Aktenzeichen 3 U 209/15
Leitsatz
1. Soweit es um die Haftungsbefreiung durch Leistung der Einlage geht, gilt, wie sich insbesondere aus § 172 Abs. 3 HGB ergibt, das Kapitalaufbringungsprinzip ähnlich wie im Recht der Kapitalgesellschaften mit der Folge, dass die Haftungsbefreiung nur in Höhe des objektiven Wertes des Geleisteten eintritt. (redaktioneller Leitsatz)
2. In zivilrechtlicher bzw. haftungsrechtlicher Hinsicht kommt es für die Leistung der Kommanditeinlage allein darauf an, dass der Kommanditist seine gesellschaftsrechtliche Pflicht erfüllen wollen muss. Die Erfüllung eines davon unabhängigen Verkehrsgeschäfts (sei es durch Kauf oder Darlehen) reicht nicht aus. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
22 O 437/14 2015-05-29 Endurteil LGSCHWEINFURT LG Schweinfurt
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Schweinfurt vom 29.05.2015, Az. 22 O 437/14, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
II.
Die zulässige Berufung ist in der Sache ohne Erfolg.
Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 197.500,00 € nebst Zinsen an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. M.I.L. verurteilt. Der Senat nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die im Ergebnis und in der Begründung im Wesentlichen zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und macht sich diese zu Eigen. Die Berufung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Hierzu ist lediglich ergänzend Folgendes auszuführen:
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte den Gläubigern der insolventen KG in der Person des Klägers als Insolvenzverwalter gemäß § 171 Abs. 1 1. Hs., Abs. 2 HGB in Höhe der Kommanditeinlage von 197.500,00 € haftet.
Im Recht der Kommanditgesellschaft besteht für die Gläubiger zwar nicht wie bei Kapitalgesellschaften eine Kapitalgarantie in dem Sinne, dass die Kommanditeinlagen in die Gesellschaft eingebracht werden müssen. Den Gesellschaftsgläubigern steht vielmehr grundsätzlich nur in Höhe der Haftsumme der Zugriff auf die Kommanditisten offen, die sich von ihrer Haftung durch Leistung der Einlage an die Gesellschaft befreien können. Soweit es um die Haftungsbefreiung durch Leistung der Einlage geht, gilt aber, wie sich insbesondere aus § 172 Abs. 3 HGB ergibt, das Kapitalaufbringungsprinzip ähnlich wie im Recht der Kapitalgesellschaften mit der Folge, dass die Haftungsbefreiung nur in Höhe des objektiven Wertes des Geleisteten eintritt (BGH NJW 1985, 2947 Rn. 44). Dies ist schließlich der Grund, der zu einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geführt hat, wonach der Aufrechnung eines Kommanditisten mit einem eigenen Erstattungsanspruch gegen seine Einlageschuld nicht mehr in der Höhe des Nennwertes, sondern nur noch unter Berücksichtigung seiner Werthaltigkeit haftungsbefreiende Wirkung zuerkannt worden ist (BGH aaO).
Ein Ausschluss der Kommanditistenhaftung gemäß § 171 Abs. 1 Hs. 2 HGB ist vorliegend nicht gegeben, weil der Beklagte die Kommanditeinlage entsprechend den Vereinbarungen des Gesellschaftsvertrages nicht geleistet hat bzw. weil diese teilweise wieder an den Beklagten ausgezahlt worden ist (§ 172 Abs. 4 Satz 1 HGB).
1. Die nach dem abgeänderten Gesellschaftsvertrag vom 31.10.2008 (Anlage K 4) auf 197.500,00 € erhöhte Einlage des Beklagten sollte mit Vereinbarung vom 31.12.2008 (Anlage B 2) in Höhe von 160.000,00 € durch Übereignung von Wertpapieren mit schuldbefreiender Wirkung beglichen werden.
In der Vereinbarung vom 31.12.2008 (Anlage B 2) wurde bestätigt, dass die Wertpapiere der KG auch übergeben wurden. Da das verbriefte Recht anstelle durch eine bloße Abtretung (§§ 398, 413 BGB) (vgl. BGH WM 2013, 1264 Rn. 12 ff.) regelmäßig mittels Übereignung der Urkunde (§§ 929 ff BGB) übertragen wird (Gehrlein in: BeckOK BGB § 793 Rn. 3, beck-online), ist durch Einigung über den Rechtsübergang und Übergabe die Einlage in Höhe von 160.000,00 € zunächst per 31.12.2008 geleistet worden.
