Arbeitsrecht

Unwirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen wegen Intransparenz

Aktenzeichen  7 O 9287/15

Datum:
22.12.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 130140
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 307 Abs. 1 S. 1, 2, Abs. 2 Nr. 1, § 309 Nr. 12a
VVG § 169 Abs. 3, Abs. 5, § 176 Abs. 3
UWG § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3
EG-VVG Art 4 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Eine Klausel in den allgemeinen Versicherungsbedingungen einer Fondsgebundenen Rentenversicherung, die nicht zwischen Rückkaufswert und Stornoabzug unterscheidet, ist wegen fehlender Transparenz (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) unwirksam.  (Rn. 22 – 27) (red. LS Dirk Büch)
2. Eine Klausel ist allgemeinen Versicherungsbedingungen ist auch dann unwirksam, wenn sie zwar aus sich heraus verständlich ist, aber das Ergebnis einer unzulässigen Berechnungsmethode darstellt.  (Rn. 28) (red. LS Dirk Büch)
3. Eine Klausel in allgemeinen Versicherungsbedingungen, nach der die bei der Beitragskalkulation in Ansatz gebrachten Abschluss- und Vertriebskosten in gleichmäßigen Jahresbeträgen über den Zeitraum von fünf Jahren verteilt werden, ist ausreichend transparent und daher wirksam. (Rn. 41 – 48) (red. LS Dirk Büch)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes – und für den Fall dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern der Beklagten, insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen, beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern über fondsgebundene Rentenversicherungen als Altersvorsorgeverträge im Sinne des Altersvorsorge-Zertifizierungssgesetzes (sog. „Riester-Verträge“) folgende (oder inhaltsgleiche) Klauseln in neue Versicherungsverträge einzubeziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf eine solche Klausel zu berufen (unzulässige Bestimmungen im Fettdruck):
„Allgemeine Bedingungen für die Fondsgebundene Rentenversicherung als Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG)
§ 5 Wie verwenden wir Ihre Beiträge und die staatlichen Zulagen, und können Sie durch Sonderzahlungen die Versicherungsleistungen erhöhen?
(4) Wir führen Ihre Beiträge und, die uns zugeflossenen Sonderzahlungen, soweit sie nicht zur Sicherstellung der Beitragserhaltungsgarantie (vgl. § 2 Absatz 1) und zur Deckung von Kosten bestimmt sind, entsprechend der Zusammensetzung des Depots den Anlagestöcken (vgl. § 2 Absatz 1) zu und rechnen sie zum letzten Börsentag vor Fälligkeit des Beitrags in Anteileinheiten um.
§ 7 Wann können Sie Ihre Versicherung ruhen lassen?
Sie können Ihre Versicherung vor Beginn der Auszahlungsphase jederzeit zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode ruhen lassen (Beitragsfreistellung). Ein Abzug wird in diesem Fall nicht erhoben.
Die Beitragsfreistellung Ihrer Versicherung ist mit Nachteilen verbunden. Der für die Bildung einer beitragsfreien Rente zur Verfügung stehende Betrag erreicht erst nach einem bestimmten. Zeitraum die Summe der eingezahlten Beiträge, da hieraus auch die Abschluß- und Vertriebskosten sowie die Kosten für die Verwaltung des gebildeten Kapitals finanziert werden.
Uns nachträglich zugeflossene staatliche Zulagen verwenden wir als Sonderzahlung gemäß § 5 Abs. 3.
Nähere Informationen zur beitragsfreien Rente und ihrer Höhe können Sie Ihrem Versicherungsschein entnehmen.
§ 9 Wann können Sie Ihre Versicherung kündigen?
Kündigung des Vertrages zur Auszahlung des Rückkaufswertes
(1) Sie können Ihre Versicherung vor Beginn der Auszahlungsphase ganz oder teilweise jederzeit zum Schluss der Versicherungsperiode schriftlich kündigen. …
(2) Bei Kündigung werden wir den Wert des bis dahin gebildeten Deckungskapitals (vgl. § 2 Absatz 6) zahlen, wobei ein als angemessen angesehener Abzug erfolgt. …
Sofern Sie uns nachweisen, daß die dem Abzug zugrunde liegenden Annahmen in Ihrem Fall entweder dem Grunde nach nicht zutreffen oder der Abzug wesentlich niedriger zu beziffern ist, entfällt der Abzug bzw. wird – im letzteren Falle – entsprechend herabgesetzt.
Sofern Sie gemäß § 8 Kapital für Wohneigentum verwendet haben, wird dies bei der Berechnung des Rückkaufswertes berücksichtigt. Die Einzelheiten der Regelung bei Kündigung mit Auszahlung des Rückkaufswertes, insbesondere über die Höhe des Abzugs, können Sie § 3 der Tarifbedingungen entnehemen. Weitere Informationen zum Thema Kündigung finden Sie im beigefügten „Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen“.
