Aktenzeichen W 1 K 17.319
BPolBG § 5
SKPersStruktAnpG § 2 Abs. 1
SG § 44 Abs. 2, § 45 Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsatz
1 Der Eingriff in die versorgungsrechtliche Position des Ausgleichsverpflichteten, der in dem sofortigen und endgültigen Vollzug des Versorgungsausgleichs bei Eintritt des ausgleichspflichtigen Beamten in den Ruhestand liegt, ist durch Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 2 GG legitimiert und insgesamt verfassungsrechtlich unbedenklich (Anschluss an BVerfG BeckRS 9998, 50111 u.a.). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 § 55c Abs. 1 S. 3 SVG ist auf eine – von der Zustimmung des Soldaten abhängige – Zurruhesetzung auf Grundlage von § 2 SKPersStruktAnpG weder direkt noch analog anwendbar. (Rn. 22 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
3 Es verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz, dass für Soldaten, die aufgrund der Überschreitung der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand treten, eine Sonderreglung für den Versorgungsausgleich gilt, auf die sich Soldaten, die freiwillig auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt worden sind, nicht berufen können. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die ihm gegenüber mit Bescheid vom 3. September 2013 gemäß § 55c Abs. 1 Satz 1 SVG festgesetzte Kürzung der Versorgungsbezüge ab dem Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung am 1. September 2013 bis zum Ende des Monats, in dem der Kläger die Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf Lebenszeit (§ 5 Bundespolizeibeamtengesetz) erreicht, nach § 55c Abs. 1 Satz 3 SVG ausgesetzt wird. Ein Anspruch ergibt sich ebenso wenig für den Zeitraum ab Inkrafttreten des § 55c Abs. 1 Satz 3 SVG am 1. Juni 2015. Der Kläger hat infolgedessen auch keinen Anspruch auf Erstattung der ab 1. September 2013 bzw. ab 1. Juni 2015 von seiner Versorgung einbehaltenen Kürzungsbeträge. Vielmehr erweist sich der den Antrag auf Aussetzung der Kürzung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2017 als rechtmäßig (§§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Klageantrag ist nach § 88 VwGO dergestalt auszulegen, dass der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines (rückwirkenden) die Aussetzung der Kürzung der Versorgungsbezüge verfügenden Verwaltungsakts nach § 55c Abs. 1 Satz 3 SVG begehrt (über die mit Bescheid vom 4. September 2013 nach § 35 VersAusglG bereits erfolgende Aussetzung der Kürzung hinaus) sowie die Erstattung der nach Erlass eines solchen Bescheides – dann ohne Rechtsgrund – einbehaltenen Kürzungsbeträge. Durch ausdrückliche Bezugnahme im Klageantrag auf den Antrag des Klägers vom 19. Dezember 2016 begehrt der Kläger eine Aussetzung der Kürzung und Erstattung der einbehaltenen Beträge ab dem Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung am 1. September 2013.
Dieser Klageantrag ist zulässig; es bedarf zur Erreichung des Klageziels in Form der ungekürzten Gewährung von Versorgungsbezügen nicht auch zusätzlich der Aufhebung des bestandskräftigen Kürzungsbescheids vom 3. September 2013, da die Vorschrift des § 55c Abs. 1 Satz 3 SVG nach Überzeugung des Gerichts davon ausgeht, dass eine bestandskräftige Kürzung der Versorgungsbezüge verfahrensrechtlich bestehen bleiben kann und die Kürzung für den in der Vorschrift genannten Zeitraum lediglich materiell- und verfahrensrechtlich ausgesetzt wird, wofür auch der insoweit klare Gesetzeswortlaut – Aussetzung im Gegensatz etwa zu Aufhebung oder Änderung – spricht (anders hinsichtlich der Erforderlichkeit der Aufhebung des Kürzungsbescheides etwa: VG Würzburg, U.v. 12.12.2017 – W 1 K 17.60; im Ergebnis wie hier: VG Aachen, U.v. 13.10.2016 – 1 K 1935/15 – juris; VG Schleswig-Holstein, U.v. 1.11.2017 – 12 A 66/17 – juris).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 55c Abs. 1 S. 1 SVG. Hiernach werden die Versorgungsbezüge der ausgleichspflichtigen Person und ihrer Hinterbliebenen nach Wirksamkeit einer Entscheidung des Familiengerichts, durch welche Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587b Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung übertragen oder begründet wurden, nach Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften um den nach § 55c Abs. 2 oder 3 SVG zu berechnenden Betrag gekürzt.
