Bankrecht

Dienstvertragscharakter eines Treuhandvertrages

Aktenzeichen  29 O 9543/17

Datum:
28.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 33758
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HGB § 106 Abs. 2 Nr. 1, § 162 Abs. 1 S. 1, § 171 Abs. 1 Hs. 2, § 272 Abs. 1
BGB § 133, § 157, § 390

 

Leitsatz

Das auf die Treuhandtätigkeit bezogene Austauschverhältnis ist als entgeltliche Geschäftsbesorgung mit dienstvertraglichem Charakter einzuordnen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.989,50 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 947,46 € seit 01.08.2016, 01.09.2016,
01.10.2016, 01.11.2016, 01.12.2016 und 01.01.2017 sowie aus jeweils 942,06 € seit
01.02.2017, 01.03.2017, 01.04.2017, 01.05.2017, 01.06.2017, 01.07.2017, 01.08.2017, 01.09.2017, 01.10.2017, 01.11.2017, 01.12.2017 und 01.01.2018 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Widerklage wird abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 86.289,50 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und weitestgehend begründet, die Widerklage ist zulässig aber unbegründet.
A.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht München I gemäß den §§ 12, 17 ZPO, 23, 71 Abs. 1 GVG sachlich und örtlich zur Entscheidung zuständig.
B.
Die Klage ist auch im Hauptantrag vollständig (u. Ziff. I) und im Zinsantrag weitestgehend (Ziff. II) begründet.
I.
Im Hauptantrag war der Klägerin für den Zeitraum Juli 2016 bis Dezember 2017 eine Honorarforderung gemäß Klageantrag zuzusprechen.
1. Gemäß § 16 Ziff. 2.4 S. 4 und 5 des Gesellschaftsvertrags steht der Klägerin für ihre Tätigkeit als Treuhandkommanditistin im vorgenannten Zeitraum ein zeitanteiliger, jährlicher Honoraranspruch in Höhe von 0,1% des gezeichneten Kapitals inklusive Mehrwertsteuer zu.
2. Hinsichtlich dieses Anspruchs ist die Beklagte passivlegitimiert. Aus § 16 Ziff. 3 S. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrags, wonach es sich bei den in § 16 Ziff. 1 ff. geregelten Honoraren ausdrücklich um „Kosten des Fonds“ handelt und Erhöhungen der für die Honorare geltenden Umsatzsteuer„zulasten der Fondsgesellschaft“ gehen, ergibt sich eindeutig, dass die Honorare von der Fondsgesellschaft bezahlt werden. Dementsprechend ist das Treuhänderhonorar auch – neben den anderen Funktionsträger-Honoraren – im Investionsplan der Gesellschaft (Anlage K1, S. 49) aufgeführt. Hieraus folgt ein Direktanspruch der Treuhandkommanditistin gegen die Fondsgesellschaft. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass die Registertreuhandverträge, auf die in § 16 Ziff. 2.4 S. 3 des Gesellschaftsvertrags Bezug genommen wird, nicht mit der Fondsgesellschaft, sondern zwischen der Treuhandkommanditistin und den Treugeber-Anlegern zustande kommen und diese Verträge in § 12 Ziff. 1 ihrerseits eine – im Wesentlichen inhaltsgleiche – Vergütungsregelung enthalten. Gleichwohl ist zu beachten, dass die Treuhandkommanditistin nicht nur im Interesse des Anlegers, sondern mindestens in gleichem Maße im Interesse der Fondsgesellschaft tätig wird. Publikums-Fondsgesellschaften bieten die Treuhandgestaltung bewusst an, um Anlegern eine Beteiligung möglichst ohne Verwaltungsaufwand, insbesondere ohne Registereintragung gemäß §§ 162 Abs. 1 S. 1, 106 Abs. 2 Nr. 1 HGB und ohne persönliche Mitwirkung in Gesellschaftsgremien (vgl. § 8 Ziff. 1, § 11 Ziff. 10 des Gesellschaftsvertrags) zu ermöglichen und damit Beitrittshemmnisse zu vermeiden und die Kapitaleinwerbung zu erleichtern. Diesem Zweck entspricht nur eine rechtliche Ausgestaltung in der Weise, dass die Fondsgesellschaft die Treuhandgebühren für die Anleger mit Direktanspruch der Treuhandkommanditistin übernimmt. Denn ginge man davon aus, dass sich Treugeber-Anleger durch den Abschluss des Registertreuhandvertrags neben ihrer Einlageverpflichtung zusätzlichen Honoraransprüchen der Treuhandkommanditistin aussetzen, die auch im Falle eines Freistellungsanspruchs des Anlegers gegen die Fondsgesellschaft etwa bei Zahlungsunfähigkeit der Fondsgesellschaft zum Tragen kommen könnten, so wäre dies ein aufklärungspflichtiger Umstand, der die Kapitaleinwerbung nicht erleichtern, sondern vielmehr ein zusätzliches Hemmnis für treuhänderische Beteiligungen schaffen würde; die Treuhandgestaltung wäre für Anleger nicht mehr attraktiv, ihr Zweck würde verfehlt.
