Aktenzeichen 9 AZR 132/18
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Köln, 9. März 2017, Az: 11 Ca 8029/16, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln, 1. Februar 2018, Az: 8 Sa 558/17, Urteil
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 1. Februar 2018 – 8 Sa 558/17 – aufgehoben, soweit es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 9. März 2017 – 11 Ca 8029/16 – bezogen auf die erhobenen Ansprüche aus den Monaten Mai, Juni und Juli 2016 zurückgewiesen und der Anschlussberufung der Beklagten stattgegeben hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten noch über die Höhe des tariflichen Urlaubsentgelts der Klägerin für die Monate Mai bis Juli 2016.
2
Die Klägerin ist seit dem 5. November 2007 für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin als Luftsicherheitsassistentin am Flughafen K tätig. Die Beklagte und die Klägerin, deren regelmäßige monatliche Arbeitszeit 160 Stunden beträgt, sind tarifgebunden. Die Klägerin ist in die Lohngruppe 17b des Lohntarifvertrags für Sicherheitsdienstleistungen in Nordrhein-Westfalen vom 5. Februar 2015 eingruppiert. Ihre Grundstundenvergütung betrug danach ab Januar 2016 16,00 Euro brutto.
3
Der Manteltarifvertrag für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen vom 4. September 2013 (MTV) regelt ua. Folgendes:
„§ 14
Arbeitszeitkonten
(1)
Im Rahmen der Regelung des § 13 (durchschnittliche Arbeitszeit) und § 15 wird ein Planungs-/Arbeitszeitkonto eingerichtet. Die Ausgestaltung dieses und eventueller anderer Arbeitszeitkonten ist im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zu regeln.
…
§ 15
Entgeltzahlung/Monatsentgelt
(1)
Es wird ein monatliches Regelentgelt gezahlt. Das monatliche Regelentgelt einer/eines Vollzeitbeschäftigten errechnet sich aus der der jeweiligen Tätigkeit zugrunde liegenden entgelttariflichen Stundengrundvergütung multipliziert mit der monatlichen Arbeitszeit nach § 13 dieses Manteltarifvertrages. …
(2)
… Die Zahlung muss unverzüglich, jedoch spätestens bis zum 15. des folgenden Monats auf dem Konto des/der Beschäftigten eingegangen sein.
…
§ 16
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
…
(3)
Krankheitstage, die gemäß EFZG Berücksichtigung finden, werden bei der Stundenwertstellung wie folgt berechnet:
Individuelle Gesamtstunden der letzten 12 Monate geteilt durch die individuellen geleisteten Arbeitstage der letzten 12 Monate = Stundenwertstellung.
…
§ 17
Urlaub
…
(2)
Der Erholungsurlaub des/der Beschäftigten, dessen durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt ist (Fünftagewoche), beträgt je Kalenderjahr
…
mit Beginn einer Betriebszugehörigkeit ab 5 Jahren
30 Arbeitstage.
Bei einer regelmäßigen Verteilung der Arbeitszeit im Kalenderjahr auf mehr oder weniger Arbeitstage pro Woche erfolgt eine entsprechende Umrechnung des Urlaubsanspruchs.
…
§ 18
Urlaubsentgelt
(1)
Im Urlaub wird das monatliche Regelentgelt gemäß § 15 dieses Manteltarifvertrages für die Dauer des Erholungsurlaubs fortgezahlt.
(2)
Für das über das monatliche Regelentgelt hinausgehende monatliche Bruttoarbeitseinkommen (inkl. Zeitzuschläge, Mehrarbeitsstunden, Entgeltumwandlung usw., jedoch ohne Einmalzahlungen) wird folgende Regelung getroffen:
Je Urlaubstag wird der Teiler entsprechend der tatsächlich geleisteten Arbeitstage der letzten zwölf abgerechneten Monate berücksichtigt, maximal jedoch 252 Arbeitstage.
(3)
Für die Stundenwertstellung gilt § 16 Ziff. 3 dieses Manteltarifvertrages entsprechend.