Nach dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Luckenwalde vom 21. Juli 2010 ist zulasten des Anrechts des Klägers bei der Wehrbereichsverwaltung West zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau ein Anrecht in Höhe von monatlich 520,33 EUR, bezogen auf den 30.09.2009, begründet worden. Die Voraussetzungen des § 55c Abs. 1 S. 1 SVG liegen somit vor. Berechnungsfehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Gegen die Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Fall bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die für Beamte geltende, mit der Norm des § 55c SVG vergleichbare Vorschrift des § 57 BeamtVG ist sowohl unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums als auch hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Grundrechten (u.a. Art. 6 Abs. 1 GG) sowie hinsichtlich des Gleichbehandlungsgrundsatzes mehrfach verfassungsgerichtlich überprüft worden. Danach ist der Eingriff in die versorgungsrechtliche Position des Ausgleichsverpflichteten, der in dem sofortigen und endgültigen Vollzug des Versorgungsausgleichs bei Eintritt des ausgleichspflichtigen Beamten in den Ruhestand liegt, durch Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 2 GG legitimiert und insgesamt verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, U.v. 28.02.1980 – 1 BvL 17/77 u.a.; B.v. 09.11.1995 – 2 BvR 1762/92; BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 C 48/13 alle bei juris).
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers steht ihm auch nach § 55c Abs. 1 S. 3 SVG in der derzeitigen, seit dem 01.06.2015 geltenden Fassung ein Anspruch auf ungekürzte Versorgungsbezüge nicht zu.
Betreffend den Zeitraum zwischen der Ruhestandsversetzung des Klägers am 1. September 2013 und dem 31. Mai 2015 ergibt sich die fehlende Begründetheit der Klage bereits daraus, dass die Vorschrift des § 55c Abs. 1 Satz 3 SVG, auf die sich die Klage stützt, erst am 1. Juni 2015 in Kraft getreten ist, sodass bis zu diesem Zeitpunkt für die begehrte Aussetzung der Kürzung ohnehin kein Raum besteht.
Durch Artikel 10 Nr. 8 a) BwAttraktStG wurde § 55c SVG dahingehend geändert, dass – entsprechend eines neu eingefügten S. 3 – bei Soldaten, die wegen Überschreitens der für sie festgesetzten besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt worden sind, die Kürzung der Versorgungsbezüge nach S. 1 bis zum Ende des Monats, in dem sie die Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf Lebenszeit (§ 5 des Bundespolizeibeamtengesetzes – BPolBG –) erreichen, ausgesetzt wird. Nach Art. 13 Abs. 4 BwAttraktStG ist diese Regelung am 01.06.2015 in Kraft getreten.
Die Vorschrift ist auf den Fall des Klägers jedoch nicht anwendbar. Einer unmittelbaren Anwendung der Vorschrift steht bereits deren eindeutiger Wortlaut entgegen. Denn der Kläger wurde nicht „wegen Überschreitens der für ihn festgesetzten besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt“. Vielmehr erfolgte die Zurruhesetzung des Klägers auf Grundlage von § 2 des Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetzes vom 21.07.2012 (BGBl. I S. 1583) – SKPersStruktAnpG –.
Dabei nimmt die Ausnahmeregelung des § 55c Abs. 1 S. 3 SVG ersichtlich auf die in § 45 Abs. 2 SG in der Fassung der Bekanntmachung vom 30.05.2005 (BGBl. I S. 1482), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 08.06.2017 (BGBl. I S. 1570) geregelte besondere Altersgrenze für Berufssoldaten Bezug. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung des BwAttraktStG zu Artikel 10 Nr. 8 a) (vgl. hierzu auch: VG Würzburg, U.v. 12.12.2017 – W 1 K 17.60 – juris; VG Trier, U.v. 4.8.2017 – 6 K 5039/17 TR – juris). Die Zugrundelegung der in dem Soldatengesetz bestimmten besonderen Altersgrenze entspricht insoweit auch der mit Einfügung des § 55c Abs. 1 S. 3 SVG verbundenen Intention des Gesetzgebers. Denn hierdurch sollten entsprechend der Gesetzesbegründung nur die unvermeidbaren Nachteile der Berufssoldatinnen und Berufssoldaten gegenüber anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ausgeglichen werden, die diese dadurch erleiden, dass sie infolge gesetzlich bestimmter besonderer Altersgrenzen einseitig in den Ruhestand versetzt werden und dann nur noch über eine gekürzte Versorgung verfügen können. Die Möglichkeit, die Einkommenssituation durch Verlängerung der Dienstzeit zu verbessern, besteht insoweit nicht.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist durch § 2 Abs. 1 SKPersStruktAnpG eine Herabsetzung dieser im Soldatengesetz festgesetzten besonderen Altersgrenze nicht erfolgt, denn eine Versetzung in den Ruhestand nach § 2 Abs. 1 SKPersStruktAnpG bzw. § 1 Abs. 1 des Personalanpassungsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 4013, 4019), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 07.12.2007 (BGBl. I S. 2807) – PersAnpassG – kann nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschriften nur mit Zustimmung der Berufssoldatin bzw. des Berufssoldaten erfolgen. Insoweit besteht aber ein entscheidender Unterschied zu denjenigen Soldatinnen und Soldaten, die nach § 44 Abs. 2 SG wegen Überschreitens der nach § 45 Abs. 2 SG festgesetzten besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob eine Zurruhesetzung aufgrund vorgenannter Bestimmungen nach Überschreiten der besonderen Altersgrenze auch regelmäßig erfolgt, denn entscheidend ist allein, dass eine solche jedenfalls einseitig durch Verwaltungsakt erfolgen kann, ohne dass den Betroffenen eine Möglichkeit zur Verfügung steht, ihre Einkommenssituation durch Verlängerung der Dienstzeit zu verbessern. Auch die Entscheidung des VG Köln (U.v. 29.7.2015 – 23 K 4714/14 – juris) steht der Annahme einer einseitigen Zurruhesetzungsmöglichkeit des Dienstherrn durch Verwaltungsakt nicht entgegen, da darin lediglich auf das Erfordernis einer pflichtgemäßen Ermessensausübung in diesem Zusammenhang verwiesen wird (vgl. auch: OVG NRW, B.v. 13.2.2018 – 1 A 2517/16 – juris).
