Arbeitsrecht

Teilnahme des Bürgermeisters an einer Ausschreibung als Unternehmer als Dienstpflichtverletzung

Aktenzeichen  RN 10A DK 19.32

Datum:
19.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 28574
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2 S. 1
KWBG Art. 15 Abs. 1 S. 2
GO Art. 38 Abs. 1
KommHV § 31 Abs. 2

 

Leitsatz

Ein Bürgermeister, der Ausschreibungen der Gemeinde abspricht und die entsprechenden Vergaberichtlinien nicht einhält, begeht ein innerdienstliches Dienstvergehen. Soweit der Gemeinde dadurch ein Schaden entsteht, kann dies zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen (hier bejaht bei einem Schaden von ca. 54.000 EUR und einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Untreue zu 11 Monaten auf Bewährung). (Rn. 48 – 52)

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Disziplinarklage führt zu der Entscheidung, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, da er wegen eines schweren innerdienstlichen Dienstvergehens das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat, Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG. Der Beklagte ist nach Art. 1 Abs. 3 Satz 1 KWBG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 2 Satz 2 GO Ehrenbeamter. Damit findet für ihn nach Art. 1 Abs. 1 BayDG auch das Bayerische Disziplinargesetz Anwendung. Auch die Tatsache, dass die Amtszeit während des Disziplinarverfahrens ablief, und der Beklagte erneut zum Bürgermeister gewählt wurde ändert daran nichts. Insbesondere folgt bei einer unmittelbaren Wiederwahl keine Entlassung des Beamten kraft Gesetzes nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 KWBG. Sofern ein kommunaler Wahlbeamter dasselbe Amt nach Ablauf der Amtszeit wieder antritt, kann ein bereits eingeleitetes Disziplinarverfahren fortgeführt werden, ohne dass es einer neuen Einleitung bedarf (Art. 2 Abs. 2 BayDG).
Gegen die Ordnungsgemäßheit der Disziplinarklage bestehen keine Bedenken. Sie entspricht den Anforderungen des Art. 50 Abs. 1 BayDG und gibt in ausreichender Weise den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens sowie die für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel in geordneter Darstellung wieder.
Das Gericht legt der disziplinarrechtlichen Würdigung die Sachverhalte – wie angeklagt – zugrunde:
I.
Das Gericht legt dabei der disziplinarrechtlichen Würdigung in diesem Verfahren die tatsächlichen Feststellungen des seit 28. Juni 2016 rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts R* … vom 3. Juni 2016 (Az. …*) zugrunde.
Die tatsächlichen Feststellungen in einem Strafbefehl sind zwar nicht zwingend bindend (Art. 55, 25 Abs. 1 BayDG), können aber gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG der Entscheidung in der Disziplinarklage zugrunde gelegt werden, auch wenn der Strafbefehl nicht die gleiche Richtigkeitsgewähr wie ein aufgrund einer Hauptverhandlung ergangenes Strafurteil bietet (vgl. BayVGH, U.v. 5.11.2014 – 16a D 13.1568; sowie U.v. 29.6.2016 – 16b D 13.993 zum Bundesdisziplinargesetz; Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Rn. 20 zu Art. 25 BayDG). Anderes gilt, wenn an der Richtigkeit der Feststellungen berechtigte Zweifel bestehen, etwa weil diese durch den Beamten im Disziplinarverfahren substantiiert bestritten werden (hierzu: BVerwG, U.v. 29.3.2012 – 2 A 11/10, juris; BayVGH, U.v. 28.11.2012 – 16a D 11.958, juris Rn. 28).
Im diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass bereits der Verzicht der Beklagten auf einen Einspruch (wie hier) bzw. dessen Rücknahme gegen den Strafbefehl ein erhebliches Indiz für die Richtigkeit des im Strafbefehl bezeichneten Sachverhalt darstellt (vgl. VGH BW, U.v. 3.7.2002 – DL 17 S 24/01, BayVGH, U.v. 11.7.2007 – 16a D 06.1183, juris).
Die Feststellungen umfassen sowohl den inneren als auch den äußeren Tatbestand, sowie die Schuldfähigkeit.