Zu beachten ist ferner, dass sich die Treuhandvergütung sowohl nach dem Gesellschaftsvertrag als auch nach dem Registertreuhandvertrag als Jahresvergütung auf Grundlage des gesamten gezeichneten Gesellschaftskapitals errechnet. Dafür, dass auch individuelle Honoraransprüche gegen die einzelnen Treugeber in Betracht kommen, die sich dann nach der Höhe des jeweiligen Kapitalanteils richten müssten, findet sich in den Vergütungsregelungen keinerlei Anhaltspunkt. Auch dies zeigt, dass die Vergütungsregelungen, wenn auch in den Treuhandverträgen enthalten, nicht auf eine individuelle Vergütung durch die einzelnen Treugeber angelegt sind.
Nicht zuletzt wurden die Vergütungsregelungen auch unstreitig bis ins Jahr 2016 von der Beklagten im Sinne einer eigenen Zahlungspflicht „gelebt“. Aus den Protokollen zur Gesellschafterversammlung vom 25.10.2017 ergibt sich, dass die Fondsgesellschaft die Reduzierung des gezeichneten Kapitals gerade auch zu dem Zweck durchführte, die Kosten des Fonds gegenüber Funktionsträgern zu verringern (vgl. Anlage B13). Damit übereinstimmend sieht die in der Gesellschafterversammlung beschlossene Neufassung des § 16 Ziff. 2.4 (S. 6) nunmehr unmissverständlich vor, dass das „Honorar (…) aus den Gesellschaftsmitteln beglichen“ wird. Dass die Beklagte im vorliegenden Verfahren dagegen den Standpunkt vertritt, die Treugeber hätten für die Treuhandgebühren aufzukommen, ist vor diesem Hintergrund widersprüchlich und nicht nachvollziehbar.
3. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Ziff. 2.4 S. 4 des Gesellschaftsvertrags und § 12 Ziff. 1 S. 2 des Treuhandvertrags ist Bemessungsgrundlage für die Treuhändervergütung das „gezeichnete Gesellschaftskapital“ und nicht etwa das einbezahlte Kapital. Bei dem „gezeichneten Kapital“ handelt es sich um eine handelsrechtliche Begrifflichkeit, die nach § 272 Abs. 1 HGB das Nominal kapital umschreibt und von dem „eingeforderten“ Kapital gerade zu unterscheiden ist. Auch der Gesellschaftsvertrag unterscheidet in § 8 Ziff. 5 S. 1 zwischen dem „gezeichneten und eingezahlten Kapitalanteil“ .Soweit die Beklagte meint, das noch nicht einbezahlte Kommanditkapital sei von der Bemessungsgrundlage abzusetzen, ist für eine solche Auslegung der Vergütungsregelung daher kein Raum. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass den Anlegern im Emissionsprospekt (Anlage B3, Ziff. 8.11) in Aussicht gestellt wird, dass die Funktionsträger „grundsätzlich mit Honoraren vergütet“ werden, „die in Abhängigkeit vom tatsächlich eingezahlten Gesellschaftskapital stehen“, wodurch eine „leistungs- und erfolgsbezogene Honorierung erreicht“ werden soll. Denn die rein informierenden Ausführungen des Emissionsprospekts sind nicht Bestandteil des Gesellschaftsvertrags und können daher nicht zu einem abweichenden Vertragsinhalt führen, wo der Vertragswortlaut keiner Auslegung zugänglich ist. Nicht zuletzt ergibt sich aus dem Protokoll zur Gesellschafterversammlung vom 25.10.2017 (Anlage B13), dass auch die Verantwortlichen der Beklagten auf dem Boden der ursprünglichen Vergütungsregelung von einer Bemessung der Funktionsträgergebühren „immer mit Bezug auf das Nominalkapital“ ausgingen und gerade dies zum Anlass genommen wurde, das Nominalkapital rückwirkend herabzusetzen und die Bemessungsgrundlage für die Zukunft im Wege einer Neufassung des § 16 Ziff. 2.4 auf die gehaltenen Anteile zu beschränken. Im Ergebnis ist daher für die Bemessung der Treuhändervergütung nach § 16 Ziff. 2.4 a. F. weder beachtlich inwieweit das Kommanditkapital einbezahlt, realisierbar oder „zweifelhaft“ ist noch in welchem Umfang die Klägerin Beteiligungen tatsächlich treuhänderisch gehalten hat.