Nichts anderes ergibt sich aus §§ 6 Abs. 2 Nr. 2a) und 7 Abs. 2 Nr. 2 a) SKPersStruktAnpG. Nach diesen Vorschriften ist § 26a SVG mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Versetzung in den Ruhestand nach § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 als Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens einer Altersgrenze gilt. Aus den Vorschriften ergibt sich, dass die Versetzung in den Ruhestand nach § 2 Abs. 1 SKPersStruktAnpG grundsätzlich nicht gleichzusetzen ist mit der Versetzung in den Ruhestand wegen Erreichens einer Altersgrenze. Soweit für § 26a SVG eine entsprechende Geltung angeordnet wird, kann dies nicht ohne Weiteres auf die streitgegenständliche Vorschrift des § 55c Abs. 1 S. 3 SVG übertragen werden. Die vorstehende aufgezeigte Intention des Gesetzgebers spricht nämlich gerade gegen eine entsprechende Geltung. Zudem hat der Gesetzgeber die Problemstellung offensichtlich erkannt und von der Bestimmung einer entsprechenden Geltung auch für § 55c Abs. 1 S. 3 SVG abgesehen.
Darüber hinausgehend kommt auch eine analoge Anwendung des § 55c Abs. 1 S. 3 SVG auf Soldaten, die aufgrund von Personalanpassungsmaßnahmen in den Ruhestand versetzt worden sind, nicht in Betracht. Denn ungeachtet dessen, dass im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Intention des Gesetzgebers bereits nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen ist, mangelt es jedenfalls auch an einer vergleichbaren Interessenlage. Während bei Überschreiten der gesetzlich festgesetzten besonderen Altersgrenze eine Zurruhesetzung einseitig und zwangsweise erfolgen kann, sind Zurruhesetzungen nach dem SKPersStruktAnpG bzw. dem PersAnpassG gegen den Willen der Betroffenen ausgeschlossen. Insoweit sind die Soldatinnen und Soldaten, die aufgrund von Personalanpassungsmaßnahmen in den Ruhestand versetzt worden sind, nicht in gleichem Maße schutzbedürftig. Sie konnten vor der Berufung auf diese Möglichkeit im Rahmen einer Versorgungsauskunft ermitteln, ob die zu erwartenden Versorgungsbezüge ausreichend sind und auf dieser Basis eine freiwillige Entscheidung treffen (vgl. OVG NRW, B.v. 13.2.2018 – 1 A 2517/16 – juris).
Ungeachtet der Motive des Klägers zur Abgabe der Zustimmung für eine Ruhestandsversetzung wäre eine vorzeitige Zurruhesetzung nach dem SKPers-StruktAnpG ohne die Abgabe einer solchen jedenfalls nicht möglich gewesen. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang auch die Erwägung, die Zustimmung sei in dem Vertrauen auf die Richtigkeit der Zusagen des Dienstherrn erfolgt, in der Versorgung denjenigen Soldatinnen und Soldaten gleichgestellt zu sein, die nicht vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden. Denn der Kläger konnte die ihm zustehenden Versorgungsbezüge vor seiner Zurruhesetzung nach dem SKPersStruktAnpG ermitteln und auf dieser Basis freiwillig über seine Zustimmung zu einer solchen entscheiden. Zudem bezieht der Kläger dem Grunde nach die – amtsangemessene – Versorgung, die ihm auch bei regulärem Ausscheiden wegen Überschreitens einer Altersgrenze zugestanden hätte. Bei der – nachträglich eingefügten – Regelung des § 55c Abs. 1 S. 3 SVG handelt es sich insoweit lediglich um eine Ausnahmeregelung zu dem Normalfall der Kürzung der Versorgungsbezüge, auf die sich der Kläger entsprechend vorstehender Ausführungen aus sachlich gerechtfertigten Gründen jedoch nicht berufen kann.