Die Kündigung Ihrer Versicherung ist mit Nachteilen verbunden. Der Rückkaufswert errreicht erst nach einem bestimmten Zeitraum die Summe der eingezahlten Beiträge, da hieraus auch die Abschluß- und Vertriebskosten sowie die Kosten für die Verwaltung des gebildeten Kapitals finanziert werden und der oben erwähnte Abzug erfolgt.
Nähere Informationen zum Rückkaufswert und seiner Höhe können Sie Ihrem Versicherungsschein entnehmen.
Tarifbedingungen
§ 3 Was geschieht bei Kündigung oder Ruhenlassen des Vertrages?
Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswertes
(2) Bei Kündigung Ihrer Versicherung gemäß § 9 Abs. 1 der Allgemeinem Bedingungen erhalten Sie einen vertraglich festgelegten Rückkauffswert. …
(3) Als Rückkaufswert erhalten Sie nicht die Summe der eingezahlten Beiträge, sondern den Wert des Deckungskapitals (vgl. 2 Absatz 6 der Allgemeinen Bedingungen) zum Kündigungszeitpunkt, vermindert um einen als angemessen angesehenen Abzug in Prozent des vorhandenen Wertes. Der Abzug sinkt bei beitragspflichtigen und vorzeitig beitragsfrei gestellten Versicherungen gleichmäßig von 10 % bei Vertragsbeginn auf 2 % zum Rentenbeginn. Für Sonderzahlungen beträgt der Abzug 2 % des jeweiligen Wertes.
Der Abzug entfällt ab dem Jahrestag des Versicherungsbeginns, zu dem die Versicherte Person erstmals das Alter von 55 Jahren überschritten hat und die Restlaufzeit bis zum Rentenbeginn höchstens noch 10 Jahre beträgt (flexible Vertragsbeendigung). …
Übersicht über die Garantiewerte
(5) Eine Übersicht über die Garantiewerte (Rückkaufswerte und Werte bei Übertragung des Vertrages) ist im Versicherungsschein vor den Bedingungen abgedruckt.
Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen
Hinweise zur Kündigung und zum Ruhenlassen Ihrer Versicherung
Die Kündigung und das Ruhenlassen Ihrer Versicherung ist mit Nachteilen verbunden.
In der Anfangszeit Ihrer Versicherung ist kein Rückkaufswert vorhanden. Der Rückkaufswert erreicht auch in den Folgejahren nicht unbedingt die Summe der eingezahlten Beiträge. Er entspricht dem Deckungskapital Ihrer Versicherung gemäß § 2 der Allgemeiner Bedingungen, wobei der in den Tarifbedingungen vereinbarte Abzug erfolgt. …
Sofern Sie uns nachweisen, dass die dem Abzug zugrunde liegenden Annahmen in Ihrem Fall entweder dem Grunde nach nicht zutreffen oder der Abzug wesentlich niedriger zu beziffern ist, entfällt der Abzug bzw. wird – im letzteren Falle – entsprechend herabgesetzt.“
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 1.751,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab 11.11.2015 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 35.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A.
Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth folgt aus § 6 UKlaG i.V.m. § 6 GZVJu.
Die Kläger sind aktivlegitimiert. Es handelt sich jeweils um einer eingetragenen Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt, und in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach §§ 3 Abs. 1, 4 UKlaG und § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG eingetragen ist.
Der Klageantrag genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Unter dem Begriff „Abwicklung“ ist die Verwendung bzw. Berufung auf die unwirksamen Klauseln bei bereits geschlossenen Verträgen zu verstehen.
B.
Die Klage ist überwiegend begründet, § 1 UKlaG. Mit Ausnahme von § 10 AVB sind alle angegriffenen Klauseln unwirksam.
I. Folgende Klauseln sind unwirksam:
1. Kein Rückkaufswert
„In der Anfangszeit Ihrer Versicherung ist kein Rückkaufswert vorhanden“ (Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen).
Die Klausel ist wegen fehlender Transparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Die Information in der Klausel ist nach dem unstreitig gebliebenen Sachvortrag der Beklagten falsch und beruht auf einem redaktionellen Versehen bei der Beklagten. Die Klausel ist damit objektiv irreführend und geeignet, Versicherungsnehmer davon abzuhalten, Ansprüche geltend zu machen.
2. Regelungen zum Rückkaufswert und Stornoabzug
2.1 Begriffsvertauschung
„Bei Kündigung werden wir den Wert des bis dahin gebildeten Deckungskapitals (vgl. § 2 Absatz 6) zahlen, wobei ein als angemessen angesehener Abzug erfolgt“ (§ 9 Abs. 2 Unterabsatz 1 AVB).
„Die Einzelheiten der Regelung bei Kündigung mit Auszahlung des Rückkaufswertes, insbesondere über die Höhe des Abzugs, können Sie in § 3 der Tarifbedingungen entnehmen. Weitere Informationen zum Thema Kündigung finden Sie im beigefügten „Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen“ (§ 9 Abs. 2 Unterabsatz 4 Sätze 2 und 3 AVB).
