Aktenzeichen 32 U 1437/16
HGB § 373 Abs. 2
ZPO § 256
AEUV Art. 49, Art. 198, Art. 199, Art. 355 Abs. 1
Leitsatz
1 Verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person im Sinne von § 119 BGB können auch solche eines Dritten sein. Weiter sind auch solche Umstände als Irrtum über wesentliche Eigenschaften einer Person anerkannt, die ihre wirtschaftliche Lage kennzeichnen, wie zB ihre derzeitige Vertrauenswürdigkeit, ihre Zahlungsfähigkeit oder ihre Kreditwürdigkeit. Ob ein entsprechender Irrtum letztlich zur Anfechtung des Rechtsgeschäfts berechtigt, ist von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig. Abgestellt werden muss insoweit auf das angefochtene Geschäft und seine Zielsetzung. (Rn. 32 – 33) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Partei, die sich eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens bedient, greift auch dann nicht rechtswidrig in den geschützten Rechtskreis ihres Verfahrensgegners ein, wenn ihr Begehren sachlich nicht gerechtfertigt ist und dem anderen Teil aus dem Verfahren Nachteile erwachsen. Ein Kläger ist danach auch nicht verpflichtet, zuvor mit Sorgfalt zu prüfen, ob er sich zur Ingangsetzung des Verfahrens für berechtigt halten darf, da den Schutz des Gegners das Verfahren selbst übernimmt. (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
34 O 9367/12 2016-02-22 Endurteil LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 22.02.2016, Az. 34 O 9367/12, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,00 € festgesetzt.
Gründe
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat nimmt zur Begründung zunächst Bezug auf seine Hinweise.
1. Die Klägerin ist partei- und prozessfähig und auch ordnungsgemäß vertreten.
a) Ausweislich seiner Feststellungen im Urteil vom 22.02.2016 (vgl. dort S. 11 f.) ist das Landgericht aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vollständig im Original vorgelegten Urkunden einschließlich ihrer beglaubigten Übersetzungen (Anl. Konvolut K 7, Anl. K 28 bis K 42, Anl. K 71 ff., K 81 f., K 84 ff.) und unter Heranziehung des allgemein zugänglichen Rechts der Britischen Jungferninseln davon ausgegangen, dass die Klägerin partei- und prozessfähig ist, da für sie als Limited nach dem Recht der Britischen Jungferninseln als überseeischem Hoheitsgebiet nach Art. 49 ff, Art. 198, Art. 199 AEUV i.V.m. Anhang II AEUV Niederlassungsfreiheit gilt und ihre wirksame Gründung in einem Mitgliedsstaat anzuerkennen ist (vgl. BGH WM 2004, 2115).
b) Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen zu den Prozessvoraussetzungen begründen oder die auf eine Änderung der rechtserheblichen Tatsachen schließen lassen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten würden.
Das Landgericht hat die Prozessvoraussetzungen in zulässiger Weise festgestellt; die Würdigung zur Echtheit der Urkunden und zur Richtigkeit von deren Übersetzung verstößt weder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, noch werden Beweisanforderungen vernachlässigt oder überspannt. Soweit es sich hierbei um ausländische öffentliche Urkunden handelt, war das Erstgericht nach allgemeiner Meinung für die Ermittlung von deren Echtheit nicht an die Beweismittel der ZPO gebunden (Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 438 Rn. 3). Darüberhinaus findet nach Art. 355 Abs. 1 AEUV i.V.m. Art. 1, Art. 61 EuGVVO auf Urkunden der Britischen Jungferninseln § 437 ZPO Anwendung (Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO, 37. Aufl., Art. 61 EuGVVO Rn. 1).
c) Wenn sich die Berufungsbegründung nun ohne Angabe konkreter Tatsachen und Beweismittel weiterhin darauf beruft, dass die Klägerin bzw. die für sie aufgetretenen Vollmachtsinhaber nicht existent bzw. nicht vertretungsberechtigt seien, ist dieser Vortrag nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen zu Partei- und Prozessfähigkeit der Klägerin zu begründen oder eine tatsächliche Veränderung der Sachlage seit Erlass des Ersturteils schlüssig darzulegen. Auch die vagen Hinweise auf einen mutmaßlichen Gesellschafter der Klägerin namens und dessen behauptetes strafbares Verhalten sind nicht geeignet, Zweifel an den erstinstanzlichen Feststellungen zu Partei- und Prozessfähigkeit der Klägerin zu wecken.
