Aktenzeichen 5 Sa 153/16
ArbGG § 64 Abs. 6, § 72 Abs. 2 Ziff. 2
ZPO § 97 Abs. 1
MTV § 1 Nr. 3 II Buchst. d
Leitsatz
1. Die Vertragsauslegung ergibt nach der neuen Rechtsprechung des BAG (25.4.2018, 5 AZR 84/18) die Vereinbarung einer AT-Stellung und damit einen Anspruch des Klägers auf eine Vergütung, die mindestens den Tarifabstand wahrt. Nach der zurückverweisenden Entscheidung des BAG ist auch bei nicht tarifgebundenen Parteien vor allem der Wortlaut des Arbeitsvertrages zugrunde zu legen. Mit der Vereinbarung einer AT-Stellung – auch ohne weitere Anhaltspunkte für den weitreichenden Bindungswillen – ist die gleichzeitige Vereinbarung einer Vergütung verbunden, die dynamisch den Tarifabstand zu dem bei Abschluss des Arbeitsvertrages im Unternehmen angewendeten Tarifvertrag in seiner aktuallen Fassung wahrt (dynamische Ewigkeitsklausel).
2. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie ist so auszulegen, dass die Berechnung der den Tarifabstand wahrenden Bruttovergütung gem. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV (Jahreseinkommen) zu erfolgen hat, wenn das Abstandsgebot nicht bereits durch das garantierte Monatsentgelt gem. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV eingehalten wurde (BAG 03.09.2014, 5 AZR 1020/12).
3. Der Anspruch auf eine Vergütung, die den tariflichen Mindestabstand wahrt, wird frühestens mit dem Zeitpunkt fällig, in dem ein AT-Mitarbeiter in der Lage ist seinen Anspruch annähernd zu beziffern. Die zweistufige Prüfung des Tarifabstands nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 und 2 MTV, bei der für den Fall, dass der AT-Mitarbeiter keine monatliche Vergütung erhält, die den Tarifabstand nach Unterabs. 1 wahrt, alle außertariflichen Vergütungsansprüche einschließlich solcher aus Betriebsvereinbarung in die Berechnung der Jahresvergütung mit einzubeziehen sind, führt zu einer Fälligkeit des Anspruchs auf Wahrung des Tarifabstands erst am Jahresende mit Bekanntwerden der Höhe des Jahreseinkommens.
Verfahrensgang
26 Ca 2612/15 2015-12-10 Urt ARBGMUENCHEN ArbG München
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts B-Stadt vom 10.12.2015, Az.: 26 Ca 2612/15 abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 6.241,48 brutto nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen:
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat für das Jahr 2014 einen Anspruch auf weitere Vergütung mindestens in der geltend gemachten Höhe von € 6.241,4830 brutto zzgl. Zinsen zur Wahrung des vertraglich vereinbarten Mindestabstands für AT-Angestellte gem. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) d des Manteltarifvertrags für Angestellte der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (MTV). Deshalb war das erstinstanzliche Urteil entsprechend abzuändern und der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
I.
1. Aufgrund der zurückverweisenden Revisionsentscheidung des BAG vom 25.4.2018, 5 AZR 84/17 steht fest, dass dem Kläger dem Grunde nach aus dem in § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV enthaltenen Mindestabstandsgebot für AT-Angestellte in Verbindung mit der vertraglichen Ernennung zum AT-Angestellten ein Individualanspruch auf eine entsprechende Gehaltshöhe zusteht.
Nach der Entscheidung des BAG ist der im Jahr 2009 mit dem Kläger neu begründete Arbeitsvertrag dem Vertragswortlaut folgend so auszulegen, dass der Status eines AT-Angestellten vereinbart wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt -wie hier der Fall – oder nicht. Ein besonderer Rechtsbindungswille des Arbeitgebers ist auch bei fehlender beiderseitiger Tarifbindung ebenso wenig erforderlich, wie eine Ernennung zum AT-Angestellten aus einem laufenden Arbeitsverhältnis heraus. Genügend ist, dass das Arbeitsverhältnis an sich vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst wird. Hiervon ist das BAG vorliegend ausgegangen, ohne dies näher zu definieren.