„Nähere Informationen zum Rückkaufswert und seiner Höhe können Sie Ihrem Versicherungsschein entnehmen“ (§ 9 Abs. 2 Unterabsatz 6 AVB).
„Bei Kündigung Ihrer Versicherung gemäß § 9 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen erhalten Sie einen vertraglich festgelegten Rückkaufswert“ (§ 3 Abs. 2 Unterabsatz 1 TB).
„Als Rückkaufswert erhalten Sie nicht die Summe der eingezahlten Beiträge, sondern den Wert des Deckungskapitals (vgl. § 2 Absatz 6 der Allgemeinen Bedingungen) zum Kündigungszeitpunkt, vermindert um einen als angemessen angesehenen Abzug in Prozent des vorhandenen Wertes“ (§ 3 Abs. 3 Satz 1 TB).
„Eine Übersicht über die Garantiewerte (Rückkaufswerte und Werte bei Übertragung des Vertrages) ist im Versicherungsschein vor den Bedingungen abgedruckt“ (§ 3, Abs. 5 TB).
„Der Rückkaufswert erreicht auch in den Folgejahren nicht unbedingt die Summe der eingezahlten Beiträge. Er entspricht dem Deckungskapital Ihrer Versicherung gemäß § 2 der Allgemeinen Bedingungen, wobei der in den Tarifbedingungen vereinbarte Abzug erfolgt“ (Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen).
Diese Regelungen genügen nicht dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da die Beklagte nicht zwischen Rückkaufwert und Stornoabzug differenziert und den Rückkaufswert dem Auszahlungsbetrag gleichsetzt.
Die Regelungen entsprechen vom Wortlaut zwar nicht exakt denen den BGH-Entscheidungen vom 25.07.2012 (IV ZR 201/10, NJW 2012, 3023) und vom 17.10.2012 (IV ZR 202/10, NJW-RR 2013, 146) zugrunde liegenden. Aber dennoch sind die dort aufgestellten Grundsätze, dass es nämlich unzulässig ist, nicht zwischen dem nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zu ermittelnden Rückkaufswert einerseits und dem einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung bedürfenden Stornoabzug anderseits zu differenzieren (BGH 25.07.2012, a.a.O. Rn 44–52; BGH 17.10.2012, a.a.O. Rn 17), einschlägig.
Insbesondere durch die Unterüberschriften vor § 9 Abs. 2 AVB „Kündigung des Vertrags zur Auszahlung des Rückkaufwertes“ und § 3 Abs. 2 TB „Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswertes“ wird in den angegriffenen Regelungen entgegen der Ansicht der Beklagten behauptet, der Rückkaufswert sei der Wert nach Abzug und somit der Auszahlungsbetrag. Der Beklagte erweckt irreführend den Eindruck, der Stornoabzug fließe in die Bestimmung des Rückkaufswertes ein. Aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers lässt dies den Stornoabzug fälschlich als Bestandteil der Rückkaufswertermittlung erscheinen. Dies ist mit der gesetzlichen Vorgabe, dass beide Werte in § 176 Abs. 3 und Abs. 4 VVG a.F. bzw. § 169 Abs. 3 und Abs. 5 VVG n.F. gesondert nebeneinander stehen, nicht vereinbar. Zur näheren Begründung wird auf die zitierten BGH-Urteile verwiesen.
Die in § 3 Abs. 5 TB in Bezug genommenen Garantiewerte im Versicherungsschein und die in § 9 Abs. 2 Unterabsatz 5 AVB in Bezug genommene Höhe des Rückkaufswerts im Versicherungsschein weisen unter der Rubrik „Rückkaufswert“ nur die bereits um den Stornoabzug geminderten Auszahlungsbeträge aus. Die Rückkaufswerte vor Stornoabzug werden dem Versicherungsnehmer an keiner Stelle mitgeteilt. Zu ihrer Berechnung ist er selbst nicht in der Lage.
Die Argumentation mit den gesetzlichen Regelungen gilt auch für Klauseln, die Bestandteil der bis 31.12.2007 abgeschlossenen Verträge sind. § 169 VVG n.F. ist nach Art 4 Abs. 2 EG-VVG nicht anwendbar; § 176 VVG a.F. greift nicht unmittelbar ein (keine Kapitalversicherung für den Todesfall). Die Beklagte muss jedoch, nachdem sie in den fraglichen Klauseln Begrifflichkeiten verwendet, die sich an der gesetzlichen Regelung orientieren, auch die gesetzlichen Vorgaben hierzu einhalten, nämlich die Trennung zwischen Rückkaufswert und Stornoabzug. Für die ab 01.01.2009 abgeschlossenen Verträge ist die Anwendbarkeit des § 169 VVG n.F. unproblematisch gegeben.
