Aktenzeichen B 5 K 17.745
BayVGH § 48 Abs. 6
BayVwVfG Art. 32
Leitsatz
1. Bei der Antragsfrist des § 48 Abs. 6 BayBhV, die der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in Art. 96 Abs. 3a BayBG verankert hat, handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren Nichtbeachtung den Beihilfeanspruch zum Erlöschen bringt. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Berechnung der Ausschlussfrist, die sich nach § 187 Abs. 1 iVm § 188 Abs. 2 BGB richtet, ist zu berücksichtigen, dass für den Fristbeginn bei Rechnungen von Ärzten, welche nach Abschluss eines Behandlungsfalls ausgestellt werden, auf die Rechnungsstellung, bei Medikamenten und sonstigen Hilfsmitteln auf den Apothekenstempel bzw. das Kaufdatum abzustellen ist. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zu verspätet geltend gemachten Aufwendungen kann eine Beihilfe (nur noch) gewährt werden, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Ausschlussfrist nach Art. 32 BayVwVfG vorliegen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch wenn der Beihilfeberechtigte stark belastet gewesen ist, stellt dies keinen Wiedereinsetzungsgrund dar, wenn nicht erkennbar ist, dass er durchgehend nicht in der Lage gewesen wäre, bis zum Ablauf der Jahresfrist einen Beihilfeantrag zu stellen, zumal der Zeitaufwand hierfür nicht sehr hoch ist. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1. Über die Klage konnte gem. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten insoweit ihr Einverständnis erklärt haben.
2. Das Gericht legt den Klageantrag dahingehend aus, dass der Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Dezember 2016 und des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2017 die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihm auf seinen Antrag vom 3. Dezember 2016 hin Beihilfeleistungen zu gewähren.
3. Die so verstandene Klage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe. Zur Begründung nimmt das Gericht auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:
a) Im Hinblick auf das Begehren des Klägers, den Beklagten zur Gewährung von Beihilfeleistungen in Bezug auf die Rechnungen vom 11. August 2015, 18. August 2015 und 31. August 2015 zu verpflichten, scheitert der dem Grunde nach bestehende Beihilfeanspruch des Klägers daran, dass der Kläger die Antragsfrist nicht gewahrt hat. Nach Art. 96 Abs. 3a, Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BayBG und § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBhV wird eine Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder der Ausstellung der Rechnung beantragt wird. Bei der Antragsfrist des § 48 Abs. 6 BayBhV, die der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in Art. 96 Abs. 3a BayBG verankert hat, handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren Nichtbeachtung den Beihilfeanspruch zum Erlöschen bringt. Im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten unstreitige Fristberechnung, die sich nach § 187 Abs. 1 i.V.m. § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) richtet, ist zu berücksichtigen, dass für den Fristbeginn bei Rechnungen von Ärzten, welche nach Abschluss eines Behandlungsfalls ausgestellt werden, auf die Rechnungsstellung, bei Medikamenten und sonstigen Hilfsmitteln auf den Apothekenstempel bzw. das Kaufdatum abzustellen ist (vgl. Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand: November 2017, Anm. 11 zu § 48 Abs. 6 BayBhV). Gemessen daran hat der Beklagte zu Recht die mit Beihilfeantrag vom 3. Dezember 2016, eingegangen beim Beklagten am 9. Dezember 2016, begehrte Beihilfe für die o.g. Rechnungen wegen Fristablaufs abgelehnt.
Zu verspätet geltend gemachten Aufwendungen kann eine Beihilfe (nur noch) gewährt werden, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Ausschlussfrist nach Art. 32 des Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) vorliegen (vgl. auch VV-BayBhV zu § 48 Abs. 7 BayBhV). Voraussetzung für die Gewährung von Wiedereinsetzung ist nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, dass der Betroffene ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war, wobei nach Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG das Verschulden eines Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen ist. Verschuldet ist ein Fristversäumnis dann, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zumutbar ist (st.Rspr. BVerwG, U.v. 8.3.1983 – 1 C 34.80 – NJW 1983, 1923; vgl. auch: BayVGH, B.v. 14.6.2016 – 14 ZB 14.1508 – juris Rn. 9; VG Bayreuth, U.v. 27.5.2014 – B 5 K 12.590 – juris Rn. 17).
Gemessen daran sind Gründe für die Gewährung von Wiedereinsetzung nicht ersichtlich, so dass der Beklagte eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in nicht zu beanstandender Weise abgelehnt hat. Weder die vom Kläger im Verwaltungsverfahren noch die von seinem Prozessbevollmächtigten im Klageverfahren detailliert vorgetragenen Belastungen u.a. durch die Betreuung seiner pflegebedürftigen und mittlerweile verstorbenen Eltern, seiner chronisch kranken Ehefrau und seiner in der Ausbildung befindlichen Kinder, durch die Vorgaben der staatlichen Bauverwaltung, durch die Arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Vermietungsbetrieb seiner Ehefrau und durch seinen eigenen, durch die vorgelegten Gesundheitszeugnisse belegten Gesundheitszustand, der zu seiner Ruhestandsversetzung geführt habe, sind geeignet, ein fehlendes Verschulden zu begründen. Denn auch wenn der Kläger stark belastet gewesen sein mag, so ist doch nicht erkennbar, dass er durchgehend nicht in der Lage gewesen wäre, bis zum Ablauf der Jahresfrist einen Beihilfeantrag zu stellen, zumal der Zeitaufwand hierfür nicht sehr hoch ist.
Dahinstehen kann, ob der Beklagte die Klägerseite konkret auf die Bedeutung der Jahresfrist hingewiesen hat, weil der Beamte bzw. sein Vertreter verpflichtet ist, sich selbst in geeigneter Weise zuverlässig über die geltenden Anforderungen zu informieren (vgl. VG Bayreuth, U.v. 27.5.2014 – B 5 K 12.590 – juris Rn. 17; VG Ansbach, U.v. 3.8.2011 – AN 15 K 11.01045 – juris Rn. 28). Eine allgemeine Pflicht des Dienstherrn, seine Beamten über alle für sie einschlägigen Vorschriften zu belehren, lässt sich aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht nicht ableiten (st.Rspr. BVerwG, U.v. 30.1.1997 – 2 C 10.96 – BVerwGE 104, 55/57 f.).
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.
5. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.