4. Nach Auffassung des Gerichts ist jedoch – entgegen der von der Klägerin jedenfalls ursprünglich vertretenen Ansicht – nicht etwa für die gesamte Nachplatzierungsphase auf das gezeichnete Kapital zum Ende der Platzierungsphase abzustellen; maßgeblich für die jährliche Vergütung ist vielmehr das gezeichnete Kapital zum Bilanzstichtag 31.12. des jeweils vorangegangen Geschäftsjahres. Über diese zeitliche Dimension der Bemessungsgrundlage enthält der Wortlaut des Gesellschaftsvertrags und Registertreuhandvertrags keine eindeutige Regelung und ist mehreren Auslegungen zugänglich; die Auslegung der Verträge hat daher vor allem nach dem Regelungszweck zu erfolgen. Insoweit ist kein plausibler Grund ersichtlich, warum bei der Bemessung des Treuhänderhonorars ein inaktuelles gezeichnetes Kapital zugrunde zu legen sein sollte; auch im Hinblick auf Ziff. 8.11 des Emissionsprospekts (Anlage B3), wonach durch die Vergütungsregelungen eine erfolgs- und leistungsbezogene Honorierung angestrebt wird, die in angemessener Relation zur Kapitalausstattung der Gesellschaft steht, liegt es viel näher, dass sich nachträgliche Veränderungen im Gesellschaftskapital auch auf die Vergütung auswirken. Dabei geht § 16 Ziff. 2.4 S. 5 des Gesellschaftsvertrags, wonach das Honorar zeitanteilig in monatlichen Raten zu bezahlen ist, ersichtlich davon aus, dass die jährliche Vergütung nicht erst am Jahresende, sondern bereits im laufenden Geschäftsjahr feststeht. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, auf den Bilanzstichtag des Vorjahres und nicht etwa auf den 31.12. des laufenden Geschäftsjahres abzustellen. Dementsprechend wurde dieser Stichtag auch in der Neufassung des § 16 Ziff. 2.4. ausdrücklich festgelegt. Letztlich hat sich auch die Klägerin dieser Vertragsauslegung angeschlossen, indem sie ihre Honoraransprüche im Schriftsatz vom 08.05.2018 (Bl. 107/108 d. A.) für das Jahr 2016 nur noch nach dem gezeichneten Kapital zum 31.12.2015 und für das Jahr 2017 nach dem gezeichneten Kapital zum 31.12.2016 berechnet hat.