2.2 Erstreckungswirkung
a) Die Unwirksamkeit bezieht sich auch auf den Halbsatz in § 3 Abs. 3 Satz 1 TB „Als Rückkaufswert erhalten Sie nicht die Summe der eingezahlten Beiträge, …“ bzw. den Satz im Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen „Der Rückkaufwert erreicht auch in den Folgejahren nicht unbedingt die Summe der eingezahlten Beiträge“. Die Sätze sind zwar für sich betrachtet sprachlich verständlich. Sie sind aber inhaltlich nicht selbständig und enthalten keinen eigenständigen Regelungsgehalt, sondern sind das Ergebnis der nachfolgend dargestellten unzulässigen Berechnungsmethode mit Stornoabzug. Zudem fehlt es an der erforderlichen Klarheit. Der Versicherungsnehmer kann dem Klauselteil zwar entnehmen, dass der Rückkaufswert nicht der Summe der von ihm eingezahlten Beträge entspricht. Der Rückkaufswert wird ihm aber nicht mitgeteilt. Seine Berechnung ist ihm auch aufgrund der nachfolgenden diesbezüglich unwirksamen Klausel nicht möglich.
b) „Nähere Informationen zur beitragsfreien Rente und ihrer Höhe können Sie dem, Versicherungsschein entnehmen“ (§ 7 Satz 6 AVB).
Der Versicherungsschein enthält entgegen seiner Ankündigung an keiner Stelle eine Information zur konkreten Höhe der beitragsfreien Rente. Nachdem im Fall des Ruhenlassens die beitragsfreie Rente aus dem Rückkaufswert (unter Berücksichtigung des Fonds- und Überschussanteils) kalkuliert wird, kann ein Versicherungsnehmer bei entsprechender versicherungsrechtlicher Kenntnis in der Klausel einen Verweis auf die Garantiewerttabelle auf Seite 5 im Versicherungsschein erblicken. Hier sind aber – wie bereits oben ausgeführt – unter der Rubrik „Rückkaufswert“ unter Verkennung des gesetzlichen Begriffs des Rückkaufswertes nur die bereits um den Stornoabzug geminderten Auszahlungsbeträge ausgewiesen. Beim Ruhenlassen erfolgt indes kein Stornoabzug. Soweit die Beklagte vorträgt, dass die im Versicherungsschein tabellarisch abgedruckten beitragsfreien Renten richtig seien – da ohne Stornoabzug – (Klageerwiderung Seite 23 = Bl. 98 d.A.), ist festzustellen, dass sich solche, in der Tabelle nicht finden. Möglicherweise meint die Beklagte die Zahlen unter der Rubrik „Wert bei Übertragung des Vertrages“, welche dann aber auch nur ein Teil der Kalkulationsgrundlage für die Berechnung der beitragsfreien Rente wären. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer kann diesen Schluss, nachdem in § 7 Satz 6 AVB nicht einmal ein Bezug zur Tabelle hergestellt wird und angesichts der von der Beklagten falsch gewählten Begrifflichkeiten, nicht ziehen.
Es kann dahin stehen, ob die Klausel sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht schon als Verweis in Leere darstellt, weil sie die angekündigte Information nicht enthält, und auch deswegen nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist.
c) „Der Abzug sinkt bei beitragspflichtigen und vorzeitig beitragsfrei gestellten Versicherungen gleichmäßig von 10 % bei Vertragsbeginn auf 2 % zum Rentenbeginn. Für Sonderzahlungen beträgt der Abzug 2 % des jeweiligen Wertes.
Der Abzug entfallt ab dem Jahrestag des Versicherungsbeginns, zu dem die Versicherte Person erstmals das Alter von 55 Jahren überschritten hat und die Restlaufzeit bis zum Rentenbeginn höchstens noch 10 Jahre beträgt (flexible Vertragsbeendigung)“ (§ 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 TB).
Die Regelung zur Berechnung der Höhe des Stornoabzuges ist aufgrund der inhaltlichen untrennbaren Verknüpfung zu den Regelungen zum generellen Stornoabzug ebenfalls unwirksam. Sie ist zwar sprachlich verständlich, ist aber inhaltlich nicht selbständig und sinnvoll. Eine isolierte Aufrechterhaltung ist damit nicht möglich.
2.3. „vertraglich festgelegter“ Rückkaufswert
„Bei Kündigung Ihrer Versicherung gemäß § 9 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen erhalten Sie einen vertraglich festgelegten Rückkaufswert“ (§ 3 Abs. 2 Unterabsatz 1 TB).
Die Klausel ist (zudem) intransparent nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnismöglichkeiten es alleine ankommt, unter einem vertraglich festgelegten Rückkaufswert einen bezifferten Rückkaufswert versteht, ein solcher dem Vertragsinhalt jedoch nicht zu entnehmen ist und es einen solchen bei einer fondsgebundenen Versicherung aufgrund der ungewissen Fonds- und Überschusswerte nicht geben kann. Der Beklagten ist zuzugeben, dass sie berechtigt ist, einen vom Gesetzgeber offen gelassenen Regelungsrahmen in § 169 Abs. 3 VVG n.F. auszufüllen. Damit darf die Beklagte die Methode für die Ermittlung der Höhe des Rückkaufswertes vertraglich festlegen, nicht aber Fehlvorstellungen hervorrufen.