Das Gericht überzeugt nicht, wenn der Beklagte nunmehr vorbringt, dass der im Strafbefehl dargestellte Sachverhalt falsch und unvollständig ist und er von seinem damaligen Prozessbevollmächtigten falsch beraten wurde. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat er nämlich mit Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten vom 18. März 2016 vorbringen lassen, dass mit der anvisierten Lösung im Strafbefehlswege seitens der Verteidigung Einverständnis bestünde. Mit Schreiben vom 29.08.2016 hat der Beklagte gegenüber der Disziplinarbehörde noch ausführen lassen, dass es bei den Vergaben zu relevanten Manipulationen gekommen sei, diese jedoch nur erfolgt seien um die Angebote zu Gunsten der Gemeinde möglichst gering zu halten. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Feststellungen des Strafbefehls zu kurz greifen würden. Im Hinblick auf die dienstrechtliche Beurteilung würden weitere substantielle Gründe heranzuziehen sein, die zwar im strafrechtlichen Vorwurf nicht entfallen ließen, gleichwohl disziplinarrechtlich zu berücksichtigen seien, nämlich, dass der Beklagte zu keinem Zeitpunkt eine persönliche Gewinnerzielungsabsicht hatte und das konkrete Vorgehen nur deshalb so gewählt hätte, um den von den Gemeindebürgern und der Kommunalpolitik gewollten Neubau auch tatsächlich kostengünstig realisieren zu können. Gegen den Strafbefehl vom 3. Juni 2016 brachte er keine Einwände vor. Selbst ein juristischer Laie vermag jedoch die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen eines Strafbefehls zu beurteilen. Wenn der Beklagte insoweit Probleme gesehen hätte, wäre es nahegelegen, dass er Einspruch gegen den Strafbefehl erhebt bzw. erheben lässt. Dies ist hier nicht geschehen. Vielmehr hat der Beklagte den Strafbefehl, der zudem auf umfangreichen Ermittlungen basierte, rechtskräftig werden lassen.
Wie vom Gericht bereits in seinen Beschlüssen vom 24. Oktober 2017 und 08.10.2019 festgestellt, weicht der Strafbefehl auch von den Angaben nicht im Wesentlichen ab. Es ist widersprüchlich, wenn der Beklagte im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Sachverhalte einräumen sowie einen Strafbefehl rechtskräftig werden lässt und sich dann im Disziplinarverfahren auf die mangelnde Bindungswirkung beruft.
Im Rahmen der vorliegend gebotenen gerichtlichen Ermessensentscheidung kommt es insbesondere auch darauf an, welche Bedeutung den Feststellungen für das Disziplinarverfahren zukommt und „wie zuverlässig“ die in dem Strafbefehlsverfahren getroffenen Feststellungen sind (Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: August 2019, Art. 25 Rn. 21).
Die Kammer ist nach Durchsicht der beigezogenen Strafakten, insbesondere der Niederschriften über die Vernehmungen des Beklagten, der weiteren Beschuldigten, weiter über die Vernehmungen verschiedener Zeugen, davon überzeugt, dass der Beklagte an vergabewidrigen Preisabsprachen im angeschuldigten Umfang beteiligt war.
Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls decken sich weitgehend mit den Angaben des Beklagten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Der Beklagte hat in einem gemeinsamen Schreiben der anwaltlichen Bevollmächtigten der Herren B* …, A* …, B1* … und S* … vom 10. Juni 2015 die Sachverhalte auch im Wesentlichen zugestanden und Manipulationen zu Gunsten der Firma S1* … bezüglich des Gewerks Fensterarbeiten einräumen lassen. Vergleichbares lässt sich diesem Schreiben bezüglich des Gewerkes Innenausbau (Seiten 5 f.) und hinsichtlich der Gewerke Außendämmung und Verputz entnehmen (Seiten 8 ff.).
