Arbeitsrecht

Unterlassung von Äußerungen der Gewerkschaft im Rahmen einer Personalratswahl

Aktenzeichen  AN 7 PE 16.00379

Datum:
16.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BPersVG BPersVG § 20,§ 24, § 66 Abs. 3, § 83 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

1 Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht im Rahmen des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens kann auch eröffnet sein, wenn dienststellenexterne Beteiligte wie ein Gewerkschaftsfunktionär und ein gewerkschaftlicher Bezirksverband sich mit dem örtlichen Personalrat streiten. (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Wahlkampf für eine Personalratswahl sind auch deutlich provokative Meinungsäußerungen – im Internet – zulässig, solange nicht die Diffamierung der Person im Vordergrund steht und damit eine unzulässige Schmähkritik vorliegt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Zulässigkeit einer gewerkschaftlichen Internetveröffentlichung im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Personalratswahl vom 10. bis 12. Mai 2016.
Antragsteller ist der Örtliche Personalrat (im Folgenden auch: Personalrat) bei der Bundespolizeiinspektion … (im Folgenden auch: Dienststelle). Die Beschäftigten der Dienststelle stimmten aus Anlass der bevorstehenden Personalratswahl 2016 mehrheitlich für eine Verselbstständigung der Dienststelle.
In seiner Sitzung vom 26. Januar 2016 bestellte der Personalrat den Wahlvorstand für die anstehende Personalratswahl, bestehend aus drei ordentlichen Mitgliedern und drei Ersatzmitgliedern. Sämtliche drei ordentlichen Mitglieder des Wahlvorstandes gehören der Gewerkschaft der Polizei (GdP) an. Ein Mitglied der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Bundespolizeigewerkschaft wurde als Ersatzmitglied für den Wahlvorstand bestimmt.
Herr …, 1.Vorsitzender des Bezirksverbands … der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, Beteiligter zu 1), veröffentlichte sodann auf der von ihm als administrativer Ansprechpartner im Sinne von § 6 TMG (mit-)verantworteten Internetseite des Bezirksverbandes der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, Beteiligte zu 2), folgenden Text:
„DPolG-Vertreter aus dem Wahlvorstand bei der BPOLI … ausgeschlossen
Wird so die Neutralität des Wahlvorstandes gefährdet?

1. Vorsitzender des Bezirksverbands …
Bereits im Dezember wurde in den Direktionen …und … die Mitarbeit von Vertretern der DPolG Bundespolizeigewerkschaft ausgeschlagen.
Mittlerweile hat diese Praxis auch Einzug in die Direktion … gehalten. Für den Wahlvorstand bei der BPOLI … wurde die Mitarbeit von Vertretern der DPolG Bundespolizeigewerkschaft mit Mehrheit unseres Mitbewerbers abgelehnt.
Eigentlich sollten freie Wahlen über Gewerkschaftsgrenzen hinweg gemeinsam, offen und fair durchgeführt werden. Dies war und ist für uns als DPolG Bundespolizeigewerkschaft eine Selbstverständlichkeit.
Durch dieses Verhalten bei der BPOLI … entsteht der Eindruck, dass es den ein oder anderen Personalratskandidaten nicht mehr um die gemeinsame Sache zum Wohle der Kolleginnen und Kollegen geht, sondern vielmehr um den eigenen Machterhalt oder die Interessen seiner Gewerkschaft.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Eine Personalratswahl ist eine sensible Angelegenheit, die transparent sein sollte, damit erst gar nicht Misstrauen entstehen kann.
Wenn dann wahrscheinliche Kandidaten einer Gewerkschaftsliste im Wahlvorstand ihre eigene Wahl organisieren und evtl. letztlich sogar ihre eigenen Stimmen auszählen, dann trägt dies nicht zur Vertrauensbildung bei. Die gesetzlich geforderte „Neutralität des Wahlvorstandes“ erhält in diesem Zusammenhang auch bei der BPOLI … einen üblen Beigeschmack.
Die DPolG Bundespolizeigewerkschaft baut auf Personalräte, die für alle Beschäftigten da sind und nicht eigene oder Gewerkschaftsinteressen in den Vordergrund stellen. Dies hätte sich auch bei der BPOLI … mit einer paritätischen Besetzung des Wahlvorstands ausgezeichnet dokumentieren lassen.