d) Gleiches gilt für die wirksame Vertretung der Klägerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, von der sich das Erstgericht durch die vorgelegten Urkunden in rechtlich bindender Weise überzeugt hat (vgl. Anl. K 79, K 80 i.V.m. den oben aufgeführten Gesellschaftsunterlagen). Auch hier beschränkt sich die Berufungsbegründung darauf, pauschal die Existenz bzw. Vertretungsbefugnis der Vollmacht erteilenden Personen (vgl. Original der Vollmacht, Anl. K 75) zu bestreiten.
2. Der Klage fehlt auch nicht das besondere Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO.
Nachdem der Beklagte in Abrede stellt, dass ihn das Angebot der Klägerin auf Übertragung der Aktien auf ein Depot in Annahmeverzug habe setzen können, hat die Klägerin ein schützenswertes Interesse an der -isolierten – Feststellung des Annahmeverzugs und der daraus folgenden Berechtigung zum freihändigen Verkauf als Voraussetzung der Vollstreckung nach §§ 756, 765 ZPO bzw. nach dem Verkauf auf Feststellung der Befriedigung des Schuldners der Zahlungsleistung (vgl. Wieczorek/Schütz-Bittmann ZPO, Band 9, 4. Aufl., § 756 Rn. 17 m.w.N.).
Die Zulassung der insoweit von der Klägerin vorgenommenen Klageänderung als sachdienlich (vgl. Urteilsgründe Seite 12) unterliegt nicht der Prüfung durch den Senat, § 268 ZPO (vgl. Zöller/Greger ZPO, 31. Aufl., § 263 Rn. 16a).
3. Der Beklagte kann im hiesigen Verfahren mit seinen Einwendungen, die Abgabe seiner eigenen Willenserklärung zu einem bindenden Angebot in der Put-Options-Vereinbarung vom 28.05.2008 sowie der Zugang der Annahmeerklärung der Klägerin im März 2009 seien wegen seiner damaligen Geschäftsunfähigkeit nichtig bzw. nicht wirksam zugegangen (§ 105 Abs. 1, § 131 Abs. 1 BGB) nicht mehr gehört werden, da insoweit das Prozesshindernis der Rechtskraft entgegensteht.
a) Nach der Definition des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 117, 1) war Gegenstand der Vorprozesses (LG München I, 34 O 6388/09) der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch, der bestimmt wird durch den Klageantrag, in dem sich die von der Klägerin in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem die Klägerin die begehrte Rechtsfolge herleitet.
b) Rechtskräftig festgestellt ist damit zwar nicht das Bestehen der Gegenforderung auf Übertragung der Aktien, wohl aber die synallagmatische Verbindung von Forderung und Gegenforderung und die sich hieraus ergebende Beschränkung des Klageanspruchs. Damit könnte die Klägerin einer Klage des hiesigen Beklagten auf Übertragung der Aktien grundsätzlich auch Einwendungen gegen das Entstehen des Übertragungsanspruchs entgegen halten.
Für die hier vorliegende Klage auf Feststellung des nachträglichen Wegfalls der Beschränkung des Zahlungsanspruchs hat das Urteil im Vorprozess aber eine Rechtskraftwirkung insoweit, als es den Parteien versagt ist, sich in diesem zweiten Prozess zu obiger Feststellung in Widerspruch zu setzen (vgl. BGH aaO).
c) Der Beklagte ist damit mit seinen auf fehlender Geschäftsfähigkeit beruhenden Einwendungen gegen die Wirksamkeit sowohl des Angebots wie auch den wirksamen Zugang der Annahme ausgeschlossen, unabhängig davon, ob das Landgericht im Vorprozess für die Angebotserklärung vom 28.05.2008 die fehlende Geschäftsfähigkeit aufgrund einer Beweisaufnahme durch Gutachtenserholung verneint hat oder der Beklagte mit diesem Einwand für den Zugang der Annahmeerklärung vom 31.03.2009 aus prozessualen Gründen ausgeschlossen war.