2. Allerdings wurde die Forderung aus der Inhaberschuldverschreibung zzgl. Zinsen in Höhe von insgesamt 166.871,68 € nach deren Verkauf am 27.01.2009 auf einem Konto des Beklagten bei der A Bank gutgeschrieben. Soweit die Berufung vorträgt, dass die KG nicht über ein eigenes Konto verfügt habe und der Beklagte vereinbarungsgemäß sein Konto der KG zur Verfügung gestellt habe, es sich also faktisch um das Konto der KG gehandelt habe, ist dies in rechtlicher Hinsicht irrelevant.
Es mag sein, dass dies tatsächlich so gehandhabt worden ist. Damit ist jedoch keine klare Trennung der Vermögenssphären der KG einerseits und des Beklagten andererseits gegeben. Ohne dass es in rechtlicher Hinsicht darauf ankäme, ist außerdem nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die bereits am 02.12.2006 gegründete KG im Januar 2009 immer noch nicht über ein eigenes Konto verfügt hat. Entscheidend ist, dass in rechtlicher Hinsicht nur der Beklagte persönlich über das fragliche Konto bei der A Bank verfügungsberechtigt war. Da es auf seinen Namen lautete, stand es einem eventuellen Zugriff der Gesellschaftsgläubiger nicht zur Verfügung. Dies ist jedoch Voraussetzung der Haftungsbefreiung des Kommanditisten gemäß § 171 Abs. 1 Hs. 2 HGB. Denn nur wenn die Kommanditeinlage tatsächlich geleistet worden ist, das heißt auf ein (ausschließlich) der KG zustehendes Konto geflossen ist, wird der Kommanditist von seiner Haftung befreit.
Dadurch, dass der Erlös aus dem Verkauf der Wertpapiere auf das Konto des Beklagten geflossen ist, liegt eine Rückzahlung der Einlage im Sinne des § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB vor. Daher gilt sie in dieser Höhe den Gläubigern und damit auch gegenüber dem Insolvenzverwalter als nicht geleistet.
3. Soweit die Berufung vorträgt, dass die weiteren 36.500,00 € dadurch erbracht worden seien, dass der Beklagte im Jahr 2008 für die KG aus seinen eigenen Geld/Barmitteln 49.033,12 € für Verbindlichkeiten der KG aufgewandt habe, der Betrag buchhalterisch dem Verrechnungskonto und sodann dem Kapitalkonto des Beklagten gutgeschrieben worden sei, vermag dieser Vortrag der Berufung nicht in der genannten Höhe zum Erfolg zu verhelfen. Das Gleiche gilt schließlich für eine etwaige steuerliche Anerkennung der Einlage durch den Betriebsprüfer des FA B..
Denn die buchhalterische Behandlung dieser Zahlungen ist ebenso wie die behauptete steuerrechtliche Anerkennung ohne Belang. Aus diesem Grunde hat das Landgericht zu Recht weder die diesbezüglichen angebotenen Zeugen vernommen noch ein Sachverständigengutachten zur Richtigkeit der Bilanz erholt. In zivilrechtlicher bzw. haftungsrechtlicher Hinsicht kommt es für die Leistung der Kommanditeinlage allein darauf an, dass der Kommanditist seine gesellschaftsrechtliche Pflicht erfüllen wollen muss. Die Erfüllung eines davon unabhängigen Verkehrsgeschäfts (sei es durch Kauf oder Darlehen) reicht nicht aus (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. 2014, § 171, Rn. 38).
Wie oben bereits ausgeführt, muss das Geld tatsächlich geflossen sein und auch dem Gläubigerzugriff zur Verfügung stehen. Dies ist nicht der Fall, wenn es auf einem Konto des Beklagten steht. Zahlungen im sog. „verkürzten Zahlungs Weg“ führen lediglich zu einem Erstattungsanspruch des Kommanditisten gegen die Gesellschaft aus § 110 HGB, mit dem er gegen die Einlageforderung der KG aufrechnen kann, allerdings nach Insolvenz auch nur in Höhe ihrer Werthaltigkeit. Soweit das Landgericht die zur Aufrechnung gestellte Forderung des Beklagten für unschlüssig erachtet hat, wird dies von der Berufung nicht mehr angegriffen.
Damit erweist sich das angefochtene Urteil als richtig.
Die Berufung des Beklagten ist daher zurückzuweisen.
III.
Nebenentscheidungen:
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderer 1. Oberlandesgerichte ab. Über den entschiedenen Einzelfall hinaus hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung.