Arbeitsrecht

Unterschiedliche Beförderungstatbestände von Lehrkräften unterschiedlicher Lehrbefähigung

Aktenzeichen  M 5 K 15.2286

Datum:
13.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 3, Art. 33 Abs. 2
BayEUG BayEUG Art. 6 Abs. 2
BayLBG BayLBG Art. 12, Art. 13
BayLlbG BayLlbG Art. 17 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Wenn für Lehrkräfte mit unterschiedlicher Lehrbefähigung unterschiedliche Beförderungsrichtlinien existieren, gelten für die jeweiligen Lehrkräfte die Beförderungsrichtlinien ihrer Lehrbefähigung, selbst wenn sie an derselben Schule unterrichten.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat weder einen Anspruch darauf, in ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 befördert zu werden, noch auf eine erneute Entscheidung des Beklagten über das diesbezügliche Beförderungsbegehren (§ 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Ablehnung des entsprechenden Beförderungsbegehrens durch den Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Ein Beamter hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Beförderung.
Maßgeblich für die Besetzung von Beförderungsämtern ist das in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) verbindlich und vorbehaltlos normierte Leistungsprinzip. Der Dienstherr ist bei der Anwendung des ihm im Rahmen des Leistungsgrundsatzes eingeräumten Beurteilungsspielraums allerdings verpflichtet, neben dem Interesse an der bestmöglichen Besetzung einer Beförderungsstelle auch dem Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Aufstieg Rechnung zu tragen. Ein Beamter kann daher beanspruchen, dass über seine Bewerbung ohne Rechtsfehler vorrangig aufgrund leistungsbezogener Kriterien entschieden und von praktizierten, das Ermessen bindenden Richtlinien nicht zu seinem Nachteil grundlos abgewichen wird. Ein weitergehender Anspruch ergibt sich nicht aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, denn diese besteht grundsätzlich nur in den Grenzen des bereits bekleideten statusrechtlichen Amtes (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 25.11.2015 – 3 ZB 15.77 – juris, Rn. 4).
a) Für die Ermessensausübung zu der von der Klägerin begehrten Beförderung ist auf die Richtlinien für die Beförderung von Lehrkräften und Förderlehrkräften an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 18. März 2011 (KWMBl 2011, 63, im Folgenden: Beförderungsrichtlinien) abzustellen. Der Anwendungsbereich dieser Richtlinien ist in Nr. 1.1 geregelt. Nach dessen Satz 1 gelten die Richtlinien unter anderem für die Beförderung von Lehrkräften mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen bzw. für Sonderpädagogik an staatlichen Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke. Nach dessen Satz 3 gelten dagegen für Berufsschullehrkräfte, Realschul-lehrkräfte und Gymnasiallehrkräfte an Förderschulen und Schulen für Kranke grundsätzlich die Beförderungsrichtlinien der jeweiligen Schulart. Im Hinblick auf die Schulart ist zu unterscheiden zwischen allgemeinbildenden Schulen, beruflichen Schulen und Förderschulen (Schulen zur sonderpädagogischen Förderung, vgl. Art. 6 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen – BayEUG). Die Einsatzschule der Klägerin, eine private Berufsschule zur sonderpädagogischen Förderung mit Förderschwerpunkt „Lernen“, ist als berufliche Förderschule den Förderschulen (Schulen zur sonderpädagogischen Förderung) zuzuordnen (Art. 6 Abs. 2 Nr. 3b BayEUG).
Folge dessen ist, dass die Beförderungsrichtlinien für die Klägerin als Lehrkraft mit der Befähigung für Sonderpädagogik Anwendung finden, nicht jedoch für den Vorgänger der Klägerin in der Funktion als Beratungslehrer an der Einsatzschule, da dieser eine Berufsschullehrkraft war, für die die Richtlinien für die Ernennung der staatlichen Lehrkräfte und Lehramtsanwärter an beruflichen Schulen (Ernennungsrichtlinien berufliche Schulen/ErbSch) in der jeweils geltenden Fassung maßgeblich sind (vgl. zu einem derartigen Fall: VG Regensburg, U. v. 9.2.2011 – RO 1 K 10.904 – juris, Rn. 15).