2.4 Beweislastregelung zum angemessenen Stornoabzug
„Sofern Sie uns nachweisen, daß die dem Abzug zugrunde liegenden Annahmen in Ihrem Fall entweder dem Grunde nach nicht zutreffen oder der Abzug wesentlich niedriger zu beziffern ist, entfällt der Abzug bzw. wird. – im letzteren Falle – entsprechend herabgesetzt“ (§ 9 Abs. 2 Unterabsatz 3 AVB).
„Sofern Sie uns nachweisen, dass die dem Abzug zugrunde liegenden Annahmen in Ihrem Fall entweder dem Grunde nach nicht zutreffen oder der Abzug wesentlich niedriger zu beziffern ist, entfällt der Abzug bzw. wird – im letzteren Falle – entsprechend herabgesetzt“ (Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen).
Die Beweislastregeln sind jedenfalls in der Zusammenschau mit § 9 Abs. 2 Unterabsatz 1 AVB nach § 309 Nr. 12 a BGB unwirksam. Sie erwecken fälschlicherweise den Eindruck, der Versicherungsnehmer sei insgesamt beweispflichtig für die Unangemessenheit des Abzugs. Diese Klauseln entsprechen zwar nicht wörtlich, aber inhaltlich weitgehend den der Entscheidung des BGH vom 15.07.2012 zugrunde liegenden (BGH, Urteil vom 25.07.2012, a.a.O. Rn 63). Die Ausführungen des BGH im genannten Urteil macht sich die Kammer zu eigen.
3. Warnhinweise zu Nachteilen
„Die Beitragsfreistellung Ihrer Versicherung ist mit Nachteilen verbunden. Der für die Bildung einer beitragsfreien Rente zur Verfügung stehende Betrag erreicht erst nach einem bestimmten Zeitraum die Summe der eingezahlten Beiträge, da hieraus auch die Abschluß- und Vertriebskosten sowie die Kosten für die Verwaltung des gebildeten Kapitals finanziert werden“ (§ 7 Sätze 3 und 4 AVB).
„Die Kündigung Ihrer Versicherung ist mit Nachteilen verbunden. Der Rückkaufswert erreicht erst nach einem bestimmten Zeitraum die Summe der eingezahlten Beiträge, da hieraus auch die Abschluß- und Vertriebskosten sowie die Kosten für die Verwaltung des gebildeten Kapitals finanziert werden und der oben erwähnte Abzug erfolgt“ (§ 9 Abs. 2 Unterabsatz 5 AVB).
„Die Kündigung und das Ruhenlassen Ihrer Versicherung ist mit Nachteilen verbunden“ (Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen).
Die Klauseln sind irreführend und intransparent und damit unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Aussage, eine Kündigung bzw. Beitragsfreistellung sei mit Nachteilen verbunden, ist so pauschal dazu geeignet, den Versicherungsnehmer von der Geltendmachung seines Kündigungsrechts oder Rechts auf Beitragsfreistellung abzuhalten. Dies gilt auch, wenn in den Bedingungen – anders als vom BGH mit Urteil vom 25.07.2012 entschiedenen Sachverhalt – nicht das Wort „immer“ verwendet wird (BGH Urteil vom 17.10.2012, a.a.O. Rn 16). Die reduzierten Rückkaufswerte, die sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer als „Nachteile“ darstellen, sind keine Folge der Kündigung oder Beitragsfreistellung, sondern der Kostenverrechnung. Diese findet unabhängig davon statt, ob eine Kündigung oder eine Baitragsfreistellung erfolgt. Im Übrigen kann es Fallgestaltungen geben, in denen eine frühzeitige Kündigung vorteilhaft sein kann. Die von der Beklagten gewählte Formulierung enthält aber keinerlei einschränkende oder eine Ausnahme vorsehende Angaben.
Gerade dadurch, dass die Beklagte in Satz 4 des § 7 AVB und in Satz 2 des § 9 Abs. 2 Unterabsatz 5 AVB die Kostenfinanzierung nennt, stellt sie einen unmittelbaren Zusammenhang mit den einen Satz vorher genannten Nachteilen her und begründet die Nachteile damit. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird daher die Nachteile in den durch die Kostenverrechnung erfolgten reduzierten Rückkaufswert sehen. Aus diesem Grund werden die Sätze von der Unwirksamkeit mitumfasst und bleiben nicht – wie die Beklagte meint – isoliert stehen. Dass mit einer Kündigung die staatlichen Zulagen verloren gehen, nennt die Beklagte an keiner Stelle und vermag daher im Zusammenhang mit der zu beanstandenden zitierten Kostenfinanzierung die pauschalen Warnhinweis zu den Nachteilen nicht zu rechtfertigen.
