Bankrecht

Auskunft über Mitgesellschafter einer Fondsgesellschaft

Aktenzeichen  12 O 14588/15

Datum:
29.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 226, § 242

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 6.766,51 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Grundsätzlich hat ein an einer Publikumgskommanditgesellschaft beteiligter Anleger gegen die Gesellschaft und die geschäftsführende Gesellschafterin einen Anspruch darauf, dass ihm die Namen und die Anschriften der anderen mittelbar und unmittelbar beteiligten Anleger mitgeteilt werden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 05.02.2013 – II ZR 134/11; BGH, Urteil vom 11.01.2011 – II ZR 187/09). Diese Rechtsposition ist zwischen den Parteien grundlegend nicht streitig.
2. Streitig ist zwischen den Parteien jedoch, ob dem Kläger im vorliegenden Einzelfall der Auskunftsanspruch wegen Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB verwehrt ist. Davon geht das Gericht im vorliegenden Fall aus.
Beschränkt ist das benannte Auskunftsrecht grundsätzlich allein durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung aus § 242 BGB und das Schikaneverbot nach § 226 BGB. Die Auskunft darf nur dann verweigert werden, wenn an ihrer Erteilung kein vernünftiges Interesse besteht oder das Interesse so unbedeutend ist, dass es in keinem Verhältnis zu dem für die Erteilung erforderlichen Aufwand steht (vgl. BGH, Urteil vom 11.01.2011 – II ZR 187/09; BGH, Urteil vom 16.05.1984 – IVa ZR 106/82). Die gegen § 242 BGB verstoßende „Rechtsausübung“ oder Ausnutzung einer „Rechtslage“ ist als Rechtsüberschreitung missbräuchlich und unzulässig. Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles begründen (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 38). Unabhängig von der höchstrichterlich entschiedenen konkreten Missbrauchsgefahr bezüglich der Anlegerdaten bei kollusivem Zusammenwirken zwischen Rechtsanwalt und Mandant (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.2013 – II ZR 134/11) liegt eine Untergruppe der unzulässigen Rechtsausübung allgemein im Fehlen eines schutzwürdigen Eigeninteresses. Unter diese Fallgruppe ist u.a. die Ausübung eines Rechts als Vorwand für die Erreichung verfahrensfremder oder unlauterer Zwecke zu fassen (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 50).
Im vorliegenden Fall besteht der dringende Verdacht, dass ein ernsthaftes eigenes Interesse des Klägers an der Auskunftserteilung zur Kontaktaufnahme mit den übrigen Mitgliedern und an der Wahrnehmung seiner „mitgliedschaftlichen Kernrechte“ nicht gegeben ist, sondern es sich vorliegend vielmehr um einen „Prozess des Klägervertreters“ handelt, der hier verfahrensfremde Zwecke verfolgt. Das Gericht geht vorliegend von einer gegen § 242 BGB verstoßenden „Rechtsausübung“ und Ausnutzung einer „Rechtslage“ aus, sodass der Auskunftsanspruch hier aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalls zu verneinen ist. Soweit die Beklagte bereits Auskunft erteilt hat (Anlage B 2), ist die Klage wegen der bereits erfolgten Erfüllung ohnehin unbegründet.
Das Gericht hat vorliegend versucht, die streitrelevante „wahre Intention“ des Klägers herauszuarbeiten. Es hat dem Kläger mehrfach die Möglichkeit gegeben, im Rahmen einer persönlichen Anhörung seine Motivationslage – an welcher durch den Vortrag der Beklagtenseite und dem Prozessverhalten der Klageseite insgesamt erhebliche Zweifel bestanden – in einfacher Weise darzulegen. Von dieser Möglichkeit hat die Klageseite – objektiv unverständlich und unbegründet – keinen Gebrauch gemacht.