4. Soweit der Beklagte mit Schreiben vom 09.11.2016 an den Insolvenzverwalter der GmbH (Anl. BK 19) bzw. an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Anl. BK 20) oder mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.11.2016 die Anfechtung seiner Willenserklärung zur Optionsvereinbarung vom 28.05.2008 wegen Irrtums bzw. Täuschung erklärt hat, ändert sich, auch wenn man von einer wirksamen Anfechtung ausginge, nichts an der rechtskräftigen Verurteilung zum Leisten auf eine synallagmatische Forderung.
a) Durch eine wirksame Anfechtung der Vereinbarung vom 28.05.2008 wäre diese zwar als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB), dies hat aber zunächst keinen Einfluss auf die Existenz des rechtskräftigen Titels. Die hiesige Feststellungsklage dahingehend, dass die ebenfalls rechtskräftig festgestellte Beschränkung des Leistungsanspruchs durch den freihändigen Verkauf entfallen ist, wird deshalb von einer Anfechtung des Grundgeschäfts zunächst nicht tangiert. Die Anfechtung wäre richtigerweise im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machen.
b) Überdies ist sowohl das Vorliegen von Anfechtungsgründen nach § 119 BGB bzw. § 123 BGB wie auch die Rechtzeitigkeit der Anfechtungserklärungen (§§ 121, 124 BGB) sehr zweifelhaft.
aa) Verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB sind solche natürlichen Persönlichkeitsmerkmale oder tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die aufgrund ihrer Beschaffenheit und vorausgesetzten Dauer nach den Anschauungen des Verkehrs Einfluss auf die Wertschätzung der Person in allen oder doch in gewissen Rechtsverhältnissen auszuüben pflegen (BGH NJW 1984, 230).
Richtig ist, dass verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person im Sinne von § 119 BGB auch solche eines Dritten sein können, wie hier der GmbH. Weiter sind in der Rechtsprechung (vgl. BAG NJW 1991, 2726 m.w.N.) auch solche Umstände als Irrtum über wesentliche Eigenschaften einer Person anerkannt, die ihre wirtschaftliche Lage kennzeichnen, wie z. B. ihre derzeitige Vertrauenswürdigkeit, ihre Zahlungsfähigkeit oder ihre Kreditwürdigkeit (vgl. auch BayObLG DB 1988, 1846).
Ob ein entsprechender Irrtum aber letztlich zur Anfechtung des Rechtsgeschäfts berechtigt, ist von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig. Abgestellt werden muss insoweit auf das angefochtene Geschäft und seine Zielsetzung (BGH aaO). Es ist deshalb schon fraglich, ob die Zahlungsfähigkeit der Darlehensschuldnerin des Beklagten für dessen Vertragsschluss mit der Klägerin eine verkehrswesentliche Eigenschaft ist.
Davon abgesehen hatte aber der Beklagte ausweislich seines Vortrags Kenntnis von der prekären finanziellen Lage der GmbH, ohne sich aber konkrete Vorstellungen über die tatsächlich bestehenden Verbindlichkeiten der GmbH im Zeitpunkt des Abschlusses der Put-Options-Vereinbarung vom 28.05.2008 zu machen. Er hat vielmehr, wie auch in den Anfechtungsschreiben vorgetragen, erwartet, durch den Eintritt in das streitgegenständliche Geschäft die GmbH vor der Insolvenz zu bewahren und damit seinen eigenen Ausfall als Darlehensgläubiger der GmbH zu verhindern. Damit dürfte es sich bei den Vorstellungen des Beklagten um einen Motivirrtum handeln.
bb) Hinsichtlich einer behaupteten Täuschung durch Herrn, den Geschäftsführer der GmbH, ist diese nicht durch die Klägerin, die Erklärungsempfängerin der Willenserklärung des Beklagten zur hier maßgeblichen Put-Optionsvereinbarung vom 28.05.2008, erfolgt oder durch ihre Vertreter oder eine von ihr eingeschaltete Hilfsperson.