5. Die Frage des wirksamen Zustandekommens der in der Gesellschafterversammlung vom 25.10.2017 gefassten, für die Treuhändervergütung relevanten Beschlüsse ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Dies gilt zunächst für die rückwirkende Herabsetzung des Gesellschaftskapitals zum 31.12.2016 (Anlagen B13 ff., TOP 13), da die Klägerin dem von ihr geltend gemachten Honoraranspruch für das Jahr 2017 gemäß Schriftsatz vom 08.05.2018 (Bl. 108 d. A.) lediglich das herabgesetzte Kapital in Höhe von 11.304.726,06 € zugrunde legt. Dasselbe gilt für die Änderung der Vergütungsregelung nach § 16 Ziff. 2.4 des Gesellschaftsvertrags (Anlagen B13 ff., TOP 6), da auch die Beklagte davon ausgeht, dass die Neuregelung erst ab 01.01.2018 gelten soll (vgl. Schriftsatz v. 05.02.2018, Bl. 90 d. A.). Für das Jahr 2018 werden vorliegend keine Ansprüche geltend gemacht.
6. Im Ergebnis ergibt sich aus dem Vorstehenden folgende Höhe des Vergütungsanspruchs: a) Für die Monate Juli bis Dezember 2016 ergibt sich aus dem gezeichneten Kapital zum 31.12.2015 in Höhe von 11.369.575,- € eine Gesamtvergütung in Höhe von (11.369.575 € x 0,1% x 6/12 =) 5.684,78 €.
b) Für den Zeitraum Januar bis Dezember 2017 ergibt sich aus dem herabgesetzten gezeichneten Kapital zum 31.12.2016 in Höhe von 11.304.726,06 € eine Gesamtvergütung in Höhe von (11.304.726,06 € x 0,1%o =) 11.304,72 €.
c) Aus der Summe der vorstehenden Teilbeträge ergibt sich die zugesprochene Gesamtsumme von 16.989,50 € gemäß Klageantrag.
7. Einwendungen gegen diesen Zahlungsanspruch stehen der Beklagten nicht zu, insbesondere ergeben sich solche nicht daraus, dass die Klägerin für die von ihr treuhänderisch gehaltenen Anteile – unstreitig – keine Erhöhung der Hafteinlage im Handelsregister veranlasst hat. Aus der mangelnden Registereintragung ergibt sich weder ein Minderungsrecht noch ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten.
Zutreffend ist zwar, dass in Bezug auf die Treuhändertätigkeit ein mit dem Gesellschaftsvertrag verbundener, besonderer Austauschvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zustande gekommen ist. Wie bereits oben unter Ziff. 2 ausgeführt, hat die Beklagte als Fondsgesellschaft ein erhebliches Eigeninteresse an der Tätigkeit der Treuhandkommanditistin, denn die Treuhandgestaltung hat den Zweck, ihr die vereinfachte Aufnahme einer Vielzahl von Anlegern und eine erleichterte Mitteleinwerbung zu ermöglichen. Wegen dieser Interessenlage ist davon auszugehen, dass dem Vergütungsanspruch der Treuhandkommanditistin ein synallagmatischer Leistungsanspruch der Beklagten auf Ausübung der Treuhändertätigkeit gegenübersteht. Ferner ist der Beklagten zuzugeben, dass gemäß § 4 Ziff. 4 (a. E.) des Gesellschaftsvertrags für jeden Anleger eine Haftsumme in Höhe von 1%o der Pflichteinlage bestehen soll, die bei einem Treugeber-Anleger nur durch entsprechende Erhöhung der Haftsumme der Treuhandkommanditistin im Handelsregister geschaffen werden kann (zu den Begrifflichkeiten und zum Eintragungserfordernis vgl. Baumbach/Hopt/Roth, 38. Aufl. 2018, § 171 Rn. 1, § 162 Rn. 2).