Zwar behauptet der Klägervertreter hier, dass der Kläger durch die begehrten Daten für die Zukunft sicherstellen will, dass er mit den übrigen Fondsbeteiligten in Kontakt treten kann, dies – so ergibt es der Gesamtertrag des Klägervertreters, u.a. die wohl vorformulierte Anlage K 10 – um unter Umständen irgendwann einmal seine gesellschaftsrechtlichen Rechte ausüben zu können.
Abstrakt gesehen stellt dies – vor dem Hintergrund des „starken“ unentziehbaren mitgliedschaftlichen Rechts auf Mitwirkung und Auskunftserteilung (s.o.) – ein durchaus vernünftiges Interesse dar. Daran, dass dieses Interesse jedoch im vorliegenden Einzelfall beim Kläger tatsächlich gegeben ist, bestehen erhebliche Zweifel seitens des Gerichts.
Da hier gerade auch die Einwirkung des Klägervertreters auf den Kläger fraglich ist und es um innere Tatsachen des Klägers persönlich geht, die naturgemäß sachgerecht nur von diesem dargelegt werden können, hat das Gericht sein ihm im Rahmen von § 141 Abs. 1 ZPO eingeräumtes Ermessen dahingehend ausgeübt, dass es den Kläger zu seiner Motivationslage und seinem Interesse an dieser Vielzahl von (Privat) daten der übrigen Anleger anhören wollte. Der Kläger wurde zweimal persönlich geladen. Es ist dem Tatrichter schon grundsätzlich erlaubt, eine Partei zu laden und anzuhören, wenn es dem Gericht zur Sachaufklärung notwendig erscheint und zur Überzeugungsbildung dafür dient, was für wahr und was für nicht wahr zu erachten ist. Darüber hinaus hat die Beklagte den konkreten Verdacht in den Raum gestellt, dass hier ein Rechtsmissbrauch von Klageseite vorliegt. Sie hat dafür auch konkrete Anhaltspunkte benannt, die nicht von der Hand zu weisen sind. Die Beklagtenseite hat hier explizit beantragt, den Kläger zu seiner Motivation der Klageerhebung und Klageveranlassung sowie dem Inhalt der Klageschrift informatorisch anzuhören und/oder als Partei zu vernehmen. Eine andere Möglichkeit, die Intention des Klägers zu erfahren und einen umfassenden Eindruck vom Eigeninteresse des Klägers zu erhalten, besteht weder für die Beklagte noch für das Gericht. Der Klägervertreter hat sich der Anhörung ausdrücklich und vehement verweigert. Objektive Gründe hierfür, z.B. zu weite Anreise aufgrund zu weiter Entfernung, Krankheit/Gebrechen etc., denen man u.U. durch geeignete Maßnahmen hätte begegnen können, wurden nicht explizit vorgebracht.
Die Verweigerung der Aussage des Klägers wird daher unter Berücksichtung der auf eine unzulässige Rechtsausübung hindeutenden Indizien für den konkreten Einzelfall zusammenfassend gewürdigt.
Gegen das Vorliegen eines eigenen ernsthaften Interesses des Klägers an der Auskunftserteilung und für den Rechtsmissbrauch sprechen hier eine Reihe von Gesichtspunkten:
a) Zunächst ist ausdrücklich festzuhalten, dass der Kläger mit Schreiben vom 05.05.2014 (Anlage B 2) unstreitig bereits Anlegerdaten seiner Mitgesellschafter/Mittreugeber erhalten hat, welche einer Weitergabe ihrer Daten zugestimmt hatten. Diesen Umstand hat die Klageseite in ihrer Klageschrift vom 17.08.2015 völlig unerwähnt gelassen. Auch in der Replik hat der Klägervertreter diesen Umstand nur rudimentär gestriffen (Bl. 40 d.A.) und lediglich „mit Nichtwissen bestritten, das (sic!) es sich um Anleger handele, die an der Beklagten beteiligt seien und diese der Herausgabe zugestimmt hätten“. Welches Ziel der dahingehende Vortrag vor dem Hintergrund des Gesamtbegehrens verfolgt, ist nicht nachvollziehbar. Auf Nachfrage des Gerichts an den Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 02.08.2016 erklärte dieser, Kontakt mit den genannten Anlegern wurde nicht aufgenommen und die Aufnahme sei vorerst auch nicht geplant, es gäbe keinen Grund hierzu. Er erklärte weiter, dass die erteilten Auskünfte nicht ausreichen würden, da er damit zahlenmäßig (noch) nichts anfangen könne, z.B. zur Erreichung eines notwendigen Quorums. Das mag für sich genommen ein schlüssiges Argument sein, allerdings zeugt die nicht erfolgte Kontaktaufnahme nicht von einem wirklich vorhandenen Interesse des Klägers an der Kontaktaufnahme und das Unerwähntlassen in der Klage – unabhängig davon, dass hinsichtlich der bereits erteilten Auskünfte die Klage wegen Erfüllung unbegründet wäre – einen erheblich lückenhaften Klagevortrag.
b) Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger selbst mit Schreiben der Beklagten vom 05.03.2014 (Anlage B 3) angeschrieben und aufgefordert wurde, über die Herausgabe seiner Daten an andere Anleger Weisung zu erteilen. Auf diese Anfrage hat der Kläger unstreitig überhaupt nicht reagiert, obwohl das Schreiben wenige Monate nach der behaupteten Anfrage des Klägers an den Klägervertreter und die erteilte Vollmacht für Auskunft und Informationsaustausch mit den Mitgesellschaftern erfolgte. Auch dieses Verhalten spricht nicht dafür, dass der Kläger tatsächlich das vernünftige Interesse verfolgt, mit den anderen Anlegern zur Ausübung seiner mitgliedschaftlichen Rechte in Kontakt zu treten. Wenn der Klägervertreter insoweit eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 28.03.2013 – I-6 U 118/12 zur Begründung dafür zitiert, dass es keine Rolle spiele, wenn der Kläger bisher nicht in Kontakt mit der Gesellschaft getreten sei oder an Versammlungen und Abstimmungen teilgenommen habe, verkennt er offenbar, dass dort – alleine aus der zitierten Passage ersichtlich – ein vom vorliegenden Fall wesentlich unterschiedlicher Sachverhalt vorlag. Dort wurde der dortige Kläger offenbar persönlich angehört/vernommen (siehe dazu im vorliegenden Fall sogleich unten) und machte einen glaubwürdigen, seine Aussage auf den erkennenden Senat einen glaubhaften Eindruck. Es wurden hier offenbar verständliche Gründe des Klägers hinsichtlich der unterlassenen direkten Kontaktaufnahme angenommen, die der Kläger dort selbst vorgetragen hatte. Dies alles fehlt hier. Wenn der Klägervertreter weiter vorträgt, dass vergangene Nichtteilnahme an Angelegenheiten der Gesellschaft keine Rolle spiele, da ein Anleger irgendwann damit „beginnen“ „kann und muss“ (Bl. 40 d.A.), stellt sich die Frage, warum er im März 2014 auf eine Anfrage der Fondsverwaltung nicht reagiert, wo er doch spätestens am 22.12.2013 (Anlage K 6) „damit begonnen hat“.