Ob Herr als Dritter gilt, beurteilt sich danach, ob er bei Abgabe der täuschenden Erklärung mit Wissen und Wollen des Anfechtungsgegners als dessen Vertrauensperson oder Repräsentant aufgetreten ist. Diese Voraussetzungen entsprechen denjenigen, die für eine Erfüllungsgehilfenstellung nach § 278 BGB gefordert werden. Ob sie vorliegen, kann nicht allgemein, sondern nur unter Würdigung der jeweiligen Gesamtumstände und unter Abwägung der betroffenen Interessen beurteilt werden (vgl. BGH NJW 2011, 2874 m.w.N.)
Zwar war die GmbH ursprünglich Vertragspartner der Klägerin und hat auch nach § 2 der Vereinbarung vom 28.05.2008 (Anl. K 2) ihre Rechte daraus an den Beklagten abgetreten. Für das Eingehen der Put-Options-Verpflichtung durch den Beklagten der Klägerin gegenüber in Teil C der Vereinbarung (Anl. K 2, Seite 13) steht sie aber nicht im Lager der Klägerin. Sie verfolgt bei der Aufhebung ihrer eigenen Kaufverpflichtung (Anl. K 2, Teil B, § 1, Seite 12) nur ihr eigenes Interesse, aus dem Put-Options-Vertrag entlassen zu werden. Die Klägerin müsste sich also eine mögliche Täuschung durch den Geschäftsführer der GmbH nur zurechnen lassen, wenn sie diese kannte oder kennen musste (vgl. Palandt/Ellenberger BGB, 75. Aufl., § 123 Rn. 12). Dafür gibt der Beklagtenvortrag nichts her.
cc) Weiter ist unstreitig bereits mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 31.03.2009, Az, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet worden (vgl. Anl. BK 17, Seite 10). Damit wusste der Beklagte positiv, dass das Entlassen der GmbH aus dem Vertragsschluss mit der Klägerin über eine Put-Option nicht geeignet gewesen war, diese vor einer Insolvenz zu bewahren.
Nach einem Sachstandsbericht des Insolvenzverwalters vom 12.11.2014 liegt die zu erwartende Quote unter 1% (vgl. Anl. BK 17, Seite 10). Spätestens ab diesem Zeitpunkt, und nicht erst ab der Entscheidung des Landgerichts Köln vom 21.10.2016, Az. 109 KLs 9/14 (Anl. BK 17), kannte der Beklagte also seinen Irrtum über die finanzielle Situation der GmbH und wusste, dass möglicherweise anderslautende Angaben von Herrn nicht zutreffend gewesen waren.
5. Durch den freihändigen Verkauf hat die Klägerin die ihr obliegende Gegenleistung erbracht und den Beklagten befriedigt.
a) Das wiederholte Entgegentreten des Beklagten gegen den klägerischen Antrag auf Verurteilung Zugum-Zug im Ausgangsverfahren (vgl. Anl. K 1, Seite 4) war geeignet, materiellrechtlich den Annahmeverzug des Beklagten nach §§ 293, 295, 298 BGB zu begründen, da das wörtliche Angebot der Klägerin in der auf Zugum-Zug-Leistung gerichteten Klageerhebung lag (vgl. BGH NJW 1997, 581; OLG Frankfurt, Urteil vom 06. April 2016, Az. 17 U 149/15, zitiert nach juris, Rn. 85).
b) Wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, kann die Übertragung von global verbrieften und sammelverwahrten Aktien, wo die einzelnen Wertpapiere durch die buchmäßige Erfassung der Miteigentumsanteile bei der verwahrenden Bank repräsentiert werden, durch Umbuchung zwischen den Depots vollzogen werden, da es auf den Gewahrsam an der Wertpapierurkunde in diesem Zusammenhang nicht ankomme (vgl. BGH NJW 2004, 3340). Die Übergabe der einzelnen Aktienurkunden wird hier durch die Übertragung des anteilsmäßigen Miteigentums und die Begründung des mittelbaren Besitzes an der Sammelurkunde ersetzt, die somit auch eine ordnungsgemäße Erbringung der Gegenleistung nach Maßgabe des Titels vom 06.02.2012 darstellt.