4. Regelung zur Beitragsverwendung
„Wir führen Ihre Beiträge und die uns zugeflossenen Sonderzahlungen, soweit sie nicht zur Sicherstellung der Beitragserhaltungsgarantie (vgl. § 2 Absatz 1) und zur Deckung von Kosten bestimmt sind, entsprechend der Zusammensetzung des Depots den Anlagestöcken (vgl. § 2 Absatz 1) zu und rechnen sie zum letzten Börsentag vor Fälligkeit des Beitrags in Anteileinheiten um“ (§ 5 Abs. 4 AVB).
Der Klauselbestandteil ist intransparent, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil die Kosten lediglich pauschal genannt werden, ohne dies auf einen konkreten Verweis im Einzelnen zu konkretisieren.
Der konkrete Kostenausweis durch die Beklagte erfolgt vorliegend an anderer Stelle, nämlich im nicht streitbefangenen § 7 TB und im (beklagtenseits behaupteten, aber nicht vorgelegten) Produktinformationsblatt entsprechend der gesetzlichen Vorgabe des § 7 Abs. 1 Nr. 9 AltZertG. Nach Auffassung der Kammer ist es ausreichend, dass im Rahmen des § 5 Abs. 4 AVB, der sich mit der Beitragsverwendung beschäftigt, nur abstrakt die Kosten genannt werden und dargestellt wird, dass nicht der volle Zahlbetrag zum Kauf von Fondsanteilen verwandt wird. Dem Versicherungsnehmer muss aber durch eine geeignete Verweisung deutlich gemacht werden, was dies in wirtschaftlicher Hinsicht für ihn bedeutet. So ist nach dem BGH (Urteil vom 17.10.2012, a.a.O., Rn. 21) ein lediglich pauschaler Hinweis in AVB für die bei der Berechnung des Rückkaufswertes vorzunehmenden Abzüge auf Tarifbedingungen intransparent, weil es nicht Aufgabe des Versicherungsnehmers ist, sich die Bestimmungen zum Stornoabzug aus den Tarifbedingungen herauszusuchen. Diese Grundsätze sind vorliegend auf den Kostenausweis entsprechend anwendbar, zumal vorliegend nicht nur ein zu pauschaler, sondern gar kein Hinweis auf die entsprechende Regelung zum Kostenausweis erfolgt. Die Beklagte ist verpflichtet, bereits in § 5 Abs. 4 AVB konkret auf die entsprechende Stelle der Tarifbedingungen oder im Produktinformationsblatt zum Kostenausweis zu verweisen.
II. Nicht zu beanstanden ist hingegen die folgende Regelung:
Verteilung der Abschluss- und Vertriebskosten
„Die bei der Beitragskalkulation in Ansatz gebrachten Abschluß- und Vertriebskosten verteilen wir bei laufenden Beiträgen in gleichmäßigen Jahresbeträgen über den Zeitraum von fünf Jahren, aber nicht länger als bis zum Beginn der Auszahlungsphase. Bei Sonderzahlungen nach § 5 Absatz 3 verrechnen wir die Abschluß und Vertriebskosten unmittelbar mit dem Einmalbeitrag“ (§ 10 AVB).
1. ausreichende Transparenz
a) Die Klausel fällt nicht schon – wie die Kläger meinen – im Zusammenhang mit der unzulässigen Regelung im Anhang „In der Anfangszeit Ihrer Versicherung ist kein Rückkaufswert vorhanden“. Der klägerseits vorgetragene Widerspruch zwischen den beiden Regelungen löst sich gerade auf, nachdem der Satz im Anhang nicht weiter verwendet werden darf (vgl. Ziffer B I 1.). Eine Irreführung ist insoweit jedenfalls nicht mehr gegeben.
b) Die Klausel ist ausreichend transparent. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Wortlaut eindeutig und lässt nicht zwei Auslegungsrmöglichkeiten zu für den Fall, dass die Auszahlungsphase vor Ablauf von 5 Jahren beginnt. Die Formulierung ist nach Auffassung der Kammer eindeutig und kann nur so verstanden werden, dass die Kosten, dann über die kürzere Dauer gleichmäßig verteilt werden. Die von den Klägern ins Spiel gebrachte 2. Variante, zeitanteilige Verrechnung (z.B. 3/5), gibt der Wortlaut nicht her und ist insbesondere mit der im 1. Halbsatz geregelten gleichmäßigen Verteilung auf die Vertragsjahre nicht in Einklang zu bringen.
2. inhaltliche Angemessenheit
Die Klausel in § 10 Satz 1 AVB ist auch materiell nicht zu beanstanden. Die Klausel benachteiligt Versicherungsnehmer nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Die Regelung in § 10 Satz 1 1. Halbsatz entspricht der Vorgabe des AltZertG. Der BGH (Urteil vom 07.11.2012, IV ZR 292/10, NJW 2013, 368) hat bereits entschieden, dass eine Kostenverteilung linear über fünf Jahre nicht zu beanstanden ist und diese Billigung mit der in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG vorgesehenen Kostenverteilung und der Neuregelung zum Rückkaufswert in § 169 Abs. 3 Satz 1 VVG n.F. begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung Bezug genommen.