b) Die Beförderungsrichtlinien binden die Vergabe einer Stelle der Besoldungsgruppe A 15 und damit die mögliche Beförderung der Klägerin in ein derartiges Statusamt an die Zuweisung einer Funktionsstelle, der dieses Statusamt zugeordnet ist. Eine solche Funktionsstelle ist im amtlichen Schulanzeiger der zuständigen Regierung auszuschreiben und nach dem Grundsatz der Bestenauslese zu vergeben (vgl. Nrn. 2.1 und 3.1 der Beförderungsrichtlinien). Nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus über die Zuordnung von im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst ausgeübten Funktionen zu Ämtern der Bayerischen Besoldungsordnungen vom 10. Mai 2011 (KWMBl 2011, 106, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 16.1.2015, KWMBl 2015, 8), ist für den Bereich der Förderschulen ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 (je nach Schulgröße) nur für die Funktion eines/einer Sonderschulkonrektors/-konrektorin bzw. eines/einer Sonderschulrektors/-rektorin vorgesehen. Eine derartige Funktion hat die Klägerin weder inne, noch beansprucht sie eine solche für sich.
Die Klägerin kann daher eine Ermessensreduzierung des Beklagten unter Heranziehung der einschlägigen Beförderungsrichtlinien für die begehrte Beförderung nicht geltend machen.
Auch die Argumentation der Klagepartei zur unzulässigen Trennung von Amt und Funktion (vgl. BVerwG, U. v. 11.12.2014 – 2 C 51/13, BVerwGE 151, 114) setzt die Zuweisung eines vom Dienstherrn entsprechend bewerteten Amtes voraus, die hier – wie ausgeführt – nicht vorliegt.
2. Darüber hinaus bestehen auch laufbahnrechtliche Beförderungshindernisse.
Die Klägerin befindet sich im Statusamt A 13 + AZ. Für die begehrte Beförderung nach A 15 hätte die Klägerin regelmäßig die Ämter der Besoldungsgruppe A 14 und A 14 + AZ zu durchlaufen (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen – Leistungslaufbahngesetz/LlbG). Eine Ausnahme hiervon ist nur für das mit A 15 bewertete Amt eines Leiters/einer Leiterin eines Studienseminars für das Lehramt für Sonderpädagogik (vgl. Nr. 4.2.4 der Beförderungsrichtlinien), welches vorliegend nicht maßgeblich ist, vorgesehen.
3. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) im Hinblick auf die Ausübung der Funktion einer Beratungslehrkraft an der Einsatzschule der Klägerin durch ihren Vorgänger in dieser Funktion, noch aus der „Bestätigung“ dieser Funktionsausübung durch die Regierung von Oberbayern.
a) Der Vorgänger der Klägerin in der Funktion als Beratungslehrer an der Einsatzschule war Berufsschullehrer. Dem Dienstherrn ist es unbenommen, die Beförderungsmöglichkeiten eines Berufsschullehrers anders auszugestalten und an andere Sachverhalte zu knüpfen als bei einer Lehrkraft für Förderschulen, da bereits das jeweilige Studium anders aufgebaut ist (vgl. Art. 12, 13 Bayerisches Lehrerbildungsgesetz – BayLBG). Daher ist es ohne Belang, unter Anwendung welcher Vorschriften und Anknüpfungstatsachen dem Vorgänger der Klägerin in dieser Funktion ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 übertragen worden ist.
b) Die Bestätigung der Bestellung der Klägerin zu Beratungslehrerin an der Einsatzschule, deren Widerruf in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2016 aufgehoben wurde, kann im Hinblick auf die begehrte Beförderung schon deshalb keine ermessensreduzierende Wirkung entfalten, weil hiermit ausdrücklich keine Zusage einer Beförderung verknüpft worden ist.
c) Etwas anderes folgt nicht aus dem Grundsatz, dass eine dauerhafte Trennung von Amt und Funktion unzulässig ist (BVerwG, U. v. 11.12.2014 – 2 C 51/13 – BVerwGE 151, 114). Denn die Funktion einer Beratungslehrkraft an der Schule der Klägerin wird neben der Lehrtätigkeit der Klägerin an der Schule ausgeübt. Prägend für die Funktion der Klägerin ist nicht ihre Tätigkeit als Lehrkraft für Sonderpädagogik, die Aufgabe als Beratungslehrkraft tritt nur daneben hinzu. Für die zusätzliche Tätigkeit erhält die Klägerin auch Anrechnungsstunden, die ihr Lehrdeputat reduzieren. Daher stellt die Übertragung der Zusatzaufgabe als Beratungslehrkraft keine die Kernaufgabe als Lehrkraft für Sonderpädagogik wesentlich ändernde Funktion dar, die eine Änderung des von der Klägerin innegehabten Amtes nach sich ziehen müsste.
4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

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