Davon abgesehen haben die Parteien auch in der Vereinbarung II vom 28.05.2008 in Abschnitt D. § 4 Absatz 3 (Anl. K 2) geregelt, dass „die Put-Options-Aktien … in ein von Herrn benanntes Depotkonto zu liefern“ seien.
aa) Das klägerische Angebot durch entsprechende Antragstellung im Ausgangsverfahren genügte somit den Anforderungen der §§ 294, 295 Satz 2 BGB und setzte den Beklagten folglich schon damals in Annahmeverzug.
bb) Jedenfalls wurde der Beklagte aber spätestens mit dem klägerischen Angebot vom 23.11.2012 (Anl. K 20) in Annahmeverzug gesetzt.
Anders als die Berufungsbegründung behauptet, wird vom Beklagten mit diesem Schreiben keine Vorleistung hinsichtlich seiner Zahlungsverpflichtung verlangt, sondern die Klägerin bietet nach dem Inhalt ihres Schreibens die Übertragung der Aktien auf ein vom Beklagten zu benennendes Depot an, wie dies auch vertraglich geregelt war (vgl. oben).
Das klägerische Angebot vom 23.11.2012 an die insoweit Bevollmächtigten des Beklagten (vgl. Anl. B 39), die streitgegenständlichen Aktien auf ein vom Beklagten anzugebendes Depot zu übertragen, genügt somit ebenfalls den Anforderungen der §§ 294, 295 Satz 2 BGB und setzt den Beklagten folglich spätestens zum 28.11.2012 in Annahmeverzug.
cc) Soweit der Beklagte sich auch in der Berufungsbegründung darauf beruft, dass das Angebot der Klägerin schon deshalb nicht ordnungsgemäß sei, weil die Aktien gar nicht ihr gehörten, erschöpft sich der diesbezügliche Vortrag in unsubstantiierten Spekulationen. Das Landgericht hat sich aufgrund der Vorlage des notariellen Kaufvertrags vom 12.02.2013 (Anl. K 23) in zutreffender Weise die Überzeugung gebildet, dass sich an der Rechtslage seit der Durchführung des Ausgangsverfahrens keine Änderung ergeben habe. Dafür spricht auch das Schreiben der -Bank vom 21.01.2013 (Anl. K 45), wonach sich die streitgegenständlichen Aktien in einem Depot befinden, dessen Inhaberin die Klägerin ist.
Insoweit wurde bereits in dem Verfahren vor dem Landgericht München I, Az. 34 O 6388/09, ausführlich geprüft, ob die Klägerin Inhaberin der streitgegenständlichen Aktien und damit zur Übertragung berechtigt sei (vgl. Anl. K 1, Seite 9). Eine Veränderung dieser Sachlage ist nicht nachvollziehbar dargetan.
c) Nach Eintritt des Annahmeverzugs des Beklagten hat die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 29.01.2012 (Anl. K 21) den freihändigen Verkauf der Aktien nach § 373 Abs. 2 HGB angedroht. Auf diese einseitige, empfangsbedürftige Erklärung sind die Vorschriften der §§ 116 ff. BGB jedenfalls entsprechend anwendbar (vgl. Baumbach/Hopt HGB, 37. Aufl., § 373 Rn. 15).
Soweit die Berufungsbegründung sich insoweit darauf beruft, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs dieses Schreiben an ihn geschäftsunfähig gewesen sei, ist der Vortrag hierzu nicht hinreichend substantiiert.
aa) Ausweislich des psychiatrischen Gutachtens vom 28.04.2011, das vom Beklagten als Anl. B 8 vorgelegt und zum eigenen Sachvortrag gemacht wurde, besteht bei dem Beklagten eine rezidivierende depressive Störung, die zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchungen im Januar 2011 durch Therapiemaßnahmen deutlich verbessert war und nach Ansicht des Gutachters durch entsprechende Therapien weiter verbessert werden konnte. Es gab nach den gutachtlichen Feststellungen für diesen Zeitraum keine ausreichenden Hinweise für eine psychopathologisch begründbare Verursachung geschäftlicher Entscheidungen.