c) Der Kläger hat es vorliegend auf ausdrückliches Anraten des Klägervertreters – so der Vortrag des Klägervertreters – vorgezogen, trotz expliziter persönlicher Ladungen zu den anberaumten Terminen nicht persönlich zu erscheinen. Es wäre in einer persönlichen Anhörung für den Kläger „ein Leichtes gewesen“, die im Raum stehenden Missbrauchsvorwürfe zu entkräften und seine persönliche Motivation zur Datenerlangung darzulegen – vorausgesetzt, der Kläger persönlich hat ein persönliches Interesse an den Daten seiner Mitgesellschafter/Mittreugeber. Statt eines entsprechenden Verhaltens hat sich der Klägervertreter vehement und konfrontativ einer Anhörung des Klägers – ohne objektiv nachvollziehbaren Grund – widersetzt. Bereits mit der Ladung zum ersten Termin – nach Verlegung – zum 01.03.2016 wurde das persönliche Erscheinen des Klägers zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 141 Abs. 1 ZPO) und für einen Güteversuch angeordnet. Bereits in der Replik widersetzte sich der Klägervertreter einer Parteianhörung (Bl. 35, 37 d.A.), obwohl die persönliche Anhörung des Klägers, dessen Interesse und Motivationslage, offenkundig eine wesentliche Rolle spielte. Er schrieb hierzu: „Der Kläger wird zum Termin zur mündlichen Verhandlung selbstverständlich nicht aus dem Norden anreisen, wenn die Beklagtenvertreter meinen, lediglich derartige Behauptungen ins Blaue hinein aufzustellen. Auch wir werden einen Terminsvertreter beauftragen, weil die Sachlage derart eindeutig ist“. In der mündlichen Verhandlung erschien dann ein Unterbevollmächtigter mit Vollmacht nach § 141 Abs. 3 ZPO. Dieser Untervollmächte erklärte auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts, dass er nach § 141 Abs. 3 ZPO Auskunft erteilten könne. Er erklärte jedoch weiter, dass er mit dem Kläger persönlich nicht gesprochen, sondern dass er Informationen vom Hauptbevollmächtigten erhalten habe. Wie sich dann im Laufe des Prozesses herausstellte, tätigte er sodann einfach Angaben „ins Blaue hinein“. Beispielsweise erklärte er auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts zunächst – die Problematik wurde bereits zuvor schriftsätzlich aufgeworfen (Bl. 49 d.A.) – vor dem Hintergrund, dass in der Klage von einem ersten Aufforderungsschreiben der Klageseite an die Beklagte vom 12.06.2013 die Rede ist (Bl. 5 d.A.), während die Vollmacht (Anlage K 6) vom 22.12.2013 datierte, dass bereits davor eine mündliche Auftragserteilung stattgefunden habe (Bl. 54 d.A.). Tatsächlich war dies nach Angabe des Hauptbevollmächtigten überhaupt nicht der Fall (Bl. 77 d.A.). Die Datumsnennung resultierte offenbar vielmehr aus einem „copy & paste“-Fehler.
Nachdem aus der Befragung des Unterbevollmächtigten offensichtlich wurde, dass er keine fundierte und sachdienliche Auskunft erteilen kann, erklärte das Gericht ausdrücklich, dass es diese Auskunft nicht als ausreichend erachte, es den Kläger persönlich anhören will und daher ein neuer Termin zur Anhörung anberaumt wird. Mit Verfügung vom 02.03.2016 bestimmte das Gericht daher einen weiteren Termin unter Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers zur Aufklärung des Sachverhalts. Mit Schreiben vom 08.03.2016 (Bl. 58/59 d.A.) erklärte der Klägervertreter sodann, dass ihm vom Unterbevollmächtigten mitgeteilt worden sei, dass das Gericht weiterhin eine Parteianhörung für notwendig erachte. Hierfür seien aus seiner Sicht keinerlei Gründe ersichtlich. Er erklärte weiter: „Vielmehr hat das Gericht umgehend zu entscheiden. Wir teilen bereits jetzt mit, dass wir dem Kläger empfehlen werden, nicht in München zu erscheinen. (…) Vor diesem Hintergrund ist die Angelegenheit entscheidungsreif. Das Gericht wird gebeten, den Fortsetzungstermin aufzuheben und einen Verkündungstermin anzuberaumen. Dies wird beantragt.“ Der Klägervertreter legte zur Stützung seiner These einen Hinweisbeschluss des OLG München vom 25.02.2016 – 7 U 4846/15 vor. Mit Schriftsatz vom 05.04.2016 (Bl. 61/64 d.A.) beantragte der Klägervertreter dann den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben. Er berief sich erneut darauf, dass nach dem zitierten Beschluss des OLG München keine Parteianhörung durchzuführen sei. Er schrieb weiter u.a.: „Wir können bereits jetzt mitteilen, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung überflüssig ist. Der Kläger wird nicht persönlich aus Norddeutschland anreisen, nur damit die Beklagte einem Ausforschungsbeweis nachgehen kann. Von daher ist der Termin zur mündlichen Verhandlung überflüssig und es kann Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt werden. Das Gericht möge entsprechend entscheiden.“ Im selben Schriftsatz erklärte er diesbezüglich weiter: „Selbstverständlich wäre der Kläger angereist. Telefonisch hat er dies dem Unterzeichner bereits mitgeteilt. Der Unterzeichner war es jedoch, der von einer Anreise abgeraten hat, weil es dafür keinen Anlass gab. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass der Vortrag der Beklagten derart ins Blaue hinein gemacht wurde, dass seine Anwesenheit überflüssig ist“.
