Aktenzeichen W 1 K 16.1225
Leitsatz
1 In die zweijährige Wartezeit für die Ruhegehaltsfähigkeit der Besoldung aus dem letzten Amt (§ 5 Abs. 3 BeamtVG) sind Zeiten nicht einzurechnen, in denen der Beamte vor der letzten Beförderung bereits Aufgaben des höherwertigen Amts wahrgenommen hat (BVerwG BeckRS 2016, 46280). Erst recht ausgeschlossen ist die Anrechnung von Tätigkeiten außerhalb des eigentlichen Dienstverhältnisses. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Tätigkeiten als Major (A 13) und Oberstleutnant (A14/15) der Reserve sind keine dem Amt eines Postoberamtsrates (A 14) mindestens gleichwertigen Ämter, so dass diese Tätigkeiten bei der zweijährigen Wartezeit nicht zu berücksichtigen sind. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation – Deutsche Bundespost – vom 27. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2016 rechtmäßig ist und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neufestsetzung seiner Versorgungsbezüge (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Mit Bescheid vom 27. Juli 2016 wurden die Versorgungsbezüge des Klägers unter Beachtung des § 5 Abs. 3 BeamtVG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgesetzt.
Ist ein Beamter aus einem Amt in den Ruhestand getreten, das nicht der Eingangsbesoldungsgruppe seiner Laufbahn oder das keiner Laufbahn angehört, und hat er die Dienstbezüge dieses oder eines mindestens gleichwertigen Amtes vor dem Eintritt in den Ruhestand nicht mindestens zwei Jahre erhalten, so sind ruhegehaltsfähig nur die Bezüge des vorher bekleideten Amtes (§ 5 Abs. 3 BeamtVG). Grund dieser Regelung ist, dass sich der Beamte die Versorgung aus seinem letzten Amt durch eine bestimmte Dauer der Dienstleistung in diesem Amt erdienen muss (Wittmer in: Stegmüller/ Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, 123. AL. Sept. 2016, § 5 BeamtVG Rn. 14, 149).
Unter Eingangsbesoldungsgruppe ist die Besoldungsgruppe des Amtes zu verstehen, in die jemand nach dem geltenden Landesrecht zuerst eingewiesen wird (Reich, BeamtVG, § 5 Rn. 14; vgl. auch § 23 BBesG). Als Postinspektor trat der Kläger im gehobenen Dienst (jetzt: 3. Qualifikationsebene) in die Besoldungsgruppe A 9 ein. In den Ruhestand getreten ist er aus der Besoldungsgruppe A 13. Die Beförderung zum Postoberamtsrat (Besoldungsgruppe A 13) erfolgte jedoch erst mit Wirkung zum 1. Mai 2015, so dass mit dem Eintritt in den Ruhestand am 1. Juli 2016 die zweijährige Wartezeit nach § 5 Abs. 3 BeamtVG noch nicht erfüllt war.
Die Wehrdienstzeiten bei der Bundeswehr als Major (A 13) und als Oberstleutnant (A 14/15) sind im Rahmen der Zweijahresfrist nicht berücksichtigungsfähig.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.3.2016 – 2 C 2/15 – juris), der sich die Kammer anschließt, ist eine Anrechnungsregelung für Zeiten, in denen die Beamten vor der letzten Beförderung bereits die Aufgaben des höherwertigen Amts wahrgenommen haben, verfassungsrechtlich nicht geboten. Eine solche ist auch gesetzlich nicht (mehr) vorgesehen. Wenn aber schon die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben im Rahmen des eigentlichen Dienstverhältnisses nicht angerechnet wird, ist eine Anrechnung von höherwertigen Aufgaben im Rahmen einer Tätigkeit außerhalb des eigentlichen Dienstverhältnisses, wie hier der Tätigkeit als Major bzw. Oberstleutnant der Reserve, erst recht nicht berücksichtigungsfähig.
Die Tätigkeit als Major der Reserve bzw. Oberstleutnant der Reserve stellt zudem auch kein mindestens gleichwertiges Amt dar. Zwar erfasst i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 1 BeamtVG diese Vorschrift grundsätzlich auch die Zeit, während der ein Beamter früher aus einem gleichwertigen Dienstgrad als Soldat Dienstbezüge erhalten hat, da im Besoldungsbereich der Dienstgrad eines Soldaten dem Amt eines Beamten gleichsteht, gem. § 16 BBesG (Wittmer in: Stegmüller/ Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, 123. AL. Sept. 2016, § 5 Rn. 175). Da der Kläger während der Wehrübungen mindestens dasselbe Endgrundgehalt wie als Postoberamtsrat erhält, läge damit an sich Gleichwertigkeit vor.