bb) Für die Behauptung einer Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Zugangs der Androhung vom 29.01.2012 hätte es daher nachvollziehbarer Angaben zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes bzw. zum Auftreten einer erneuten schweren depressiven Episode in diesem Zeitraum bedurft. Der Beklagte führt aber lediglich unter anderem unter Verweis auf eine Begutachtung vom 30.11.2012 (Anl. B 37) aus, dass es zu einer Verschlechterung seines Zustandes gekommen sei (vgl. Schriftsatz vom 29.07.2013, Seite 36; vom 02.11.2013, Seite 16 ff.; vom 16.11.2015, Seite 7 f.). Am Untersuchungstag (09.11.2012) befundete der Gutachter jedoch Bewusstseinsklarheit und keinen Hinweis auf eine produktive psychotische Symptomatik (Gutachten Seite 14). Es liege aktuell (nur) eine mittelgradige Depression vor (Gutachten Seite 18).
Eine erneute stationäre Behandlung des Beklagten fand nach dessen Angaben erst wieder im Mai 2013 statt.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Landgericht aufgrund dieser Ausführungen keine weitere Beweiserhebung zum Vorliegen oder Fehlen von Geschäftsfähigkeit bei Zugang des Androhungsschreibens vom 29.01.2012 durchgeführt hat.
cc) Abgesehen davon, dass der Beklagte mit einem neuen substantiierten Vorbringen zu diesem Umstand im Berufungsverfahren ohnehin nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen ist, enthält auch die Berufungsbegründung vom 11.05.2016 wieder nur die pauschale Behauptung, der Beklagte sei auch nach dem 28.05 2008 und zum Zeitpunkt des Zugangs der Androhung im Januar 2012 geschäftsunfähig erkrankt gewesen (dort Seite 53, Seite 65).
dd) Soweit der Beklagte sich nunmehr in der Replik vom 16.11.2016 auf eine gutachtliche Feststellung zu seiner Geschäftsfähigkeit beruft, ist er mit diesem Vorbringen auch nach §§ 520 Abs. 3, 530 ZPO ausgeschlossen.
Außerdem bezieht sich auch das nunmehr vorgelegte Gutachten (Anl. BK 21) auf die Zeiträume Februar 2009 bis April 2009, 23. November 2009 bis 07. Januar 2010 und November 2012 bis Mai 2013, nicht aber auf den hier maßgeblichen Zeitraum um den 29.01.2012 (vgl. Anl. K 21) und ist deshalb unbehelflich, zumal der Gutachter ausdrücklich ausführt, dass ihm keine geeigneten Dokumente für den zwischenzeitlichen Krankheitsverlauf vorlägen (Anl. BK 21, Seite 10).
d) Inhaltlich genügt die Androhung vom 29.01.2013 den gesetzlichen Anforderungen, wonach sie so bestimmt sein muss, dass der Beklagte ohne weiteres zu erkennen vermochte, dass die Klägerin zum Selbsthilfeverkauf nach § 373 Abs. 2 HGB schreiten wolle, und zwar gerade hinsichtlich der streitgegenständlichen Aktien, mit deren Annahme er in Verzug ist.
d) Eine ordnungsgemäße freihändige Veräußerung nach § 373 Abs. 2 Satz 1 HGB setzt zum einen voraus, dass die Ware einen Börsen- oder Marktpreis hat, zum anderen, dass der Verkauf durch eine hierfür zuständige Person, insbesondere also durch einen öffentlich ermächtigten Handelsmakler oder eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person wie einen Notar nach § 20 Abs. 3 BNotG, zum laufenden Preis, erfolgt.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Landgericht aufgrund einer nicht zu beanstandenden Würdigung der ihm vorliegenden Urkunden, insbesondere des notariellen Kaufvertrags vom 12.02.2013 (Anl. K 23), in bindender Weise bejaht. Die Ausführungen hierzu in der Berufungsbegründung sind nicht geeignet, konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung – wie ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche – aufzuzeigen.
e) Des weiteren muss ein Handelskauf nach § 373 HGB ein Vertrag über eine Lieferung von Wertpapieren wie Aktien sein (§ 381 HGB), der zumindest für eine Partei ein Handelsgeschäft ist.