Ferner verweist das Gericht auch auf zahlreiche Protokolle von Zeugeneinvernahmen und TKÜ Niederschriften, welche die Feststellungen des Strafbefehl als schlüssig tragen. Exemplarisch werden genannt:
– Bd. IV der strafrechtlichen Ermittlungs-Hauptakte 156 JS 6970/14:
Aussage B* …, Blatt 1162 (Gefälligkeitsangebot), L* … Blatt 1201, A* … Blatt 1301 (Schutzangebot), S* … Blatt 1311, S2* … Aussage vom 24.04.2015 (Untervergabe, Provision, Abgabe leeres Angebot).
– Blatt 1234-1236, TKÜ Protokolle über Gespräche am 25.02.2015 zwischen den Betroffenen S* …-B* …, B1* …-P* …, B* …-A* …
Unrichtige Feststellungen des Strafbefehls wurden damit nicht zur Überzeugung des Gerichts substantiiert dargelegt.
II.
Das Amtsgericht R* … verhängte gegen den Beklagten eine Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung wegen Untreue und eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 270 Tagessätzen zu je 60 € wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Es steht für das Gericht auch fest, dass der Beklagte diese ihm im Strafbefehl vorgeworfenen Sachverhalte im Rechtssinn begangen hat. Schließlich wurde auch mit rechtskräftigen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgericht R* … 2. November 2017 (Az. …*) bestätigt, dass die ursprünglich bewilligten Zuwendungen zu Recht wegen der Vergabeverstöße nicht zur Auszahlung kommen und widerrufen werden durften. Damit ist der Gemeinde ein Vermögensschaden in Höhe von 54.843,00 € entstanden. Das Gericht hat auch keinen Zweifel an einem Vorsatz des Beklagten. Soweit dieser vorbringt, sein einziges Ziel wäre gewesen, den Dorfladen kostengünstig zu erstellen, ändert diese Absicht bzw. Motivation nichts daran, dass hierfür vorsätzlich im Wege einer „aktiven Gestaltung“ bzw. Manipulation der Vergaben die entsprechenden rechtlichen Vorgaben nicht eingehalten wurden. Dem Beklagten musste auch bewusst sein, dass bei einem Verstoß gegen die Kernvorgaben einer rechtmäßigen Vergabe die staatliche Subvention gefährdet ist. Dies hat er zumindest billigend in Kauf genommen.
III.
Der Beklagte hat damit als kommunaler Wahlbeamter durch sein Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) begangen. Bei dem Sachverhaltskomplex „Dorfladen K* …“ handelte der Beklagte als erster Bürgermeister der Gemeinde, so dass er die Dienstpflichtverletzungen innerdienstlich beging. Durch dieses Verhalten hat er vorsätzlich und schuldhaft gegen seine Dienstpflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten, seine Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und sein Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen, vgl. § 33 Abs. 1 BeamtStG. Ferner liegt hierin ein Verstoß, sich mit vollem Einsatz seinem Amt zu widmen und es uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten, § 34 Sätze 1 und 2 BeamtStG. Zudem hat er gegen die in § 34 Satz 3 BeamtStG bestimmte Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes verstoßen.
IV.
Die strafgerichtliche Verurteilung ist alleine für sich bereits geeignet, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu tragen.
Beamte sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn sie durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben. Die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme ist gemäß Art. 14 Abs. 1 BayDG nach pflichtgemäßen Ermessen, insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 Az. 2 C 6/14). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (vgl. BVerfG vom 8.12.2004 Az. 2 BvR 52/02). Eine Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 Az. 2 C 12.04). Bei der Ausübung des den Gerichten nach Art. 14 Abs. 1 BayDG eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind, ist jede Schematisierung zu vermeiden.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat, vgl. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Dabei bewirken schwerwiegende Vorsatzstraftaten generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.
Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Höhe der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen. Diese Grenze wurde vorliegend noch nicht erreicht.
Da die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der in Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung und besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 a.a.O.).
1. Das Dienstvergehen wiegt hier so schwer, dass eine Entfernung aus dem Dienst die angemessene disziplinarrechtliche Maßnahme ist. Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayDG am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist nach der neueren Rechtsprechung jedoch auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet dies eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von Dienstvergehen. So wird verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.
Der hier letztlich abgeurteilte Tatvorwurf beinhaltet eine (nicht eigennützige) Untreue und eine wettbewerbsbeschränkende Absprache bei Ausschreibungen. Die Untreue sieht einen Strafrahmen bis zu fünf Jahren vor. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bereits bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.).
