Aktenzeichen II ZR 335/12
§ 172 Abs 4 HGB
Verfahrensgang
vorgehend OLG Bamberg, 26. Oktober 2012, Az: 6 U 13/12vorgehend LG Coburg, 15. Februar 2012, Az: 21 O 321/11
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 26. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war Initiatorin und Gründungsgesellschafterin sowie Darlehensgeberin der im Jahr 1992 gegründeten „E. – KG (GmbH & Co.)“ (im Folgenden: KG), einer Publikumsgesellschaft, deren Zweck die Vermietung einer von ihr erworbenen Immobilie ist. Der Beklagte ist an der KG seit 1993 als Kommanditist beteiligt. Nach Gründung des Fonds erhielten die Kommanditisten zunächst Verlustzuweisungen und in den Jahren 1995 bis 2000 gewinnunabhängige Ausschüttungen. Die Klägerin nimmt in einer Vielzahl von Verfahren Kommanditisten in Höhe der jeweils erhaltenen Ausschüttungen wegen Darlehenszinsverbindlichkeiten der KG in Anspruch.
2
Der Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält in § 3 Nr. 7 folgende Regelung:
„Die Kommanditisten übernehmen weder gegenüber Gesellschaftern noch gegenüber Dritten irgendwelche Zahlungsverpflichtungen, Haftungen oder irgendwelche Nachschussverpflichtungen, die über die Verpflichtung zur Leistung der in der Beitrittserklärung gezeichneten Kommanditbeteiligung zuzüglich Agio hinausgehen. Dies gilt auch für den Fall der Liquidation. Der vertragliche Ausschluss einer Nachschusspflicht lässt die gesetzliche Regelung über die Haftung der Kommanditisten gegenüber Gesellschaftsgläubigern gemäß §§ 171 ff. HGB unberührt.“
3
Auf Seite 24 des Emissionsprospekts finden sich unter der Rubrik „Rechtsform und Haftung“ folgende Hinweise:
4
„…Soweit die Haftung beschränkt ist, besteht keine Nachschusspflicht, was insbesondere für die Fremdfinanzierung gilt.
5
Die geplanten Auszahlungen übersteigen die im selben Zeitraum erwirtschafteten Gewinne und führen gemäß § 172 Abs. 4 HGB zu einem Wiederaufleben der beschränkten Kommanditistenhaftung in Höhe der vorgenommenen Auszahlungen.“
6
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte der KG ursprünglich für den Erwerb der Gewerbeimmobilie ein Darlehen in Höhe von 200 Mio. DM. Da die Immobilie sich ab September 2003 nicht mehr in der gewünschten Weise vermieten ließ, geriet die KG in wirtschaftliche Schwierigkeiten und konnte das Darlehen nicht länger bedienen. Die Klägerin gewährte der KG zur Vermeidung der Insolvenz mit Vertrag vom 22. März/15. Juni 2004 ein Folgedarlehen in Höhe von 35 Mio. €, mit dem die noch offene Teilforderung aus dem ersten Darlehen abgelöst wurde. Die fälligen Tilgungs- und Zinsraten stundete die Klägerin immer wieder zu großen Teilen. Parallel dazu forderte die KG ihre Kommanditisten auf, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen, um die wirtschaftliche Situation zu verbessern. Die Klägerin erstattete ihre als Kommanditistin erhaltenen Auszahlungen. Der Beklagte kam der Aufforderung nicht nach.
7
Der KG liegt für die Immobilie ein bindendes Kaufangebot der zweiten Initiatorin des Fonds zu einem Preis von 30 Mio. € vor, das sie jedoch erst in der Zeit vom 15. November bis zum 31. Dezember 2013 annehmen kann und das im Falle der Insolvenz der KG erlischt.
8
Nach der Behauptung der Klägerin besteht eine Verbindlichkeit der KG in Höhe von 500.000 €. Hierbei handele es sich um von den Stundungsvereinbarungen ausgenommene Darlehenszinsen. Von dem Beklagten werde ein letztstelliger Teilbetrag der im Juli und August 2011 aufgelaufenen Zinsen, hilfsweise der im Februar 2011 angefallenen Zinsen verlangt.
9
Die auf Zahlung von 44.418,48 € gerichtete Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.