(4)
Für die Berechnung des über das Regelentgelt hinausgehenden monatlichen Bruttoeinkommens werden im zurückliegenden 12-Monats-Zeitraum nur die Kalendermonate berücksichtigt, in denen der Beschäftigte einen vollen Entgeltanspruch hatte.
…
§ 27
Ausschlussfristen
(1)
Sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen beiderseits drei Monate nach Fälligkeit. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis von oder gegen ausgeschiedene Beschäftigte erlöschen einen Monat nach Fälligkeit der Ansprüche, in dem das Arbeitsverhältnis endet, sofern sie nicht vorher unter Angabe der Gründe schriftlich geltend gemacht worden sind.
(2)
Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird.
…“
4
Die Beklagte gewährte der Klägerin im Mai 2016 an zwei Arbeitstagen, im Juni und im Juli 2016 an jeweils sechs Arbeitstagen Urlaub. In dieser Zeit führte sie für die Klägerin kein Planungs-/Arbeitszeitkonto iSd. § 14 Abs. 1 MTV. Sie rechnete die Vergütungsansprüche der Klägerin stundengenau unter Berücksichtigung des aktuellen Tariflohns zuzüglich etwaiger Mehrarbeitsvergütung, Zuschläge und Zulagen ab. Das Urlaubsentgelt ermittelte sie auf Grundlage des Stundenwerts nach § 18 Abs. 3 iVm. § 16 Abs. 3 MTV und berechnete es gemäß § 18 Abs. 1 MTV unter Berücksichtigung sämtlicher abgerechneter Stunden unter Einschluss der Mehrarbeits-, Urlaubs- und Entgeltfortzahlungszeiten. Unter Außerachtlassung von Einmalzahlungen stellte die Beklagte für die Berechnung des weiteren Urlaubsentgelts nach § 18 Abs. 2 MTV in den Dividenden sowohl die Zuschläge als auch die Zulagen, nicht jedoch die Mehrarbeitsvergütung ein. Als Divisor legte sie die Summe der Arbeitstage im Referenzzeitraum unter Einschluss der Urlaubs- und Krankheitstage zugrunde.
5
Mit Schreiben vom 28. Juli 2016 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung weiteren Urlaubsentgelts für Mai 2016 iHv. 35,23 Euro und für Juni 2016 iHv. 117,51 Euro auf. In ihrer Antwort kündigte die Beklagte an, den Sachverhalt zu prüfen und dann zu gegebener Zeit Kontakt mit der Klägerin aufzunehmen. Mit weiterem Schreiben vom 24. August 2016 verlangte die Klägerin die Zahlung weiteren Urlaubsentgelts für Juli 2016 iHv. 107,83 Euro.
6
Mit ihrer am 21. Oktober 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, für die Berechnung des weiteren Urlaubsentgelts nach § 18 Abs. 2 MTV sei das gezahlte Entgelt einschließlich der Mehrarbeitsvergütung ohne Einmalzahlungen, das sie im Referenzzeitraum erhalten habe, der Grundvergütung gegenüberzustellen. Der ermittelte Differenzbetrag sei durch die tatsächlich geleisteten Arbeitstage ohne Berücksichtigung von Urlaubs- und Krankheitstagen zu dividieren.
7
Die Klägerin hat – soweit für die Revision noch von Bedeutung – beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 260,57 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 35,23 Euro seit dem 1. Juni 2016, aus weiteren 117,51 Euro seit dem 1. Juli 2016 und aus weiteren 107,83 Euro seit dem 1. August 2016 zu zahlen.
8
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, im Streitfall müsse der Dividend nach § 18 Abs. 2 MTV ohne Berücksichtigung von Mehrarbeitsvergütung, der Divisor aber unter Einschluss von Urlaubs- und Krankheitstagen gebildet werden.
9
Das Arbeitsgericht hat der Klage unter Zulassung der Berufung iHv. 66,45 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer durch das Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.