Aktenzeichen M 5 K 16.2752
Leitsatz
1. Mehrarbeit ist vom Dienstherrn grundsätzlich innerhalb eines Jahres durch Dienstbefreiuung auszugleichen und danach in Form einer Vergütung abzugelten, so dass außerhalb dieses Zeitraums Fälle nicht abgewickelter Mehrarbeit nicht entstehen sollen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Wenn ein anspruchsberechtigter Beamter im zeitlichen Zusammenhang für einen Einsatz eine Dienstbefreiung erhält und gleichzeitig im Hinblick auf die Geltendmachtung weitergehender Ansprüche untätig bleibt, kann der Dienstherr im Rahmen des besonderen beamtenrechtlichen Pflichtenverhältnisses berechtigterweise annehmen, dass der Beamte auch künftig diesbezügliche Ansprüche nicht geltend machen wird. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die zunächst vor Ablauf der Dreimonatsfrist erhobene Klage ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung als Untätigkeitsklage in Form einer Verpflichtungsklage gemäß § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Die Klage ist aber unbegründet.
Die Unterlassung des von der Klägerin begehrten weiteren Freizeitausgleichs für die Einsätze bei der Fußball Europameisterschaft sowie zur Sicherung des „Castor-Transports“ jeweils im Jahr 2008, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Gemäß Art. 80 Abs. 2 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der bis 31. März 2008 geltenden Fassung (danach nach der inhaltsgleichen Regelung des Art. 87 Abs. 2 BayBG) haben Beamte bei einer dienstlich angeordneten oder genehmigten und mehr als 5 Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Mehrarbeit innerhalb eines Jahres Anspruch auf entsprechende Dienstbefreiung. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können an ihrer Stelle Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
Ein nach dieser Vorschrift in Betracht kommender (weitergehender) Anspruch der Klägerin ist verwirkt.
a) Der Rechtsgedanke der Verwirkung – der von Amts wegen zu prüfen ist – ist als Unterfall des Grundsatzes von Treu und Glauben auch im öffentlichen Recht einschließlich des Beamtenrechts anwendbar. Die Annahme der Verwirkung setzt ein bestimmtes Verhalten des Berechtigten voraus, das geeignet ist, beim anderen Teil die Vorstellung zu begründen, dass Recht werde nicht mehr geltend gemacht werden. Außerdem wird eine Verletzung oder Gefährdung berechtigter Interessen des anderen Teils gefordert, etwa weil dieser sich auf die vom Berechtigten erweckte Erwartung, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht, einrichten durfte und eingerichtet hat (BVerwG, B.v. 29.10.2008 – 2 B 22/08 – juris).
Für Ansprüche auf Vergütung geleisteter Mehrarbeit hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus dem von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägten Verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn die Pflicht abgeleitet, dass er anlässlich vom Dienstherrn anerkannter Überzeiten und auf dieser Basis erfolgter Gewährung von Freizeitausgleich darauf hinzuweisen hat, dass nach seiner Meinung für den fraglichen Zeitraum noch weitere Ansprüche wegen Mehrarbeit bestehen, so er solche geltend machen will (BayVGH B.v. 5.10.2016 – 3 ZB 14.2462 – juris Rn. 9 unter Hinweis auf B.v. 23.11.1982 – 3 B 82 A.1793 – ZBR 1983, 152). Denn nach der Gesetzessystematik ist Mehrarbeit im genannten Sinne vom Dienstherrn grundsätzlich innerhalb eines Jahres durch Dienstbefreiung auszugleichen und danach in Form einer Vergütung abzugelten, so dass außerhalb dieses Zeitraums Fälle nicht abgewickelter Mehrarbeit nicht entstehen sollen. Dieses gesetzgeberische Ziel führt im Rahmen des besonderen beamtenrechtlichen Pflichtenverhältnisses zu der schützenswerten Annahme des Dienstherrn, ein gegebenenfalls anspruchsberechtigter Beamter werde, wenn er im zeitlichen Zusammenhang für einen Einsatz eine Dienstbefreiung erhält, dann aber untätig bleibt und keine weitergehenden Ansprüche geltend macht, auch künftig keine diesbezüglichen Ansprüche geltend machen.
b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin erstmals im November 2011 weitergehende Ansprüche auf Dienstbefreiung an den Dienstherrn herangetragen, obwohl dieser noch im Jahr 2008 über die diesbezüglich zu gewährende Dienstbefreiung entschieden hat (siehe Aktenvermerk vom … November 2008). Zu diesem Zeitpunkt waren in Betracht kommende Ansprüche nach vorstehenden Maßstäben ersichtlich verwirkt, weil der Dienstherr zu diesem Zeitpunkt keinesfalls noch mit der Geltendmachung entsprechender Ansprüche rechnen musste.
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).