Arbeitsrecht

Zwangsgeldfestsetzung – Arbeitgeber Anspruch auf Zeugniserteilung nicht nachgekommen

Aktenzeichen  2 Ta 144/17

Datum:
5.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143887
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
§ 888 ZPO

 

Leitsatz

Verfahrensgang

1 Ca 1836/16 2017-05-10 Bes AGWUERZBURG AG Würzburg

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 10.05.2017 – 1 Ca 1836/16 – aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens.
3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 1.000,00 €.

Gründe

I.
Mit gerichtlich protokolliertem Vergleich vom 01.02.2017 verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen und zu übersenden, das sich auf die Leistung und das Verhalten im Arbeitsverhältnis erstreckt.
Auf Antrag der Klägerin vom 06.04.2017 und nach fruchtloser Anhörung der Beklagten verhängte das Arbeitsgericht gegen die Beklagte mit Beschluss vom 10.05.2017 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- €, ersatzweise fünf Tage Zwangshaft (Blatt 40 ff der Akten). Der Beschluss wurde am 13.05.2017 zugestellt.
Mit Schreiben vom 19.05.2017, beim Arbeitsgericht am 22.05.2017 eingegangen, teilte die Beklagte mit, der Klägerin unter dem Datum vom 19.04.2017, bei der Post eingeliefert am 25.04.2017, ein Zeugnis erteilt zu haben (Blatt 45 ff der Akten).
Mit Schriftsatz vom 24.05.2017 wies die Klägerin auf Mängel des Zeugnisses vom 19.04.2017 hin, weswegen der Anspruch auf Zeugniserteilung nicht erfüllt worden sei.
Mit Schriftsatz vom 09.06.2017 teilte der mittlerweile beauftragte Beklagtenvertreter mit, dass das Schreiben vom 19.05.2017 als sofortige Beschwerde gegen den Zwangsgeldbeschluss zu werten sei und legte gleichzeitig ein Arbeitszeugnis vor (Blatt 57 der Akten). Das Original wurde an die Klägerin versandt.
Mit Schriftsatz vom 14.07.2017 teilte die Klägerinvertreterin mit, dass die Beklagte nunmehr die streitgegenständliche Forderung erfüllt habe (Blatt 58 der Akten).
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 04.08.2017 nicht ab, da der Zwangsgeldbeschluss zu Recht erfolgt sei, und legte die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor (Blatt 64 ff der Akten).
Das Landesarbeitsgericht gab den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme. Auf die Schriftsätze der Parteien vom 25.09.2017 (Blatt 74 der Akten) und vom 04.10.2017 (Blatt 76 f. der Akten) wird verwiesen.
Bezüglich näherer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft, §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO, sowie form- und fristgerecht eingereicht worden, §§ 78 Satz 1 ArbGG, 569 ZPO.
2. Die Beschwerde führt zur Aufhebung des ergangenen Zwangsgeldbeschlusses vom 10.05.2017.
Eine Zwangsmittelfestsetzung kann nur bei fortbestehendem Rechtsschutzbedürfnis erfolgen. Die Nichterfüllung der geschuldeten Handlung ist im Rahmen des § 888 ZPO ebenso wie bei § 887 ZPO Tatbestandsvoraussetzung (Schuschke/Walker, 5. Auflage, § 888 ZPO Rdn. 20 m.w.N.). Der Erfüllungseinwand ist im Beschwerdeverfahren zu beachten (BGH 06.06.2013 – I ZB 56/12 – Rdn. 12 m.w.N.). Die Festsetzung eines Zwangsgeldes im Verfahren nach § 888 ZPO dient der Erzwingung einer unvertretbaren Handlung; es handelt sich hierbei um keine Sanktion für eine Handlungsweise in der Vergangenheit. Hieraus folgt, dass bei Erfüllung der vorzunehmenden Handlung im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens – einschließlich des Beschwerdeverfahrens – ein Zwangsgeld nicht mehr zu verhängen ist bzw. ein bereits ergangener Zwangsgeldbeschluss wieder aufzuheben ist (LAG Nürnberg 14.01.2015 -2 Ta 169/14; 23.05.2012 – 2 Ta 65/12; LAG Köln 02.12.2013 – 1 Ta 292/13; LAG Hamm 10.01.2017 – 12 Ta 567/16). Die Aufhebung dient insbesondere auch der Klarstellung, dass eine Vollstreckung des Zwangsgeldbeschlusses nicht erfolgen darf.
Die Parteien haben übereinstimmend mitgeteilt, dass der zu vollstreckende Anspruch noch im laufenden Beschwerdeverfahren vor Erlass der Nichtabhilfeentscheidung erfüllt wurde. Die Aufrechterhaltung der Festsetzung eines Zwangsmittels ist vor diesem Hintergrund nicht mehr geboten. Das Arbeitsgericht hätte der Beschwerde abhelfen müssen ungeachtet dessen, dass der ursprüngliche Zwangsgeldbeschluss zu Recht ergangen ist.
3. Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens fallen dennoch der Beklagten in entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO zur Last. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Erteilung des Zeugnisses vom 19.04.2017 wegen der darin enthaltenen offensichtlichen Fehler nicht als Erfüllung des im Vergleich titulierten Zeugnisanspruchs angesehen.
4. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, § 78 Satz 3 ArbGG.

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