Allerdings erfordert die Berücksichtigung der Zeit in einem (besoldungsmäßig) gleichwertigen Amt einen sachlichen und in der Regel auch zeitlichen Zusammenhang zwischen dem gleichwertigen Amt und dem nachfolgenden Beförderungsamt (BVerwG, U.v. 22.9.1993 – 2 C 8/92 – juris). Voraussetzung der Versorgung nach Maßgabe des letzten Amtes ist somit ein gesetzlich festgelegtes Mindestmaß an nachhaltiger, diesem Amt entsprechender Dienstleistung. Diese Voraussetzung kann durch die Wahrnehmung mehrerer gleichwertiger Ämter dann erfüllt werden, wenn sich die Wahrnehmung des späteren Amtes aufgrund eines in der Regel schon zeitlichen, jedenfalls aber sachlichen Zusammenhangs jeweils als Fortsetzung der Wahrnehmung des gleichwertigen früheren Amtes darstellt. Im vorliegenden Fall besteht weder ein zeitlicher noch ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Klägers als Reservist der Bundeswehr und seiner Beförderung in das letzte Amt als Postoberamtsrat. Der Kläger stellt, um die fehlenden zehn Monate zu erreichen, auf den Zeitraum vom 27. Juni 1996 bis zum 1. Juli 2016 ab. Zwar normiert § 5 Abs. 3 BeamtVG nicht, dass die Zweijahresfrist aus einem zusammenhängenden Zeitraum bestehen müsse. Dienstleistungen, die vor langer Zeit abgeleistet wurden, können jedoch nicht mehr im zeitlichen Zusammenhang mit der jetzigen Beförderung zum Postoberamtsrat stehen. Auch ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Dienst bei der Bundeswehr und dem Dienst bei der Deutschen Bundespost bzw. Deutschen Telekom AG ist nicht erkennbar. So wird in der Rechtsprechung der sachliche Zusammenhang zwischen Polizeidienst im Bundesgrenzschutz und der Tätigkeit als Obersekretär im Justizvollzugsdienst als sachlich nicht zusammenhängend angesehen wird (vgl. BVerwG, U.v. 22.9.2013 – 2 C 8/92 – juris). Deshalb besteht erst Recht kein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit als Postoberamtsrat und als Reservist der Bundeswehr. Hierzu hat der Kläger auch nichts vorgetragen. Dass der Kläger während den Wehrübungen von seinen beruflichen Pflichten entbunden war, reicht für den Sachzusammenhang nicht aus.
Da die Zweijahresfrist mit dem Zeitpunkt der Einweisung in die Planstelle beginnt (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Stand: Aug. 2016, § 5 BeamtVG Rn. 165; Reich, BeamtVG, § 5 Rn. 14), der Kläger als Reservist bei der Bundeswehr jedoch keine Planstelle innehat, sind auch aus diesem Grund die Wehrdienstzeiten als nicht berücksichtigungsfähig einzustufen.
Auch aus § 7 Abs. 7 ArbPlSchG ergibt sich nichts anderes. Nach § 7 Abs. 7 ArbPlSchG dürfen dem Beamten aus der Abwesenheit, die durch den Wehrdienst veranlasst war, keine dienstlichen Nachteile entstehen. Dienstliche Nachteile sind hier dem Kläger jedoch auch nicht entstanden. Der Lauf der Zweijahresfrist wurde nicht anlässlich der Wehrübungen ausgesetzt. Sonstige Nachteile, die sich aus dem Wehrdienst ergeben haben könnten, sind hier nicht ersichtlich. § 7 Abs. 7 ArbPlSchG ordnet nicht an, dass dem Beamten aufgrund der Wehrübungen Vorteile gegenüber anderen Kollegen zuerkannt werden müssten. Auch aus dieser Vorschrift kann sich daher die Anerkennung der Wehrdienstzeiten auf die Zweijahresfrist nicht ergeben.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.