Das BAG ist in der Folge zu dem Ergebnis gelangt, dass im vorliegenden Fall ein AT-Arbeitsvertrag begründet worden ist und dies gleichzeitig die Vereinbarung einer Tarifabstandsklausel bedeutet, die dynamisch fortwirkt und daher als dynamische Ewigkeitsklausel bezeichnet werden kann. Diese beinhaltet einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer garantierten Vergütung, die mindestens den Tarifabstand zu dem jeweils aktuell geltenden, vereinbarten Tarifvertrag wahrt. Da der Arbeitsvertrag keinen Hinweis auf eine Abhängigkeit der Tarifabstandsvereinbarung von einer (künftigen) Tarifgebundenheit des Arbeitgebers enthält, hat die Vereinbarung unabhängig von den zwischenzeitlich erfolgten Betriebsübergängen für das laufende Arbeitsverhältnis Bestand. Zu entscheiden ist nachfolgend nur noch die Frage der Berechnung des weiteren Vergütungsanspruchs und die Wahrung der Ausschlussfrist nach Nr. 9 der Allgemeinen Vertragsbestandteile.
2. Für die Berechnung des weiteren Vergütungsanspruchs des Klägers ist auf die Regelung in § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV abzustellen. Danach steht dem Kläger der Anspruch auf ein festes Jahreseinkommen zu, das den zwölffachen Tarifsatz der höchsten Entgeltgruppe um 35% übersteigt. Hierfür ist der auf die Wochenarbeitszeit des Klägers von 40 Stunden umgerechnete zwölffache Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) multipliziert mit dem Faktor 1,35 abzugleichen mit dem garantierten Jahreseinkommen des Klägers.
2.1 Die Tarifabstandsregelung des MTV ist dahingehend auszulegen, dass im streitgegenständlichen Fall die Berechnung der dem Kläger mindestens zustehenden Bruttovergütung gem. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV zu erfolgen hat, da das Abstandsgebot nicht bereits durch das garantierte Monatsentgelt gem. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV eingehalten wurde.
Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Tarifbestimmung ist das Abstandsgebot bereits nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV eingehalten, wenn das in Monatsbeträgen zugesagte, garantierte Entgelt den Mindestabstand nach Unterabs. 1 wahrt. Erst wenn dies nicht der Fall ist und dem Angestellten als garantiertes Jahreseinkommen neben dem in Monatsbeträgen zu zahlenden Entgelt weitere, nicht im Monatsturnus zu erbringende Leistungen zugesagt sind, ist der Mindestabstand nach Unterabs. 2 einzuhalten. Nicht entscheidend ist, ob die Arbeitsvertragsparteien eine Monatsvergütung oder ein Jahreseinkommen vereinbart haben (BAG 03.09.2014 – 5 AZR 1020/12).
2.1.1 Für die Auslegung von Tarifnormen ist genauso, wie für die Auslegung von Gesetzesnormen zunächst vom Wortlaut auszugehen. Außerdem ist über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, wie er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen. Für die bei Zweifeln darüber hinaus mögliche Heranziehung weiterer Auslegungskriterien (Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages) gibt es keinen Zwang zu einer bestimmten Reihenfolge (BAG 14.08.1991, 4 AZR 649/90 und BAG 12.09.1984, 4 AZR 336/82, NZA 1985, 160).
2.1.2 Der Wortlaut der tariflichen Abstandsklausel spricht gegen die Annahme, der Tarifvertrag stelle rein formal darauf ab, ob arbeitsvertraglich eine Monatsvergütung oder ein Jahreseinkommen vereinbart wurde. § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. d MTV bezieht sich in Unterabs. 1 und Unterabs. 2 gleichermaßen auf das monatliche Entgelt bzw. Jahreseinkommen, das „auf außertariflicher Grundlage“ zugesagt und garantiert ist. Erfasst sind damit nicht nur Leistungen, deren Zahlung und Zahlungsmodalitäten arbeitsvertraglich vereinbart ist, sondern alle, auf die auf „nicht tariflicher“ Grundlage ein Anspruch besteht. Dies können z.B. Entgeltansprüche aus Betriebsvereinbarungen sein, deren Zahlweise die Betriebspartner bestimmen, oder aus Gesamtzusagen, deren Zahlungsbedingungen der Arbeitgeber festlegt. Dies ergibt sich auch aus der Historie der Norm (BAG 03.09.2014, 5 AZR 1020/12, Rn 16f). Die Verwendung der Begriffe „monatliches Entgelt“ und „Jahreseinkommen“ steht dieser Auslegung nicht entgegen. Die Tarifvertragsparteien haben hiermit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass bei der Prüfung, ob der einzuhaltende Mindestabstand gewahrt ist, eine auf das monatlich zu zahlende Entgelt oder eine auf das Jahreseinkommen bezogene Betrachtung vorzunehmen ist (BAG 03.09.2014, 5 AZR 1020/12, Rn 18).
