Arbeitsrecht

Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Versetzungsklausel

Aktenzeichen  3 Ca 532/16

Datum:
13.12.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 130497
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 305c Abs. 2, § 307

 

Leitsatz

Eine Klausel, nach der sich der Arbeitnehmer verpflichtet „im Bedarfsfall auf Anweisung“ „auch eine andere ihm zumutbare Arbeit zu übernehmen“ ist als unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB unwirksam, da sie nicht gewährleistet, dass die Anweisung eine mindestens gleichwertige Tätigkeit zum Gegenstand haben muss. Dies gilt auch, wenn „eine Lohnminderung damit jedoch nicht verbunden sein“ darf. (Rn. 32)

Verfahrensgang

3 Ca 532/16 2016-12-13 Urt ARBGBAYREUTH ArbG Bayreuth

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth – Kammer Hof – vom 13.12.2016, Az. 3 Ca 532/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A. Die Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist statthaft, § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.
B. Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben. Auf die wohl abgewogenen und ausführlichen Entscheidungsgründe des Ersturteils wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG verwiesen und von einer lediglich wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Parteien sind lediglich folgende Ausführungen veranlasst:
I.
Die Klage ist zulässig.
Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Klage sich nicht auf das ganze Arbeitsverhältnis bezieht. Sie kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG vom 21.07.2009 – 9 AZR 279/08 Rdnr. 18, vom 13.03.2007 – 9 AZR 417/06 Rdnr. 24).
Auch das notwendige besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Zwar ist die streitgegenständliche Versetzung durch die neuerliche Versetzung vom Januar 2007 und die ausgesprochene Änderungskündigung inzwischen aufgehoben. Gerade diese neuerliche Versetzung zeigt aber, dass sich die Beklagte weiterhin auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Versetzungsklausel berufen möchte und entsprechend agiert. Das Arbeitsverhältnis besteht fort. Weitere Versetzungen unter Berufung auf das arbeitsvertraglich vorbehaltene Versetzungsrecht sind nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat ein Interesse daran, dass geklärt wird, ob die Beklagte arbeitsvertraglich berechtigt ist, dem Kläger andere Tätigkeiten als die eines Betriebselektrikers zuzuweisen.
II.
Die Klage ist auch begründet. Dies hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung zu Recht entschieden. Auch das Landesarbeitsgericht ist der Auffassung, dass die Versetzungsklausel nicht hinreichend klar erkennen lässt, wo die Grenze für eine Inhaltsveränderung der arbeitsvertraglichen Leistungspflicht des Arbeitnehmers liegt. Mit dem Begriff der Zumutbarkeit wird nicht nur die Zuweisung einer gleichwertigen Tätigkeit gesichert. Dieser Begriff ist nach seinem Inhalt weiter und kann für den Einzelfall auch eine geringerwertige Tätigkeit umfassen (vgl. BAG 09.05.2006 – 9 AZR 424/05 zur Klausel: „Falls erforderlich, kann H (Anm. = Arbeitgeber) nach Abstimmung der beiderseitigen Interessen Art und Ort der Tätigkeit des/der Angestellten ändern“). Dabei ist unerheblich, dass nach Ziffer 1 Satz 3 des Arbeitsvertrages durch die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes eine Lohnminderung nicht verbunden sein darf. Eine solche Klausel bedeutet nicht, dass die Tätigkeit als solche gleichwertig sein muss, sondern kann ebenso gut eine reine Besitzstandsregelung beinhalten. Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen jedoch zu Lasten des Verwenders, hier also der Beklagten (§ 305 c Abs. 2 BGB).
Soweit die Beklagte in der Berufung geltend machen möchte, dass die bisherige Tätigkeit des Klägers als Betriebselektriker sich zum Teil mit seiner neu zugewiesenen Tätigkeit in der Dreherei decken würde, so ist dieser Einwand nicht nachvollziehbar. Die Beklagte führt ausdrücklich aus, dass sie den Kläger nicht mehr als Betriebselektriker beschäftigen könne da er auf Dauer wegen des fehlenden Nachweises der Höhentauglichkeit als solcher nicht eingesetzt werden könne, die Beklagte andererseits nur zwei Betriebselektriker im Schichtdienst beschäftige und der Ausfall eines Betriebselektrikers im Extremfall Maschinenstillstand bedeuten könne. Damit will die Beklagte den Kläger gerade nicht mehr als Betriebselektriker, auch nicht zum Teil, beschäftigen. Dass die Tätigkeit als Maschinenbediener in der Dreherei nicht dem Berufsbild eines Betriebselektrikers entspricht, wie es arbeitsvertraglich vereinbart ist, liegt auf der Hand.
Nach alledem brauchte auch der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob – was streitig ist – die dem Kläger in der Dreherei zugewiesene Arbeit tatsächlich der eines Betriebselektriker gleichwertig ist oder ob sie nur reine Hilfstätigkeiten umfasste. Ebenso kann offen bleiben, ob die Beklagte ihr Direktionsrecht im Rahmen billigen Ermessens ausgeübt hätte.
I.
C. Die Beklagte hat die Kosten ihres unbegründeten Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
II.
Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

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