Per Verfügung vom 11.04.2016 (Bl. 65 d.A.) teilte das Gericht dem Klägervertreter mit, dass es bei der mündlichen Verhandlung vom 02.08.2016 verbleibt und der Kläger nicht vom persönlichen Erscheinen entbunden wird, da die Anhörung zur Sachverhaltsaufklärung nötig erscheint. Das Gericht wies darauf hin, dass der zitierte OLG-Beschluss nichts Gegenteiliges aussage, da der Senat dort, die Entscheidung und Würdigung des Erstgerichts, die auf Grundlage einer Parteinanhörung ergangen war, für richtig erachtete und daher keinen weiteren Grund für eine Parteieinvernahme nach § 445 ZPO sah. Der Klägervertreter erklärte daraufhin mit Schriftsatz vom 29.04.2016 (Bl. 66/67 d.A.) u.a.: „Auch in diesem Fall ist keine Parteianhörung notwendig. Die Angelegenheit verzögert sich weiter. Wir können bereits jetzt mitteilen, dass wir dem Mandanten nicht empfehlen werden, extra anzureisen. Diesbezüglich würden wir eine Vollmacht nach § 141 Abs. 3 ZPO vorlegen, um so eine Entscheidung des Gerichts auf dieser Basis zu erhalten. Die Frage muss grundsätzlich geklärt werden. Vor diesem Hintergrund halten wird (sic!) es für überflüssig, nochmals einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Es kann sofort eine Entscheidung getroffen werden.“
Mit Verfügung vom 07.07.2016 wies das Gericht erneut darauf hin, dass es ausdrücklich an der Ladung des Klägers und der Anordnung des persönlichen Erscheinens festhält (Bl. 47 d.A.).
Im Termin vom 02.08.2016 erschien der Kläger dann trotz ausdrücklicher Anordnung nicht. Es erschien der Hauptbevollmächtigte mit Vollmacht nach § 141 Abs. 3 ZPO. Dieser erklärte, dass für ihn nicht nachvollziehbar sein, warum das Landgericht München die Parteien immer anhöre, in Hamburg sei das auch nicht so. Der Kläger müsse hier gar kein Interesse darlegen. Er wolle eine Entscheidung des OLG erreichen.
Dieses Verhalten zeigt insgesamt, dass die Klageseite offenbar gerade nicht zielgerichtet ihr vorgetragenes Klagebegehren verfolgt, sondern – wie es der Klägervertreter ausdrücklich benannt hat – ein Grundsatzurteil des OLG München zur Frage der Notwendigkeit einer Parteianhörung im Rahmen einer solchen Auskunftklage erhalten will.
d) Im Rahmen der „persönlichen Anhörung des Klägervertreters nach § 141 Abs. 3 ZPO“ hat dieser zwar – wenn auch vage – Angaben zur Motivation des Klägers getätigt. Allerdings erscheint dies in diesem konkreten Einzelfall in der Gesamtwürdigung nicht als ausreichend. Darauf wurde hingewiesen. Ob diese Angabe wirklich die Motivation des Klägers abbildet, ist für das Gericht fraglich. Dass hier tatsächlich keine zielgerichtete Abstimmung auf das behauptete Verfahrensziel „der Kläger bekommt Daten seiner Mitgesellschafter/Mittreugeber übersandt“ stattfand, legt auch die Tatsache nahe, dass der Kläger persönlich dem Gericht mit Schreiben vom 21.07.2016 mitteilte, dass er eine neue Anschrift habe, von welcher der Klägervertreter im Termin vom 02.08.2016 überhaupt nichts wusste.
