Bankrecht

Kommanditgesellschaft: Inanspruchnahme eines Mitgesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus Drittgeschäften

Aktenzeichen  II ZR 310/12

Datum:
8.10.2013
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 171 Abs 1 HGB
§ 172 Abs 4 HGB
Spruchkörper:
2. Zivilsenat

Leitsatz

Der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, der eine Drittgläubigerforderung gegen einen Mitgesellschafter geltend macht, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, zunächst die Gesellschaft in Anspruch zu nehmen. Eine generell nur subsidiäre Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus Drittgeschäften mit anderen Gesellschaftern lässt sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht nicht ableiten.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Düsseldorf, 25. September 2012, Az: I-1 U 43/12, Urteilvorgehend LG Düsseldorf, 11. Oktober 2011, Az: 14e O 122/11, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. September 2012 insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 14. Juli 2011 bis zum 19. September 2011 verurteilt worden ist.
In diesem Umfang wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 14e. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Oktober 2011 zurückgewiesen.
Die weitergehende Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war Initiatorin und Gründungsgesellschafterin sowie Darlehensgeberin der im Jahr 1992 gegründeten „E.                    KG              (GmbH & Co.)“ (im Folgenden: KG), einer Publikumsgesellschaft, deren Zweck die Vermietung einer von ihr erworbenen Immobilie ist. Der Beklagte ist an der KG seit 1993 als Kommanditist beteiligt. Nach Gründung des Fonds erhielten die Kommanditisten zunächst Verlustzuweisungen und in den Jahren 1995 bis 2000 gewinnunabhängige Ausschüttungen. Die Klägerin nimmt in einer Vielzahl von Verfahren Kommanditisten in Höhe der jeweils erhaltenen Ausschüttungen wegen Darlehenszinsverbindlichkeiten der KG in Anspruch.
2
Der Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält in § 3 Nr. 7 folgende Regelung:
„Die Kommanditisten übernehmen weder gegenüber Gesellschaftern noch gegenüber Dritten irgendwelche Zahlungsverpflichtungen, Haftungen oder irgendwelche Nachschussverpflichtungen, die über die Verpflichtung zur Leistung der in der Beitrittserklärung gezeichneten Kommanditbeteiligung zuzüglich Agio hinausgehen. Dies gilt auch für den Fall der Liquidation. Der vertragliche Ausschluss einer Nachschusspflicht lässt die gesetzliche Regelung über die Haftung der Kommanditisten gegenüber Gesellschaftsgläubigern gemäß §§ 171 ff. HGB unberührt.“
3
Auf Seite 24 des Emissionsprospekts finden sich unter der Rubrik „Rechtsform und Haftung“ folgende Hinweise:
„…Soweit die Haftung beschränkt ist, besteht keine Nachschusspflicht, was insbesondere für die Fremdfinanzierung gilt.
Die geplanten Auszahlungen übersteigen die im selben Zeitraum erwirtschafteten Gewinne und führen gemäß § 172 Abs. 4 HGB zu einem Wiederaufleben der beschränkten Kommanditistenhaftung in Höhe der vorgenommenen Auszahlungen.“
4
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte der KG ursprünglich für den Erwerb der Gewerbeimmobilie ein Darlehen in Höhe von 200 Mio. DM. Da die Immobilie sich ab September 2003 nicht mehr in der gewünschten Weise vermieten ließ, geriet die KG in wirtschaftliche Schwierigkeiten und konnte das Darlehen nicht länger bedienen. Die Klägerin gewährte der KG zur Vermeidung der Insolvenz mit Vertrag vom 22. März/15. Juni 2004 ein Folgedarlehen in Höhe von 35 Mio. €, mit dem die noch offene Teilforderung aus dem ersten Darlehen abgelöst wurde. Die fälligen Tilgungs- und Zinsraten stundete die Klägerin immer wieder zu großen Teilen. Parallel dazu forderte die KG ihre Kommanditisten auf, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen, um die wirtschaftliche Situation zu verbessern. Die Klägerin erstattete ihre als Kommanditistin erhaltenen Auszahlungen. Der Beklagte kam der Aufforderung nicht nach.
5
Der KG liegt für die Immobilie ein bindendes Kaufangebot der zweiten Initiatorin des Fonds zu einem Preis von 30 Mio. € vor, das sie jedoch erst in der Zeit vom 15. November bis zum 31. Dezember 2013 annehmen kann und das im Falle der Insolvenz der KG erlischt.
6
Zunächst hatte die Klägerin eine von den Stundungsvereinbarungen ausgenommene Zinsverbindlichkeit der KG in Höhe von 300.000 € aus dem Zeitraum vom 1. Juni 2004 bis 13. Dezember 2004 anteilig gegen die Kommanditisten geltend gemacht. Am 7. September 2011 traf die Klägerin mit der KG eine neue Vereinbarung, der zufolge die Hauptforderung in Höhe von damals noch über 25 Mio. € sowie Zinsen in Höhe von 8 Mio. € gestundet wurden. Zinsen in Höhe von 500.000 € für den Zeitraum 2. Juli 2010 bis 30. August 2011 waren hiervon ausgenommen. Die Klägerin änderte dementsprechend ihren Klagevortrag und stützt ihren Anspruch seither auf diesen fällig gestellten Zinsbetrag abzüglich zwischenzeitlich erfolgter Zahlungen anderer Kommanditisten.
7
Die KG leistete auf die Zinsforderung von 500.000 € keine Zahlungen und teilte der Klägerin auf deren Nachfrage mit Schreiben vom 3. Januar 2012 mit, dass sie die fällige Zinsforderung weiterhin nicht erfüllen werde, da sie die entsprechenden Mittel als Rücklagen für eventuelle Sanierungsmaßnahmen an der Immobilie benötige. Die Klägerin forderte die KG mit Schreiben vom 6. Februar 2012 gleichwohl zur Zahlung auf.
8
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 17.767,39 € gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt.

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