Wie sich jetzt herausgestellt hat, geht es auch bei der BPOLI … ausschließlich um persönliche und Gewerkschaftsinteressen. Neutralität, die die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erwarten können, sieht anders aus!
Wir können das besser!“
Mit Schreiben vom 25. Februar 2016 wandte sich der Vorsitzende des Personalrats an die DPolG Bundespolizeigewerkschaft, Bezirksverband … (Beteiligter zu 2), vertreten durch Herrn … (Beteiligter zu 1), und teilte mit: Er habe am 24. Februar 2016 Kenntnis von dem Homepage-Eintrag bezüglich der Bestellung des Wahlvorstandes der Bundespolizeiinspektion … Kenntnis erhalten. Als Vorsitzender des Örtlichen Personalrats weise er die Darstellung der Bestellung des Wahlvorstandes entschieden zurück und fordere dazu auf, den Eintrag aus der Homepage zu entfernen bzw. richtig zu stellen. Die Darstellung sei in der Gänze falsch und entspreche somit auch nicht der Wahrheit. Richtig sei Folgendes: Nachdem sich die Bundespolizeiinspektion … personalvertretungsrechtlich verselbstständigt habe, habe die Möglichkeit bestanden, dass der amtierende Örtliche Personalrat einen Wahlvorstand bestelle, wie dies auch geschehen sei. Es sei falsch, dass die Mitarbeit von Vertretern der DPolG im Wahlvorstand abgelehnt worden sei, da ein Vertreter der Fraktion der DPolG im Wahlvorstand, wenn auch als Ersatzmitglied, vertreten sei. Es sei falsch, dass die Wahl, d. h. die Wahl des Wahlvorstandes, nicht offen bzw. unfair gewesen sei. Im Plenum sei die Wahl des Wahlvorstandes zu 100% nach demokratischen Grundsätzen und nach den Bestimmungen des BPersVG vorgenommen worden. Er solle hier schon fair argumentieren und ordnungsgemäße (Mehrheits-)Beschlüsse auch akzeptieren, was einen Demokraten auch auszeichne. Er verwehre sich gegen die rein spekulative Darstellung, dass es den einen oder anderen Personalratskandidaten der Liste der GdP um den eigenen Machterhalt oder um Gewerkschaftsinteressen gehe. Von der GdP-Kreisgruppe … habe er auf Nachfrage am 24. Februar 2016 die Auskunft erhalten, dass kein Mitglied des bestellten Wahlvorstandes als Kandidat für den Örtlichen Personalrat auftreten werde. Ausgenommen sei das Ersatzmitglied des Wahlvorstandes der DPolG, da ihm hier keine Information vorliege. Weiterhin verwehre er sich gegen die Unterstellung, dass die GdP-Personalratsmitglieder nur eigene oder gewerkschaftliche Interessen in den Vordergrund stellen würden. Ferner sei das Neutralitätsgebot für die Personalratsmitglieder der GdP und auch die Wahlvorstandsmitglieder selbstverständlich. Im Homepage-Eintrag werde somit falsch informiert und eine oberflächliche Darstellung gebracht. Weitere rechtliche Schritte blieben vorbehalten für den Fall, dass der Beitrag nicht bis zum 29. Februar 2016 entfernt oder zumindest richtig gestellt werde.
Hierauf erwiderte der Beteiligte zu 1), der der Dienststelle nicht selbst angehört, bzw. der Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 28. Februar 2016 u. a.: Ein Ersatzmitglied des Wahlvorstandes sei nur dann im Wahlvorstand vertreten, wenn ein ordentliches Mitglied verhindert sei, es sei somit nicht mit einem Mitglied eines Wahlvorstandes gleichzusetzen. Die Wahl des Wahlvorstandes sei von der DPolG nicht in Frage gestellt worden. Der Mehrheitsbeschluss werde von der DPolG selbstverständlich akzeptiert, dennoch dürfe die Frage aufgeworfen werden, warum nicht Vertreter aller Berufsvertretungen mit mindestens einem Mitglied in den Wahlvorstand berufen worden seien. Dies wäre auch ein Stück Transparenz. Der beanstandete Artikel werde nicht von der Homepage entfernt werden, es werde jedoch gegebenenfalls eine Gegendarstellung, die den Vorgaben des BayPrG entspreche, abgedruckt werden.