e) Zusätzlich und ergänzend, ist bei der Würdigung zu berücksichtigten, dass der Kläger mit dem Klägervertreter hier einen Prozessvertreter weitab von seinem Wohnort zur Beratung hinsichtlich mehrerer Fonds beauftragt hat, der Kläger laut Klägervertreter aber nicht „bzgl. jedes Fonds auch etwas machen will“, er grundsätzlich „nicht unzufrieden mit dem Fond“ sei und „es nicht so [sei], dass er heute mit ihnen [Anm.: den übrigen Fondbeteiligten] Kontakt aufnehmen will“ (Bl. 78 d.A.). Darüber hinaus sei die Entscheidung, wie und in welcher Art die Kontaktaufnahme zu den circa 6.000-10.000 Mitgesellschafter/Mittreugebern im konkreten Fall erfolgen soll, noch nicht getroffen worden.
Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen ist das Gericht vorliegend davon überzeugt, dass der Kläger tatsächlich gar kein eigenes Interesse an der Erteilung der begehrten umfassenden Daten hat, jedenfalls das behauptete „zukünftige Interesse“, irgendwann einmal mit den Mitgesellschafter/Mittreugebern in Kontakt treten zu können, in einem auffälligen Missverhältnis zum Aufwand und Eingriff aufgrund der Weitergabe tausender persönlicher Mitgliederdaten steht. Grundsätzlich ist dem Klägervertreter Recht dahingehend zu geben, dass dem Kläger anlassunabhängig und generell ein Anspruch auf Auskunftserteilung zusteht und er generell kein gesondertes Interesse darlegen muss, das über das Interesse, seine Vertragspartner zu kennen, hinausgeht. Allerdings liegt der dahingehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung gerade der Gedanke zugrunde, dass das Mitglied in einem Publikumsfonds tatsächlich auch Interesse an der Erteilung der Auskünfte hat, um die übrigen Mitglieder zu kennen und mit ihnen (zur gemeinsamen Rechteausübung) in Kontakt treten zu können. Genau daran bestehen hier allerdings aufgrund der Umstände des Einzelfalles – wie ausführlich dargelegt – erhebliche Zweifel. Das Recht auf Auskunft von persönliche Daten tausender anderer Anleger wird auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung explizit durch das Institut der unzulässigen Rechtsausübung eingeschränkt. Das Gericht ist hier vom Fehlen eines schutzwürdigen Eigeninteresses des Klägers überzeugt. Auch der Verdacht des kollusiven Zusammenwirkens zum Datenmissbrauch lässt sich hier nicht entkräften. Wenn, wie hier, kein eigenes Interesse des Klägers angenommen werden kann, dieser sich auch nicht bemüht, ein solches konkret darzulegen und zusätzlich durch den Klägervertreter mit pauschalen Aussagen, angepasst an die einschlägige Rechtsprechung, die Grenzen der bisher ergangen Rechtsprechung – unter völliger Außerachtlassung der verfahrensleitenden Anordnungen des hiesigen Gerichts – „ausgetestet“ werden, ohne im Ergebnis tatsächlich zielgerichtet das behauptete Klagebegehren zu verfolgen, stellt dies eine unzulässige Rechtsausübung unter Verstoß gegen § 242 BGB dar.
Der Anspruch ist vor dem Hintergrund im vorliegenden Einzelfall daher insgesamt zu verneinen. Auf weitere Rechtsfragen kommt es damit in dieser Sache nicht mehr an. Die Klage wird daher abgewiesen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert richtet sich nach dem Klageinteresse, § 3 ZPO. Dieses wird hier mit einem Viertel der Beteiligungssumme i.H.v. 30.000 USD, d.h. umgerechnet mit 6.766,51 € bewertet.

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