Zwar ist die Klägerin als Ltd. kein Formkaufmann im Sinne von § 6 Abs. 2 HGB und mangels Eintragung in das deutsche Handelsregister ergibt sich eine Kaufmannseigenschaft auch nicht aus § 5 HGB. Ausweislich der klägerischen Satzung und belegt durch den streitgegenständlichen Handel mit den Aktien mit verschiedenen Vertragspartnern ist die Klägerin aber auf eine planmäßige, dauerhafte und selbständige unternehmerische Tätigkeit in einem Umfang angelegt, der einen kaufmännische eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert (§ 1 HGB).
Auf eine – zusätzliche – Kaufmannseigenschaft des Beklagten kommt es nicht an.
f) Der handelsrechtliche Selbsthilfeverkauf erfolgte für die Rechnung des Beklagten, wobei die Klägerin kraft Gesetzes die Stellung einer Beauftragten hatte und daher verpflichtet war, dem Beklagten über die Durchführung des Selbsthilfeverkaufs Rechenschaft abzulegen (§ 666 BGB), und ihm den erzielten Erlös herauszugeben (§ 667 BGB). Weiter ist die Klägerin berechtigt, von dem Beklagten Ersatz der Aufwendungen zu verlangen, die sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte (§ 670 BGB).
Zugleich hat die Klägerin durch die Veräußerung der Aktien für Rechnung des Beklagten diesem gegenüber ihre Übertragungspflicht aus dem Hauptvertrag erfüllt. Bei einem Zugum-Zug abzuwickelnden Kaufvertrag wie hier wird damit auch der Anspruch der Klägerin auf den Kaufpreis fällig, da sie ja ihre Leistung erbracht hat (im Einzelnen vgl. Staub/Koller HGB, 5. Aufl., § 373 Rn. 54, 55).
6. Soweit der Beklagte nunmehr mit Schriftsatz vom 08.12.2016 gegen den Feststellungsantrag eine Einrede aus §§ 823, 826, 273 BGB erhebt, kann er damit in diesem Verfahren nicht gehört werden. Ein bestehender Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB würde allenfalls zu einem Zurückbehaltungsrecht führen, also zu einem Recht darauf, eine geforderte Leistung zu verweigern. Vorliegend aber wird nicht auf Leistung geklagt.
Davon abgesehen greift nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen (vgl. BGH NJW 1985, 1959 m.w.N.) eine Partei, die sich eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens bedient, auch dann nicht rechtswidrig in den geschützten Rechtskreis ihres Verfahrensgegners ein, wenn ihr Begehren sachlich nicht gerechtfertigt ist und dem anderen Teil aus dem Verfahren Nachteile erwachsen. Ein Kläger ist danach auch nicht verpflichtet, zuvor mit Sorgfalt zu prüfen, ob er sich zur Ingangsetzung des Verfahrens für berechtigt halten darf, da den Schutz des Gegners das Verfahren selbst übernimmt. Anderes gilt zwar bei der vorsätzlichen sittenwidrigen Schadenszufügung durch ein mit unlauteren Mitteln betriebenes Verfahren. Für die tatsächliche Verwendung unlauterer Verfahrensmittel durch die Klägerin fehlt es aber an jeglichen Anhaltspunkten.
III.
Die Berufung des Beklagten war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Entscheidung in einem Einzelfall, die keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.
IV.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ff. ZPO, §§ 39 ff. GKG. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Feststellung, das der Kostenersparnis entspricht, die die Klägerin dadurch erlangt, dass sie die Erbringung der Gegenleistung im Hinblick auf §§ 756, 765 ZPO nicht mehr anderweitig nachweisen muss. Diese Kosten sind vom Gericht zu schätzen, wobei sich vorliegend die Schätzung an den jeweiligen Angaben der Parteien orientiert (vgl. Bl. 23 bis 29 d.A.).
Verkündet am 12.01.2017