Nach Auffassung des Gerichts stellt diese Registereintragung aber jedenfalls keine prägende Kernpflicht im Rahmen des Austauschverhältnisses dar, denn der Zweck der Treuhandgestaltung, der Fondsgesellschaft die Mitteleinwerbung zu erleichtern, wird bereits durch die Schaffung der mittelbaren Gesellschafterstellung samt Einlageverpflichtung im Innenverhältnis (vgl. § 4 Ziff. 3, Ziff. 4 S. 1 des Gesellschaftsvertrags) und die treuhänderische Wahrnehmung der Gesellschafterrechte der Anleger gegenüber der Gesellschaft, etwa durch Vertretung in Gesellschafterversammlungen (§ 8 Ziff. 1, § 11 Ziff. 10 des Gesellschaftsvertrags, §§ 1 Ziff. 1 des Treuhandvertrags), weitestgehend erfüllt. Die Erhöhung der Haftsumme im Handelsregister ist dagegen lediglich für das Außenverhältnis von Bedeutung (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014, § 171 Rn. 5) und für den Nutzen der Treuhandgestaltung kaum relevant. Als Beleg hierfür mag nicht zuletzt dienen, dass auch die Beklagte die Untätigkeit der Klägerin in Bezug auf die Haftsummenerhöhung über Jahre konsequenzlos hingenommen hat, bis sie sich, wie der Anlage B17 zu entnehmen ist, im Jahr 2017 offenbar aus anderweitigen Gründen dazu veranlasst sah, eine Beendigung der Zusammenarbeit mit der Klägerin anzustreben.
Das auf die Treuhandtätigkeit bezogene Austauschverhältnis ist damit als entgeltliche Geschäftsbesorgung mit dienstvertraglichem Charakter einzuordnen; eine gerade auch auf den Erfolg der – für die Entstehung der Gesellschafterbeteiligung und der Einlagepflicht im Innenverhältnis entbehrlichen – Handelsregistereintragung gerichtete werkvertragliche Geschäftsbesorgung, wie von der Beklagten vertreten, kann dagegen nicht angenommen werden (vgl. zur Abgrenzung Palandt/Sprau, 77. Aufl. 2018, § 675 Rn. 7 a. E.). Nach dem Wesen des Dienstvertrags führt eine Teil- oder Schlechtleistung weder zu einem Minderungsrecht noch zu einem Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB (vgl. Palandt/Weidenkaff, 77. Aufl. 2018, § 611 Rn. 16), vielmehr kann die Beklagte, soweit von einer einklagbaren Verpflichtung der Klägerin zur Handelsregistereintragung auszugehen ist, aus der Pflichtverletzung allenfalls ein Kündigungsrecht – nach Abmahnung, § 314 Abs. 2 BGB -ableiten, dessen Ausübung den Vergütungsanspruch der Klägerin ex nunc entfallen ließe.
Nicht durchgreifend ist in diesem Zusammenhang auch die Argumentation der Beklagten, dass die mangelnde Erhöhung der Haftsumme im Handelsregister den Treugeber-Anleger faktisch seines Rechts gemäß § 8 Ziff. 5 des Gesellschaftsvertrags und § 13 Ziff. 2 des Treuhandvertrags beraube, von der Treuhandkommanditistin jederzeit die Einräumung der unmittelbaren Kommanditistenstellung zu verlangen. Macht der Anleger dieses Recht geltend, erfolgt der unmittelbare Beitritt im Innenverhältnis durch Übertragung des Gesellschaftsanteils (vgl. § 13 Ziff. 2 des Treuhandvertrags). Zutreffend ist zwar, dass die dem Direktkommanditisten zuzuordnende Haftsumme sodann durch die Eintragung im Handelsregister nach den §§ 162 Abs. 1 S. 1, 106 Abs. 2 Nr. 1 HGB im Außenverhältnis erstmalig entsteht. Dies führt entgegen der Auffassung der Beklagten aber nicht dazu, dass der Anleger zusätzlichen Haftungsrisiken ausgesetzt ist. Das Erlöschen der Außenhaftung nach § 171 Abs. 1 Hs. 2 HGB setzt voraus, dass auf dieselbe Einlageverpflichtung eine werthaltige Einlage geleistet worden ist. Der Erwerber einer Kommanditbeteiligung tritt insoweit in die Rechtsposition des Veräußerers ein: War der Veräußerer durch Einlageleistung gemäß § 171 Abs. 1 Hs. 2 HGB befreit, gilt dies auch für den Erwerber (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014, § 173 Rn. 13). Nicht anders verhält es sich im Fall der Übertragung einer Kommanditbeteiligung von der Treuhandkommanditistin auf den Anleger. Da die Identität der Beteiligung und der Einlagepflicht im Innenverhältnis gewahrt bleibt, ist der Anleger auch nach Eintragung der Haftsumme gemäß § 171 Abs. 1 Hs. 2 HGB von der Außenhaftung frei, soweit er vor der Übertragung bereits eine werthaltige Einlageleistung – über die Treuhandkommanditistin – erbracht hat. Dass die Außenhaftung vor der Übertragung nicht nur aufgrund der Einlageleistung, sondern auch aufgrund der fehlenden Haftsummenerhöhung im Handelsregister keinen Bestand hatte, ändert daran nichts.