Eine Unwirksamkeit folgt auch nicht aus der. Regelung bei kürzerer Beitragszahlungsdauer als fünf Jahren in § 10 Satz 1 2. Halbsatz AVB. Es entspricht mittlerweile allgemeiner Auffassung, dass bei einer geringen Vertrags- bzw. Prämienzahldauer eine entsprechende Anwendung, d.h. eine Umlegung auf die tatsächliche Vertrags- bzw. Prämienzahldauer zu erfolgen hat (OLG Köln Urteil vom 02.09.2016, 20 U 201/15, BeckRS 2016, 17731, dort Rn 24 m.w.N zu einer vergleichbaren Kostenverteilungsklausel bei vorzeitigem Rentenbeginn). Die Kammer teilt diese Rechtsauffassung.
Die Bewertung gilt entsprechend für die Regelung zu Sonderzahlungen in § 10 Satz 2 AVB. Nach allgemeiner Meinung im Schrifttum, der sich die Kammer anschließt, ist § 169 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 VVG auf Versicherungen mit Einmalprämie nicht anwendbar; ein einmaliger Abzug bei Einmalzahlung ist zulässig (Römer/Langheid, VVG, 4. Auflage 2014, § 169 Rn 33; Reiff in Prölss/Martein, VVG, 29. Auflage 2015 § 169 Rn 38). Die Kammer kann eine unangemessene Benachteiligung im Sinn des § 307 Abs. 2 BGB nicht feststellen, insbesondere verstößt die Klausel nicht gegen die (insoweit unvollständige) gesetzliche Regelung in § 169 Abs. 3 VVG n.F.
Dass es durch die Kostenverrechnungsklausel tatsächlich zu nullwertigen Rückkaufswerten kommt, haben die Kläger schon nicht richtig behauptet, jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt. Für ihre Argumentation haben sich die Kläger damit begnügt, die streitbefangene Klausel „In der Anfangszeit Ihrer Versicherung ist kein Rückkaufswert vorhanden“ (Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen) als Begründung zu zitierten. Wie bereits ausgeführt, ist die Aussage in der Regelung „lediglich“ inhaltlich falsch und liefert, damit keinen Beweis, dass es zu nullwertigen Rückkaufswerten kommt. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Kostenverrechnungsklausel der Beklagten zu nullwertigen Rückkaufswerten führt, bestehen unter Berücksichtigung des in § 7 TB geregelten Kostenausweises (bei Annahme realistischer Vertragslaufzeiten) nicht. So ergibt sich aus der im beklägtenseits vorgelegten Versicherungsschein enthaltenen Garantiewerttabelle (Anlage B 4) nach Ablauf des ersten Versicherungsjahres bei einem Jahresbeitrag von 240 € ohne Berücksichtigung des Fonds- und Überschusswertes ein „Rückkaufswert“, richtig Auszahlungsbetrag, von 97,15 €, der um den erfolgten Stornoabzug zu erhöhen wäre.
C.
Hinsichtlich aller beanstandeter Klauseln besteht Wiederholungsgefahr, da die Beklagte keine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben hat. Die Kläger haben die Verwendung der streitgegenständlichen Klauseln gegenüber einer Verbraucherin nachgewiesen (Anlage K 7).
D.
Die Unterlassungsansprüche sind nicht verjährt.
Die Verjährungseinrede greift schon nicht, nachdem es sich um eine Verbandsklage handelt und sich die Beklagte auf die Wirksamkeit der noch im Geschäftsverkehr befindlichen AGBs beruft. Jede Berufung auf die AGB stellt nach Ansicht der Kammer eine erneute Verwendung dar, welche auch einen neuen Unterlassungsanspruch mit neuer Verjährung zur Folge hat (Palandt, BGB, 75. Auflage, § 1 UKlaG Rn 15, § 199 BGB Rn 23). Im Übrigen richtet sich der Unterlassungsanspruch gegen drohende künftige Rechtsbeeinträchtigungen und diese können nicht mithilfe einer Verjährung erlaubt bzw. unanwendbar werden (Münchener Kommentar, 4. Auflage, § 1 UKlaG Rn 45).
Selbst wenn man den Verjährungsbeginn an einem konkreten Vertragsverhältnis festmachen wollte, läge keine Verjährung vor. Aus dem Übersendungsschreiben der betroffenen Verbraucherin Hippert von Hagen vom 08.07.2013 (Anlage K 7) ergibt sich, dass der Kläger zu 2) zu diesem Zeitpunkt von dem Vertragsschluss Kenntnis genommen hat. Kenntniserlangung des Klägers zu 1) durch entsprechende Information durch den Kläger zu 2) war im Juli 2015. Darauf, ob die Kläger erstmalig, bereits bis zum 31.12.2012 oder früher durch entsprechende regelmäßige Prüfung der Produkte allgemein Kenntnis von den AVB hatten, kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht an. Eine Beweisaufnahme hierzu konnte unterbleiben. Dass die Kläger durch die Verbraucherin vor dem 31.12.2012 über den konkreten Vertrag informiert wurden, behauptet die Beklagte nicht. Dies ist auch fernliegend, nachdem der Vertrag im Juni 2013 gekündigt wurde.