Daraufhin beantragte der Örtliche Personalrat mit am 7. März 2016 per Telefax bei Gericht eingegangenem Schriftsatz gleichen Datums den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Rahmen eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens mit dem Antrag, die „Antragsgegner“ (gemeint offensichtlich: die Beteiligten zu 1) und 2))
„1. bei Meidung eines in jedem Einzelfall vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes
– zu verpflichten, es zu unterlassen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, dass durch die Bildung des Wahlvorstandes bei der Bundespolizeiinspektion … „der Eindruck [entsteht], dass es den ein oder anderen Personalratskandidaten nicht mehr um die gemeinsame Sache zum Wohle der Kolleginnen und Kollegen geht, sondern vielmehr um den eigenen Machterhalt oder die Interessen seiner Gewerkschaft“,
– zu verpflichten, es zu unterlassen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, das durch die Bildung des Wahlvorstandes bei der Bundespolizeiinspektion … „wahrscheinliche Kandidaten einer Gewerkschaftsliste im Wahlvorstand ihre eigene Wahl organisieren und evtl. letztlich sogar ihre eigenen Stimmen auszählen“,
– zu verpflichten, es zu unterlassen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, dass durch die Bildung des Wahlvorstandes bei der Bundespolizeiinspektion … die „gesetzlich geforderte ‚Neutralität des Wahlvorstandes‘…… in diesem Zusammenhang auch bei der BPOLI … einen üblen Beigeschmack [erhält]“,
– zu verpflichten, im Zusammenhang mit der Bildung des Wahlvorstandes bei der Bundespolizeiinspektion … zu unterlassen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, „Wie sich jetzt herausgestellt hat, geht es auch bei der BPOLI … ausschließlich um persönliche und Gewerkschaftsinteressen. Neutralität, die die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erwarten können, sieht anders aus“
wie durch den Antragsgegner zu 1) öffentlich behauptet und vom Antragsgegner zu 2) auf der von ihr betriebenen Internetseite http… (Anlage 1) geschehen
2. die Antragsgegnerin zum Widerruf zu verpflichten
3. den Antragsgegnern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen
4. hilfsweise, den Antrag des Antragstellers an die Pressekammer des Landgerichts …, weiterzuleiten, wenn das Gericht sich für nicht zuständig erklären sollte.“
Es bestehe Einverständnis mit der Entscheidung durch einen Einzelrichter und ohne mündliche Verhandlung.
Der Ermächtigungsbeschluss des Örtlichen Personalrats zur Einleitung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens vom 7. März 2016 wurde mit Telefax vom 15. März 2016 nachgereicht.
Die Beteiligten zu 1) und 2) begehrten mit anwaltlichem Schriftsatz vom 10. März 2016 sinngemäß,
den Antrag als unzulässig, zumindest unbegründet abzulehnen.
Zur Begründung hierzu wurde u. a. ausgeführt: Der Beteiligte zu 1) sei nicht Personalratsmitglied und auch nicht Beschäftigter der Dienststelle des Antragstellers und stehe daher nicht als Gegenüber oder Beteiligter im Sinne des Personalvertretungsrechts im Verhältnis zum Antragsteller. Der Beteiligte zu 2) sei als Bezirksverband selbst nicht rechtsfähig, wie sich aus der Satzung der DPolG ergebe. Die gestellten Anträge seien zumindest teilweise zu unbestimmt und zu weitgehend. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet. § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG könne nicht entnommen werden, dass Gegenstand eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens auch die Pflicht eines Dritten oder einer Gewerkschaft betreffe. Ferner verfolge der Antragsteller eine Vorwegnahme der Hauptsache. Letztlich seien die streitgegenständlichen Verlautbarungen, gemessen am Maßstab des Rechts auf freie Meinungsäußerung einer Gewerkschaft und eines Gewerkschaftsvertreters, nicht zu beanstanden. Eine überspannte Anforderung an die Zulässigkeit kritischer Betrachtungen indiziere die Gefahr, den Wahlkampf und die freie Meinungsäußerung unzulässig zu beschränken und seiner „Vitalität und Sponaneität“ zu berauben. Es möge richtig sein, dass keinerlei rechtliche Verpflichtung bestehe, Minderheiten bei der Bestellung des Wahlvorstandes zu berücksichtigen, es bleibe jedoch den Beteiligten nachgelassen, dies zu kritisieren und in Frage zu stellen. Entgegen der Bewertung des Antragstellers liege hierin und in den gewählten Formulierungen keinerlei ehrverletzende Behauptung oder eine so genannte Schmähkritik. Die Beteiligten hätten lediglich, und zwar zu Recht, auf einen Missstand hingewiesen und einen fairen Umgang miteinander eingefordert.