2. Die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des Dienstvergehens entspricht. Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (vgl. z. B. BVerwG vom 23.7.2013 Az. 2 C 63.11). Zur Bestimmung der Schwere des begangenen Dienstvergehens kann bei (außergerichtlichen) Dienstvergehen auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O. m.w.N.).
Diese Grundsätze bezüglich der „zweiten Stufe“ finden jedoch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine Anwendung. Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, komme dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung zu (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 Az. 2 B 24/16). Vielmehr habe das Verwaltungsgericht in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.
In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war ein Beamter im Strafurteil wegen Geheimnisverrats gemäß § 353b StGB in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt worden. Sei von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, komme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 a.a.O. m.w.N.). In diesem Fall eines innerdienstlichen Dienstvergehens hat das Bundesverwaltungsgericht die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis jedoch für zulässig erachtet. Bei innerdienstlichen Dienstvergehen kann damit selbst die Verhängung einer Geldstrafe – anders als bei außerdienstlichen Dienstvergehen – zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen.
Zwar mag eine Verurteilung bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine „präjudizielle“ Bedeutung entfalten. Allerdings kann sie im Rahmen der Beurteilung des Schweregehalts dieses Dienstvergehens durchaus Berücksichtigung finden. Die Verurteilung des Beklagten bewegt sich hier mit elf Monaten in einem Bereich, der nahe an das Strafmaß heranreicht, das zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat
3. Die Umstände der Tatbegehung wirken sich zu Lasten des Beklagten aus. Bei innerdienstlichen Pflichtverletzungen wirkt sich die Stellung als Erster Bürgermeister erschwerend aus, da sich die Öffentlichkeit auf eine Recht und Gesetz entsprechende Amtsführung verlassen können muss. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Beamte z. B. in Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssten die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen vorhanden ist. Auch aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lasse sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5.000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein könne. Die Höhe des Gesamtschadens sei danach ein Erschwerungsgrund neben anderen (vgl. BVerwG vom 7.3.2017 a.a.O.). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sieht eine Veruntreuung gemeindlicher Gelder in Höhe von 19.954,40 € bereits für sich genommen als geeignet an, die Prognose der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu rechtfertigen (vgl. BayVGH vom 31.01.2017 Az. 16a DS 16.2489).
Bei einer Untreue zu Lasten der Gemeinde handelt es sich um eine massive Verletzung von Kernpflichten durch den Beklagten (vgl. hierzu BayVGH vom 13.7.2011 Az. 16a D 09.3127 m.w.N.). Dieser hat als Erster Bürgermeister der Gemeinde K* … nach den kommunalrechtlichen Bestimmungen eine besondere Vertrauensstellung inne (vgl. hierzu BayVGH vom 1.6.2005 Az. 16a D 04.3502). Ein Erster Bürgermeister als kommunaler Wahlbeamter besitzt weitreichende Befugnisse in der Gemeinde. Dem stehen hohe Anforderungen an seine Führungsqualitäten und seine persönliche Integrität gegenüber. In der Gemeindeverwaltung besitzt er eine Vorbildfunktion für nachgeordnete Bedienstete. Außerdem steht er als gewählter Repräsentant seiner Gemeinde unter besonderer Beobachtung der Gemeindebürger. Sein Fehlverhalten ist demgemäß in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine gesetzestreue Gemeindearbeit zu beschädigen (vgl. BayVGH vom 5.2.2014 Az. 16a D 12.2494).