2.1.3 Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine solche Differenzierung. Der Zweck tariflicher Abstandsregelungen ist es, durch das Anknüpfen an einen Mindestabstand des dem außertariflichen Angestellten zugesagten Entgelts zum höchsten tariflichen Entgelt eine Kompensation für die mit dem AT-Status verbundene Preisgabe tariflicher Rechte zu schaffen. Hierfür ist die Höhe des dem außertariflichen Angestellten als Ausgleich zugesagten Entgelts entscheidend und nicht, ob die Arbeitsvertragsparteien ein Monatsentgelt oder ein Jahreseinkommen vereinbart haben. Dass die Tarifvertragsparteien entscheidend auf die Höhe der Vergütung abgestellt haben, wird durch die Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV bestätigt. Entsprechend der darin enthaltenen Definition des „garantierten“ Monatsentgelts bzw. Jahreseinkommens i.S.v. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV ist Entgelt nur zu berücksichtigen, wenn der Anspruch auch der Höhe nach nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung änderbar ist (BAG 03.09.2014, 5 AZR 1020/12, Rn 20). Der Kompensationszweck des tariflichen Abstandsgebots spricht auch dagegen anzunehmen, bei der Berechnung des tariflichen Mindestabstands nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV sei Unterabs. 1 nur zugrunde zu legen, wenn dem Angestellten ausschließlich ein monatliches Entgelt zugesagt ist und Unterabs. 2 schon dann, wenn zusätzlich zu monatlichen Zahlungen weitere außerhalb des Monatsturnus zu erbringende Leistungen zugesagt sind. Vielmehr ist Unterabs. 2 nur anzuwenden, wenn nicht bereits mit dem in Monatsbeträgen zugesagten, garantierten Entgelt der Mindestabstand nach Unterabs. 1 gewahrt ist und dem Angestellten neben dem garantierten monatlichen Entgelt weitere Entgeltbestandteile zugesagt sind (BAG 03.09.2014, 5 AZR 1020/12, Rn 21).
2.1.4 Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend für die Berechnung auf § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV maßgebend. Die dem Kläger garantierte monatliche Vergütung wahrt unstreitig nicht das Abstandsgebot nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV. Zudem ist im Arbeitsvertrag außer dem Monatsgehalt ein Anspruch auf eine Beteiligung am Geschäftserfolg (BaG) vereinbart, so dass in die Berechnung alle auf außertariflicher Grundlage zugesagten Leistungen mit einzubeziehen sind. Zu diesen Zahlungen ist im Jahr 2013 eine als Sonderzahlung bezeichnete Tarifabstandszahlung hinzugekommen. Die BaG und die Sonderzahlung beeinflussen die Höhe der Vergütung und beruhen auf einer außertariflichen Grundlage. Unerheblich ist, ob der Anspruch auf einer arbeitsvertraglichen Grundlage beruht oder auf einer Betriebsvereinbarung oder anderen Rechtsgrundlage. Daher ist für die Berechnung des Anspruchs auf eine Vergütung, die den tariflichen Mindestabstand wahrt, auf das garantierte Jahreseinkommen abzustellen.
2.2 Die vom Kläger geltend gemachte Höhe der Vergütungsforderung von € 6.241,4830 brutto ist berechtigt.
Der Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) betrug bis zum 30.04.2014 monatlich € 5.035,00 brutto bezogen auf die tarifliche Arbeitszeit von 35 Stunden, was umgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche € 5.754,29 brutto im Monat ergibt. Ab 01.05.2014 betrug der Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) € 5.146,00 brutto bei der tariflichen Arbeitszeit von 35 Stunden und umgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche € 5.881,14 brutto. Der Tarifabstand ist damit ab einer garantierten Bruttojahresvergütung von mindestens € 94.589,48 gewahrt.
Der Kläger hat im Jahr 2014 € 88.348,20 brutto erhalten zuzüglich einer Gewinnbeteiligung (BaG) von € 4.708,20 brutto. Für die Berechnung seiner Klageforderung hat der Kläger die Gewinnbeteiligung mit einberechnet und ist deshalb von einer Differenzforderung in Höhe von € 6.241,48 brutto ausgegangen. Nach dem Vortrag der Beklagten ist die BaG in einer Betriebsvereinbarung geregelt und es besteht z.B. bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten kein Anspruch auf diese Zahlung. Daher ist durchaus fraglich, ob es sich bei der BaG um den Teil einer garantierten Jahresvergütung i.S. des MTV handelt, oder nicht. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Kläger jedenfalls in der Höhe der von ihm geltend gemachten Forderung einen Zahlungsanspruch hat.
2.3 Der geltend gemachte Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz besteht für Vergütungsansprüche gem. § 288 Abs. 1 i.V.m. §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 2, 614 BGB regelmäßig ab dem Ende des Zeitraums, für den die Vergütung zu zahlen ist und damit ab 01.01.2015.
