dem Kläger nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auf seinem gegenwärtigen Dienstposten als konkret-funktionellem Amt seinem statusrechtlichen und abstrakt-funktionellen Amt als Amtsinspektor der Besoldungsgruppe A 9 im Justizvollzugsdienst entsprechend bei der JVA … ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleibt (vgl. v. Roetteken/Rothländer, BeamstG Rn: 76 zu § 8).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

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