E.
Die Beklagte ist den Kläger zur Erstattung, der durch die außergerichtliche Abmahnung vom 27.10.2015 entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.751,96 € zuzüglich Zinsen verpflichtet.
Die Kläger haben einen Anspruch auf Erstattung der durch die außergerichtliche Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten aus §§ 5 UKlaG, 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Die Prüfung der Wirksamkeit der im Streit stehenden Klauseln ist rechtlich anspruchsvoll und erfordert versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, die weit über die täglich Beratungspraxis der Kläger und die hierfür erforderlichen Kenntnisse des Versicherungsvertragsrechts hinausgehen. Damit ist eine Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach gegeben (BGH Urteil vom 25.07.2012, a.a.O. Rn. 75).
Der Anspruch besteht allerdings nicht in der geltend gemachten Höhe. Die Kläger gehen bei ihrer Forderung von einem zu hohen Gegenstandswert aus. Unter Zugrundelegung der mit der Abmahnung mit Erfolg gerügten Klauseln (13 von 14 Stück) und einem Gegenstandwert von 2.500 € pro Klausel ergibt sich ein Gegenstandswert für das Mahnschreiben von 32.500 €. Auf der Grundlage einer 1,3-Geschäftsgebühr plus 0,3-Gebühr für Mehrvertretungszuschlag errechnet sich zuzüglich Auslagenpauschale (20 €) und Umsatzsteuer von 15,2 % (wegen Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers zu 1) ein erstattungsfähiger Betrag von 1.751,96 €.
Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Gegenstandwert nicht aus dem vollen Streitwert gemäß § 12 Abs. 4 UWG n.F. mit 100.000 € zu nehmen. Auf die Ausführungen unter Ziffer G. wird verwiesen.
Dass das durch die Abmahnung entstandene Honorar vom Kläger zu 1) auch bezahlt wurde, steht fest aufgrund der anwaltlichen Versicherung des Klägervertreters im Termin.
F. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Zwar sind die Kläger mit ihrer Beanstandung von einer der insgesamt angegriffenen 14 Vertragsklauseln unterlegen. Aber dies stellt eine nur verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung dar.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.
G. Streitwert
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Streitgegenständlich sind 14 Klauseln, wobei im Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen nur die Klausel „In der Anfangszeit Ihrer Versicherung ist kein Rückkaufswert“ als eigenständige Klausel gezahlt wurde. Die anderen angegriffenen Klauseln im Anhang zu den Allgemeinen Bedingungen stellen lediglich Wiederholungen nahezu gleichlautender Regelungen in den AVB bzw. Tarifbedingungen ohne neuen Regelungsgegenstand dar.
Jede Klausel wurde mit 2.500 € bewertet. Der Streitwert in Verfahren nach dem Unterlassungsgesetz richtet sich nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der gesetzwidrigen Bestimmungen; der wirtschaftlichen Bedeutung des Klauselverbots kommt in der Regel keine ausschlaggebende Bedeutung zu (BGH Beschluss vom 07.05.2015, I ZR 108/14, BeckRS 2015, 11399). Die Regelfestsetzung mit 2.500 € je angegriffener Teilklausel entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Beschluss vom 29.07.2015; IV 45/15, IBRRS 2015, 2532). Eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung der vorliegenden Klauseln, die im Einzelfall eine andere Bewertung rechtfertigen könnte, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Die (Un-)wirksamkeit vergleichbarer Klauseln wurde bereits mehrfach höchstrichterlich bzw. obergerichtlich überprüft (BGH Urteil vom 25.07.2012 und BGH Urteil 17.10.2012; BGH Urteil vom 07.11.2012 und OLG Köln Urteil vom 02.09.2016 für § 10 AVB). Äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite liegen nicht vor.
Die klägerseits geforderte geteilte Streitwertfestsetzung (voller Streitwert mind. 100.000 €, Teilstreitwert für Kläger: 25.000 €) entsprechend § 12 Abs. 4 Satz 1 UWG, die gemäß § 5 UKlaG auch hier Anwendung findet, führt nicht zu einer Heraufsetzung des Streitwerts. Die Kammer teilt die Rechtsauffassung der Kläger nicht, dass unter der Neureglung des § 12 Abs. 4 UWG die „2.500 € pro Klausel“-Formel nicht mehr gelten soll.
Nachdem der von der Kammer festgesetzte Streitwert mit 35.000 € weit unter dem klägerseits geforderten vollen Streitwert von 100.000 € liegt, und den beantragten Teilstreitwert „nur“ um 10.000 € übersteigt, war kein Raum mehr für eine Streitwertanpassung nach § 12 Abs. 4 UWG. Anhaltspunkte dafür, dass durch die Belastung mit den Prozesskosten nach dem Streitwert von 35.000 € die wirtschaftliche Lage der Kläger erheblich gefährdet wäre, sind nicht erkennbar.

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