Aktenzeichen 20 U 4702/16
Leitsatz
Die Übernahme einer Kommanditistenstellung bedeutet immer eine Mitunternehmerschaft mit der Folge der entsprechenden steuerlichen Behandlung als Gesellschafter unabhängig davon, welches tatsächliche Risiko im Einzelfall übernommen oder wie hoch dieses bei Erwerb der Beteiligung eingeschätzt wird. (red. LS Andy Schmidt)
Verfahrensgang
34 O 25399/12 2016-10-28 Endurteil LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 28. Oktober 2016, Az. 34 O 25399/12, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.040,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
(Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es nicht, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist, § 313a Abs. 1 Satz 1, § 540 Abs. 2 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.)
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere besteht entgegen dem Dafürhalten der Beklagten kein Anhalt für formale Mängel der Berufungsbegründung.
Die Berufung hat allerdings in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis mit Recht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten wegen Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an der M. P. GmbH & Co. KG (Fonds Nr. 142) im Nennwert von € 25.000,00 verneint. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
1. Zwar kann dem Landgericht nicht gefolgt werden, wenn es trotz des klägerischen Vortrags zum Vorliegen von Beratungsmängeln insbesondere bezüglich der steuerlichen Konzeption des Fonds und der Angaben des Klägers in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2016 (Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bl. 299 ff., 300 f.), dass es ihm entscheidend auf die Steuerersparnis, die Ausschüttungen und die Sicherheit der Anlage angekommen sei, zu dem Ergebnis kommt, der Kläger habe nicht behauptet, dass die von ihm gerügten Mängel kausal für seine Anlageentscheidung gewesen seien. Die protokollierte Aussage des Klägers belegt deutlich das Gegenteil.
2. Allerdings liegen die vom Kläger gerügten Prospektfehler nicht vor; dass gesprächsweise vom Prospekt abweichende unzutreffende Angaben gemacht worden seien, hat der Kläger schon nicht behauptet.
a) Soweit der Kläger meint, im Prospekt werde das Steuermodell falsch dargestellt, geht er fehl. Der Kläger hält die Prospektaussage, dass es genüge, wenn – wie unstreitig – die Fondsgesellschaft Herstellerin des Films sei, der Anleger aber kein Hersteller sein müsse um in den Genuss der steuerlichen Vorteile zu gelangen, für inhaltlich unrichtig.
Dieser Vorwurf trifft tatsächlich nicht zu. Vielmehr ist im Prospekt (S. 9 f., 20 f., 35 ff.) ausführlich erläutert, dass das Steuermodell nicht darauf ausgerichtet sei, dass der Anleger als Hersteller eines Films steuerliche Vorteile geltend macht, sondern darauf, dass mit den Anlagegeldern ein bedingt rückzahlbares Darlehen, das – wie zutreffend – gemäß § 5 Abs. 2a EStG nicht steuerlich wirksam angesetzt worden sei, zurückgeführt werden solle. Bei dieser Konstellation würden Betriebsausgaben anfallen, die den Gesellschaftern steuermindernd zugerechnet würden.
Der damit beschriebene steuerliche Ansatz von Betriebsausgaben aber ist unabhängig davon, ob ein Gesellschafter bereits Hersteller des Wirtschaftsguts war, mit dessen Herstellung und Vertrieb sich die Gesellschaft beschäftigt, oder ob er sich erst im Verlauf der Geschäftstätigkeit an der Gesellschaft beteiligt.
Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Finanzverwaltung bei der Erteilung der „verbindlichen behördlichen Auskunft“ (Anlage 3 P.) Kenntnis von dem Umstand hatte, dass die Anleger – wie prospektiert – keine Hersteller des Films waren. Entscheidend ist allein, ob die Finanzverwaltung die in Aussicht genommene Rückzahlung des bedingt rückzahlbaren Darlehens mit den neu eingenommenen Anlegergeldern als Betriebsausgabe und damit steuerlichen Verlust anerkennen würde. Dies aber hat das Finanzamt München III mit seiner verbindlichen Auskunft vom 13. März 2002 bestätigt. Bis zur Änderung der steuerlichen Behandlung der prospektierten Schlusszahlungen bei Fonds im Jahr 2007 ist das Steuermodell unstreitig auch wie prospektiert durchgeführt worden.