3. Der Forderung des Klägers steht die Ausschlussfrist nicht entgegen. Da für die Berechnung des Tarifabstands die Jahresvergütung maßgebend ist und diese erst mit der Dezemberabrechnung feststand, hat der Kläger mit der Geltendmachung seines Anspruchs durch Schreiben vom 15.01.2015 und Klageerhebung am 9.03.2015 die in Ziff. 9 der Allgemeinen Vertragsbestandteile geregelte Ausschlussfrist für den für das Jahr 2014 geltend gemachten Anspruch in beiden Stufen gewahrt.
3.1 Nach Ziff. 9 der Allgemeinen Vertragsbestandteile verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden, bzw. in der zweiten Stufe, wenn die Gegenpartei den Anspruch ablehnt oder sie sich nicht binnen zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs erklärt, wenn die Ansprüche nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden.
Maßgeblich ist daher zunächst die Fälligkeit des klägerischen Anspruchs auf eine Vergütung, die den tariflichen Mindestabstand wahrt. Mangels einer konkreten Bestimmung der Fälligkeit dieses Anspruchs kann nach der Rechtsprechung des BAG die Frist frühestens mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnen, in dem der Kläger in der Lage war, seinen Anspruch annähernd zu beziffern (BAG 17.10.1974 – 3 AZR 4/74, BAG 18.2.2016 – 6 AZR 628/14, jeweils zitiert nach juris).
3.2 Da vorliegend die monatliche Vergütung den Tarifabstand nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV nicht wahrt, war darauf abzustellen, wann dem Kläger sein ihm zustehendes Jahreseinkommen bekannt war (s. Ziff. 2 der Entscheidungsgründe). Die zweistufige Prüfung des Tarifabstands nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 und 2 MTV spricht deshalb dafür, dass bei einer für den Tarifabstand zu niedrigen, monatlichen Vergütung der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung immer erst am Jahresende mit Bekanntwerden der Höhe des Jahreseinkommens entsteht und fällig wird.
3.3 Für eine Fälligkeit zum Jahresende spricht auch die bei der Beklagten geltende Vergütungsstruktur und deren Handhabung. Arbeitsvertraglich war vereinbart, dass sich die Vergütung des Klägers aus einer Monatsvergütung und der Gewinnbeteiligung zusammensetzt. Bis zum Jahr 2012 hat der Kläger unstreitig eine Vergütung erhalten, die den Tarifabstand wahrt. Für das Jahr 2013 zahlte die Beklagte erstmals an den Kläger mit der Dezemberabrechnung eine als Sonderzahlung bezeichnete Tarifabstandszahlung, wie dies bei anderen vergleichbaren Mitarbeitern schon in den Vorjahren gehandhabt wurde, soweit der Tarifabstand bei ihnen unterschritten war. Der Kläger konnte nach dieser bei der Beklagten üblichen Handhabung also erst mit der letzten Jahresabrechnung im Dezember eines Jahres beurteilen, ob er für dieses Jahr eine Vergütung erhalten hat, die dem Tarifabstand entspricht.
Zudem sind für die Berechnung des Tarifabstands nach dem MTV alle auf außertariflicher Grundlage zugesagten Leistungen mit einzubeziehen. Die BaG war in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Der Anspruch unterlag damit etwaigen Änderungen der Betriebsparteien. Die Betriebsparteien haben auch immer wieder Regelungen zum Tarifabstand getroffen. Die entsprechende Regelungsabrede für das Jahr 2013 wurde beispielsweise erst im Dezember 2013 abgeschlossen. Daher ergibt sich unabhängig von einer bereits aus der Auslegung des MTV folgenden Fälligkeit am Jahresende auch deswegen eine Fälligkeit erst mit der Dezembervergütung, die bis zum 31.12.2014 zu zahlen war.
3.4 Die Geltendmachung durch den Kläger mit Schreiben vom 15.01.2015 wahrt damit unabhängig von dem exakten Datum des Zugangs die erste Stufe der tariflichen Ausschlussfrist gem. Ziff. 9 der Allgemeinen Vertragsbestandteile und die Klageerhebung am 9.03.2015 – nach Ablehnung des Anspruchs durch die Beklagte mit Schreiben vom 30.01.2015 – die zweite Stufe der Ausschlussfrist.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.
III.
Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG zuzulassen, da die Berechnung und die Fälligkeit einer Vergütung, die den Tarifabstand nach dem MTV wahrt, von grundsätzlicher Bedeutung ist und das BAG in der zurückverweisenden Entscheidung diesbezüglich seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2014 (BAG 03.09.2014, 5 AZR 1020/12) nicht zugrunde gelegt hat, so dass diese Rechtsfragen nicht als endgültig geklärt angesehen werden können.