Dabei ist die Höhe des entstandenen Schadens nicht allein entscheidendes Kriterium für die Maßnahmenbemessung. Es kommt nämlich auf das bisher in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgebliche (deutliche) Übersteigen der Schwelle der Geringwertigkeit, nicht (mehr) an (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Wie sich dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bezüglich des Zuwendungswiderrufs vom 29. März 2019 entnehmen lässt, bestanden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (allein) insoweit, ob ein vollständiger Widerruf rechtmäßig sei. Das Verwaltungsgericht sei nicht auf das Vorbringen eingegangen, dass sich der Widerruf auf den Teilbetrag beschränken müsse, der die vom Strafbefehl inkriminierten Werke betreffe. Auch bei einer Beschränkung auf diese Gewerke wäre der der Gemeinde K* … entstandene tatsächliche Schaden bereits mehr als nur unerheblich, sowie eine Vermögensgefährdung in voller Höhe gegeben gewesen. Nach Rücknahme der Berufung durch die Gemeinde K* … ist diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtes jedoch nunmehr auch in Rechtskraft erwachsen. Der für die Gemeinde K* … durch die strafrechtlich relevanten Handlungen des Beklagten entstandene tatsächliche Schaden beträgt damit 54.843 EUR. Soweit die Beklagtenseite hierzu einwendet, dieser Schaden sei nicht zugrunde zu legen, da dieser auf einer auf einer anderen Motivation beruhenden Rücknahme der Berufung durch die Gemeinde, mithin im Wege einer „überholenden Kausalität“ dem Beklagten nicht zurechenbar, entstanden wäre, folgt dem die Kammer nicht. Bei dieser Auffassung wird zum einen übersehen, dass durch das Verwaltungsgericht R* … mit rechtskräftigen Urteil festgestellt wurde, dass der Komplettwiderruf aufgrund der manipulierten Ausschreibung rechtmäßig ist, und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof anderes nicht bindend und rechtskräftig feststellte, als die Berufung wegen „Zweifel“ zugelassen worden war. Schließlich hat das Verhalten des Beklagten zum Widerruf der bewilligten Subvention geführt, und die Rechtmäßigkeit des Widerrufes wurde durch ein Kollegialorgan mit rechtskräftigem Urteil bestätigt.
In diesem Verfahren geht zusätzlich zulasten des Beklagten, dass er nicht „völlig uneigennützig“ handelte. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls hat der Beklagte auch durchaus im eigenen Interesse bzw. dem seiner Firma gehandelt. Bei den Fensterarbeiten erhielt seine Firma den Zuschlag. Das Gewerk Innenausbau führte diese zum Teil für die Firma S2* … aus. Vor diesem Hintergrund treten auch der „gute Zweck“, nämlich der Bau eines Dorfladens in K* … und der vorgebrachte persönliche und evtl. finanzielle Einsatz des Beklagten, zurück. Selbst wenn er das zu seinen Gunsten vorgebrachte finanzielle und tatsächliche Engagement erbracht haben sollte, befreit ihn dies nicht von seiner Verpflichtung die Vergabevorschriften zu beachten. Zu den Kernpflichten eines Ersten Bürgermeisters gehört insbesondere die strikte Beachtung der Gesetze. Der (gute) Zweck kann nicht die Mittel heiligen. Daher wirkt sich auch der Umstand nicht entlastend aus, dass der Dorfladen mit erheblichem Engagement von Bürgern verwirklicht wurde. Eine solche Mitwirkung und die Beachtung einschlägiger Vorschriften schließen sich zum einen nicht aus. Insbesondere ist für das Gericht auch nicht ersichtlich, weshalb die Anbieter bei einem korrekten Ausschreibungsverfahren gehindert gewesen wären, die gleichen, angeblich „günstigen“ Angebote zu machen. Vielmehr hätte hier auch noch die Möglichkeit bestanden, dass ein Dritter gegebenenfalls ein noch günstigeres Angebot abgibt, und damit den von der Gemeinde so gewünschten Bau des Dorfladens noch kostengünstiger ermöglicht.
Zum anderen reicht auch bereits der Anschein, dass der Beklagte mit seiner Firma als Auftragnehmer von einer Ausschreibung „profitierte“, welche er selbst als 1. Bürgermeister unter massiver Missachtung der einschlägigen Vergaberichtlinien als Auftraggeber vornahm. Dieser (zumindest) Anschein der Vermengung von kommunalen und privaten Interessen führt schon deshalb zu einem massiven Vertrauensverlust in die Integrität der öffentlichen Verwaltung, weil der Verdacht einer korruptiven Beziehung im Raum steht, selbst wenn der Beklagte tatsächlich aus dieser Geschäftsbeziehung keinen Gewinn bezogen haben sollte. Hierin liegt auch ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG und Art. 79 Abs. 1 BayBG. Der Beklagte hätte als Bürgermeister aufgrund der offensichtlichen Interessenkonflikte nicht für die Gemeinde tätig werden dürfen, soweit er auch als „Mietbieter“ direkt oder indirekt im Vergabeverfahren involviert war.