Eine Vollmacht des Beteiligten zu 1) sowie des Bundesvorsitzenden der DPolG Bundespolizeigewerkschaft wurde vorgelegt.
Der Dienststellenleiter (Beteiligter zu 3) gab keine Stellungnahme im Verfahren ab.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen, insbesondere auch auf den ergänzenden Schriftsatz der Antragstellerseite vom 14. März 2016, worin u. a. auf § 24 BPersVG verwiesen wurde, sowie auf den anwaltlichen Schriftsatz der Beteiligten zu 1) und 2) vom 16. März 2016.
II.
Der aus den einzelnen Antragsbegehren von 1) bis 4) bestehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgelehnt.
Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entscheidet vorliegend der Vorsitzende der Fachkammer gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG und § 944 ZPO anstelle der Kammer, d. h. ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter. Zwar gilt nach der gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG maßgebenden Vorschrift des § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG für den Erlass einer einstweiligen Verfügung das 8. Buch der ZPO u. a. mit der Maßgabe entsprechend, dass „die Entscheidungen durch Beschluss der Kammer ergehen“. Dies schließt aber nach der Entscheidungspraxis und Auffassung des Gerichts in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa Beschlüsse vom 23.5.1990, Az.: 18 PC 90.1430, juris, sowie vom 22.5.1990, Az.: 17 PC 90.1454 juris), im Übrigen auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 22.3.2006, Az.: 6 PB 5/06, juris) die Anwendung von § 944 ZPO, der Teil des 8. Buches der ZPO ist, nicht von vorneherein aus (vgl. etwa VG Ansbach, B. v. 24.3.2011, Az.: AN 8 PE 11.00736, juris, Rn. 11). Dementsprechend kann der Vorsitzende über Gesuche auf Erlass einstweiliger Verfügungen, sofern deren Erledigung nach § 937 Abs. 2 ZPO eine mündliche Verhandlung nicht erfordert, in dringenden Fällen anstatt der Fachkammer, d. h. ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter der Fachkammer, entscheiden. Dem entspricht es ferner, dass nach § 53 Abs. 1 ArbGG bei Entscheidungen außerhalb der mündlichen Verhandlung der Vorsitzende allein entscheidet.
Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht, konkret zur Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten des Bundes, ist eröffnet:
Es könnte zweifelhaft sein, ob dies auch bei einer Fallgestaltung wie der hier vorliegenden gilt. Zwar steht die Antragsbefugnis des Örtlichen Personalrats außer Zweifel, denn dieser hat den Wahlvorstand, dessen Zusammensetzung von den Beteiligten zu 1) und 2) beanstandet wird, bestellt. Jedoch dient das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren (einschließlich des zugehörigen einstweiligen Verfügungsverfahrens) nach Sinn und Zweck grundsätzlich der Beilegung von dienststelleninternen Streitigkeiten mit personalvertretungsrechtlichem Bezug (vgl. z. B. Lorenzen/Rehak, BPersVG, § 83, Rn. 5). Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Örtlichen Personalrat (Antragsteller) und einem Gewerkschaftsfunktionär (Beteiligter zu 1)), der der Dienststelle gar nicht angehört bzw. um eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Örtlichen Personalrat (Antragsteller) und einem gewerkschaftlichen Bezirksverband (Beteiligter zu 2)), der als solcher ebenfalls nicht in die Dienststelle eingegliedert ist, wenn es sich nicht überhaupt in gewisser Weise letztlich um eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei verschiedenen Gewerkschaften handelt. Seitens der Fachkammer wird nicht übersehen, dass die in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften durchaus mit einer Rechtsstellung bzw. mit Rechten nach dem BPersVG ausgestattet sind (vgl. insbesondere §§ 2, 20 Abs. 1 Satz 4, 25, 28, 36, 52), diese Gewerkschaften werden dadurch jedoch als solche nicht Teil der Dienststelle. Umgekehrt würden personalvertretungsrechtliche Gremien selbst dann nicht zu gewerkschaftlichen Organisationen, wenn sie ausschließlich von Mitgliedern einer einzigen Gewerkschaft besetzt wären. Im Hinblick auf das umfassend formulierte und gegenüber jedermann, d. h. auch gegenüber Dritten geltende Behinderungs- und Beeinflussungsverbot nach § 24 Abs. 1 Satz 1 BPersVG (vgl. etwa BVerwG, B. v. 7.11.1969, Az. VII B 2.69, juris; BVerwG, U. v. 19.9.2012, Az. 6 A 7/11, juris), im Übrigen auch mit Blick auf das im Nachgang zur Personalratswahl bestehende gewerkschaftliche Wahlanfechtungsrecht nach § 25 BPersVG geht die Fachkammer jedenfalls für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren davon aus, dass das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren nach § 83 Satz 1 Nr. 2 BPersVG i. V. m. §§ 80 ff. ArbGG auch in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden, d. h. mit dienststellenexternen Beteiligten, eröffnet ist (zum Umfang des Begriffs der Streitigkeiten über die „Wahl“ zur Personalvertretung vergleiche etwa Lorenzen/Rehak, BPersVG, § 83, Rn. 19 a; Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, § 83, Rnr. 9; Altvater/Baden, BPersVG, § 83, Rn. 7). Dies gilt jedenfalls, soweit es den Beteiligten zu 2) betrifft.
Ist der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht im Rahmen des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens somit eröffnet, so ist der Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung dennoch abzulehnen. Hierzu gilt im Einzelnen Folgendes:
Der Erlass einer einstweiligen Verfügung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nach § 83 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 85 Abs. 2 ArbGG setzt gemäß den insoweit entsprechend anzuwendenden Vorschriften der §§ 935, 940, 944, 936, 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller einen zu sichernden Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht hat. Angesichts des naturgemäß summarischen Charakters des Verfahrens über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung darf durch eine solche einstweilige Verfügung grundsätzlich die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden, es darf auch nicht mehr zugesprochen werden, als im Hauptsacheverfahren zugesprochen werden könnte. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes kann aber eine die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder teilweise vorwegnehmende einstweilige Verfügung ausnahmsweise dann ergehen, wenn dem Antragsteller bei einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren unzumutbare Nachteile drohen und wenn er im Hauptsacheverfahren, das hier noch nicht eingeleitet worden ist, nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit obsiegen wird. Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt.
Das Gericht sieht zwar einen Verfügungsgrund im oben genannten Sinne, d. h. eine besondere Eilbedürftigkeit, hier als gegeben an, nachdem sich die erhobenen Beanstandungen des streitgegenständlichen Textes der zitierten Internetveröffentlichung auf den gegenwärtig laufenden und bereits in sein Endstadium eintretenden Wahlkampf für die Personalratswahl vom 10. bis 12. Mai 2016 beziehen. Jedoch hat der antragstellende Örtliche Personalrat keinen so genannten Verfügungsanspruch im vorgenannten Sinn dargetan und glaubhaft gemacht. Der nach Maßgabe der gestellten Einzelanträge beanstandete Text der Internetverfügung überschreitet nicht die bestehenden und zu beachtenden rechtlichen Grenzen, mögen die beanstandeten Formulierungen auch zum Teil deutlich provokativ bzw. sogar emotional geprägt sein, er ist vielmehr durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und durch das Grundrecht der gewerkschaftlichen Betätigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG), beides notwendige Voraussetzungen einer demokratischen Wahl, gedeckt. Kritik an konkurrierenden gewerkschaftlichen Organisationen gehört zum Wesen und Sinn des Wahlkampfes, sie darf allerdings nicht in Hetze ausarten oder geeignet sein, den Dienstbetrieb zu beeinträchtigen (im Einzelnen vgl. etwa Lorenzen/Schlatmann, BPersVG, § 24, Rn. 9 f; Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, § 24, Rn. 5 ff.; Altvater/Baden, BPersVG, § 24, Rn. 5 ff. – jeweils mit weiteren Nachweisen – ). Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass in der beanstandeten Internetveröffentlichung keine natürlichen Personen namentlich genannt werden. Die in der Veröffentlichung genannte unstrittige Tatsache, dass Mitglieder der DPolG Bundespolizeigewerkschaft nicht zu regulären Mitgliedern des Wahlvorstandes bestellt wurden, sondern lediglich ein Mitglied der BPolG zum Ersatzmitglied des Wahlvorstandes bestellt worden ist, ist sachlich korrekt wiedergegeben. Im Übrigen werden in dem genannten Text subjektive Werturteile dargelegt und vertreten. Darin wird zwar der Antragsteller bzw. dessen Vorsitzender scharf kritisiert und polemisch angegangen, von einer regelrechten sogenannten Schmähkritik, bei der es nicht mehr um eine Auseinandersetzung in der Sache geht, sondern bei der Personen verächtlich gemacht werden sollen, kann jedoch nicht ernsthaft die Rede sein. Das Bundesverfassungsgericht hat den Begriff der Schmähkritik eng definiert (vgl. jüngst etwa B. v. 28.9.2015, Az. 1 BvR 3217/14, juris, Rn. 14 m. w. N.): Danach würde selbst eine überzogene oder ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung machen. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie muss – jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik – in einer persönlichen Herabsetzung bestehen. Wesentliches Merkmal der Schmähung ist mithin eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung. Nur dann kann im Sinne einer Regelvermutung ausnahmsweise auf eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles verzichtet werden. Aus diesem Grund wird laut Bundesverfassungsgericht (a. a. O.) Schmähkritik bei Äußerungen in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vorliegen und im Übrigen eher auf die so genannte Privatfehde beschränkt bleiben. Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar und führen hier dazu, dass, wie bereits ausgeführt, die Grenzen zulässiger Wahlkampfauseinandersetzungen nicht überschritten sind. Auch eine Abwägung der Einzelfallumstände unterhalb der Schwelle der Schmähkritik führt zu keinem anderslautenden Ergebnis. Nach alledem kann dahinstehen, ob, wie von den Beteiligten zu 1) und 2) zusätzlich gerügt, einzelne Ziffern des gestellten Antrages zumindest teilweise zu unbestimmt bzw. zu weitgehend sind.
Dem – ausdrücklich „hilfsweise“ – unter Ziffer 4 gestellten Antrag, das Verfahren an die Pressekammer des Landgerichts … weiterzuleiten, wenn das Gericht sich nicht für zuständig erklären sollte, braucht nicht nähergetreten zu werden, denn das Gericht bejaht aus den eingangs genannten Gründen seine Zuständigkeit für die Beurteilung der hier aufgeworfenen personalvertretungsrechtlichen Fragen. Es bleibt der Antragstellerseite grundsätzlich unbenommen, die aus ihrer Sicht möglicherweise zusätzlich aufgeworfenen zivilrechtlichen bzw. presserechtlichen Fragen bei den hierfür zuständigen Gerichten klären zu lassen. Inwieweit dabei § 66 Abs. 3 BPersVG zu beachten sein könnte, bedarf hier keiner Entscheidung.
Nach alledem war der Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung mit sämtlichen darin enthaltenen einzelnen Begehren abzulehnen. Im Interesse des Rechtsfriedens zwischen den Verfahrensbeteiligten wird abrundend vorsorglich darauf hingewiesen, dass nach § 20 Abs. 1 Satz 4 BPersVG je ein Beauftragter der in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften berechtigt ist, an den Sitzungen des Wahlvorstandes mit beratender Stimme teilzunehmen.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, denn das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83 Abs. 2 BPersVG, § 80 Abs. 1 i. V. m. § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG).
Nachdem die vorliegende Entscheidung nach schriftlicher Anhörung der Beteiligten erfolgt ist (vgl. hierzu etwa Grunsky, ArbGG, Kommentar, 5. Auflage, § 85, Rn. 20; Koch in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht – Online-Ausgabe -, ArbGG, § 85, Rn. 6), gilt folgende

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