Unzutreffend ist die Ansicht des Klägers, dass die prospektierte Steuerersparnis beim vorliegenden Fonds schon denknotwendig ausgeschlossen gewesen sei, weil wegen der bereits erfolgten Fertigstellung und Vermarktung des Films in den US-amerikanischen Kinos der Anleger kein unternehmerisches Risiko mehr tragen hätte können. Bei dieser Argumentation übersieht der Kläger, dass der Anleger allein mit seiner Beteiligung an einer Fondsgesellschaft Kommanditist wird und damit ein unternehmerisches Risiko eingeht, worauf im Prospekt auch ausführlich hingewiesen wurde. Mag dieses Risiko bei einer Beteiligung an einer Gesellschaft, die einen bereits fertig gestellten Film vermarktet, auch geringer sein als bei einer Neuproduktion, bedeutet die Übernahme der Kommanditistenstellung doch immer eine Mitunternehmerschaft mit der Folge der entsprechenden steuerlichen Behandlung als Gesellschafter unabhängig davon, welches tatsächliche Risiko im Einzelfall übernommen oder wie hoch dieses bei Erwerb der Beteiligung eingeschätzt wird.
b) Die vom Kläger erstinstanzlich behauptete Gefahr, dass das Projekt von den Steuerbehörden als Liebhaberei angesehen würde, vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Kläger hat dieses Vorbringen nicht näher substantiiert.
c) Dass – wie der Kläger erstinstanzlich gerügt hat – im Prospekt (K 2) wesentliche Angaben zu den Risiken der Beteiligung, der Sicherheit und den zu erbringenden Zahlungen an den Anleger fehlten, ist nicht der Fall. Insbesondere weist der Prospekt ausdrücklich darauf hin, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung (S. 3, 43 ff.) handelt, bei der im einzelnen aufgeführte Haftungsrisiken bestehen (S. 43 ff.). Er thematisiert das Insolvenzrisiko hinsichtlich der absichernden Bank (S. 3, 44), das Risiko, dass die Gesellschaft nicht als Herstellerin anerkannt wird (S. 45) und legt offen, dass der Film bereits fertiggestellt war (S. 5 f.). Auch enthält er die zum Zeitpunkt der Prospekterstellung möglichen Angaben über die vom Anleger zu erwartenden Zahlungen (S. 3, 5, 16 ff., 18, 30).
d) Der klägerische Vorwurf, dass für die legale Durchführung des Projekts mindestens ein Kapital von 160% des Nominalwerts erforderlich gewesen wäre, da 100% der Nominaleinlage in die Produktion hätten fließen müssen, trifft schon angesichts der unstreitigen Tatsache, dass der fragliche Film bereits produziert war, offensichtlich nicht zu und ist auf einen anderen Sachverhalt zugeschnitten.
3. Hinsichtlich der vom Kläger behaupteten fehlenden Aufklärung über an die Beklagte zu 1) geflossene Provisionszahlungen teilt der Senat zwar nicht die Auffassung des Landgerichts, dass entsprechender Vortrag des Klägers ins Blaue hinein gehalten wurde und damit unbeachtlich sei.
Allerdings hat der Kläger selbst in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2016 (Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bl. 299 ff., 300) angegeben, dass es ihm allein auf die Steuerersparnis, daneben ggf. auf die erfolgenden Ausschüttungen und die Sicherheit der Anlage angekommen sei. Auf die ausdrückliche Frage nach den behaupteten Provisionszahlungen an die Beklagte zu 1), hat er lediglich seine diesbezügliche Unkenntnis bekundet. Er hat diese Frage allerdings in keiner Weise mit seiner Entscheidung über den Erwerb der Beteiligung verknüpft, sondern im Gegenteil erneut bekräftigt, dass es ihm darauf angekommen sei, durch die Steuerersparnis Kapital zur Verfügung zu haben, das gleich eingesetzt werden könne.
Damit ist die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hinsichtlich der Frage der Provisionszahlungen widerlegt und die Behauptung der Beklagten erwiesen, dass der Kläger auch bei Kenntnis der – von den Beklagten im Übrigen bestrittenen – Provisionszahlungen an die Beklagte zu 1) gezeichnet hätte. Eine zum Schadensersatz verpflichtende kausale Pflichtverletzung scheidet damit hinsichtlich einer unterbliebenen Aufklärung über die Zahlung von Provisionen aus.
4. Mangels Pflichtverletzung bzw. jedenfalls fehlender Kausalität kann die Frage, ob überhaupt eine Haftung der Beklagten – wegen Verletzung der Pflichten aus einem Anlagevermittlungs- oder Beratungsvertrag bzw. vorvertraglicher Pflichten aus dem Treuhandvertrag – in Betracht kommt, offen bleiben.
5. Über die Hilfswiderklage war mangels Begründetheit der Klage nicht zu entscheiden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Der Streitwert wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.