Nach Auffassung des Gerichts ist auch eine analoge Anwendung für den Zeitraum ab Erreichen der besonderen Altersgrenze nicht angezeigt. Denn auch für den Zeitraum nach Überschreiten der gesetzlich festgesetzten besonderen Altersgrenze besteht jedenfalls insoweit ein Unterschied zwischen denjenigen Soldatinnen und Soldaten, die aufgrund von Personalanpassungsmaßnahmen in den Ruhestand versetzt worden sind, gegenüber denjenigen, die wegen Überschreitens der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt worden sind, als dass erstere die Vorteile einer kürzeren Dienstzeit nutzen konnten, die letzteren gerade verwehrt blieben (vgl. OVG NRW, B.v. 13.2.2018 – 1 A 2517/16 – juris).
Die Klage kann auch aus verfassungsrechtlichen Gründen keinen Erfolg haben. Denn die streitgegenständliche Vorschrift des § 55c Abs. 1 S. 3 SVG ist nach Überzeugung des erkennenden Einzelrichters verfassungsgemäß. Sie verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerfG, B.v. 07.02.2012 – 1 BvL 14/07 –, BVerfGE 130, 240-262 und juris).
Hierbei ist in besonderer Weise zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber auf dem Gebiet des Besoldungs- und Versorgungsrechts der Beamten und Soldaten eine verhältnismäßig weite Gestaltungsfreiheit besitzt. Maßstab für die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung ist dabei nicht, ob der Gesetzgeber jeweils die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Er ist befugt, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Die vielfältigen zu berücksichtigenden Gesichtspunkte werden dabei nicht immer miteinander in Einklang zu bringen sein. Sich daraus gegebenenfalls ergebende Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen müssen hingenommen werden, sofern sich für die Gesamtregelung ein vernünftiger Grund anführen lässt (vgl. BVerfG, B.v. 6.5.2004 – 2 BvL16/02 – juris; B.v. 16.3.2009 – 2 BvR 1003/08 – juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung hier nicht darin zu sehen, dass für Soldaten, die aufgrund der Überschreitung der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand treten, eine durch Art. 10 Nr. 8 a) BwAttraktStG eingeführte Sonderreglung gilt, auf die sich der Kläger nicht berufen kann, weil er zu der Gruppe der Berufssoldaten gehört, die freiwillig auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt worden sind. Dabei bedarf es keiner näheren Prüfung, an welchen Maßstäben diese Ungleichbehandlung zu messen ist, da die streitgegenständliche Regelung des § 55c Abs. 1 S. 3 SVG auch strengeren verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Die Differenzierung beruht entsprechend der vorstehenden Ausführungen auf einem sachlichen Grund. Denn die Versetzung in den Ruhestand wegen Überschreitens der festgesetzten besonderen Altersgrenze erfolgt einseitig durch Entscheidung des Dienstherrn, sodass für die Betroffenen keine Möglichkeit besteht, die insoweit frühzeitig eintretende Kürzung der Versorgungsbezüge durch längeres Dienen zu verbessern (vgl. oben). Demgegenüber erfolgt die Zurruhesetzung aufgrund von Personalanpassungsmaßnahmen nach dem SKPersStruktAnpG bzw. dem PersAnpassG freiwillig und erfordert stets die Zustimmung der Betroffenen. Un-verhältnismäßige Nachteile ergeben sich insoweit nicht, da die Soldatinnen und Soldaten vor der Inanspruchnahme der Möglichkeit einer vorzeitigen Ruhestandsversetzung ermitteln können, ob die zu erwartenden Versorgungsbezüge ausreichend sind. Eine Verfassungswidrigkeit ergibt sich hierbei auch nicht für den Teilzeitraum ab dem Überschreiten der besonderen Altersgrenze; vielmehr hält sich die Aussparung der Fälle von Zurruhesetzungen nach dem SKPersStruktAnpG insgesamt im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen (im Ergebnis ebenso: OVG NRW B.v. 13.2.2018 – 1 A 2517/16 – juris; VG Trier, a.a.O.; VG Aachen, U.v. 13.10.2016 – 1 K 1935/15 –, juris; VG Würzburg, U.v. 12.12.2017 – W 1 K 17.60 – juris; VG Augsburg, U.v. 7.12.2017 – Au 2 K 17.897 – juris).
Die Klage war daher insgesamt unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.