Gerade die korrekte Einhaltung der entsprechenden Vergaberichtlinien hat u.a. den Zweck die Rechtmäßigkeit sowie die Uneigennützigkeit einer Vergabe zu gewährleisten und zu dokumentieren, sowie eine entsprechende Transparenz diesbezüglich auch im Hinblick auf eine spätere Überprüfbarkeit zu schaffen. Wenn nun ein maßgeblicher Vertreter der Behörde die Aufträge „selbstherrlich“ mitvergibt, systematisch bewusst und vorsätzlich die einschlägigen Regeln außer Acht lässt um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, das bei Einhaltung der Regeln vielleicht so nicht erreichbar wäre, verstößt dieser in schwerwiegender Weise gegen seine Verpflichtungen. Dem Beklagten wurde strafrechtlich weder Bestechlichkeit noch Vorteilsnahme zur Last gelegt. Gleichwohl liegt es in der Natur der selbstgeschaffenen Intransparenz und der offensichtlichen Interessenkonflikte zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer im obigen Sinne bei einer Vergabe, dass der Anschein eines Korruptionsdeliktes bzw. einer korruptiven Verbindung entsteht, sofern auch der Beklagte persönlich „Nutznießer“ der rechtswidrigen Vergabeentscheidung ist. Der damit realisierte schwere Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten kann auch nicht dadurch geheilt werden, dass im Nachhinein erklärt wird, die Leistungen wären zu einem weit unter dem üblichen Marktpreis stehenden Preis ausgeführt worden, und letztlich wäre dadurch der Gemeinde ein wirtschaftlicher Vorteil entstanden, unabhängig davon, dass diese Behauptung weder belegt worden ist, noch für das Gericht auf der Hand liegt, nachdem der Beklagte als Subunternehmer der Firma S2* … 10% „Provision“ für die Weitergabe der Aufträge der Firma S2* … gewährte und der Inhaber der Firma S2* … in seiner Beschuldigten-Vernehmung angegeben hatte, sein Angebot wäre zu marktüblichen Konditionen erstellt worden. Diese Provision, welche über die Gesamtauftragssumme letztlich von der Gemeinde mit bezahlt wurde, und für die keine konkrete Gegenleistung erbracht wurde, passt nicht zum grundsätzlichen Vorbringen des Beklagten, eventuell entstandene Fehler seien ausschließlich deshalb begangen worden, weil man für die Gemeinde möglichst günstig bauen wollte. Auch der vom Beklagten behauptete „Nichtgewinn“ könnte zudem einen wirtschaftlichen Vorteil darstellen, etwa weil aufgrund einer fehlenden Auftragslage fixkostenbedingte Ausgaben zum Teil gedeckt und damit auflaufende betriebliche Verluste minimiert werden können. Inwieweit beim Beklagten ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BeamtStG (Annahme eines Vorteils für sich in Bezug auf das ausgeübte Amt) tatsächlich vorliegt, kann jedoch offenbleiben. Alleine der, durch das vorsätzlich rechtswidrige Verhalten des Beklagten entstandene, schuldhaft herbeigeführte Verdacht reicht bereits für die Annahme der entsprechenden Dienstpflichtverletzungen aus. Der Beklagte wusste auch um diesen Interessenkonflikt. Dies geht unter anderem aus entsprechenden Warnungen von Mitgliedern der Gemeindeverwaltung hervor (vergleiche Zeugenaussagen von S3* … vom 09.07.2015, Sonderband Vernehmung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens).