8. Auch der von der Beklagten erhobene Aufrechnungseinwand greift nicht durch. Die Beklagte kann aus der Übernahmevereinbarung bezüglich der Beteiligungen der Anlegerin … keine aufrechenbaren Einlageforderungen gegen die Klägerin herleiten.
Zwar lässt die Formulierung „überträgt (…) mit allen Rechten und Pflichten“ in Ziff. 3) der Vergleichsvereinbarung (Anlage B4) ein Verständnis zu, wonach die Klägerin auch die Einlageverpflichtung der Anlegerin aus der Beteiligung übernommen hat. Ebenso legt die enumerative Formulierung „sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien untereinannder, sowie der Treuhandgesellschaft einerseits und Frau … andererseits“ in Ziff. 4) den Rückschluss nahe, dass die Abgeltungsklausel in erster Linie für Ansprüche zwischen den (Streit-)Parteien, also der Anlegerin und der Fondsgesellschaft, sowie zwischen der Anlegerin und der Treuhandkommanditistin gelten soll, während über Ansprüche zwischen der Fondsgesellschaft und der Treuhandkommanditistin keine Aussage getroffen wird.
Da der Vertrag eine ausdrückliche Bestimmung über das Schicksal der ausstehenden Einlageforderungen im Verhältnis zwischen Fondsgesellschaft und Treuhandkommanditistin nicht enthält, sind die vorgenannten Bestimmungen jedoch der Auslegung zugänglich (vgl. dazu Palandt/Ellenberger, 77. Aufl. 2018, § 133 Rn. 6 m. w. N.). Dabei hat die Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB nicht am „buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften“, vielmehr ist der rechtlich bindende Vertragsinhalt insbesondere unter Berücksichtigung der Interessenlage, des Vertragszwecks und der Verkehrssitte sowie der Grundsätze von Treu und Glauben zu bestimmen (Palandt a. a. O., Rn. 15 ff.).
Nach diesen Vorgaben ergibt sich aus dem Vergleich keine durchsetzbare Einlageforderung der Beklagten gegen die Klägerin. Der Zweck des Vergleichs bestand unstreitig darin, die Beteiligungen der Anlegerin, die in ihrem rechtlichen Fortbestand zwischen der Anlegerin und der Fondsgesellschaft streitig waren, gegen eine Pauschalabgeltung mit allen Rechten und Pflichten in Person der Anlegerin aufzuheben, um die schwebende Unsicherheit über die Rechtsbeziehungen zwischen der Anlegerin einerseits und der Fondsgesellschaft sowie der Treuhandkommanditistin andererseits zu beseitigen. Es ist gerichtsbekannt, dass eine mögliche und in der Praxis nicht unübliche Vergleichsgestaltung in derartigen Konstellationen darin besteht, die Beteiligung nicht etwa – im technischen Sinne – aufzuheben, sondern auf die Treuhandkommanditistin zu übertragen, sei es aus bilanziellen Gründen, zur Vermeidung von Gleichbehandlungsansprüchen anderer Anleger gegen die Fondsgesellschaft oder zur Ermöglichung eines Anleger-Neueintritts. Zweck dieser Übertragung ist dann aber nicht, dass die Treuhandkommanditistin die streitige Beteiligung gewissermaßen wie bei einem Anteilskauf als eigene Kapitalanlage samt Einlageleistung fortsetzt; hieran hat sie in aller Regel kein wirtschaftlich vernünftiges Interesse, während die Fondsgesellschaft, die bereits eine Abgeltungszahlung auf die streitigen Einlageforderungen erhalten hat, doppelt begünstigt wäre. Vielmehr ist die Übertragung, soweit sich aus den Vergleichsregelungen nicht ausnahmsweise etwas anderes ergibt, lediglich rechtstechnisches Mittel zur Abwicklung der Beteiligung. Dass dies auch im vorliegenden Fall zwischen den Parteien so intendiert war, zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass die Beklagte die Klägerin seit dem Vergleichsschluss Mitte 2015 bis zum vorliegenden Honorarprozess nie auf Einlageleistungen auf die Beteiligungen in Anspruch genommen hat. Soweit von einem formalen Fortbestand der Beteiligungen in Händen der Klägerin auszugehen ist, kann die Klägerin den Einlageforderungen daher jedenfalls eine aus dem Vertragszweck resultierende Einrede entgegenhalten, die gemäß § 390 BGB eine Aufrechnung hindert.
