Arbeitsrecht

Zu Anwaltskosten im Rechtsmittelverfahren als notwendige Parteiaufwendungen

Aktenzeichen  RO 12 M 17.1976

Datum:
23.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143633
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 162 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Jedenfalls dann, wenn der Beklagte bereits im erstinstanzlichen Verfahren von einem Anwalt vertreten war, besteht auch Veranlassung, sich bei einer vom Rechtsmittelgericht veranlassten Anhörung anwaltlicher Hilfe zu bedienen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die einseitige Bitte, sich in einem zunächst nur fristwahrend angestrengten Rechtsmittelverfahren nicht anzuzeigen, führt nicht zu einer Vereinbarung, die der Geltendmachung der Anwaltskosten entgegenstehen könnte. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Klägerin.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
In dem gerichtlichen Verfahren RN 12 K 16.1254 wurde die von der Klägerin am 24.12.2007 erhobene Klage mit Urteil vom 17.1.2017 abgewiesen. Die Beklagte ist in diesem Verfahren und auch in einem vorangegangenen Klageverfahren sowie in Parallelverfahren von einem Anwalt vertreten worden. Die Klägerin hat gegen das Urteil Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Nachdem dieser zurückgenommen worden ist, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4.8.2017 (Az. 15 ZB 17.1316) das Verfahren eingestellt und die Kosten des Zulassungsverfahrens der Klägerin auferlegt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 21.8.2017 machte der Beklagtenvertreter die Kosten der Beklagten geltend. Aufgeführt wurden Anwaltskosten, darunter 1,6 Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV-RVG). Auf Hinweis des Kostenbeamten, dass wegen vorzeitiger Beendigung des Auftrags lediglich 1,1 Verfahrensgebühr angefallen sei, wurde der Kostenfestsetzungsantrag entsprechend geändert. Im Ergebnis wurden Kosten in Höhe von 2.815,90 € geltend gemacht.
Schon gegen den ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag hat die Klägerseite geltend gemacht, dass die Beauftragung eines Anwalts nicht erforderlich gewesen sei, da sie dem Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 4.7.2017 mitgeteilt habe, dass der Zulassungsantrag zunächst lediglich zur Fristwahrung gestellt worden sei und ihn darum gebeten habe, sich nicht zu bestellen, bis eine Begründung des Antrags erfolgt sei.
Der Beklagtenvertreter hat dazu erwidert, dass eine Partei nicht nur berechtigt, sondern gehalten sei, sich in einem Zulassungsverfahren durch einen Anwalt vertreten zu lassen.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.10.2017 die erstattungsfähigen Kosten wie zuletzt beantragt festgesetzt. Auf die Begründung des Kostenfestsetzungsbeschlusses wird verwiesen.
Mit am 24.10.2017 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat der Bevollmächtigte der Klägerin die Entscheidung des Gerichts beantragt mit dem Ziel, dass die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten verneint wird.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle half der Erinnerung nicht ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren RO 12 K 16.1254 Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung ist gemäß §§ 165, 151 VwGO statthaft, aber unbegründet. Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.10.2017 sind zu Recht die geltend gemachten Anwaltskosten festgesetzt worden.
Die Anwaltskosten waren notwendige Parteiaufwendungen i.S.v. § 162 Abs. 1 VwGO. Soweit die Klägerseite auf die Kommentierung bei Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 162 Rdnr. 3 verweist, wo ausgeführt wird, dass im Rechtsmittelverfahren in der Regel kein Anlass besteht sich vor einer vom Rechtsmittelgericht veranlassten Anhörung anwaltlicher Hilfe zu bedienen, kann offen bleiben, ob dieser Ansicht grundsätzlich zu folgen ist. Jedenfalls treffen sowohl diese Kommentarstelle als auch die beiden zitierten Entscheidungen (OVG Sachsen-Anhalt, E. v. 22.9.2010 – Az. 1 O 128/10 und BayVGH, E. v. 11.10.2001 – Az. 8 ZB 01.1789) diese Aussage mit der Einschränkung „in der Regel“. Ein solcher Regelfall liegt hier nicht vor. Vielmehr war es hier so, dass die Beklagte schon im erstinstanzlichen Verfahren durch einen Anwalt vertreten war. Schon deshalb war es nicht unangemessen, dass sie diesem auch die Entscheidung über notwendige Verfahrenshandlungen in der zweiten Instanz überlassen hat. Dazu kommt, dass sich in der mündlichen Verhandlung in diesen und in den Parallelverfahren ergeben hat, dass aufgrund der Dauer des gerichtlichen Verfahrens und dem in dieser Zeit stattgefundenen Personalwechsel bei der Beklagten Sachkunde zu dem Verfahren bei der Beklagten selbst nicht mehr vorhanden war, während bei der prozessbevollmächtigten Partei der Sachbearbeiter gleich blieb. Im Übrigen ist im Hinblick auf das im gerichtlichen Verfahren erkennbare generelle Verhältnis zwischen den Beteiligten und das Prozessverhalten der Klägerseite nachvollziehbar, dass auf Seiten der Beklagten nicht damit gerechnet worden ist, dass das Berufungszulassungsverfahren nicht fortgeführt wird.
An der Erforderlichkeit ändert nichts, dass dem Beklagtenvertreter ausdrücklich mitgeteilt worden ist, dass die Berufungszulassung nur zur Fristwahrung erhoben wird. Schon dass die Klägerbevollmächtigten sich an den Beklagtenvertreter und nicht an die Beklagte selbst gewandt haben, zeigt, dass sie von einer Vertretung der Beklagten im Rechtsmittelverfahren ausgegangen sind. Die einseitige Bitte, sich in dem Rechtsmittelverfahren nicht anzuzeigen, führt nicht zu einer Vereinbarung, die der Geltendmachung der Anwaltskosten entgegenstehen könnte.
Die Erinnerung war demnach zurückzuweisen mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO. Für das Verfahren nach § 165 VwGO sieht das Kostenverzeichnis einen Kostentatbestand für eine gerichtliche Entscheidung nicht vor. Wegen der Gerichtsgebührenfreiheit war die Festsetzung eines Streitwerts nicht veranlasst.

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