Der Beklagte hat durch sein Verhalten das Vertrauen der Allgemeinheit deshalb endgültig verloren. Zwar mag es bei der Bevölkerung vor Ort und im Gemeinderat breite Unterstützung für ihn geben. Dies ergibt sich auch aus der Wiederwahl des Beklagten als 1. Bürgermeister im März 2020. Allerdings geht der Begriff der „Allgemeinheit“ über den jeweiligen Ort hinaus. Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde (vgl. BVerwG vom 28.2.2013 Az. 2 C 62/11). Nach den hierbei anzusetzenden objektiven Kriterien ist wegen der oben dargelegten Umstände von einem endgültigen Vertrauensverlust auszugehen. Auch aus der Wiederwahl des Beklagten ergibt sich keine andere Bewertung in dem Sinne, dass die Bürger die Gemeinde mit dem Beklagten und den getroffenen Entscheidungen einverstanden wären, und diese insoweit dadurch gerechtfertigt sind. Zwar werden kommunale Wahlbeamte wie der Beklagte nicht nach beamtenrechtlichen Kriterien ernannt, sondern auf Grund einer demokratischen Wahl in ihr Amt berufen. In ihrer wesentlichen Funktion als Teil der vollziehenden Gewalt unterscheiden sie sich aber nicht von den Berufsbeamten (vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 19. April 1989 – Vf. 1 – VI/88 -, NVwZ 1990, S. 357). Die Bindung an Recht und Gesetz als Element der Rechtsstaatlichkeit sowie die Gemeinwohlorientierung sind Direktiven jeder staatlichen Verwaltung, auch der Kommunalverwaltung. Im Hinblick auf ihre Rechtsstellung als Beamte darf der Gesetzgeber anordnen, dass die Amtstätigkeit der kommunalen Wahlbeamten auf der Grundlage des für alle Beamten geltenden Disziplinarrechts überprüft und gegebenenfalls als Dienstpflichtverletzung geahndet werden kann. Weder das Demokratieprinzip noch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gebieten es, die kommunalen Wahlbeamten von einer solchen Rechtskontrolle freizustellen und es allein dem Wähler zu überlassen, durch Abwahl oder Wiederwahl über ihre bisherige Amtstätigkeit zu entscheiden. Angesichts des Zwecks des Disziplinarrechts – die Sicherstellung einer leistungsfähigen Verwaltung – ist seine Anwendung auf kommunale Wahlbeamte nicht zu beanstanden (vgl. zum Ganzen aus der Perspektive der Bayerischen Verfassung auch BayVerfGH, Entscheidung vom 19. April 1989 – Vf. 1 – VI/88 -, a.a.O.).
V.
Anerkannte (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, sind nicht erkennbar. Das Verhalten des Beklagten stellt sich nicht als unbedachte persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (vgl. hierzu BVerwG vom 24.2.1999 Az. 1 D 31.98). Vielmehr geschahen die Handlungen über einen längeren Zeitraum hinweg. Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor der Tatentdeckung liegt erkennbar auch nicht vor. Anhaltspunkte für das Vorliegen sonstiger Milderungsgründe sind nicht ersichtlich.
VI.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch verhältnismäßig. Sie verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist – wie hier – durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich seine Entfernung aus dem Dienst daher als die erforderliche sowie geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme für den Beamten einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört, stellt die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht wegen der damit einhergehenden Härten für den Beklagten unverhältnismäßig. Ein Beamter, der das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn durch sein Verhalten zerstört hat, kann grundsätzlich schon nicht verlangen, dass sein Beamtenverhältnis zur Vermeidung sozialer oder gesellschaftlicher Härten unverändert beibehalten wird. Er darf dadurch zwar nicht unter das Existenzminimum fallen. Ihn davor zu bewahren, ist jedoch allein Aufgabe der sozialrechtlichen Vorschriften und Leistungen (vgl. BayVGH vom 24.5.2017 Az. 16a D 15.2267 m.w.N.). Dies gilt vorliegend umso mehr, als es sich beim Beklagten um einen Bürgermeister im Ehrenamt mit einer Aufwandsentschädigung handelt. Hier steht der gesellschaftliche Ansehensverlust im Vordergrund, eine Existenzsicherung soll mit der Aufwandsentschädigung nicht gewährleistet werden. Diesen hat der Beklagte letztlich durch sein strafrechtlich relevantes, vorsätzliches Fehlverhalten selbst verursacht.
Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

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