Aus den Vereinbarungen bezüglich der Beteiligungen der Anlegerin … (Anlagenkonvolut B18) ergibt sich nichts anderes. Der Vergleich vom 03.05.2016 war hier anders als im Fall … gerade nicht als reine Übertragung zum Zwecke der Abwicklung, sondern als Anlagenkauf durch die Klägerin gegen Entgelt ausgestaltet, wobei die Klägerin die Beteiligungen sogleich mit Vertrag vom 01.07.2016 gegen ein Entgelt in gleicher Höhe an eine dritte Erwerberin weiterveräußerte. Die Klägerin diente damit als Mittlerin im Rahmen einer vollständigen Anteilsübertragung zwischen der Anlegerin und einer Dritten; dementsprechend musste sie auch die Einlageverpflichtungen an die Erwerberin weiterreichen. Dass es in der Präambel des Vertrags vom 01.07.2016 ausdrücklich heißt, die Klägerin wolle sich durch die Weiterveräußerung von den Einlagepflichten aus den Beteiligungen befreien (§ 1 Abs. 4 des Vertrags), lässt damit keine Rückschlüsse auf den Fortbestand der Einlagepflicht im vorliegenden Fall zu; beide Fälle sind nach Vertragsinhalt und -zweck nicht vergleichbar.
Auf den weiteren Einwand der Klägerin, die Beteiligungen hätten infolge wirksamen Widerrufs bzw. wirksamer Kündigung der Anlegerin keinen Bestand mehr, kommt es nach alledem nicht an.
II.
Auch die beantragten Zinsansprüche waren weitestgehend zuzusprechen. Nach § 16 Ziff. 2.4 S. 5 des Gesellschaftsvertrags sind die Honoraransprüche der Klägerin jeweils zeitanteilig zum Ende eines |eden Kalendermonats fällig geworden. Der Zinsanspruch ergibt sich daher aus § 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 i. V. m. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Nach dem Rechtsgedanken des § 187 Abs. 1 BGB beginnt der Zinslauf aber nicht mit dem Fälligkeitstermin, also dem Monatsletzten, sondern jeweils erst am darauffolgenden Monatsersten (vgl. Palandt/Grüneberg, 77. Aufl. 2018, Rn. 35). Das monatliche Honorar betrug im Jahr 2016 (11.369.575,- € x 0,1% x 1/12 =) 947,46 €, im Jahr 2017 (11.304.726,06 € x 0,1%o x 1/12 =) 942,06 €.
C.
Die Widerklage ist zulässig. Insbesondere sind die Widerklageansprüche „konnex“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, weil dieselben Ansprüche gegenüber der Klageforderung zur Aufrechnung gestellt wurden. Soweit die Beklagte eine Verurteilung zu künftigen (Raten-)Zahlungen begehrt, ergibt sich die Zulässigkeit aus § 259 ZPO.
D.
Die Widerklage ist jedoch vollumfänglich unbegründet, denn wie oben unter B. I. 8. ausgeführt, stehen der Beklagten aus der Vergleichsvereinbarung betreffend die Beteiligungen der Anlegerin … keine durchsetzbaren Einlageforderungen zu.
E.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
F.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 45 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 3, 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO. Der Streitwert der Klage beläuft sich auf 16.989,50 €, der Streitwert der Aufrechnung und Widerklagen ergibt sich aus den geltend gemachten Einlageforderungen aus den drei Beteiligungen und beläuft sich somit auf (25.800,- € + 29.700,- € + 13.800,- € =) 69.300,- €.

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